DGUV Information 215-112 - Barrierefreie Arbeitsgestaltung Teil 2: Grundsätzliche Anforderungen

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Abschnitt 8.2 - 8.2 Stufen und Podeste

Anforderungen an eine sichere Begehbarkeit von Treppen ergeben sich bereits aus dem Bauordnungsrecht, dem staatlichen Regelwerk zum Arbeitsschutz, dem Regelwerk der Unfallversicherungsträger und den einschlägigen Normen.

Für Menschen mit eingeschränkten motorischen und/oder sensorischen Fähigkeiten sind darüber hinaus bei der Gestaltung von Treppen weitergehende Anforderungen zu berücksichtigen. Diese werden im Folgenden dargestellt.

Allgemeines

Treppen sowie Stufen und Podeste als deren Elemente sind wesentliche Bestandteile der vertikalen Gebäudeerschließung. Insbesondere für Menschen mit kognitiven und visuellen Einschränkungen ist die Erkennbarkeit der Elemente von Treppen durch geeignete Markierungen zu gewährleisten. Dies ist von besonderer Bedeutung für die notwendigen Treppen, die als erster Flucht- und Rettungsweg dienen. Deshalb sind die Anforderungen an die barrierefreie Gestaltung der Treppen sowie Stufen und Podeste einzuhalten.

Die nachfolgend aufgeführten Gestaltungskriterien gelten für Stufen und Podeste im Innen- und Außenbereich. Zusätzliche Informationen zu Treppen im Außenbereich finden sich im Kapitel "Gehwege und Verkehrsflächen im Außenbereich" im Abschnitt "Äußere Erschließung auf dem Grundstück".

Stufen

Von besonderer Bedeutung für die Sicherheit ist eine gute Erkennbarkeit der Treppenstufen und insbesondere der Stufenkanten (siehe Abbildungen 1 und 2).

Hierzu ist eine ausreichend helle und blendfreie Beleuchtung erforderlich. Die Beleuchtungsstärke muss mindestens 100 lx betragen. Für Menschen mit visuellen Einschränkungen - auch altersbedingt - sind höhere Beleuchtungsstärken erforderlich. Die Beleuchtung soll so erfolgen, dass durch Stufenvorderkanten, Geländer oder andere Einbauten kein Schattenwurf erfolgt.

Stufen sind barrierefrei gestaltet, wenn sie u. a. leicht erkennbar sind. Eine leichte Erkennbarkeit wird z. B. erreicht durch:

  • farblich unterschiedliche Gestaltung von Tritt- und Setzstufe

  • farbliches Abheben der Stufenkanten

  • Konturgebung an Wandflächen

  • Markierungselemente an den Stufenkanten

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Abb. 1 Fehlende Markierung von Podest und Austritt

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Abb. 2 Gute Markierung von Podest und Austritt

Markierungen an Stufenkanten sind wie folgt auszuführen:

  • als durchgehende Streifen auf Tritt- und Setzstufen (siehe Abbildung 3)

  • auf den Trittstufen direkt an den Vorderkanten beginnend mit einer Breite zwischen 4 cm und 5 cm

  • auf der Setzstufe in einer Breite von mindestens 1 cm, vorzugsweise 2 cm

  • mit deutlichem Kontrast sowohl gegenüber Tritt- und Setzstufe als auch gegenüber den jeweils unten anschließenden Podesten bzw. Verkehrswegen.

Sind Höhenausgleiche durch Stufenanlagen (bis zu drei Stufen) nicht vermeidbar, muss auch hier aus Gesichtspunkten der barrierefreien Gestaltung jede Stufe mit dieser Markierung versehen werden. Dies gilt auch für Treppen, die frei im Raum beginnen oder enden (siehe Abbildung 4).

In Treppenhäusern sind mindestens die erste und letzte Stufe - aus Sicht einer barrierefreien Gestaltung alle Stufen - mit einer solchen Markierung zu versehen (siehe Abbildung 5 und 6).

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Abb. 3 Markierung von Treppen

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Abb.4 Markierung von Stufenanlagen

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Abb. 5 Treppenmarkierung bei uneingeschränktem Visus

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Abb. 6 Treppenmarkierung bei eingeschränktem Visus

Zur Vermeidung des Abrutschens von Gehhilfen an freien seitlichen Stufenenden ist z. B. eine Aufkantung geeignet.

Trittstufen dürfen über die Setzstufen nicht vorkragen (siehe Abb. 7). Für Menschen mit Fußhebeschwäche besteht ansonsten die Gefahr des Hängenbleibens. Schräge Setzstufen sind zulässig (siehe Abbildung 8).

Für die barrierefreie Gestaltung von Treppen sind Setzstufen z. B. für Blinde zwingend erforderlich. Bei fehlenden Setzstufen ist das Ertasten der Stufen mit dem Weißen Langstock (Blindenstock) nur erschwert möglich (siehe Abbildung 9).

Setzstufen von Treppen müssen undurchsichtig sein, um einen für das Auge fokussierbaren gleichmäßigen Sehabstand zwischen den Stufenkanten bilden zu können. Darüber hinaus können durchsichtige Setzstufen bei bestimmten Nutzergruppen zu Angstzuständen führen.

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Abb. 7 Bündiger Abschluss von Trittstufen und Setzstufen

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Abb. 8 Schräge Setzstufen

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Abb. 9 Taktile Erkennbarkeit von Treppen

Podeste

In Arbeitsstätten wird gefordert, dass nach maximal 18 Stufen ein Zwischenpodest erforderlich ist. Aus Gesichtspunkten der barrierefreien Gestaltung sollte jedoch nach höchstens 12 Stufen ein Zwischenpodest angeordnet werden.

Die Zwischenpodestlänge muss dem im Steigungsverhältnis berücksichtigten Schrittmaß sowie der Lauflinie angepasst sein. Sie sollte, gemessen auf der Lauflinie, mindestens die dreifache Auftrittstiefe der angrenzenden Stufen betragen.

Die Tiefe des Podestes ist darüber hinaus so auszuwählen, dass der Gangrhythmus nicht gestört wird.

Folgende Formel erleichtert die Berechnung des Gesamtmaßes der Podesttiefe:

N x SL + A = Podesttiefe
NAnzahl des Schrittmaßes, min. 3
SLSchrittmaß der Treppe
AAuftritt

Beispielrechnung:

3 x 63 cm + 28 cm = 2,17 m
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Abb. 10 Ermittlung der Podesttiefe

Aufmerksamkeitsfelder

Damit blinde Menschen Treppen, die frei im Raum beginnen oder enden, auffinden können, sollten die Treppen mit Aufmerksamkeitsfeldern versehen werden (siehe Abbildung 11).

Die Aufmerksamkeitsfelder für den Antritt sollten direkt vor der untersten Setzstufe liegen und für den Austritt direkt hinter der obersten Trittstufe beginnen. Sie sollten mindestens 60 cm tief und taktil erfassbar sein (siehe Abbildung 12).

Im Gegensatz zu anderen Hinweismarkierungen am Boden soll sich das Aufmerksamkeitsfeld vor Treppen nicht visuell kontrastierend, jedoch taktil vom Stufenbelag des Treppenan- und austritts abheben.

Der angrenzende Bodenbelag sollte sich hingegen visuell und taktil deutlich vom Aufmerksamkeitsfeld unterscheiden.

Unter dem Aspekt der barrierefreien Gestaltung des Aufmerksamkeitsfeldes muss insbesondere auf

  • Ausleuchtung

  • Blendungsfreiheit

  • Rutschhemmung

geachtet werden.

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Abb. 11 Aufmerksamkeitsfelder

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Abb. 12 Aufmerksamkeitsfelder

Belag

Aus Gesichtspunkten der barrierefreien Gestaltung von Stufen und Podesten müssen die Beläge unter Berücksichtigung folgender Einflussfaktoren ausgewählt werden:

  • Innen- oder Außenbereich (z. B. Witterungseinflüsse)

  • Nutzergruppe (z. B. Menschen mit Fußhebeschwäche)

  • Nutzungsbereiche (z. B. Schwimmbad, Verkaufsbereich, Eingangsbereich, Arbeitsstätte)

  • Beanspruchung (z. B. mechanisch durch erhöhten Abrieb) (siehe Abb.13-16)

Gerade aus der Sicht der barrierefreien Gestaltung ist die dauerhafte Aufrechterhaltung der geplanten Eigenschaften über die gesamte Nutzungsdauer hinweg zu gewährleisten.

Belagwechsel und unterschiedliche Rutschhemmungen von Stufenoberflächen einer Treppe sind zu vermeiden.

Aus Aspekten der barrierefreien Gestaltung ist ein zu großer Unterschied der Rutschhemmung zwischen Treppenbelägen und angrenzenden Verkehrsflächen unzulässig. Dies wird erreicht, wenn maximal ein Unterschied von einer Bewertungsgruppe der Rutschgefahr (z. B. R 9 auf R 10) besteht.

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Abb. 13 Außentreppe mit Witterungseinflüssen

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Abb. 14 Geflieste Treppe in Arbeitsstätten, unzureichend gekennzeichnet

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Abb. 15 Nicht geeignete Treppe für Menschen mit Fußhebeschwäche

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Abb. 16 Außentreppe mit erhöhtem Abrieb

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In den folgenden Angaben finden Sie weitere wertvolle Hinweise zu diesem Themenbereich.

Folgende Kapitel sind zu berücksichtigen:

Teil 2

Kapitel 1Planungsgrundlagen - Flächen und Freiräume
Kapitel 2.1Visuelle Gestaltung
Kapitel 2.3Taktile Gestaltung
Kapitel 4.6Leitsysteme im Innenbereich
Kapitel 8.1Treppen - Grundsätzliche Gestaltung
Kapitel 8.3Treppen - Handläufe und Geländer

Weiterführende Informationen

Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV
Technische Regeln für Arbeitsstätten - Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten - ASR V 3a.2 Landesbauordnungen
DIN 18040-1:2010-10: Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen - Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude
DIN 18065:2015-03: Gebäudetreppen - Begriffe, Messregeln, Hauptmaße
DIN 32984:2011-10: Bodenindikatoren im öffentlichen Raum

Die Auflistung ist nicht abschließend und sollte vor Anwendung auf Aktualität geprüft werden.

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