TRFL 2017 - TR Rohrfernleitungsanlagen

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Abschnitt 5 TRFL - Planung und Berechnung

5.1 Allgemeines

Rohrfernleitungsanlagen müssen gegen betriebsmäßig auftretende Über- und Unterdrücke sowie gegen die von innen und außen einwirkenden Belastungen und Einflüsse widerstandsfähig sein und dicht bleiben.

5.2 Planung der Rohrfernleitungsanlage

5.2.1 Verlegung

5.2.1.1 Rohrfernleitungen müssen lagestabil verlegt sein; sie sind in der Regel unterirdisch zu verlegen.

5.2.1.2 Bei unterirdischen Rohrfernleitungen muss die Höhe der Überdeckung den örtlichen Verhältnissen angepasst werden. Sie beträgt in der Regel mindestens 1 m. In begründeten Fällen darf sie an örtlich begrenzten Stellen nur mit besonderen Schutzmaßnahmen verringert werden.

5.2.1.3 Bei oberirdischer Verlegung müssen entsprechende Maßnahmen zum Schutz der Rohrfernleitung getroffen werden. Insbesondere sind Vorkehrungen zu treffen für

  1. a)

    den Ausgleich temperaturbedingter Längenänderungen,

  2. b)

    die Verhinderung mechanischer Beschädigungen,

  3. c)

    hydrodynamische (z. B. Druckstöße und Kräfte durch Umlenkung), temperaturbedingte (z. B. Druckerhöhung durch steigende Temperaturen) oder statische (z. B. durch Eigengewicht) Einflüsse (vgl. auch die Abschnitte 5.4 und 6).

5.2.2 Berücksichtigung der Druckprüfung

Art und Bedingungen der vorgesehenen Druckprüfung sind bei der Planung zu berücksichtigen.

5.2.3 Molchbarkeit

Es muss bei der Planung neuer Rohrfernleitungsanlagen sichergestellt werden, dass Rohrfernleitungen - ausgenommen kurze Abzweigleitungen oder Rohrleitungen in Stationen - insgesamt oder abschnittsweise gemolcht werden können. Dabei ist insbesondere auf die Vermeidung zu enger Rohrbögen, in der Regel soll der Radius größer 1,5 x DN betragen, sowie auf den gegebenenfalls erforderlichen Einsatz von T-Stücken mit Molchleitblechen zu achten.

5.2.4 Sicherheitsmaßnahmen gegen Gefahren durch externe Bauarbeiten

In Bereichen, in denen mit Bauarbeiten zu rechnen ist (siehe z. B. Abschnitt 3.1.2), sind besondere Sicherheitsmaßnahmen, wie Verlegung von Schutzabdeckungen oder Warnbändern, zu treffen.

5.2.5 Gebiete mit erhöhtem Schutzbedürfnis

In Gebieten mit erhöhtem Schutzbedürfnis, z. B. in besonders schutzbedürftigen Gebieten nach Abschnitt 3.2, in bebauten Gebieten oder in zur Bebauung ausgewiesenen Gebieten nach Abschnitt 3.1.2, in Bereichen von Kreuzungen mit Verkehrswegen oder in Gebieten, in denen mit zusätzlichen Einwirkungen auf die Rohrfernleitung zu rechnen ist, sind zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen an der Rohrfernleitungsanlage zu treffen. Dabei haben Maßnahmen zur Vermeidung eines Schadensfalls Vorrang. Diese können im Einzelfall auf Grundlage einer risikobasierten Sicherheitsbetrachtung ermittelt werden. Die Sicherheitsmaßnahmen sind in Abhängigkeit von der Art des Gebietes, den Eigenschaften des beförderten Mediums und sonstigen Standorteigenschaften festzulegen. Geeignete Sicherheitsmaßnahmen können z. B. sein:

  1. a)

    Verwendung eines besonders verformungsfähigen Werkstoffs nach DIN EN ISO 3183: 2013-03 Anhang M (siehe hierzu auch Teil 2 Abschnitt 2.1.1.1). Bei Stählen mit einer gewährleisteten Bruchdehnung von weniger als 20 % ist deren Eignung nachzuweisen,

  2. b)

    größere Wanddicke,

  3. c)

    höhere Erdüberdeckung,

  4. d)

    Anordnung von Absperrarmaturen zur Begrenzung der Austrittsmenge,

  5. e)

    lokaler Einsatz von zusätzlichen Leckageerkennungseinrichtungen,

  6. f)

    Wasserdruckprüfung mit erhöhtem Prüfdruck nach VdTÜV-Merkblatt 1060: 2007-02,

  7. g)

    Verlegung von Warnbändern oberhalb der Rohrfernleitung,

  8. h)

    Errichtung von Schutzdämmen,

  9. i)

    besondere Kennzeichnung des Verlaufs der Leitung im Gelände,

  10. j)

    Einrichtung zusätzlicher Messstellen zur Überwachung des kathodischen Korrosionsschutzes.

5.2.6 Sicherheitsmaßnahmen bei Geländeeinwirkungen

In Bereichen, in denen mit Geländeeinwirkungen zu rechnen ist, die die Sicherheit der Rohrfernleitung beeinträchtigen können, z. B. im Einwirkungsbereich des Bergbaus und in Hanglagen, sind die im Einzelfall erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Auf Anhang V wird verwiesen.

5.2.7 Sicherheitsmaßnahmen bei Leitungsschwingungen

In Bereichen, in denen mit Leitungsschwingungen zu rechnen ist, z. B. in der Nähe von Verdichterstationen, sind die zu deren Ausgleich erforderlichen Maßnahmen festzulegen.

5.2.8 Sicherheitsmaßnahmen bei nicht tragfähigem oder stark wasserhaltigem Boden

Bei nicht tragfähigem oder stark wasserhaltigem Boden müssen für die Rohrfernleitung die im Einzelfall notwendigen Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden. Erforderlichenfalls muss die Rohrfernleitung gegen Absinken oder Auftrieb gesichert sein.

5.2.9 Sicherheitsmaßnahmen bei Parallelverlegung

Sollen Rohrfernleitungen abschnittsweise parallel zu bestehenden Rohrfernleitungsanlagen verlegt werden, sind in Abhängigkeit von den örtlichen Bodenverhältnissen geeignete Maßnahmen zum Schutz der bestehenden Rohrfernleitungsanlage gegen unbeabsichtigte Bodenbewegung zu treffen. Auf DIN 4124: 2012-01 wird verwiesen.

5.2.10 Sicherheitsmaßnahmen in Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a BImSchG

Bei Verlegung einer Rohrfernleitung durch einen Betriebsbereich nach § 3 Absatz 5a BImSchG soll die Rohrfernleitung so absperrbar sein, dass im Schadensfall möglichst schnell das Volumen des austretenden Stoffes begrenzt werden kann.

5.3 Schutz gegen Zutritt Unbefugter, Flucht- und Rettungswege

5.3.1 Schutz gegen Zutritt Unbefugter

Oberirdische Anlagenteile und Stationen außerhalb des Werksgeländes müssen gegen den Zutritt Unbefugter geschützt sein, z. B. durch einen mindestens 2 m hohen Zaun. Die in die Umzäunung eingebauten Türen und Tore müssen sich im Gefahrenfall von innen leicht und ohne Hilfsmittel öffnen lassen. Abstand und Lage der Türen und Tore müssen so gewählt werden, dass ausreichende Rettungswege vorhanden sind, auf ASR A 2.3 wird verwiesen. Rettungswege und Fluchttüren sind durch Rettungszeichen gemäß ASR A 1.3 zu kennzeichnen.

5.3.2 Verzicht auf Fluchttüren

Auf Fluchttüren in der Umzäunung darf verzichtet werden, wenn zwischen den medienführenden oberirdischen Anlagenteilen und der Umzäunung ein Abstand von mindestens 30 m vorhanden ist.

5.3.3 Abstand Freiluftanlage - Umzäunung

Bei Freiluftanlagen muss die Umzäunung die explosionsgefährdeten Bereiche gemäß Abschnitt 4.2.2 vollständig umfassen. Sie muss einen Mindestabstand von 2 m zu oberirdischen medienführenden Anlagenteilen haben.

5.3.4 Öffentlich nicht zugängliche Grundstücke

Stehen Stationen auf einem Grundstück, das der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, kann auf eine Umzäunung verzichtet werden. Der Bereich um die Stationen ist zum Schutz gegen den Zutritt Unbefugter durch das Verbotszeichen gemäß ASR 1.3 zu kennzeichnen.

5.4 Berechnungsgrundsätze

5.4.1 Annahme der Betriebsverhältnisse, Sicherheitsbeiwert, Nachweis

5.4.1.1 Die Sicherheit der Rohrfernleitungsanlage ist unter der Annahme der ungünstigsten Betriebsverhältnisse einschließlich der anzunehmenden sicherheitsrelevanten Betriebsstörungen und unter Berücksichtigung der äußeren Einflüsse durch eine Berechnung unter Berücksichtigung der in Teil 2 Abschnitt 1 festgelegten Vorgaben nachzuweisen. Die angewandten Berechnungsverfahren sind anzugeben und zu erläutern.

5.4.1.2 Über die Einhaltung der der Berechnung zugrunde gelegten Annahmen ist beim Bau der Rohrfernleitungsanlage ein Nachweis zu führen.

5.4.2 Lastannahmen

5.4.2.1 Für den gesamten Leitungsverlauf sind die höchsten und niedrigsten betrieblich auftretenden Innendrücke sowie die Druckgradienten für den ungünstigsten Betriebsfall unter Berücksichtigung der Förderleistung, der physikalischen Eigenschaften des Förderguts sowie des Trassenprofils zu berechnen.

5.4.2.2 Zur Ermittlung der höchsten Innendrücke und gegebenenfalls Unterdrücke sind auch instationäre Betriebszustände zu berücksichtigen, z. B. verursacht durch Schalt- und Steuervorgänge an Verdichtern oder Pumpen, Schiebern, Regelventilen, durch Abzweigleitungen oder durch das Anfahren und Abstellen der Rohrfernleitung. Dies gilt auch für Betriebsstörungen, die Drucksteigerungen oder Unterdrücke verursachen können, z. B. unbeabsichtigter Schieberschluss oder Verdichter- oder Pumpenausfall (siehe hierzu auch Abschnitt 11.3.1). Die bei Flüssigkeiten und verflüssigten Gasen möglicherweise auftretenden Druckstöße sind mit Hilfe von Druckstoßberechnungen zu ermitteln.

5.4.2.3 Die höchsten nach den Abschnitten 5.4.2.1 und 5.4.2.2 ermittelten Innendrücke sind für Rohrfernleitungen zum Befördern von Flüssigkeiten und verflüssigten Gasen maßstäblich über dem Trassenprofil darzustellen.

5.4.2.4 Die Mindest- und Höchstwerte der Prüfdrücke sind nach den geodätischen Verhältnissen festzulegen und bei der Berechnung zu berücksichtigen.

5.4.2.5 Die Höchst- und Tiefstwerte der auftretenden Betriebstemperaturen sind zu ermitteln. Die beim Betrieb einer Rohrfernleitungsanlage auftretenden Entspannungs- und Verdichtungsvorgänge sind dabei zu berücksichtigen.

5.4.2.6 Es sind die statischen, dynamischen und thermischen Zusatzbeanspruchungen zu ermitteln, denen die Rohrfernleitungsanlage ausgesetzt sein kann, z. B. Beanspruchungen durch Erd- und Verkehrslasten, Geländeeinwirkungen oder Erdbeben (zu Erdbeben siehe auch AfR-Bericht Nr. 5). Zusatzbeanspruchungen sind z. B. Scheitellasten aus Überdeckung und Verkehr, Längsspannungen aus verhinderter Wärmedehnung in Stationen, Spannungen infolge Schwingungen im Bereich von Pumpen.