DGUV Information 207-024 - Risiko Nadelstich Blutübertragbaren Infektionen wirksam vorbeugen

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Abschnitt 5.4 - 5.4 Geeignete Sicherheitsgeräte auswählen

Alle namhaften Hersteller von spitzen und scharfen Instrumenten haben mittlerweile alternative Medizinprodukte mit Schutzeinrichtungen - sogenannte Sicherheitsgeräte - im Angebot. Laufend werden neue Produkte auf den Markt gebracht. Einen guten Überblick können Sie sich im Internet verschaffen, um die passenden Sicherheitsgeräte für Ihre Einrichtung zu finden. Aber nicht alle Produkte entsprechen den Kriterien der TRBA 250 in gleicher Weise, auch unterscheiden sie sich in ihrer Handhabung. Es lohnt sich, vorab Informationen und Erfahrungsberichte über Geräte zu sammeln, die aktuell im Handel sind. Wählen Sie Sicherheitsgeräte für die jeweilige Anwendung aus und beziehen Sie nach Möglichkeit die betriebliche Interessenvertretung und die Beschäftigten in die Entscheidung ein.

Oft ist es hilfreich, vorab Produktmuster zu testen. Ein solcher Test sollte zunächst in ausgewählten Abteilungen durchgeführt werden. Wichtig: Evaluieren Sie die praktischen Erfahrungen der Beschäftigten. Hierzu bietet sich der begleitende Einsatz von Rückmeldebögen an. Ein Muster hierfür finden Sie im Anhang. Möglicherweise gibt es bereits Erfahrungen mit diesen oder ähnlichen Produkten in anderen Abteilungen Ihrer Einrichtung. Auch dazu können Sie den Rückmeldebogen einsetzen. So geht keine Information verloren. Und: Berichten Sie Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen über die gemachten Erfahrungen und binden Sie die betrieblichen Interessenvertretungen ein.

ccc_3496_as_3.jpgHier können Sie sich über Sicherheitsgeräte informieren
ccc_3496_as_7.jpgwww.sicheres-krankenhaus.de
Das Verzeichnis sicherer Produkte ist auf der Hauptseite verlinkt und im Menü unter "Weitere Angebote" zu finden.
ccc_3496_as_7.jpghttps://vsi.sicheres-krankenhaus.de
ccc_3496_as_7.jpgwww.runder-tisch-hannover.de
Suchwort "Nadelstichverletzungen"

Beauftragen Sie ein Fachgremium mit der Produktsuche

Es ist sinnvoll, ein internes Gremium an der Vorauswahl geeigneter Produkte zu beteiligen. In Kleinbetrieben sind Betriebsärztin beziehungsweise Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit zu beteiligen, in größeren Betrieben außerdem:

  • ärztliche Leitung, Pflegedienstleitung, Apotheke

  • Materialeinkauf

  • betriebliche Interessenvertretung

  • Hygienefachkräfte oder Hygienebeauftragte

Die Auswahl der vom Gremium empfohlenen Sicherheitsgeräte muss anwendungsbezogen erfolgen, da nur so die tatsächliche Handhabbarkeit und Akzeptanz bewertet werden kann.

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Einschränkende Faktoren bei der Produktauswahl

Die tatsächlichen Einsatzbedingungen lassen die Auswahl potenzieller Sicherheitsprodukte mitunter deutlich geringer werden.

Beispielsweise eignen sich Sicherheitsgeräte, die auf einer festen Oberfläche arretiert werden müssen, weniger bei aggressiven Patientinnen und Patienten.

Beschränkungen können sich auch dadurch ergeben, dass Ihre Einrichtung an bestimmte Hersteller gebunden ist. Oder dass ausgewählte Produktreihen, wie bestimmte Blutentnahmesysteme, nicht mit allen Sicherheitssystemen anderer Herstellerfirmen kompatibel sind. Um Komplikationen auszuschließen, wenden Sie sich für die Vorauswahl direkt an das herstellende Unternehmen, das in der Regel ein alternatives Sicherheitsgerät anbieten kann.

Sind für definierte Anwendungen keine Sicherheitsgeräte auf dem Markt, die den Anforderungen genügen, können weiterhin - unter Beachtung angepasster Sicherheitsmaßnahmen - herkömmliche Systeme verwendet werden. Dies ist in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren. Bei der Entwicklung von Sicherheitsgeräten sollten sich die Parteien aus Anwendung und Herstellung kontinuierlich austauschen, sodass Erfahrungen und Herausforderungen aus der praktischen Anwendung stärker einfließen. Vor ihrer Einführung sollten neue Produkte im Praxisbetrieb auf ihre Tauglichkeit getestet werden.

Kriterien für die Produktauswahl
  • Je weniger sich die Handhabung von gewohnten Abläufen unterscheidet, umso höher ist die Akzeptanz bei Anwenderin und Anwender.

  • Im Anhang 1 dieser DGUV Information finden Sie eine Vorlage für einen hausinternen Rücklaufbogen, um Sicherheitsgeräte zu evaluieren. Darüber hinaus sind Arbeitshilfen auf der Webseite der BGW (ccc_3496_as_7.jpgwww.bgw-online.de) hinterlegt (Suche: Medizinprodukte). Sie erhalten dort eine Checkliste für den Test von Medizinprodukten sowie einen Bewertungsbogen, um die Gebrauchstauglichkeit von Medizinprodukten zu beurteilen. Zu beiden Unterlagen gibt es Ausfüllhilfen und Kommentierungen.

  • Das Sicherheitsgerät darf die Sicht auf das Arbeitsfeld nicht behindern.

  • Passiv auslösende Systeme sind sicherer, da der Sicherheitsmechanismus automatisch ausgelöst wird und somit Anwendungsfehler deutlich reduziert werden (siehe Kapitel 5.5).

  • Die Sicherheit von Patient und Patientin steht an erster Stelle (Beispiele: Dialyse-Shunt, Neonatologie).

  • Beim Auslösen der Schutzeinrichtung darf die Umgebung nicht mit potenziell infektiösem Material kontaminiert werden.

  • Eventuelle Mehrkosten durch die Einführung von Sicherheitsgeräten können reduziert werden, wenn Sie Einkaufsgemeinschaften zur Ressourcenschonung nutzen.

Kosten und Nutzen realistisch einschätzen

Die Einführung von Sicherheitsprodukten rechnet sich. Erhebliche Vorteile jeder vermiedenen Nadelstichverletzung sind:

  • keine verletzungs- oder infektionsbedingten Ausfallzeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

  • keine Mehrbelastung des Teams während dieser Fehlzeiten

  • weniger Frustration aufgrund hoher Arbeitsbelastung

Machen Sie sich bewusst: Ein gesundes und motiviertes Team ist für jedes Unternehmen ein Gewinn, es ist ein Wettbewerbsvorteil.

Da nach jeder Stich- oder Schnittverletzung an Arbeitsmitteln, die mit potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten in Kontakt gekommen sind, das innerbetrieblich festgelegte Maßnahmenkonzept (siehe § 13 BioStoffV sowie Nr. 6.1.2 ff. TRBA 250) durchlaufen werden muss, entstehen hier entsprechende Folgekosten für das Unternehmen. Allein bei der ordnungsgemäßen Durchführung der in Nr. 6.1.3 TRBA 250 beschriebenen Maßnahmen (wie Sofortmaßnahmen, Serostatuserhebung, Recherche Indexperson) ist mit einem Zeitaufwand von drei bis vier Stunden bei der betroffenen Mitarbeiterin oder dem betroffenen Mitarbeiter zu rechnen.

Studien ergaben, dass die Kosten für Diagnostik, Behandlung und Arbeitsausfall nach einer Stichverletzung durchschnittlich 500 Euro betragen. Sie werden mittelbar beziehungsweise unmittelbar vom arbeitgebenden Unternehmen getragen. Hinzu kommen die Kosten für die serologische Kontrolle und gegebenenfalls auch für eine Postexpositionsprophylaxe. Rechnet man dies gegen die Kosten für die Verwendung von Sicherheitsgeräten auf, relativieren sich deren Kosten sehr.

ccc_3496_as_3.jpgHinweis
Das Sozialgesetzbuch (SGB) V hat einen neuen Paragrafen erhalten: Nach Paragraf 33 haben Versicherte Anspruch auf die Verordnung von Hilfsmitteln wie Injektions-, Port- oder Pen-Kanülen mit Sicherheitsmechanismus oder Sicherheitslanzetten. Dies gilt, wenn Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage sind und es hierfür einer Tätigkeit einer dritten Person bedarf.

Weitere Informationen unter:
ccc_3496_as_7.jpghttps://www.g-ba.de/beschluesse/4030/