DGUV Information 207-206 - Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln im Gesundheitsdienst

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Abschnitt 6.1 - 6.1 Allgemeines

Die Flächendesinfektion findet in der Regel als Scheuer-Wisch-Desinfektion (kurz genannt: Wischdesinfektion) statt. Je nach zu desinfizierender Fläche stehen dafür verschiedene Arbeitsmittel zur Verfügung wie gebrauchsfertige vorgetränkte Feuchttücher, Wischtücher oder Ähnliches für die manuelle Bearbeitung sowie technische Arbeitsgeräte wie Reinigungswagen oder elektrisch betriebene Maschinen. Die Flächendesinfektion steht oft in engem Zusammenhang mit der Flächenreinigung, über die Verwendung von Reinigungsmitteln informiert die DGUV Regel 101-019 "Umgang mit Reinigungs- und Pflegemitteln".

Bei der Sprühdesinfektion wird das Desinfektionsmittel auf die zu behandelnden Oberflächen aufgesprüht, wobei Aerosole entstehen. Dabei besteht eine erhöhte inhalative Exposition durch zusätzliche, nicht flüchtige Stoffe, die eigentlich nicht auf die Atemwege einwirken würden. Somit ist aus Arbeitsschutzgründen dieses Verfahren nicht durchzuführen und nur in begründeten Ausnahmefällen erlaubt (TRGS 525). Auch aus Sicht der Hygiene ist die Sprühdesinfektion nicht zu empfehlen. Wegen der ungleichmäßigen Benetzung der Oberfläche und des schnellen Wegwischens des Desinfektionsmittels von der Oberfläche ist der Desinfektionserfolg zweifelhaft.

Die Desinfektion von Flächen kann routinemäßig erfolgen, dabei wird die Fläche ohne den Anspruch zusätzlicher Reinigungswirkung desinfiziert. Dabei können aber auch Desinfektionsmittel mit einem Reinigungszusatz wie Detergenzien zur desinfizierenden Reinigung verwendet werden. In besonderen Fällen, z. B. bei konkreten Infektionsereignissen oder starken Verunreinigungen mit potenziell erregerhaltigen Material, sind in der Regel andere Konzentrations-Zeit-Relationen und andere Verfahren (z. B. vorgeschaltete Reinigung) als bei der routinemäßigen Desinfektion notwendig.

Wichtigste Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen

Die Inhaltsstoffe in Flächendesinfektionsmitteln sind von der Desinfektionsaufgabe und der erforderlichen Wirksamkeit abhängig. Die am häufigsten vorkommenden Wirkstoffe sind in Tabelle 8 aufgeführt.

Tabelle 8
Häufigste Wirkstoffe in Flächendesinfektionsmitteln mit zugehöriger Stoffgruppe und Luftgrenzwert

StoffgruppeCAS-Nr.WirkstoffAGW
[mg/m3]
MAK
[mg/m3]
Int. GW [mg/m3]
(Land)
DNEL [mg/m3]
lokalsystemisch
Aldehyde50-00-0Formaldehyd0,370,370,37 (EU)0,3759
111-30-8Glutaraldehyd0,20,210,2 (UK)--
Alkohole64-17-5Ethanol380380260 (NDL)-950
67-63-02-Propanol500500245 (NOR)-500
71-23-81-Propanol--500 (CH)-268
Alkylamine2372-82-9N-(3-Aminopropyl)-Ndodecylpropan-1,3-diamin 0,050,050,05 (CH)-0,789
Guanidine98246-84-5Alkylpropylendiamin1,5-bis-guanidiniumacetat-----
Organische Säuren79-33-4L-(+) Milchsäure-----
Peroxidverbindungen7722-84-1Wasserstoffperoxid0,710,710,4 (POL)1,4-
79-21-0Peroxyessigsäure-0,320,6 (FIN)0,560,56
Quartäre Ammoniumverbindungen68424-85-1Benzyl-C12-C16-alkyldimethylchlorid----3,96
7173-51-5Didecyldimethylammoniumchlorid
85409-23-0N-Alkyl-N-ethylbenzyl-N,N-dimethylammoniumchlorid ---1-

Verfahren

Die Größe der zu desinfizierenden Oberfläche kann von wenigen Quadratzentimetern bis mehreren Quadratmetern reichen, dabei kommen verschiedene Produktarten und Verfahren zum Einsatz, die unterschiedliche Gefährdungen bergen und Schutzmaßnahmen erfordern. Eine Unterscheidung bietet die Unterteilung in die Desinfektion kleiner Flächen (< 2 m2) und großer Flächen (> 2 m2). Die Vorgaben und Abläufe der Desinfektion großer Flächen sind unter anderem Bestandteil bei besonderen Infektionsereignissen (z. B. Schlussdesinfektionen oder behördlich angeordneten Desinfektionen).

Bei der systematischen Gefährdungsbeurteilung werden alle Arbeitsschritte der Flächendesinfektion berücksichtigt, also auch alle Schritte der Vor- und Nachbereitung. Die einzelnen Arbeitsschritte sind:

  • Bereitstellen der Desinfektionsmittellösung, z. B. Ansetzen von Anwendungslösungen aus einem Desinfektionsmittelkonzentrat

  • Ausbringen des Desinfektionsmittels mit gebrauchsfertigen Desinfektionsmittelwischtüchern oder

  • Ausbringen der gebrauchsfertigen oder verdünnten Desinfektionsmittellösung mit Feuchtwischtextilien

  • Entsorgen gebrauchter Feuchttücher und der Reste der Anwendungslösung und Zuführen der Hilfsmittel (Feuchtwischtextilien) zur Aufbereitung

Neben den in Kapitel 3 genannten allgemeingültigen Gefährdungen und Schutzmaßnahmen zu Tätigkeiten mit Desinfektionsmitteln werden im Folgenden konkrete Gefährdungen und ergänzende Schutzmaßnahmen bezüglich der speziellen Desinfektionsaufgaben "Desinfektion kleiner Flächen" und "Desinfektion großer Flächen" beschrieben. Bestehen für Desinfektion mit besonderen Infektionsereignissen (z. B. Schlussdesinfektion oder behördlich angeordnete Desinfektion) gegebenenfalls weitere Gefährdungen und Schutzmaßnahmen, die über die genannten der Desinfektion großer Flächen hinausgehen, werden diese im Kapitel 6.3 gesondert genannt.

Quellen: Marktrecherche der BGW Anfang 2020 (Anhäuser, Halsen et al. 2021), TRGS 900, "International Limit Values"- und "DNEL"-Listen des Gefahrstoffinformationssystems der DGUV. Die DNEL-Werte beziehen sich auf die inhalative Langzeitexposition am Arbeitsplatz (Webcodes: d6247 und d145542), Stand: Juli 2023.