DGUV Information 215-112 - Barrierefreie Arbeitsgestaltung Teil 2: Grundsätzliche Anforderungen

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Abschnitt 4.1 - 4 Innere Erschließung des Gebäudes
4.1 Empfang und Foyer

Empfangs- und Foyerbereiche sind in der Regel erste Anlaufstelle für die Nutzerinnen und Nutzer eines Gebäudes. Die barrierefreie Erreichbarkeit dieser Bereiche ist zwingend erforderlich. Zu diesem Zweck müssen auch die öffentlichen Verkehrsflächen, die Parkplätze sowie die äußere Erschließung durchgängig barrierefrei gestaltet sein.

Für eine barrierefreie Gestaltung gelten die nachfolgenden Mindestanforderungen:

Allgemeines

Tresen und Serviceschalter von Empfängen sowie Kassen, Kontrollvorrichtungen, Automaten und Ähnliches müssen an mindestens einer Einheit auch für Menschen z.B. mit Sehbehinderung, eingeschränktem Hörvermögen und Rollstuhl sowie für Kleinwüchsige zugänglich und nutzbar sein. Vereinzelungsanlagen wie z. B. Drehkreuze dürfen nicht der einzige Zugang zum Gebäude sein.

Wesentliche Voraussetzungen für die Nutzung baulicher Einrichtungen und der gestalteten Umgebung sind deren Wahrnehmbarkeit, Erkennbarkeit und Erreichbarkeit. Die Nutzung muss jederzeit kontrollierbar sein.

Hierfür ist es erforderlich, Erreichbarkeit und Nutzbarkeit nach dem Zwei-Kanal-Prinzip anzubieten. Informationen, die der Orientierung dienen, müssen wahrnehmbar und erkennbar sein. Deshalb sind diese im Zwei-Sinne-Prinzip anzubieten.

Dies kann ein visuell und taktil gut wahrnehmbares und erkennbares Leitsystem bis zur zentralen Anlaufstelle, z. B. Pförtner, Empfangstresen, Infoterminal oder Zutrittskontrolle, sein.

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Abb. 1 Visuell und taktil gut wahrnehmbares und erkennbares Leitsystem

Foyer-/Eingangsbereich

Die zentrale Anlaufstelle muss für die Nutzerinnen und Nutzer einfach auffindbar sein. Dies kann z.B. erreicht werden durch:

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Abb. 2 Visuell kontrastreiche Gestaltung

  • visuell kontrastreiche Gestaltung (z. B. Farb- und/oder Lichtkontraste), siehe Abbildung 2

  • taktil erfassbare Bodenstrukturen (z. B. unterschiedliche Bodenbeläge, Bodenindikatoren), siehe Abbildung 4

    Hinweis: Bei der Auswahl der Bodenbeläge ist die Verkehrssicherheit zu berücksichtigen.

  • bauliche Elemente (z. B. Pflanzenkübel, Mobiliar), siehe Abbildung 3

  • akustische bzw. elektronische Informations- bzw. Leitsysteme

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Abb. 3 Beispiel für bauliche Elemente

Es sollten Ruhezonen mit Sitzgelegenheiten angeboten werden, insbesondere wenn längere Wegstrecken von der öffentlichen Verkehrsfläche oder dem Parkplatz bis zum Empfang zurückgelegt werden oder mit längeren Wartezeiten gerechnet werden muss. In Ruhezonen und Wartebereichen sind Plätze für Rollstuhlfahrer vorzusehen.

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Abb. 4 Taktil erfassbare Bodenstrukturen

Empfang

Tresen und Serviceschalter von Empfängen sowie Kassen, Kontrollvorrichtungen und Automaten sollten für alle Beschäftigten und Besucher wahlweise im Stehen oder im Sitzen nutzbar sein.

Tresen und Serviceschalter müssen vor und hinter dem Empfang mindestens in einer Breite von 90 cm unterfahrbar sein. Auf beiden Seiten ist eine Bewegungsfläche von mindestens 150 cm x 150 cm vorzusehen (siehe Abbildung 5).

Wenn der Tresen, Serviceschalter oder Automat in einer Breite von mindestens 150 cm im Bereich der Bewegungsfläche unterfahrbar ist, kann die Tiefe der Bewegungsfläche davor auf 120 cm reduziert werden.

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Abb. 5 Unterfahrbarkeit auf mindestens 90 cm Breite

Um die Unterfahrbarkeit zu gewährleisten, ist ein notwendiger Beinfreiraum unterhalb des Tresens vorzusehen. Dieser muss an der Anfahrseite eine Höhe von 67 cm haben (mindestens 30 cm tief ab Tresenvorderkante). Im weiter hinten gelegenen Bereich (bis 56 cm tief ) muss die Höhe des Beinfreiraums mindestens 35 cm betragen. Die Höhe des Tresens darf im Sitzbereich 80 cm nicht überschreiten. Für den Stehbereich wird eine Höhe von 100 cm bis 115 cm empfohlen (siehe Abbildung 6 und 7).

In Durchgängen neben Serviceschaltern, Kassen, Kontrollen und Automaten ist eine nutzbare Breite von mindestens 90 cm vorzusehen. Vor und hinter diesen Durchgängen ist eine Bewegungsfläche von mindestens 150 cm x 150 cm zu berücksichtigen.

Zur Bedienbarkeit von Automaten und ähnlichen Einrichtungen ist davor eine freie Bewegungsfläche von mindestens 150 cm x 150 cm vorzusehen. Eine seitliche Anfahrbarkeit ist gewährleistet, wenn der Abstand zwischen Bedienelement und baulichen und sonstigen Einrichtungen mindestens 50 cm beträgt (siehe Abbildung 8).

Die Vermittlung wichtiger Informationen muss nach dem Zwei-Sinne-Prinzip (z. B. Sehen und Hören) erfolgen.

Tresen und Serviceschalter im Empfangsbereich mit geschlossenen Verglasungen und Gegensprechanlagen sind zusätzlich mit einer induktiven Höranlage auszustatten und entsprechend zu kennzeichnen.

Eine nachträgliche Installation von mobilen Höranlagen ist grundsätzlich möglich.

Empfangs- und Foyerbereiche in lautem Umfeld sowie Räume oder Bereiche zur Behandlung vertraulicher Angelegenheiten sollten mit einer induktiven Höranlage ausgestattet werden.

Hinweis: Beim Einsatz von induktiven Höranlagen muss auf die Vertraulichkeit der Gesprächsinhalte geachtet werden.

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Abb. 6 Tresen und Serviceschalter im Empfangsbereich

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Abb. 7 Bedienbarkeit von Automaten

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Abb. 8 Freie Bewegungsfläche vor Automaten

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Abb. 9 Piktogramm für induktive Höranlagen gemäß DIN EN 60118-4

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In den folgenden Angaben finden Sie weitere wertvolle Hinweise zu diesem Themenbereich.

Folgende Kapitel sind zu berücksichtigen:

Teil 2

Kapitel 1Planungsgrundlagen - Flächen und Freiräume
Kapitel 2.1Visuelle Gestaltung
Kapitel 2.2Auditive Gestaltung
Kapitel 2.3Taktile Gestaltung
Kapitel 4.4Flure und sonstige Verkehrsflächen
Kapitel 4.5Bodenbeläge im Innenbereich
Kapitel 4.6Leitsysteme im Innenbereich

Weiterführende Informationen

Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV
Technische Regeln für Arbeitsstätten - Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten - ASR V 3a.2 Landesbauordnungen
DIN 18040-1:2010-10: Barrierefreies Bauen - Planungsgrundlagen - Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude
DIN 18041:2016-03: Hörsamkeit in Räumen - Anforderungen, Empfehlungen und Hinweise für die Planung
DIN 32975:2009-12: Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung
DIN 32984:2011-10: Bodenindikatoren im öffentlichen Raum
DIN 32986:2015-01: Taktile Schriften und Beschriftungen - Anforderung an die Darstellung und Anbringung von Braille- und erhabener Profilschrift

Die Auflistung ist nicht abschließend und sollte vor Anwendung auf Aktualität geprüft werden.

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