DGUV Regel 101-601 - Branche Rohbau

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Abschnitt 3.10 - 3.10 Turm- und Schornsteinbau

Der Turm- und Schornsteinbau ist gekennzeichnet durch spezielle Arbeitsverfahren, welche in großen Höhen durchgeführt werden. Die Bauwerke werden mit Gleit- und Kletterschalungen oder aus Fertigteilen errichtet. Dabei ergeben sich verschiedenste Gefährdungen während der Baudurchführung, z.B. durch Absturz, durch herabfallende Gegenstände oder durch mangelhafte Standsicherheit von Baugeräten. Beim Aufstieg zu den Arbeitsplätzen können durch die Belastung des Herz-Kreislaufsystems Gesundheitsgefährdungen entstehen.

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Abb. 140 Montage des Turms einer WEA

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Abb. 141 Kletterschalung an turmartigem Bauwerk

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Abb. 142 Aufzug am Turmdrehkran

ccc_3531_03.jpgRechtliche Grundlagen
  • Betriebssicherheitsverordnung

  • Arbeitsstättenverordnung

  • Gefahrstoffverordnung

  • Lastenhandhabungsverordnung

  • DGUV Vorschrift 38 und 39 "Bauarbeiten" (bisher BGV C22 und GUV-V C22)

  • Technische Regeln für Betriebssicherheit

    • TRBS 2111 "Mechanische Gefährdungen - Allgemeine Anforderungen"

    • TRBS 2121 "Gefährdungen von Personen durch Absturz - Allgemeine Anforderungen"

  • Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A2.1 "Schutz vor Absturz und herabfallenden Gegenständen, Betreten von Gefahrenbereichen"

  • DGUV Regel 101-001 "Sicherheitsregeln für Transportanker und -systeme von Betonfertigteilen" (bisher BGR 106)

  • DGUV Regel 100-500 "Betreiben von Arbeitsmitteln" (bisher BGR 500)

ccc_3531_04.jpgWeitere Informationen
  • DGUV Information 201-055 "Feuerfest-, Turm- und Schornsteinbau"

  • Baustein-Merkheft der BG BAU, Abrufnr. 416: Turm- und Schornsteinbauarbeiten

  • BG BAU Info CD "Informationen für Ihr Gewerk" unter ccc_3531_arrow.jpgwww.bgbau-medien.de

  • WINGIS-Gefahrstoffinformationssystem der BG BAU unter ccc_3531_arrow.jpgwww.wingis-online.de

ccc_3531_32.jpgGefährdungen

Achten Sie bei Turm- und Schornsteinbauarbeiten insbesondere auf folgende Gefährdungen:

  • Mängel in der betrieblichen Organisation sowie unzureichende Qualifikation der beschäftigten Personen

  • Absturz von Personen an Bauteilen (z.B. Decken, Dächern, Unterkonstruktionen) und von Arbeits- und Transportmitteln (z.B. Gerüste, Hubarbeitsbühnen, Fahrzeuge)

  • Getroffen werden durch herabfallende Gegenstände infolge falsch gelagertem oder unzureichend gesichertem Baumaterial sowie bei Hebe- und Transportvorgängen, z.B. durch unsachgemäßes Anschlagen der Last oder durch nicht bestimmungsgemäße Verwendung des Lastaufnahmemittels

  • Umkippen, Umstürzen oder Abrutschen von Baugeräten, Material, Gerüsten aufgrund mangelnder Standsicherheit

  • Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und Belastung des Herz-Kreislaufsystems durch die Benutzung nicht ergonomischer Aufstiege in große Arbeitshöhen

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Abb. 143 Schutznetz, Schutzdach

ccc_3531_33.jpgMaßnahmen

Gegen diese und weitere mögliche Gefährdungen sind, abhängig von Ihrer Gefährdungsbeurteilung, folgende Maßnahmen zu treffen:

Organisation
Legen Sie die Verantwortung und Aufgaben Ihrer Beschäftigten für die Baustelle fest und sorgen Sie für deren Qualifikation (z.B. zur Prüfung befähigte Person für Gerüste, Bedienpersonal von Bauaufzügen und Hebezeugen). Sorgen Sie dafür, dass die erforderlichen Unterlagen (z.B. Betriebsanleitungen, Betriebsanweisungen, Standsicherheitsnachweise) auf der Baustelle vorhanden sind.

Absturzsicherungen
Sorgen Sie dafür, dass:

  • an Absturzkanten ein Seitenschutz als Absturzsicherung verwendet wird. Nachrangig können Auffangeinrichtungen (z.B. Fanggerüste) eingesetzt werden

  • Öffnungen in Fußböden bzw. Decken umwehrt oder unverschieblich und begehbar abgedeckt sind

  • Gerüste und Schalsysteme mit dreiteiligem Seitenschutz ausgestattet sind

  • bei der Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) weiterführende Maßnahmen (z.B. geeignete Anschlagpunkte, besondere Unterweisung, Rettungskonzept) durchgeführt werden

ccc_3531_11.jpgWichtige Hinweise für die Verwendung von Konsolgerüsten an Schornsteinen enthält die DGUV Information 201-055 "Feuerfest-, Turm- und Schornsteinbau".

Schutz vor herabfallenden Gegenständen
Sorgen Sie dafür, dass Baumaterial, Kleinteile und Werkzeuge in geeigneten Behältern sicher aufbewahrt werden. Berücksichtigen Sie dabei die Windverhältnisse in großen Höhen.

Ermitteln Sie zuerst den Gefahrbereich am Fuß des Bauwerkes entsprechend der Tabelle. Sperren Sie diesen Bereich ab (feste Absperrungen - kein Flatterband!) und kennzeichnen Sie diesen mit dem Verbotszeichen "Zutritt für Unbefugte verboten" (D-P006).

Radius des Gefahrbereichs um das Bauwerk mit hochgelegenen Arbeitsplätzen nach DGUV Information 201-055

jeweilige Höhe h der baul. Anlage (m)erforderl. Radius abhängig von herforderl. Mindestradius (m)
h bis 100h/512,50
h > 100 bis 150h/620,00
h > 150 bis 200h/725,00
h > 200h/830,00

Beispiel: Bei einer Bauwerkshöhe von 102 m beträgt der erforderliche Radius h/6 = 17 m. Es ist jedoch der Mindestradius von 20 einzuhalten.

Vermeiden Sie, dass sich im Gefahrbereich Arbeitsplätze und Verkehrswege befinden. Ist dies vom Arbeitsablauf her nicht möglich, stellen Sie sicher, dass Maßnahmen gegen herabfallende Gegenstände ergriffen werden, z.B.:

  • Geschlossene Gerüstbeläge, die bis an das Bauwerk heranreichen

  • Seitenschutz als geschlossene Schutzwand ausführen

  • Schutznetze zum Auffangen von Gegenständen

  • Errichten von Schutzdächern

  • wählen Sie entsprechend dem Gewicht und den Abmaßen der Last geeignete Lastaufnahmemittel aus, wie z.B. Transportanker und zugehöriger Abheber, Traversen, formschlüssig wirkende Klemmen

Standsicherheit

  • Schaffen Sie für Ihre Baugeräte (z.B. Hebezeuge, Betonpumpen, Fahrzeuge, Bauaufzüge) und die zu lagernden Fertigteile einen tragfähigen Untergrund.

  • Halten Sie für Baugeräte und zu lagerndes Material die Sicherheitsabstände zu Böschungskanten ein.

  • Sorgen Sie dafür, dass vor dem Lösen der Lastaufnahmemittel bzw. Anschlagmittel die Fertigteile so gesichert sind, dass sie nicht umkippen, abstürzen oder sonst ihre Lage verändern können.

  • Stellen Sie sicher, dass Gerüste und Schalungssysteme entsprechend der Aufbau- und Verwendungsanleitung errichtet und verankert sind.

Ergonomie
Schaffen Sie sichere und ergonomische Verkehrswege zu den hochgelegenen Arbeitsplätzen, wie z.B. mit Aufzügen, Transportbühnen oder Treppen (siehe Abbildung 142).

ccc_3531_36.jpgAuch bei geringen Höhen hat sich aus ergonomischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Einsatz von Aufzügen für die Personenbeförderung an Bauwerken und Kranen bewährt.