DGUV Information 215-450 - Softwareergonomie

Online-Shop für Schriften

Jetzt bei uns im Shop bestellen

Jetzt bestellen

Abschnitt 11.1 - 11.1 Nutzungsqualität im Einsatzzyklus

Software ist ein Arbeitsmittel (siehe auch BetrSichV). Ihre Nutzungsqualität ist hoch, wenn sie die Beschäftigten bei der Bearbeitung ihrer Aufgaben in allen Einsatzphasen (siehe Abbildung 69 und Tabelle 2) optimal unterstützt.

ccc_3498_as_64.jpg

Abb. 69
Einsatzzyklus von Software (siehe auch Tabelle 2)

Eine hohe Nutzungsqualität von Software bezieht sich auf eine ergonomische Gestaltung von Software. Zur Überprüfung und Bewertung von Nutzungsqualität gehören die folgenden Prozesse:

  • Arbeitssysteme nach ergonomischen Grundsätzen gestalten (DIN EN ISO 6385),

  • Nutzeraufgaben ableiten (DIN EN 29241-2, DIN EN 614-2, DIN EN ISO 11064-1) und

  • Benutzungsschnittstellen gestalten (DIN EN ISO 9241-210).

Der Aufwand zur Prüfung und Bewertung variiert abhängig vom Softwaretyp (z. B. Neuentwicklung oder Anpassung, siehe Kapitel 6 "Softwaretypen"). Das Prüfen und Bewerten der Nutzungsqualität soll gravierende Mängel einer ergonomischen Gestaltung, gravierende Gefährdungen und Beeinträchtigungen der Benutzerinnen bzw. der Benutzer bereits in frühen Einsatzphasen aufdecken. Ergebnisse einer Gefährdungsbeurteilung sollen in einem Lastenheft berücksichtigt und die Wirksamkeit der Maßnahmen regelmäßig überprüft und bewertet werden.

Nutzungsqualität von Software kann nicht pauschal, sondern nur für einen spezifizierten Nutzungskontext (siehe Kapitel 11.3 "Nutzungskontexte der Software spezifizieren") geprüft und bewertet werden. Gründe hierfür können sein:

  • Verstehen und Festlegen des Nutzungskontexts

  • Einzelkomponenten in Nutzungskontexten ändern sich und dadurch verändert sich ein vormals spezifizierter Nutzungskontext.

  • Eine makellose Software für jeden beliebigen Einsatzzweck ist nicht zu realisieren.

  • Mindestanforderungen und Methoden können aus rechtlichen Vorgaben nur unvollständig entnommen werden.

  • Nicht alle Anforderungen sind bekannt.

  • Eine ausreichende Benutzeranzahl für eine korrekte Methoden- bzw. Testauswertung wird meist nicht erreicht.

Einige Phasen der Entwicklung von Software sind in der Abbildung 70 dargestellt und werden in den Kapiteln 11.3 bis 11.6 weiter erläutert.

ccc_3498_as_17.jpg

Abb. 70
Wechselseitige Abhängigkeit menschzentrierter Gestaltungstätigkeiten im Entwicklungsprozess von Software (in Anlehnung an DIN EN ISO 9241-210)

Jede Phase des Einsatzzyklus von Software generiert andere Aufträge (siehe Tabelle 2) für das Projektmanagement. Die Projektleitung sollte mit den Arbeitsinhalten der jeweiligen Fachabteilungen vertraut sein, in denen die Software genutzt werden soll. Veränderungen von Aufgaben in der Fachabteilung initiieren Anpassungen von Software. Die Fachabteilung beschreibt diese Veränderungen, die von der Projektgruppe aufzunehmen sind. Die Projektgruppe setzt sich je nach Einsatzphase der Software anders zusammen (siehe Kapitel 12 "Lasten- und Pflichtenheft zur Beschaffung von Software").

Tabelle 2 Phasen des Einsatzzyklus von Software

PhaseAufträgeBeteiligte
Planung und Konzeption
  • Projektmanagement aufsetzen

  • Planungsprozess organisieren

  • Ziele, Grenzen, Kriterien zur Analyse und Gestaltung des Arbeitssystems und der Arbeitsaufgaben entwickeln

  • Nutzungskontext spezifizieren

  • zwischen Softwarekauf, -neuentwicklung, -anpassung wählen

  • Erfordernisse aus den Aufgaben ableiten

  • Lastenheft erstellen

  • Anforderungen an die Software spezifizieren

  • Pflichtenheft erstellen

  • Ergebnisse dokumentieren

Fachabteilung, Benutzerinnen/Benutzer, Betriebsratsmitglieder, Betriebsärztin/Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa), Arbeits-/Organisationsgestalterinnen und -gestalter, weitere Expertinnen/Experten (z. B. IT-Abteilung, Usability-Experten, Projektmanagement)

Hinweis:
für weitere Informationen siehe auch Kapitel 12 "Lasten- und Pflichtenheft zur Beschaffung von Software"
Entwicklung und Überprüfung
  • Entwicklungsprozess dokumentieren

  • Anforderungen an Prototypen und Produkttests spezifizieren

  • Prüfkriterien spezifizieren

  • Prüfkonzepte, Methoden, Verfahren, Tests vorbereiten, durchführen und dokumentieren

  • Ergebnisse dokumentieren

Fachabteilung, Benutzerinnen/Benutzer, Betriebsratsmitglieder, Betriebsärztin/Betriebsarzt, Sifa, Arbeits-/Organisationsgestalterinnen und -gestalter, Software-Programmiererinnen/Programmierer, weitere Expertinnen/Experten

Hinweis:
für weitere Informationen siehe auch Kapitel 12 "Lasten- und Pflichtenheft zur Beschaffung von Software"
Einführung und Nutzung
  • Einführungsprozess organisieren

  • Rollout begleiten

  • Benutzerbezogene Einweisungen und Schulungen organisieren

  • Benutzerinnen/Benutzer beraten (Hotline, Software-Support)

  • Beschwerdemanagement bezogen auf Aufgabe und Software (Fachabteilung, IT-Abteilung) umsetzen

  • Ergebnisse dokumentieren

Fachabteilung, Benutzerinnen/Benutzer, Betriebsratsmitglieder, Betriebsärztin/Betriebsarzt, Sifa, Arbeits-/Organisationsgestalterinnen und -gestalter, IT-Abteilung, weitere Expertinnen/Experten (für z. B. Schulung, Software-Administration)

Hinweis:
für weitere Informationen siehe auch Kapitel 4 "Psychologische Ansätze"
Nutzung und Pflege
  • Änderungsmanagement umsetzen

  • Mittel- und langfristigen Änderungsbedarf sammeln

  • Lösungen umsetzen

  • Ergebnisse dokumentieren

Fachabteilung, Benutzerinnen/Benutzer, Betriebsratsmitglieder, Betriebsärztin/Betriebsarzt, Sifa

Hinweis:
für weitere Informationen siehe auch Kapitel 8 "Informationsgestaltung" und Kapitel 9 "Interaktionsgestaltung"
Ablösung und Übergang
  • Ablöseprozess organisieren

  • Koordination mit parallel startenden Arbeitsstrukturen

  • Ergebnisse dokumentieren

Fachabteilung, Benutzerinnen/Benutzer, Betriebsratsmitglieder, Sifa, Arbeits-/Organisationsgestalterinnen und -gestalter

Hinweis:
für weitere Informationen siehe auch Kapitel 12 "Lasten- und Pflichtenheft zur Beschaffung von Software"