DGUV Information 207-206 - Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln im Gesundheitsdienst

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Abschnitt 7.1 - 7.1 Allgemeines

Unter der Desinfektion von Medizinprodukten versteht man die nach Gebrauch erfolgende Behandlung von Medizinprodukten insbesondere zur Eliminierung von Infektionserregern. In der Regel handelt es sich bei den Medizinprodukten um chirurgisches Instrumentarium, Anästhesiematerial oder Geräte wie z. B. Endoskope. Die überwiegende Zahl der Medizinprodukte wird nach der Desinfektion sterilisiert. Die Desinfektion von Medizinprodukten ist ein festgelegter Arbeitsabschnitt während des gesamten reproduzierbaren Aufbereitungsprozesses von Medizinprodukten. Beim Einsatz wieder verwendbarer Transportverpackungen, sollen diese aus Materialien bestehen, die leicht zu reinigen und zu desinfizieren sind.

Der Arbeitsbereich, in dem die Aufbereitungsschritte etwa in Krankenhäusern, ambulanten OP-Zentren, Facharztpraxen oder durch externe Dienstleister erfolgen, wird als Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP) bezeichnet. Eine AEMP kann mittels einer Ein- oder Zweiraumlösung jeweils mit unreinen und reinen Arbeitsbereichen organisiert sein, detaillierte Informationen dazu geben die Empfehlungen des Fachausschusses Hygiene, Bau und Technik der DGSV e. V.

ccc_3519_as_2.jpgEinzelschritte der Aufbereitung von Medizinprodukten (nach der KRINKO-Empfehlung "Anforderungen an die Aufbereitung von Medizinprodukten" sind:
  1. (i)

    Vorbereitung der Aufbereitung (Vorbehandlung, Sammlung, Vorreinigung, gegebenenfalls Zerlegen, Zwischenlagerung, Transport)

  2. (ii)

    Reinigung, Zwischenspülung, Desinfektion, Spülung und Trocknung

  3. (iii)

    Prüfung auf Sauberkeit und Unversehrtheit

  4. (iv)

    Pflege und Instandsetzung

  5. (v)

    Funktionsprüfung


und je nach Erfordernis
  1. (vi)

    Kennzeichnung

  2. (vii)

    Verpacken

  3. (viii)

    Sterilisation



Der erste Schritt "Vorbereitung der Aufbereitung" erfolgt oft unmittelbar nach der Anwendung vor Ort im Behandlungszimmer, um Antrocknen der Verschmutzungen zu verhindern. Die Entfernung der Grobverschmutzungen erfolgt durch Abwischen der äußeren Seite mit einem reinigungsmittelgetränkten Tuch sowie durch Durchspülen mit Reinigungslösung von Hohlräumen oder Arbeitskanälen mit einer Spülflasche oder Handpumpe. Das Medizinprodukt wird gegebenenfalls zerlegt und im Anschluss zum Arbeitsbereich der Aufbereitung transportiert.

Im folgenden Kapitel wird nur die Desinfektion von Medizinprodukten behandelt. Es wird folglich nicht auf die Gefahrstoffe in den Reinigungsmitteln eingegangen, die bei der Vorreinigung während der Vorbereitung oder bei den Reinigungsschritten unmittelbar vor der Desinfektion zum Einsatz kommen. Diese Reinigungsmittel können gegebenenfalls weitere Gefährdungen bergen und Schutzmaßnahmen erforderlich machen.

Hinweise zur Desinfektion von getragenem Zahnersatz, Abformungen und zahntechnischen Werkstücken gibt die DGUV Information 203-021 "Zahntechnische Laboratorien - Schutz vor Infektionsgefahren". Sie enthält auch einen Musterhygieneplan.

Wichtigste Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen

Die Inhaltsstoffe in Desinfektionsmitteln für Medizinprodukte sind von der Desinfektionsaufgabe und der erforderlichen Wirksamkeit abhängig. Die am häufigsten vorkommenden Wirkstoffe sind in Tabelle 9 aufgeführt.

Tabelle 9
Häufigste Wirkstoffe in Desinfektionsmitteln für Medizinprodukte mit zugehöriger Stoffgruppe und Luftgrenzwert

StoffgruppeCAS-Nr.WirkstoffAGW
[mg/m3]
MAK
[mg/m3]
Int. GW [mg/m3]
(Land)
DNEL [mg/m3]
lokalsystemisch
Aldehyd50-00-0Formaldehyd0,370,370,37 (EU)0,3759
111-30-8Glutaraldehyd0,20,210,2 (UK)--
Alkohol64-17-5Ethanol380380260 (NDL)-950
67-63-02-Propanol500500245 (NOR)-500
Alkylamin2372-82-9N-(3-Aminopropyl)N-dodecylpropan-1,3-diamin 0,050,050,05 (CH)-0,789
Guanidine85681-60-3Cocospropylendiamin1,5-bis-guanidiniumdiacetat-----
Organische Säuren110-16-7Maleinsäure---33
Peroxidverbindung79-21-0Peroxyessigsäure-0,320,6 (FIN)0,560,56
7722-84-1Wasserstoffperoxid0,710,710,4 (POL)1,4-
Quartäre Ammoniumverbindung68424-85-1Benzyl-C12-C16-alkyldimethylchlorid----3,96
7173-51-5Didecyldimethylammoniumchlorid-----
94667-33-1N,N-Didecyl-N-methylpoly(oxyethyl)ammoniumpropionat ----0,5

Verfahren

Die anwendbaren Desinfektionsverfahren sind von der Art des zu desinfizierenden Instrumentariums und der Organisation im Unternehmen abhängig. Thermostabile Medizinprodukte werden generell mittels thermischer Verfahren und thermolabile Medizinprodukte mittels chemothermischer Verfahren desinfiziert. Für letzteres Verfahren werden die manuelle oder die maschinelle Desinfektion von Medizinprodukten, die unterschiedliche Gefährdungen bergen und Schutzmaßnahmen erfordern, angewendet. Beim Einsatz wieder verwendbarer Transportverpackungen, sollen diese aus Materialien bestehen, die leicht zu reinigen und zu desinfizieren sind.

Die Desinfektion von Dialysegeräten und Patientenbetten stellen ein besonderes Verfahren mit weiteren Gefährdungen und zusätzlichen Schutzmaßnahmen dar und werden in Kapitel 8 bzw. Kapitel 9 behandelt.

Alle Einzelschritte der Desinfektion sollen auf das Medizinprodukt und die vorausgegangene und nachfolgende Anwendung des Medizinproduktes abgestimmt werden. Bei der systematischen Gefährdungsbeurteilung werden somit folgende Arbeitsschritte für den zweiten Schritt im Aufbereitungsprozess berücksichtigt:

  • Bereitstellen der Reinigungslösung

  • Bereitstellen der Desinfektionsmittellösung, z. B. Ansetzen von Anwendungslösung aus einem Desinfektionsmittelkonzentrat

  • Reinigung

  • Desinfektion

  • Spülung

  • Trocknung

Neben den in Kapitel 3 genannten allgemeingültigen Gefährdungen und Schutzmaßnahmen zu Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln werden im Folgenden konkrete Gefährdungen und ergänzende Schutzmaßnahmen bezüglich der speziellen Desinfektionsaufgaben manueller oder maschineller Desinfektion von Medizinprodukten beschrieben.

Quellen: Marktrecherche der BGW Anfang 2020 (Anhäuser, Halsen et al. 2021), TRGS 900, "International Limit Values"- und "DNEL"-Listen des Gefahrstoffinformationssystems der DGUV. Die DNEL-Werte beziehen sich auf die inhalative Langzeitexposition am Arbeitsplatz (Webcodes: d6247 und d145542), Stand: Juli 2023.