DGUV Information 211-042 - Sicherheitsbeauftragte

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Abschnitt 2.1 - 2.1 Die Arbeitsschutzorganisation im Betrieb

Unternehmer und Unternehmerinnen sind für eine funktionierende Arbeitsschutzorganisation in ihrem Betrieb verantwortlich. Dazu gehören neben der Einrichtung des Arbeitsschutzausschusses, der Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit, Betriebsärztinnen/Betriebsärzten und Sicherheitsbeauftragten sowie der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung und der Übertragung der Pflichten auf Führungskräfte als wichtigste Bausteine:

  • die Organisation der Ersten Hilfe (siehe 4.1),

  • die vorausschauenden Planungen für besondere Gefahren und Notfallmaßnahmen (siehe 4.2),

  • die regelmäßige Unterweisung der Beschäftigten (siehe 4.3)

  • die Bereitstellung der Persönlichen Schutzausrüstungen (siehe 4.4).

Aufgabe der Sicherheitsbeauftragten ist es, die Unternehmerin/den Unternehmer oder die Führungskräfte bei diesen Aufgaben zu unterstützen.

2.1.1 Unternehmerin/Unternehmer/Führungskraft

Unternehmer und Unternehmerin sind rechtlich verantwortlich für den Arbeitsschutz in ihrem Betrieb. Sie müssen die erforderlichen Maßnahmen durchführen und umsetzen, um Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhindern. Zu diesen Maßnahmen gehört auch, für eine wirksame Erste Hilfe im Betrieb zu sorgen. Sie haben den innerbetrieblichen Arbeitsschutz zu organisieren und gegebenenfalls zu delegieren und sich von der Durchführung der von ihnen delegierten Aufgaben zu überzeugen.

Führungskräfte unterstehen der Unternehmerin/dem Unternehmer und tragen in ihrem Zuständigkeitsbereich die Verantwortung für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. Führungskräfte legen Aufgaben im Arbeitsschutz fest und weisen diese den hierfür befähigten Beschäftigten zu. Dabei beziehen sie die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin/den Betriebsarzt mit ein.

2.1.2 Betriebs- oder Personalrat

Der Betriebs- oder Personalrat hat unter anderem die Aufgabe, sich für die Verbesserung des Arbeitsschutzes einzusetzen. Die Rechte und Pflichten sind im Betriebsverfassungsgesetz oder in den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder festgelegt. Der Personal- oder Betriebsrat hat darauf hinzuwirken, dass die geltenden Gesetze, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften eingehalten werden. Sind die Regelungen in Gesetzen und Verordnungen nicht abschließend geregelt, so hat der Betriebs- bzw. Personalrat ein Mitbestimmungsrecht über die Ausgestaltung von Fragen des Arbeitsschutzes im Betrieb. Hierzu vereinbart er Betriebsvereinbarungen und nimmt auch im Arbeitsschutzausschuss die Interessen der Beschäftigten wahr.

2.1.3 Fachkraft für Arbeitssicherheit

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit ist in ihrer Funktion als Stabsstelle direkt der Betriebsleitung unterstellt. Sie hat keine Weisungsbefugnis, sondern berät die Unternehmerin/den Unternehmer zu allen Themen der Arbeitssicherheit einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Die Fachkraft für Arbeitssicherheit berät und unterstützt unter anderem bei der:

  • Gestaltung der Arbeitsabläufe und der Arbeitsplätze

  • Beschaffung der technischen Arbeitsmittel sowie der Persönlichen Schutzausrüstungen (PSA)

  • Beurteilung der Arbeitsbedingungen

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit hat regelmäßige Begehungen durchzuführen. Sie informiert die Beschäftigten über die Unfall- und Gesundheitsgefahren und wirkt bei der Schulung der Sicherheitsbeauftragten mit.

In der Praxis werden oftmals die Bezeichnungen "Sicherheitsbeauftragte" und "Sicherheitsfachkraft" (besser: Fachkraft für Arbeitssicherheit) verwechselt. Zum besseren Verständnis sind in der Tabelle 1 die unterschiedlichen Merkmale zusammengestellt.

Tabelle 1: Gegenüberstellung Fachkraft für Arbeitssicherheit/Sicherheitsbeauftragte

Fachkraft für ArbeitssicherheitSicherheitsbeauftragte
Rechtsgrundlagen
  • Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG)

  • DGUV Vorschrift 2 "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit"

Aufgaben§ 6 ASiG: Unterstützung des Arbeitgebers in allen Fragen der Arbeitssicherheit, einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit, insbesondere durch:
  • sicherheitstechnische Überprüfung der Einrichtungen und Arbeitsverfahren

  • Durchführung des Arbeitsschutzes beobachten, Mängel feststellen, Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitssicherheit unterbreiten

  • Untersuchung und Auswertung der Unfallursachen

Information aller im Betrieb Beschäftigten über die Unfall- und Gesundheitsgefahren sowie Maßnahmen zu ihrer Abwendung und Beratung bei:
  • Planung, Ausführung und Unterhaltung der Einrichtungen

  • Beurteilung der Arbeitsbedingungen

  • Beschaffung der technischen Arbeitsmittel

  • Einführung der Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffe

  • Auswahl und Erprobung der persönlichen Schutzausrüstungen

  • Gestaltung der Arbeitsplätze, der Arbeitsabläufe und der Arbeitsumgebung

§ 22 Abs. 2 SGB VII: Unterstützung des Unternehmers bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, insbesondere durch:
  • Sich überzeugen vom Vorhandensein und der ordnungsgemäßen Benutzung der vorgeschriebenen Schutzeinrichtungen und persönlichen Schutzausrüstungen

  • Aufmerksam machen auf Unfall- und Gesundheitsgefahren

Auswahlkriterien/Qualifikation
  • Ingenieure und Ingenieurinnen der Fachrichtung Sicherheitstechnik mit mindestens zwei Jahren praktischer Tätigkeit

  • Ingenieurinnen/Ingenieure, Technikerinnen/Techniker oder Meisterinnen/Meister mit mindestens zwei Jahren praktischer Tätigkeit und zusätzlichem Ausbildungslehrgang (DGUV Vorschrift 2)

  • In Einzelfällen sind Sonderregelungen möglich

Sicherheitsbeauftragte sollten über folgende Voraussetzungen verfügen:
  • Akzeptanz unter den Kollegen und Kolleginnen

  • Sozialkompetenz, gute Beobachtungsgabe

  • Fingerspitzengefühl und Überzeugungsvermögen

  • engagiert, teamfähig und kontaktfreudig

  • Berufserfahrung

  • Fachkunde im Zuständigkeitsbereich

  • Stärken und Schwächen in eigenem Bereich kennen

  • gutes technisches Verständnis

  • Teilnahme an Aus- und Fortbildungsveranstaltungen auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange

Anzahl/Umfang der TätigkeitDie Anzahl ergibt sich aus Anlage 2 zu § 2 Abs. 3 der DGUV Vorschrift 2 entsprechend der erforderlichen Einsatzzeit
Organisatorische Stellung im BetriebDer Leiterin/dem Leiter des Betriebs unterstellt; soweit mehrere Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellt sind, gilt dies für die leitende Fachkraft für ArbeitssicherheitBleibt den unmittelbaren Vorgesetzten
(z. B. Meisterin/Meister, Abteilungs- oder Referatsleitung) unterstellt
Verantwortung
  • Keine Verantwortung für die Durchführung des Arbeitsschutzes im Betrieb

  • Verantwortung für die Erfüllung der Aufgaben nach § 6 ASiG und für fachlich richtige Beratung

Keine rechtliche Verantwortung

2.1.4 Betriebsärztin/Betriebsarzt

Die Betriebsärztin/der Betriebsarzt ist, wie die Fachkraft für Arbeitssicherheit, in einer Stabsstelle beratend und unterstützend für die Unternehmerin/den Unternehmer tätig bei der:

  • Gestaltung der Arbeitsverfahren und der Arbeitsplätze

  • Beschaffung der Arbeitsmittel sowie der Persönlichen Schutzausrüstungen

  • Organisation der Ersten Hilfe im Betrieb

  • Eingliederung und Wiedereingliederung Behinderter in den Arbeitsprozess

  • Beurteilung der Arbeitsbedingungen

Die Betriebsärztin/der Betriebsarzt berät in allen Fragen des Gesundheitsschutzes, insbesondere bei arbeitsmedizinischen, arbeitspsychologischen, hygienischen und ergonomischen Fragen. Außerdem gehören die arbeitsmedizinische Vorsorge für die Beschäftigten, die arbeitsmedizinische Beurteilung der Arbeitsplätze, die Begehung der Arbeitsstätten sowie die Untersuchung der Ursachen arbeitsbedingter Erkrankungen zu den Aufgaben. Dabei sind Betriebsärztinnen und Betriebsärzte in der Ausübung ihrer Fachkunde weisungsfrei und unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht.

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Abb. 3: Unterschiedliche Sicherheitsbeauftragte

2.1.5 Sicherheitsbeauftragte

Sicherheitsbeauftragte sind von der Unternehmerin/vom Unternehmer bestellte Personen, die sie/ihn bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung der Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren unterstützen.

Sicherheitsbeauftragte müssen in allen Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten bestellt werden. Ihnen kommt aufgrund ihrer Orts-, Fach- und Sachkenntnisse die Aufgabe zu, in ihrem Arbeitsbereich Unfall- und Gesundheitsgefahren zu erkennen und adäquat darauf zu reagieren sowie zu beobachten, ob die vorgeschriebenen Schutzvorrichtungen und -ausrüstungen vorhanden sind und benutzt werden. Sicherheitsbeauftragte sind ohne hierfür festgeschriebenen Zeitaufwand auf ihrer jeweiligen Arbeitsebene unterstützend tätig und treten gegenüber den Beschäftigten als Multiplikatoren auf. Sie bewirken durch ihre Präsenz und ihre Vorbildfunktion sowie durch ihr kollegiales Einwirken ein sicherheitsgerechtes Verhalten der Beschäftigten. Die Sicherheitsbeauftragten sind in ihrer Funktion ausschließlich ehrenamtlich tätig und können in keinem Fall die beratende Funktion einer Fachkraft für Arbeitssicherheit oder einer Betriebsärztin/eines Betriebsarztes ersetzen, sollten aber eng mit ihnen zusammenwirken. Sie sind auch Mitglied im Arbeitsschutzausschuss.

Die im Arbeitsschutz tätigen Sicherheitsbeauftragten werden manchmal mit anderen Beauftragten verwechselt, die eine ähnliche Bezeichnung aber mitunter sehr unterschiedliche Arbeitsaufgaben und andere Rechtsgrundlagen für ihre Arbeit besitzen (siehe Abbildung 3).

2.1.6 Arbeitsschutzausschuss

Die Unternehmerin/der Unternehmer hat nach § 11 des Arbeitssicherheitsgesetzes bei mehr als 20 Beschäftigten einen Arbeitsschutzausschuss (ASA) zu bilden. Der Ausschuss tagt mindestens viermal jährlich und dient dazu, Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes von allgemeiner und übergeordneter Bedeutung zu besprechen. Außerdem sollen Entscheidungen vorbereitet werden, um den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz voranzubringen. Ständige Mitglieder des ASA sind (siehe Abbildung 4):

  • die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber oder eine beauftragte Person

  • zwei Vertreterinnen/Vertreter des Betriebs- bzw. Personalrats

  • die Fachkraft für Arbeitssicherheit

  • die Betriebsärztin/der Betriebsarzt

  • Sicherheitsbeauftragte

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Abb. 4: Personelle Zusammensetzung des Arbeitsschutzausschusses

Zu den Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses können je nach Erforderlichkeit weitere Personen hinzugezogen werden. Dies können sowohl innerbetriebliche (z. B. Vertretung der Schwerbehinderten, Brandschutzbeauftragte, Strahlenschutzbeauftragte, Immissionsschutzbeauftragte, Gewässerschutzbeauftragte, Laserschutzbeauftragte) als auch außerbetriebliche Fachleuchte sein (z. B. Aufsichtspersonen der Unfallkassen oder der Berufsgenossenschaften).

In großen Betrieben können, aufgrund ihrer Anzahl, nicht alle Sicherheitsbeauftragten an den Sitzungen des Arbeitsschutzausschusses teilnehmen. Gängige Praxis sind eine rotierende Teilnahme, die Entsendung eines oder mehrerer Sicherheitsbeauftragter durch Wahl aus dem Kreis aller Sicherheitsbeauftragten oder die Teilnahme in Abhängigkeit der zu behandelnden Themen oder Arbeitsbereiche.

Großbetriebe ermöglichen den Sicherheitsbeauftragten meist einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch untereinander und mit der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber, Betriebs-/Personalrat sowie den Fachkräften für Arbeitssicherheit durch die Einberufung von Treffen aller Sicherheitsbeauftragten (z. B. Sicherheitskreis).

ccc_3527_right.jpgPraxis-Check
Die Protokolle der ASA-Sitzungen sollten so formuliert werden, dass den Sicherheitsbeauftragten der nötige Transfer der einzelnen Punkte vor Ort und die Weitergabe wichtiger Aspekte an die Beschäftigten erleichtert wird. Bewährt hat sich z. B. die Form einer To-do-Liste (wer, was, bis wann), in der bei der nächsten Sitzung geprüft werden kann, ob die besprochenen Maßnahmen umgesetzt wurden.

2.1.7 Gefährdungsbeurteilung

Die Unternehmerin/der Unternehmer hat die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten und Verbesserungen anzustreben. Der erste Schritt dabei ist die Gefährdungsbeurteilung, die einen Prozess darstellt, Gefährdungen zu ermitteln und die damit verbundenen Risiken zu bewerten.

Die Beurteilung der Gefährdungen durch die Unternehmerin/den Unternehmer ist die Voraussetzung für das Ergreifen wirksamer und betriebsbezogener Arbeitsschutzmaßnahmen. Welche konkreten Schutzmaßnahmen im Betrieb erforderlich sind, ist durch eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen festzustellen. Die Gefährdungsbeurteilung ist auch die Grundlage für die Festlegung der Rangfolge der zu ergreifenden Maßnahmen.

Die Gefährdungsbeurteilung besteht aus:

  • Einer systematischen Feststellung und Bewertung relevanter Gefährdungen

  • der Ableitung entsprechender Maßnahmen

Die aus der Gefährdungsbeurteilung abgeleiteten Maßnahmen sind auf ihre Wirksamkeit hin zu prüfen und gegebenenfalls an sich ändernde Gegebenheiten anzupassen.

ccc_3527_right.jpgPraxis-Check
Um ihre Tätigkeit wirksam auszuführen, ist die Gefährdungsbeurteilung für Sicherheitsbeauftragte von entscheidender Bedeutung. Die Sicherheitsbeauftragten haben deshalb Zugriff auf die Gefährdungsbeurteilung, sind bei der Erstellung eingebunden, veranlassen durch aktuelle Hinweise deren Aktualisierung oder Ergänzung und werden über Änderungen zeitnah informiert.