DGUV Information 208-051 - Gefahren beim Öffnen und Entladen von Frachtcontainern

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Anhang 4 - Lüftung gefahrstoffbelasteter Frachtcontainer

Bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ist die primäre technische Schutzmaßnahme die Gefahrstoffbeseitigung durch lokale Absaugung an der Entstehungsstelle. Sie verhindert die Ausbreitung von Gefahrstoffen in der Raumluft. Eine typische Anwendung ist die Absaugung mit nachführbarem Trichter an Schweißerarbeitsplätzen, bei der die Wirksamkeit der Absaugung besonders deutlich erkennbar wird (Abb. 4).

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Abb. 4
Schweißrauchabsaugung

Bei Frachtcontainern mit einer auf den gesamten Innenraum verteilten Gefahrstoffbelastung ist eine lokale Absaugung jedoch nicht wirksam. Um die Gefahrstoffkonzentration in Frachtcontainern zu minimieren und damit einen optimalen Schutz der Beschäftigten zu gewährleisten, ist daher eine Belüftung notwendig. Dazu kann es genügen, nach Öffnen der Containertüren ausreichend lange natürlich zu lüften. Reicht eine natürliche Lüftung nicht aus, um in angemessener Zeit die Konzentrationen auf ungefährliche Werte abzusenken, müssen weitergehende Maßnahmen ergriffen werden. Vorzugsweise kommen dann unterschiedlichste technische Lüftungsverfahren zum Einsatz. Reichen auch technische Lüftungsmaßnahmen nicht aus, muss Atemschutz eingesetzt werden.

  1. 1

    Vorgaben aus der TRGS 512

    In der TRGS 512 wird die Lüftung des Frachtcontainers als Maßnahme genannt, um die Belastung - insbesondere durch Begasungsmittel - zu reduzieren. Bei der Festlegung von Art der Lüftung und Belüftungsdauer durch eine sachkundige Person sind maßgebliche Einflussfaktoren wie die meteorologischen und räumlichen Umgebungsbedingungen, physikalischen und chemischen Eigenschaften des Begasungsmittels, das Adsorptions- und Desorptionsverhalten des Ladegutes, die Packungsart und Stauung im Frachtcontainer und in Einzelfällen gegebenenfalls weitere Faktoren zu berücksichtigen. In der Regel ist davon auszugehen, dass die Lüftung von Frachtcontainern natürlich durch Öffnen der Containertüren erfolgt.

    TRGS 512: 5.4.3.2 (2)

    Bei der Festlegung der Belüftungsdauer sind die maßgeblichen Einflussfaktoren wie die meteorologischen und räumlichen Umgebungsbedingungen, physikalische und chemische Eigenschaften des Begasungsmittels, Adsorptions- und Desorptionsverhalten des Ladungsgutes, die Packungsart und -dichte in der Transporteinheit und gegebenenfalls in Einzelfällen weitere Faktoren zu berücksichtigen.

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    Abb. 5
    Stauung mit großem Freiraum - leicht zu lüften

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    Abb. 6
    Dichte Stauung ohne Freiraum - schwer zu lüften

    Begaste Frachtcontainer sind so lange zu belüften, bis die Gefahrstoffkonzentrationen unterhalb der Beurteilungsmaßstäbe nach Tabelle 1 (Anhang 3 dieser DGUV Information, angelehnt an Tabelle 1 in Anlage 4 der TRGS 512) liegen. Dies ist durch Messungen zu belegen und Voraussetzung für die Freigabe (einschließlich der Freigabebescheinigung) zur Entladung. Insofern enthält die TRGS 512 auch keine allgemeingültigen Vorgaben zur Art und zur Dauer der Lüftung.

    TRGS 512: 5.4.3 (5)

    Belastete Transporteinheiten sind so lange zu lüften, bis die gemessenen Konzentrationen unter den Beurteilungsmaßstäben nach Tabelle 1 in Anlage 4 liegen. Sofern die Lüftung auf Grund der Art der Ware und der Verpackung nicht zur Absenkung der Gefahrstoffkonzentration unterhalb der entsprechenden Beurteilungsmaßstäbe führt, muss die betreffende Transporteinheit unter geeignetem Atemschutz (Vollmaske mit Filtervorsatz AB) entladen und die Ware in geöffneter Verpackung in geeigneten und gegen unbefugtes Betreten gesicherten Hallen so lange mit Ventilatoren weiter zwangsbelüftet werden, bis die Beurteilungsmaßstäbe nach Tabelle 1 in Anlage 4 unterschritten sind.

    Für mit Industriechemikalien belastete Frachtcontainer ist keine Freigabebescheinigung erforderlich. Trotzdem sind auch diese Frachtcontainer so lange zu belüften, bis ein Betreten und Entladen ohne Gefährdung möglich ist. Zur Beurteilung der Belastung eines Frachtcontainers mit Gefahrstoffen sind die in Tabelle 2 (Anhang 3 dieser DGUV Information, angelehnt an Tabelle 2 in Anlage 4 der TRGS 512) genannten Beurteilungsmaßstäbe heranzuziehen.

  2. 2

    Natürliche Lüftung

    Lüftungsuntersuchungen des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) und der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) zeigten, dass natürliche Lüftung (Öffnen der Containertüren) die im Frachtcontainer vorliegenden Gefahrstoffkonzentrationen insbesondere bei dicht gepackter Ware (vgl. Bild 3) nicht in einem für den Betriebsablauf hinreichend kurzen Zeitraum verringert. Die Versuchsergebnisse belegen, dass bei vergleichsweise dichter Stauung im mittleren und hinteren Bereich des Frachtcontainers lediglich ein Luftwechsel von n = 0,2 h-1 vorliegt (Ein Luftwechsel von n = 1 h-1 bedeutet, dass die Raumluft einmal pro Stunde ausgetauscht wird.). Die erforderliche Lüftungsdauer kann in diesen Fällen mehrere Stunden bis hin zu mehreren Tagen betragen.

    Begaste Frachtcontainer, die nach der Freigabe nicht sofort entladen, sondern für weniger als 24 Stunden wieder geschlossen wurden, sind vor dem Entladen einer weiteren Lüftung von mindestens 30 Minuten Dauer zu unterziehen!

    TRGS 512: Anlage 3c

    Achtung: Transportbehälter (Container), die nach der Freigabe nicht sofort entladen, sondern wieder verschlossen wurden, sind vor der der Entladung einer weiteren Lüftung von mindestens 30 Minuten Dauer zu unterziehen!

    Bleibt der Frachtcontainer länger als 24 h geschlossen, ist eine neue Freigabebescheinigung erforderlich.

  3. 3

    Technische Lüftung

    Mit technischen Be- oder Entlüftungsmaßnahmen an Frachtcontainern lässt sich die für eine Freigabe notwendige Belüftungsdauer erheblich verkürzen. Zum Einsatz kommen zum Beispiel "Lüftungskeile" (Abbildungen 7 und 8), die in eine der nur bis auf einen kleinen Spalt geöffneten Containertüren eingesetzt werden. Ein über Schlauchleitungen angeschlossenes Gebläse erzeugt einen Luftaustausch im Frachtcontainer.

    Untersuchungen ergaben einen relativ hohen Luftwechsel im Türbereich bis hin zur der Mitte des beladenen Frachtcontainers bei Einsatz eines Lüftungskeils. Im hinteren Bereich ist der Luftwechsel trotz aktiver Belüftung gering und nicht effektiv.

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    Abb. 7 und 8
    Technische Lüftung eines Frachtcontainers

    Eine weitere Möglichkeit zur Verringerung der Gefahrstoffbelastung ist die aktive Belüftung oder Entlüftung mittels einer während des Entladens nachgeführten Luftleitung (Lutte, Abbildungen 9 und 10).

    Lässt sich die Belastung eines Frachtcontainers durch Begasungsmittel mittels Lüftung nicht hinreichend mindern, ist seine Entladung nach TRGS 512 nur unter Einsatz geeigneten Atemschutzes zulässig (Anhang 8). Die Ware ist dann in geöffneter Verpackung in geeigneten und gegen unbefugtes Betreten gesicherten Hallen so lange mit Ventilatoren weiter zu belüften, bis die Beurteilungsmaßstäbe nach Tabelle 1 in Anhang 3 unterschritten sind.

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    Abb. 9 und 10
    Entladung einer Wechselbrücke unter Frischluftzufuhr mittels Luftleitung (Lutte)