DGUV Information 208-050 - Notfallmanagement beim Umschlag und innerbetrieblichen Transport von Gefahrgütern und gefährlichen Stoffen Eine Planungshilfe für Betriebe

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Abschnitt 5.5 - 5.5 Abarbeiten in Eigenregie

5.5.1 Abarbeiten durch Notfallhelfer/-innen (Alarmstufe 1)

Das Abarbeiten durch Notfallhelferinnen und Notfallhelfer umfasst in der Regel folgende Schritte:

Zielemögliche Maßnahmen
(Produkt- und Umgebungsabhängig)
erforderliche Hilfsmittel
(beispielhaft)
Stoppen oder Minimieren des ProduktaustrittsAustrittsöffnung nicht vergrößern
(z. B. Gabelzinken stecken lassen)
Gebinde abdichten
Gebinde umlegen
PSA, Abdichtmittel
Flurförderzeug
Begrenzen der AusbreitungFahrzeuge/Wechselbrücken von Hallentoren abziehen
Hallentore schließen
Flüssigkeitssperren errichten
Produkt auffangen
Produkt binden
Produkt abdecken
Umsetzfahrzeug


PSA; Barrieren, Schläuche, Auffanggefäße
Bindemittel, saugfähiges
Material
Abdeckmaterial
Begrenzen der Anreicherung in der LuftLüften bei Freisetzung von Gasen und Dämpfen
technisch Lüften
Hallentore, Türen oder Fenster öffnen
Saug-/Gebläse
Transportfähigkeit herstellenin Bergegefäß einbringen,
Produkt umpumpen
sicher verpacken
PSA; Bergegefäß
geeignete Pumpe, leeres Gebinde
Packmittel

Nach Durchführung der o. g. Maßnahmen können immer noch Restgefahren bestehen.

Erläuterungen:

Bei allen Arbeiten sind von den Notfallhelferinnen und Notfallhelfern geeignete persönliche Schutzausrüstungen zu tragen.

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Abb. 8
Umlegen eines beschädigten IBC

Stoppen oder Minimieren des Produktaustritts

Ein Herausziehen von Gabelzinken oder anderen Gegenständen aus beschädigten Gebinden führt zu einer erheblichen Erhöhung des Produktaustritts.

Gebinde lassen sich z. B. durch Umschlingen mit Bandagen oder durch Aufbringen von Pasten abdichten.

Wenn Kanister und Fässer so umgelegt werden, dass sich die Leckagestelle oberhalb des Flüssigkeitsspiegels befindet, wird der weitere Produktaustritt unterbrochen. Runde Gebinde sind nach dem Umlegen gegen Rollen zu sichern. Das Umlegen eines IBC bedarf eines Flurförderzeuges und spezieller Fertigkeiten des Fahrers oder der Fahrerin.

Begrenzen der Ausbreitung

Gebinde, aus denen gefährliche Stoffe und Güter austreten, sollten auf ausreichend große Auffanggefäße gestellt werden. Die Auffanggefäße sind zum beschädigten Gebinde zu transportieren, da ansonsten bei der Beförderung des beschädigten Gebindes das Produkt im Betrieb weiterverteilt würde. Sollte ein Produktaustritt auf Ladeflächen eintreten, kann ein Vorziehen der Fahrzeuge bzw. Wechselbrücken und Schließen der Tore eine Kontamination angrenzender Hallenbereiche verhindern. Ein Auffangen des austretenden Produktes ist dann zum Beispiel durch Unterstellen einer Wanne an der Ladeflächenkante möglich.

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Abb. 9
Begrenzung der Ausbreitung durch flexible Barrieren

Das Errichten von Flüssigkeitssperren oder flexiblen Barrieren ist z. B. dann sinnvoll, wenn ein Produktaustritt nicht gestoppt oder das beschädigte Gebinde nicht auf ein Auffanggefäß gestellt werden kann.

Das Bindemittel muss für die ausgetretenen gefährlichen Stoffe und Güter geeignet sein. Bei Verwendung von ungeeignetem Bindemittel kann es zu unerwünschten Reaktionen kommen. Insbesondere muss vom Einsatz von Sägespänen, Katzenstreu oder ähnlichem abgesehen werden. Kontaminiertes Bindemittel ist wie das ursprünglich ausgetretene Produkt zu behandeln.

Eine Abdeckung kann sinnvoll sein, um zu verhindern, dass z. B.

  • flüssige sowie auch abgebundene und aufgefangene gefährliche Stoffe und Güter weiterhin Dämpfe freisetzen,

  • staubförmige Produkte durch Verwirbelungen verbreitet werden,

  • im Außenbereich Produkte durch Regen verteilt oder fortgespült werden.

Zur Begrenzung der Ausbreitung können vorhandene bauliche und technische Einrichtungen wie z. B. Absperrschieber genutzt werden.

Begrenzen der Anreicherung in der Luft

Natürliche oder technische Lüftungsmaßnahmen sollen bewirken, dass weder eine explosionsfähige Atmosphäre noch eine gesundheitsschädliche Konzentration von Gasen oder Dämpfen in der Atemluft entsteht.

Transportfähigkeit herstellen

Transportfähigkeit ist erreicht, wenn das beschädigte Gebinde gefahrlos von der Notfallstelle entfernt werden kann.

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Abb. 10
Beschädigtes Gebinde, bei dem die Transportfähigkeit durch eine Fassbandage wieder hergestellt ist

5.5.2 Abarbeiten durch Dienstleister (Alarmstufe 2)

Die Einschaltung eines qualifizierten Dienstleisters ist eine weitere Möglichkeit, einen Notfall in Eigenregie abzuarbeiten. Dies stellt eine Option und keine zwingende Verfahrensweise dar. Grundsätzlich sollten die zeitliche Leistungsbereitschaft, der Leistungsumfang, die Zu- und Mitarbeit von Notfallhelferinnen und Notfallhelfern sowie die Befugnisse eines gewählten Dienstleisters vorab durch Vertrag geregelt werden.

5.5.3 Alarmstufe überprüfen

Es ist möglich, dass sich die Notfallsituation schwieriger darstellt als zunächst angenommen.

Beispiele:

  • Es tritt mehr Produkt aus als zunächst eingeschätzt.

  • Es handelt sich um ein anderes, gefährlicheres Produkt als zunächst angenommen.

  • Es wird festgestellt, dass die persönliche Schutzausrüstung nicht (mehr) ausreichend ist.

  • Es treten Anzeichen für gesundheitliche Beeinträchtigungen bei Notfallhelferinnen und Notfallhelfern auf.

  • Es wird mehr Bindemittel benötigt als vorhanden ist.

  • Es setzen unerwartete, chemische Reaktionen ein.

  • Das Produkt breitet sich in Bereiche außerhalb des Betriebes aus.

In solchen Fällen ist die Notfallmanagerin bzw. der Notfallmanager sofort zu informieren. Die Notfallmanagerin bzw. der Notfallmanager trifft die Entscheidung über die weitere Vorgehensweise. Gegebenenfalls ist die Alarmstufe an die aktuelle Situation anzupassen.