DGUV Information 207-024 - Risiko Nadelstich Blutübertragbaren Infektionen wirksam vorbeugen

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Abschnitt 4.2 - 4.2 Minimieren Sie das Risiko gemeinsam

Arbeitssicherheit ist Chefsache. Als Unternehmerinnen, Unternehmer oder Vorgesetzte müssen Sie mit einer fachkundig durchgeführten Gefährdungsbeurteilung (siehe TRBA 200 und TRBA 400) dafür sorgen, dass Ihre Beschäftigten vor Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz geschützt sind. Dennoch müssen Sie nicht alles selbst machen. Es ist sogar vorteilhaft, Vertretungen aus den betreffenden Arbeitsbereichen und dem betrieblichen Arbeitsschutz, Fachleute und Interessenvertretungen einzubinden - Sie profitieren von deren Know-how und steigern die Akzeptanz bei der Belegschaft.

Beschäftigte und betriebliche Interessenvertretung einbeziehen - rechtliche Grundlagen

Die Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ihrer Interessenvertretung ist nicht nur sinnvoll, sondern von der gesetzgebenden Instanz ausdrücklich gefordert: Die Biostoffverordnung stärkt deren Rechte sowie Möglichkeiten der Information, Beratung und Beteiligung (§ 8 BioStoffV).

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Abb. 7
Diese Personen und Bereiche sind grundsätzlich bei der Prävention von Nadelstichverletzungen beteiligt, einige davon auch in kleineren Betrieben.

Bei den Maßnahmen zur Minimierung der Infektionsgefährdungen sind alle betroffenen Personenkreise zu berücksichtigen. Dazu gehören auch Beschäftigte von Fremdbetrieben wie Reinigungsdiensten oder Berufspraktikantinnen und -praktikanten. Sie - beziehungsweise deren Vertretung - sind ebenfalls bei der Gestaltung der Arbeitsorganisation und bei der Einführung von Arbeitsmitteln zur Vermeidung von Stich- und Schnittverletzungen zu informieren, zu schulen und bei der Entwicklung und Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen zu beteiligen.

Als Einrichtungsleitung müssen Sie außerdem geeignete Maßnahmen ergreifen, um das Sicherheitsbewusstsein der Beschäftigten zu schärfen. Das kann durch Beratung und Information erfolgen und durch die fachkundige Steuerungsgruppe begleitet werden (§ 8(2) BioStoffV). An dieser ist ebenfalls die Interessenvertretung zu beteiligen.

Organisation in kleineren Betrieben

In kleinen Unternehmen des Gesundheitswesens wie Apotheken, ärztlichen und zahnärztlichen Praxen besteht verstärkt die Möglichkeit, Anwenderinnen und Anwender einzubinden und direkt anzusprechen. Gleichwohl müssen Zuständigkeiten bei der Einführung von Sicherheitsgeräten oder bei Veränderungen der Arbeitsorganisation verbindlich geregelt sein.

Das Ergebnis der anonymisierten Analyse nach einer Nadelstichverletzung sollte ein fester Tagesordnungspunkt in innerbetrieblichen Besprechungen und ebenfalls Bestandteil der regelmäßigen Sicherheitsunterweisungen sein (siehe Kapitel 6). Die Dokumentationen sollten in den Arbeitsschutzunterlagen abgelegt und mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie dem betriebsärztlichen Dienst besprochen werden.

ccc_3496_as_3.jpgPraxistipp: Arbeitsbedingungen prüfen
Wie ist die Arbeit in Ihrem Betrieb organisiert? Entsprechen die Arbeitsabläufe der Ziffer 5. TRBA 250 4.2.5.(4)? Ist ein ungestörtes, unterbrechungsfreies und konzentriertes Arbeiten möglich?
  • Zeitdruck erzeugt Hektik

    • Tipp: Verbindliche Termine für die Blutentnahme vereinbaren.

  • Enge Platzverhältnisse oder sich überschneidende Arbeitsbereiche erhöhen das Risiko, aneinanderzustoßen und sich versehentlich an spitzen oder scharfen Instrumenten zu verletzen

    • Tipp: Legen Sie ausreichend dimensionierte und ruhige (separate) Räumlichkeiten für Blutentnahmen, Punktionen und ähnliche Tätigkeiten fest.

  • Unruhe und Lärm lenken ab

    • Tipp: Vereinbaren Sie, dass bei Blutentnahmen die Türen des Raumes geschlossen und vermeidbare Geräuschquellen wie Radio oder Fernseher abgestellt sind.

  • Unbequeme Arbeitshaltungen und schlechte Sichtverhältnisse beeinträchtigen die Qualität der Arbeit

    • Tipp: Sorgen Sie für eine ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes und für eine gute Ausleuchtung insbesondere des Arbeitsbereichs.

  • Eine ungünstige Anordnung von Gebrauchs- und Verbrauchsmaterialien erschwert die Arbeit unnötig

    • Tipp: Achten Sie darauf, dass alle benötigten Utensilien bis hin zum Abwurfbehälter griffbereit zur Verfügung stehen und sinnvoll angeordnet sind. Vermeiden Sie es außerdem, gleichzeitig Arbeitsgeräte mit Sicherheitsmechanismen (Sicherheitsgeräte) und konventionelle Instrumente bereitzustellen, damit es nicht zu Verwechslungen kommt.

  • Persönliche Schutzausrüstung schafft zusätzliche Sicherheit

    • Tipp: Achten Sie darauf, dass bei möglichem Kontakt mit potenziell infektiösem Material geeignete flüssigkeitsdichte medizinische Einmalhandschuhe getragen werden. Empfehlenswert ist auch das Tragen von doppelten Handschuhen bei bestimmten operativen/invasiven Eingriffen. Ist bei einer OP das Verletzungsrisiko (zum Beispiel bei zeit- und kraftaufwendigen Eingriffen an Knochen oder in der Tiefe) oder das Infektionsrisiko (zum Beispiel bei bekannter Hepatitis B oder C oder bei AIDS) erhöht, empfiehlt sich die Anwendung von Perforations-indikationssystemen (zum Beispiel Biogel®).

      Bei der Instrumentenaufbereitung müssen bei der manuellen Reinigung und Desinfektion schnittfeste oder schnitthemmende Handschuhe bei Tätigkeiten an scharfen Kanten von Geräten sowie flüssigkeitsdichte langstulpige Schutzhandschuhe getragen werden. Die Schutzhandschuhmaterialien sind entsprechend dem Reinigungs- und Desinfektionsmittel beziehungsweise dem potenziell infektiösen Gut chemikalienbeständig auszuwählen.