DGUV Information 203-082 - Herstellung von Batterien - Handlungshilfe für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Metallen und ihren Verbindungen

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Abschnitt 5.5 - 5.5 Organisatorische Maßnahmen

Im Rahmen seiner organisatorischen Maßnahmen hat der Unternehmer/die Unternehmerin dafür zu sorgen, dass insbesondere folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

  • Auswahl bzw. Errichtung und Betreiben von geeigneten Arbeitsstätten einschließlich Sanitär- und Sozialräumen

  • Auswahl, Bereitstellung und Reinigung von Arbeitskleidung

  • Reinigung der Arbeitsbereiche und Arbeitsumgebung

  • Maßnahmen der persönlichen Hygiene

  • Betriebsanweisung und Unterweisung der Beschäftigten

  • Beachtung von Beschäftigungsbeschränkungen

  • Führen eines Verzeichnisses der Beschäftigten über Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Stoffen nach § 14 Abs. 3 GefStoffV. Hinweise dazu sind auch in der TRGS 410 "Expositionsverzeichnis bei Gefährdung gegenüber krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B" enthalten.

5.5.1
Räumliche Anforderungen

Arbeitsbereiche, in denen Beschäftigte Cadmium/Cobalt/Nickel-haltigen Gefahrstoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können, sind abzugrenzen und mit Warn- sowie Sicherheitszeichen einschließlich des Verbotszeichens "Zutritt für Unbefugte verboten" zu kennzeichnen.

In Arbeitsbereichen mit hoher und mittlerer Gefährdung ist eine räumliche Schwarz-Weiß-Trennung durch zwei mit einem Waschraum verbundene Umkleideräume oder durch ein mit dem Arbeitsbereich verbundenen Schleusensystem zum An- und Ablegen der Arbeits- und Schutzkleidung erforderlich.

5.5.2
Bereitstellung und Reinigung von Arbeitskleidung

Der Unternehmer/die Unternehmerin hat sicherzustellen, dass bei Tätigkeiten in Cadmium/Cobalt/Nickel-belasteten Bereichen geeignete Arbeitskleidung getragen wird.

Für jeden Beschäftigten und jede Beschäftigte, der/die in Bereichen mittlerer oder hoher Gefährdung tätig wird, ist ständig eine Garnitur sauberer Arbeitskleidung bereitzuhalten.

Für kurzzeitig Beschäftigte, z. B. Praktikanten oder Besucher, ist saubere Schutzkleidung zur Verfügung zu stellen.

Getrennte Aufbewahrungsmöglichkeiten für die Arbeits- oder Schutzkleidung einerseits und für die Straßenkleidung andererseits sind zur Verfügung zu stellen. Der Unternehmer/die Unternehmerin hat dafür Sorge zu tragen, dass die durch Gefahrstoffe verunreinigte Arbeitskleidung durch Fachunternehmen fachkundig gereinigt wird. Dem Auftragnehmer/der Auftragnehmerin ist mitzuteilen, womit die Kleidung kontaminiert ist. Alternativ kann eine Reinigung im eigenen Unternehmen erfolgen, wenn dafür qualifiziertes Personal und geeignete Ausrüstungen zur Verfügung stehen. Die private Reinigung der kontaminierten Arbeitskleidung ist den Beschäftigten zu untersagen.

Werden Schutzhelme in belasteten Bereichen getragen, müssen sie regelmäßig innen und außen feucht gereinigt werden.

Um eine orale Aufnahme von Gefahrstoffen zu vermeiden, sind auch Verschleppungen von Verunreinigungen, z. B. über Verschmutzungen an Schutzhandschuhen oder an der Arbeitskleidung, auszuschließen. Verunreinigte Arbeitskleidung und Persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist deshalb, z. B. beim Verlassen des Arbeitsbereiches, abzulegen. Das Betreten von Pausenräumen mit verunreinigter Kleidung ist nicht erlaubt.

Wird Atemschutz bei den Tätigkeiten getragen, ist nach Beendigung der Tätigkeit zunächst die kontaminierte Arbeitskleidung zu entfernen und danach das Atemschutzgerät. Dies sollte in die Betriebsanweisung nach GefStoffV aufgenommen werden.

5.5.3
Reinigung der Arbeitsbereiche und Arbeitsumgebung

Arbeitsbereiche, Umkleide-, Wasch- und Pausenräume (inklusive Mobiliar) sind regelmäßig durch Absaugen oder durch nasse Verfahren zu reinigen. Abblasen mit Druckluft und/oder Fegen sind verboten.

Arbeitsplätze/Arbeitsbereiche sind mit den erforderlichen Mitteln zur Reinigung auszustatten. Für die Nassreinigung ist ein Wasserschlauch und eine Waschbürste oder für die Trockenreinigung ein Industriestaubsauger mindestens der Staubklasse M zu verwenden. Die Reinigung ist zu kontrollieren und zu dokumentieren.

Für außergewöhnliche Verunreinigungen in Arbeitsbereichen (z. B. bei unkontrolliertem Austreten von Stäuben oder Pasten) ist eine geeignete mobile Absauganlage im Produktionsbereich vorzuhalten.

Geeignet sind staubbeseitigende Maschinen und Geräte wie z. B. Entstauber und Industriestaubsauger, Kehrsaugmaschinen, wenn sie Bauart geprüft sind und mindestens der Staubklasse M entsprechen. Stäube sollten, sofern möglich, feucht gehalten und dann aufgenommen werden.

5.5.4
Hygienemaßnahmen

Bei Tätigkeiten mit Cadmium/Cobalt/Nickel-haltigen Gefahrstoffen zeigt sich, dass Vorgaben zur persönlichen Hygiene und deren strikte Einhaltung entscheidenden Einfluss auf die Reduzierung der individuellen Belastung durch diese Gefahrstoffe haben.

Essen, Trinken, Rauchen und Schnupfen sind in den Arbeitsbereichen verboten. Nahrungs- und Genussmittel dürfen in den Arbeitsbereichen nicht aufbewahrt werden. In den belasteten Bereichen sind Gegenstände des persönlichen und privaten Gebrauches (Zigaretten, Mobiltelefone, Taschen etc.) nicht erlaubt.

Nach Beendigung oder bei Unterbrechung der belastenden Tätigkeit (auch für eine kurze Pause) sind immer Hände und Gesicht zu waschen. Im Arbeitsbereich oder in der Nähe des Arbeitsbereiches sind Waschgelegenheiten mit fließendem, warmem Wasser einzurichten (siehe auch § 6 ArbStättV und ASR A4.1). An den Waschgelegenheiten müssen geeignete Mittel zum Abtrocknen vorhanden sein, z. B. Rollen mit waschbaren Handtüchern oder Papier-Einwegtücher.

Eine Duschverpflichtung für Beschäftigte in mittel- und hochbelasteten Arbeitsbereichen ist in der Betriebsanweisung zu regeln.

5.5.5
Betriebsanweisung und Unterweisung der Beschäftigten

Für die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen sind auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nach GefStoffV arbeitsbereichs- und tätigkeitsbezogene Betriebsanweisungen zu erstellen und den betroffenen Beschäftigten bekannt zu machen.

Betriebsanweisungen sollten nur jene Anweisungen für die Beschäftigten enthalten, die zutreffend und notwendig sind. Angaben aus dem Sicherheitsdatenblatt sind mit den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung zu ergänzen.

Die Betriebsanweisung ist kein Ersatz für eine Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung; sie soll die konkreten organisatorischen bzw. persönlichen Maßnahmen für die Beschäftigten enthalten, die ein sicheres Arbeiten gewährleisten.

Festlegungen, die Beschäftigte nicht umsetzen können und auch nicht zu bewerten haben, z. B. "geeignete Schutzhandschuhe tragen" oder "für ausreichende Lüftung sorgen", gehören nicht in eine Betriebsanweisung.

Die Beschäftigten sind vor Aufnahme der Tätigkeiten und danach regelmäßig, mindestens jährlich, anhand der Betriebsanweisung über auftretende Gefährdungen sowie über Schutzmaßnahmen zu unterweisen.

Die Unterweisungen sind zu dokumentieren. Die Dokumentation muss Datum, Name des Unterweisenden, Inhalt, Thema, Teilnehmer sowie Unterschrift der unterwiesenen Personen enthalten (siehe auch TRGS 555 "Betriebsanweisung und Information der Beschäftigten").

Inhalte der Unterweisung sind z. B. bei:

Erstunterweisung (vor Arbeitsaufnahme):

  • arbeitsmedizinische/toxikologische Beratung der Beschäftigten (Schwerpunkt Gefährdungen durch Cadmium/Cobalt/Nickel und deren Verbindungen anhand der Betriebsanweisung)

  • Sinn und Zweck der arbeitsmedizinischen Vorsorge, einschließlich des Biomonitorings

  • Hygieneregeln

  • sachgerechte Nutzung der persönlichen Schutzausrüstung

  • allgemeine Grundsätze des Arbeitsschutzes (z. B. Anlagensicherheit, Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung)

Unterweisung in regelmäßigen Abständen:

  • Reinigung von Arbeitsplatz und Arbeitsbereich

  • Funktionskontrolle von Zu- und Abluftsystemen

  • Hygieneregeln

  • ggf. Besprechung der durch Änderungen im Betriebsablauf erforderlichen Maßnahmen

  • ggf. Hinweis auf verbesserungswürdiges Verhalten

Abhängig von Hinweisen zur Gefährdungsbeurteilung bezüglich der aktuellen Cadmium/Cobalt/Nickel-Belastung sind durch den Betriebsarzt/die Betriebsärztin ggf. zusätzliche Beratungen erforderlich.

5.5.6
Beschäftigungsbeschränkungen

Werdende oder stillende Mütter dürfen nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen die Gefährdungsbeurteilung ergeben hat, dass die Sicherheit oder Gesundheit von Mutter oder Kind durch die chemischen Gefahrstoffe oder die Arbeitsbedingungen nach Anlage 2 der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV § 4 Abs. 1) * gefährdet wird. Nicht beschäftigt werden dürfen werdende Mütter in Bereichen mit krebserzeugenden, fruchtschädigenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen (MuSchArbV § 5 Abs. 1 Nr. 3).

Dazu zählen insbesondere Tätigkeiten mit krebserzeugenden Metallen und ihren Verbindungen.

Jugendliche dürfen nicht beschäftigt werden mit Arbeiten, bei denen sie schädlichen Einwirkungen von Gefahrstoffen im Sinne des Chemikaliengesetzes ausgesetzt sind. Dies gilt nicht, soweit die Beschäftigung zur Erreichung ihres Ausbildungszieles erforderlich ist, ihr Schutz durch die Aufsicht eines Fachkundigen gewährleistet ist und der Luftgrenzwert bei gefährlichen Stoffen unterschritten wird (JArbG § 22).

Beschäftigungsbeschränkungen können mit Einverständnis des betroffenen Beschäftigten aufgrund der arbeitsmedizinischen Vorsorge vom Betriebsarzt bzw. von der Betriebsärztin ausgesprochen werden (ArbMedVV).

5.5.7
Verzeichnis der Beschäftigten

Bei den Tätigkeiten in der Batteriefertigung können Schädigungen der Gesundheit der Beschäftigten durch krebserzeugende oder keimzellmutagene Gefahrstoffe der Kategorie 1A oder 1B nicht ausgeschlossen werden. Deshalb ist zur Dokumentation einer beruflich verursachten Exposition ein Verzeichnis über die exponierten Beschäftigten zu führen, sofern eine Gefährdung besteht (z. B. wenn die Akzeptanzkonzentration oder der Arbeitsplatzgrenzwert überschritten werden).

Dieses Verzeichnis muss die Tätigkeiten sowie Angaben zur Höhe und Dauer der Exposition gegenüber krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Stoffen enthalten und ist 40 Jahre nach Ende der Exposition aufzubewahren. Weitere Einzelheiten dazu enthält die TRGS 410. Werden Beschäftigungsverhältnisse beendet, ist den Beschäftigten ein Auszug mit den sie betreffenden Angaben auszuhändigen.

Der Gesetzgeber hat in der GefStoffV weiterhin bestimmt, dass der Unternehmer bzw. die Unternehmerin diese Datenspeicherung mit Zustimmung der Beschäftigten auf den zuständigen Unfallversicherungsträger übertragen kann. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV) hat die Zentrale Expositionsdatenbank (ZED) zur Erfassung Beschäftigter eingerichtet, die gegenüber krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen exponiert sind bzw. waren.

Unternehmen können ihre Daten über ein Internetportal in die ZED übertragen und dort verwalten. Weitere Informationen enthält:

ccc_3500_20160701_01.jpghttp://www.dguv.de/ifa/GESTIS/Zentrale-Expositionsdatenbank-(ZED)/index.jsp

Voraussichtlich zum 01.01.2017 wird die MuSchArbV in das Mutterschutzgesetz (MuSchG) integriert. Die entsprechenden Regelungen finden sich dann in den §§ 10 und 11.