DGUV Regel 115-402 - Branche Call Center

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Abschnitt 3.3 - 3.3 Soziale Beziehungen

Bei der Arbeitsgestaltung und Gefährdungsbeurteilung Ihres Call Centers sollten Sie den sozialen Beziehungen Ihrer Beschäftigten untereinander ausreichend Aufmerksamkeit widmen. Durch soziale Unterstützung können Sie wichtige Ressourcen für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etablieren. Sie beugen so vielen unnötigen Fehlbeanspruchungsfolgen vor.

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ccc_3517_03.jpgRechtliche Grundlagen
ccc_3517_04.jpgWeitere Informationen
  • BAuA (Hrsg.): Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung: Erfahrungen und Empfehlungen, Berlin, 2014.

  • GDA-Arbeitsprogramm Psyche (Hrsg.): Arbeitsschutz in der Praxis. Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung, Berlin, 2016.

  • VBG (Hrsg.) Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung. Handlungshilfe für die betriebliche Praxis (= VBG-Fachwissen, Version 1.0/2015-05), Hamburg.

  • VBG (Hrsg.): Gesund und erfolgreich führen. Informationen für Führungskräfte (= VBG-Fachwissen, Version 1.0/2013-04), Hamburg.

  • DIN EN ISO 6385 "Grundsätze der Ergonomie für die Gestaltung von Arbeitssysteme", Ausgabedatum: 2004-05

  • DIN EN 29241 "Ergonomische Anforderungen für Bürotätigkeiten mit Bildschirmgeräten", Teil 2 "Anforderungen an die Arbeitsaufgaben; Leitsätze (ISO 9241-2:1992)", Ausgabedatum 1993-06

ccc_3517_29.jpgGefährdungen
Bei den sozialen Beziehungen werden drei Bereiche unterschieden, von denen Gefährdungen für Ihre Beschäftigen ausgehen können:
  • soziale Beziehungen zu Kolleginnen und Kollegen (z. B. fehlende oder geringe soziale Unterstützung untereinander, mangelndes Vertrauen, starker Konkurrenzdruck, Konflikte, Streitigkeiten, Mobbing),

  • soziale Beziehungen zu Vorgesetzten (z. B. fehlende oder geringe Unterstützung der Vorgesetzen, Konflikte, Streitigkeiten, mangelnde Anerkennung, fehlendes Feedback),

  • soziale Beziehungen zu Kundinnen und Kunden (z. B. verbale Angriffe, Belästigungen) sowie Emotionsarbeit.

Emotionsarbeit
Emotionsarbeit bedeutet, die eigene Gefühlslage in der Außendarstellung zurückzunehmen, um den Kundinnen und Kunden ein einheitliches oder betrieblich gewünschtes Serviceerlebnis zu gewähren. Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter sind z. B. immer freundlich und bemüht, unabhängig davon, wie es ihr oder ihm emotional geht, oder wie der Kunde sie oder ihn behandelt. Dies erfordert die ständige Kontrolle der eigenen Emotionen. Dauerhafte Emotionsarbeit geht langfristig mit einem erhöhten Risiko für Burnout sowie psychischer und psychosomatischer Beschwerden einher und erhöht das Depressionsrisiko der Beschäftigten.

Die aufgeführten Gefährdungen begünstigen bei Ihren Beschäftigten das Auftreten von

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen,

  • Angststörungen und Depressionen.

ccc_3517_30.jpgMaßnahmen

Soziale Beziehungen innerhalb der Belegschaft

  • Sorgen Sie als Unternehmensleitung für eine klare Rollen- und Aufgabenverteilung. Sie vermeiden so viele Konflikte, die durch unklare Aufgabenverteilung und daraus resultierende schlechte Arbeits- oder Teamergebnisse entstehen können.

  • Ermöglichen Sie den kollegialen Austausch und die Unterstützung untereinander. Unterbinden Sie nicht jegliche Gespräche.

ccc_3517_31.jpg Oftmals lernen neue Kolleginnen und Kollegen viel schneller durch informellen Austausch mit erfahrenen Agents. Schaffen Sie für diese Lern- und Austauschmöglichkeiten den nötigen zeitlichen Freiraum.

  • Sehen Sie regelmäßige Teambesprechungen vor und fördern Sie eine offene Kommunikation und Konfliktbewältigung.

  • Fördern Sie ein gutes Miteinander Ihrer Beschäftigten, indem Sie Konflikte zeitnah ansprechen, Schulungen anbieten und ggf. Leitlinien für gute Zusammenarbeit oder eine "Anti-Mobbing"-Dienstvereinbarung erstellen.

  • Sorgen Sie dafür, dass ein wertschätzender Umgang der Beschäftigten miteinander gefördert wird. Dieser kann zusätzlich durch Gruppenmoderationen, Teamcoachings oder veränderte Gruppenzusammensetzungen gestärkt werden.

Soziale Beziehung zu Vorgesetzten

  • Achten Sie auf eine angemessene Teamgröße: Die Anzahl der Mitglieder im Team darf nicht zu groß sein. Nur so können die Teamleiterinnen und -leiter neben administrativen bzw. organisatorischen Aufgaben auch mitarbeiterorientierte Führungsaufgaben leisten.

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  • Sorgen Sie dafür, dass Ihre Beschäftigten regelmäßige Rückmeldung (Feedback) von ihren Teamleiterinnen und -leitern erhalten. Vermeiden Sie dabei übermäßiges, unrealistisches Loben ebenso wie dauerhaftes Ermahnen. Nutzen Sie regelmäßige Teamsitzungen zur Verbesserung der internen Kommunikation.

  • Erstellen Sie Führungsleitlinien und ermöglichen Sie regelmäßige Mitarbeitergespräche zwischen Führungskraft und Beschäftigten.

Feedback:

ist eine wichtige Führungsaufgabe der Teamleiterinnen und -leiter an die Beschäftigten,
kann in schriftlicher oder mündlicher Form bezogen auf eine Gruppe von Beschäftigten (Teams) oder auf einzelne Beschäftigte erfolgen,
gibt den Call Center Agents regelmäßig, schnell und detailliert positive und negative Rückmeldungen zur Auftragsbearbeitung,
erfolgt auf der Grundlage von eindeutig definierten Aufgaben mit realistischen Zielen und entsprechenden Qualitätskriterien.

ccc_3517_31.jpgKriterien für Feedback

Definieren Sie nicht nur quantitative Kriterien (z. B. Handling-, Nacharbeitszeit), sondern auch qualitative Kriterien (z. B. Kundenzufriedenheit, Redialer-Quoten). Achten Sie darauf, die Anonymität Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu wahren.

Soziale Beziehungen zu Kundinnen und Kunden

Beugen Sie mit folgenden Maßnahmen einer zu ausgeprägten Emotionsarbeit oder emotionaler Inanspruchnahme Ihrer Beschäftigten vor:

  • Legen Sie klare Grenzen fest (z. B.: Wann darf ein Gespräch beendet werden? Wann kann der Call Center Agent "Nein" sagen?).

  • Vermeiden Sie den Zwang zu starren Verhaltens-/Gesprächsregeln, denen sich die Agents dauerhaft unterwerfen müssen.

  • Ermöglichen Sie konkrete Unterstützung (z. B. durch Senior Agents als Ansprechperson, Supervisions- und Coachingangebote für Call Center Agents).

  • Ermöglichen Sie Ihren Beschäftigten Mischtätigkeiten oder notfalls Arbeitsplatz-/Projektwechsel.

  • Erweitern Sie die kommunikativen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Schulungen wie Deeskalations- und Kommunikationstrainings.