DGUV Information 205-024 - Unterweisungshilfen für Einsatzkräfte mit Fahraufgaben

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Abschnitt 1.1 - 1 Fahrphysik

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1.1
Grundlagen der Fahrphysik

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Die Masse

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Jeder Körper hat eine bestimmte Masse, die durch Wiegen ermittelt wird. Aus dem täglichen Leben weiß man, dass 1 l Wasser auf Meereshöhe 1 kg wiegt. Ein Pkw wiegt etwa 1.500 kg und ein Feuerwehr-Einsatzfahrzeug kann z. B. 15.500 kg wiegen. Zum Rechnen in Formeln benutzt man für die Masse eine Abkürzung, und zwar den Buchstaben m. Die Einheit der Masse ist das Gramm oder das Kilogramm. Bei größeren Massen kann auch die Einheit "Tonne" verwendet werden. 1 t = 1.000 kg.

Die Kraft

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Auf die Masse eines jeden Körpers wirkt die Erdanziehung, auch "Erdbeschleunigung" genannt. Durch sie drückt die Masse auf ihre Unterlage, sie übt Kraft aus. Diese Kraft spürt man, wenn man sich z. B. einen Mülleimer auf den Fuß stellt. Auf dem Bild ist erkennbar, dass von dem Eimer eine Kraft auf den Fuß und auf den Untergrund wirkt. Je größer die Masse, umso größer die Gewichtskraft. Bei einem Fahrzeug ist das genauso. Hier übt die Masse eine Kraft über die Räder auf die Fahrbahn aus. Für die Kraft gibt es eine Maßbezeichnung. Die Gewichtskraft wird in Newton [N] gemessen. 1 kg Masse entspricht dabei einer Gewichtskraft von etwa 10 N.

Die Geschwindigkeit [v]

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Die Geschwindigkeit gibt an, wie schnell sich ein Körper bewegt. Sie wird in der Praxis üblicherweise in km/h angegeben.

Die physikalische Formel dazu lautet:v=s
___
t
v=km
___
h
oderm
___
s

Die Buchstaben der Maßeinheiten sind internationale Abkürzungen:

Weg s in Meter [m], Kilometer [km]; Zeit t in Sekunden [s] oder Stunden [h];

Geschwindigkeit v in m/s oder km/h.

Beispiel: Es soll eine Strecke von 200 km in 4 Stunden zurückgelegt werden. Dann errechnet sich aus diesen Angaben die durchschnittliche Geschwindigkeit von 50 km pro Stunde.

Die Umrechnung von m/s zu km/h erfolgt über den Faktor 3,6 km/h/m/s. Das heißt 1 m/s = 3,6 km/h bzw. 1 km/h = 0,2778 m/s.

Die Leistung

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Leistung ist eine Maßeinheit für Arbeit, die in einer bestimmten Zeit vollbracht wird. Um das verstehen zu können, muss zuerst der Begriff "Arbeit" erläutert werden: Physikalisch ist Arbeit gleich Kraft multipliziert mit dem zurückgelegten Weg. Das kann an praktischen Beispielen verdeutlicht werden: Soll ein Sack mit 100 kg Masse angehoben werden, dann ist dazu eine Kraft von 1.000 N erforderlich. Wird der Sack 1 m hochgehoben, dann muss eine Arbeit von 1.000 N mal 1 m erbracht werden. Wird der Sack z. B. 2 m hochgehoben, dann ist die Arbeit doppelt so groß: 1.000 N × 2 m.

Will man wissen, wie groß die Leistung ist, so muss die Arbeit pro Zeiteinheit betrachtet werden. Am praktischen Beispiel erläutert bedeutet das: 2 Personen laufen einen Berg hinauf, mit gleicher Geschwindigkeit. Eine Person hat einen schwereren Rucksack, sie muss mehr leisten. Wenn zwei Personen den gleichen Berg hinauflaufen und beide haben einen Rucksack, die eine Person läuft aber schneller, dann leistet diejenige, die schneller läuft, ebenfalls mehr.

Beim Einsatzfahrzeug ist es genauso: Zwei Einsatzfahrzeuge - eines beladen und eines unbeladen - fahren mit gleicher Geschwindigkeit einen Berg hinauf. Bei dem Beladenen muss eine größere Kraft wirken. Es muss also mehr Leistung einsetzen. Die Leistung (Motorleistung) eines Fahrzeugs wurde früher in PS angegeben. Nach dem aktuellen Einheiten-System wird als Leistungseinheit Watt oder Kilowatt verwendet. Leistung setzt sich zusammen aus Kraft und Geschwindigkeit.

Die Fahrwiderstände

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Am eigenen Leib spürt man sie z. B. beim Fahrradfahren.

Es fährt sich leichter

  • auf einer Asphaltstraße als auf sandigem Weg,

  • auf ebener Straße als Bergauf,

  • bei gleichmäßigem Tempo als beim Beschleunigen,

  • mit dem Wind als dagegen.

Die Fahrwiderstände - der Rollwiderstand

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Am eigenen Leib spürt man ihn z. B. beim Fahrradfahren. Es fährt sich leichter auf einer Asphaltstraße als auf sandigem Weg. Die Erklärung dafür ist, dass durch das Fahrzeuggewicht der Sand verschoben wird. Das bedeutet Arbeit und die äußert sich als Widerstand gegen die Fortbewegung. Aber auch auf einer harten Fahrbahn ist ein Rest von Rollwiderstand vorhanden. Er stammt aus der Walkarbeit des Reifens. Durch das Gewicht des Fahrzeugs wird nämlich nicht nur die Fahrbahn, sondern auch der Reifen deformiert (zusammengedrückt). Er arbeitet in sich, und zwar um so mehr, je geringer der Luftdruck ist. Rollwiderstand entsteht durch Formänderungsarbeit an Rad und Fahrbahn.

Die Fahrwiderstände - der Steigungswiderstand

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Die physikalische Erklärung des Steigungswiderstandes sieht man auf Folie 9, auf der ein Feuerwehr-Einsatzfahrzeug eine Steigung befährt. Die Gewichtskraft F wirkt im Schwerpunkt zum Erdmittelpunkt. Auf die Fahrbahn kann sich aber nur der Teil dieser Kraft abstützen, der senkrecht zur Fahrbahn wirkt. Das ist die sogenannte Normalkraft FN. Die Gesamtkraft F setzt sich aus der Normalkraft FN sowie einer weiteren Kraft zusammen, die hangabwärts gerichtet ist. Diese Kraft bezeichnet man mit Fsr. Sie ist der Steigungswiderstand. Der Steigungswiderstand hängt ab vom Grad der Steigung und vom Gesamtgewicht des Fahrzeugs. Es gilt deshalb, je steiler die Straße, je schwerer das Fahrzeug, umso größer ist der Steigungswiderstand. Bergab wirkt die gleiche Kraft als Hangabtriebskraft auf das Fahrzeug. Straßensteigungen werden in Prozent angegeben; die Prozentzahl gibt den Höhenunterschied bezogen auf die Grundlinie an. 100 % Steigung bedeutet: auf 100 m Grundlinie 100 m Höhenunterschied. Auf 200 m Grundlinie 25 m Höhenunterschied sind: 12,5 %

Merke: 100 % Steigung bedeutet einen Anstiegswinkel von 45 °.

Beim Befahren von Steigungen entsteht die Kraft FST (Steigungswiderstand), die sich aus Fahrzeuggewicht F und Steigungswinkel a errechnet.

FST = F × sin α

Zur Verdeutlichung: Steht das Fahrzeug ungebremst an einer Steigung, rollt es hinunter. Je steiler die Steigung ist, desto schneller rollt es. Diese Hangabtriebskraft muss also zusätzlich zum normalen Antrieb des Fahrzeuges vom Motor aufgebracht werden. Beim Bergabfahren tritt der gegensätzliche Effekt auf.

Die Fahrwiderstände - der Beschleunigungswiderstand

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Um ein Fahrzeug zu beschleunigen, müssen zusätzliche Kräfte zur Überwindung des Beschleunigungswiderstandes aufgebracht werden. Der Widerstand ist Folge der Massenträgkeit des Fahrzeugs. Auch die drehenden Teile im Antriebsstrang sowie die Räder selbst setzen einer Geschwindigkeitszunahme Widerstand entgegen.

Die Höhe der erforderlichen Beschleunigungskraft hängt im Wesentlichen von der Masse des Fahrzeugs und der gewünschten Beschleunigung ab. Ein beladenes Fahrzeug ist deshalb nicht so schnell wie ein leeres zu beschleunigen. Wird außerdem die Motorkraft durch die sonstigen Fahrwiderstände (Luft-, Roll-, Steigungswiderstand) weitgehend beansprucht, kann ein Fahrzeug nur noch gering oder gar nicht mehr beschleunigt werden. Nur der sonst ungenutzte Anteil der Motorleistung steht also für die Überwindung des Beschleunigungswiderstandes zur Verfügung.

Die Fahrwiderstände - der Luftwiderstand

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Der Luftwiderstand ist umso kleiner, je kleiner die von der Luft angeströmte Fläche und je windschnittiger die Form eines Körpers gebaut ist. Man kann sich vorstellen, dass bei einem Fahrzeug mit einer flachen, großen Stirnfläche und einer eckigen Form ein recht erheblicher Luftwiderstand entsteht. Dieser Luftwiderstand verändert sich zudem mit der Fahrgeschwindigkeit. Leider erfordert doppelte Geschwindigkeit nicht doppelte Leistung, sondern erheblich höhere Leistung. Aus dem folgenden Diagramm ersieht man, dass bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h etwa 20 kW Leistung aufgewendet werden müssen. Bei doppelter Geschwindigkeit müssten schon ca. 110 kW zur Überwindung des Luftwiderstandes aufgewendet werden. Abhängig von Form und Fläche des Fahrzeugs ändert sich die erforderliche Leistung zum Überwinden des Luftwiderstands, die blaue Kurve wird also steiler (größerer Luftwiderstand, Lkw) oder flacher (geringerer Luftwiderstand, Sportwagen).

Die rote Linie zeigt beispielhaft die Leistungskurve eines Motors.

Rollwiderstand, Steigungswiderstand, Beschleunigungswiderstand und Luftwiderstand sind die wesentlichsten Anteile des Fahrwiderstandes, der von der Antriebskraft des Motors überwunden werden muss.

Der Kraft- und der Formschluss

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Kraftschluss nennt man eine Kraftübertragung durch Haft- bzw. Reibungskräfte. Darunter fällt die Kraftübertragung bei Trommel- und Scheibenbremsen, beim Keilriemen auf der Keilriemenscheibe und selbstverständlich beim Reifen auf der Fahrbahn.

Die Größe der durch den Kraftschluss übertragenen Kräfte hängt ab von der Kraft, mit der die beiden Körper gegeneinander gepresst werden und vom Material, aus dem sie bestehen. Kraftschluss und daraus resultierende Kraft ist nötig, damit man ein Fahrzeug beschleunigen, lenken und bremsen kann.

Die kraftschlüssige Verbindung kann umso mehr Kräfte übertragen, je besser die Oberflächen der sich berührenden Körper aneinanderhalten. Als Kennziffer für diese Haftung wird der "Reibbeiwert" p angegeben.

Im Gegensatz zum Kraftschluss gibt es noch den Formschluss, bei dem ebenfalls Kräfte übertragen werden können. Dabei sind Körper, zwischen denen diese Kräfte übertragen werden sollen, direkt miteinander verbunden, wie z. B. Zahnräder, die so lange Kraft übertragen können, bis sie brechen; oder eine Anhängerkupplung, die den Geräteanhänger sicher mit dem Einsatzfahrzeug verbindet.

Der Reibbeiwert

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Der Reibbeiwert wird benutzt, um zu errechnen, wie viel Brems- oder Antriebskraft übertragen werden kann. Zunächst hängt das einmal ab von der Radlast (also der Gewichtskraft pro Rad), zum zweiten ist die Qualität der Reibung, die man allgemein mit Kraftschluss bezeichnet, von Bedeutung.

Aus der physikalischen Formel: Kraft (FR) = Reibbeiwert µ × Radlast (F) erhält man die übertragbare Brems- und Antriebskraft.

Hierzu ein Beispiel:

Wenn die Radlast F = 10 kN (1 t) beträgt und der Reibbeiwert µ = 0,5 ist, so errechnet sich die übertragbare Reibkraft FR (Brems- oder Antriebskraft) aus der oben genannten Gleichung mit: FR = 0,5 × 10 kN = 5 kN

Man erkennt, dass bei kleiner werdenden Reibbeiwerten, also schlechterem Kraftschluss, auch die übertragbare Brems- oder Antriebswirkung kleiner wird. Die Größe des Reibbeiwertes gibt die unterschiedlichen Fähigkeiten der Fahrbahn an, die Reifen festzuhalten. Ist der Reibbeiwert hoch, dann ist guter Kraftschluss vorhanden. Ist der Reibbeiwert niedrig, dann ist der Kraftschluss schlecht. Die Fähigkeit der Kraftübertragung hängt wesentlich von der Art der Fahrbahn und den Witterungsverhältnissen ab.

Achtung: Nur weil ein Fahrzeug schwerer ist und so mehr Bremskraft übertragen wird, heißt es nicht, dass das Fahrzeug besser bremst, da eine größere Masse gebremst werden muss.

Der Reibbeiwert - Beispiele

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Am besten können Brems- und Antriebskräfte auf Fahrbahnen mit sehr dichter Oberfläche übertragen werden. Gemeint sind damit fein strukturierte Beton- und Asphaltoberflächen. Jedoch erreichen neue Asphaltfahrbahnen erst nach einer gewissen Benutzungsdauer beste Griffigkeitswerte. Bei neuer Fahrbahnoberfläche werden in den ersten Wochen Bindemittel "ausgeschwitzt", die den festen Kontakt zwischen Reifen und Fahrbahn empfindlich stören. Die auf neuen Straßen angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkungen sind erforderlich, da erst nach ca. 4 - 8 Wochen Witterungseinflüsse und die Reifen der darüber fahrenden Kraftfahrzeuge die Oberflächen der Splittsteine freigelegt haben.

Ein Tempolimit an solchen Stellen hat also seine Berechtigung. Man kann davon ausgehen, dass die Kraftschlussbeiwerte umso schlechter werden, je gröber und je glatter der Fahrbahnbelag ist.

Das schlimmste, was der Autofahrerin oder dem Autofahrer in Bezug auf die Fahrbahnoberfläche begegnen kann, ist nicht - wie allgemein angenommen - eine vereiste Straße bei niedriger Temperatur, sondern vielmehr eine Eisschicht, die wegen Tauwetters mit Wasser bedeckt ist. Das Eis muss auf dieser Fahrbahn nicht erst durch den Druck des Reifens verflüssigt werden - wodurch erst die gefürchtete Glätte entsteht und weshalb man überhaupt Schlittschuh fahren kann - sondern man bekommt das "Schmiermittel" sofort mitgeliefert. Die Kraftschlussbeiwerte, die man auf solchen Fahrbahnen erwarten kann, entsprechen ungefähr dem hundertsten Teil der Reibbeiwerte auf trockener Fahrbahn. In der Praxis heißt das, dass der Bremsweg sich entsprechend vervielfacht und auch kein Lenken möglich ist, da die dafür erforderlichen Seitenkräfte nicht in die Fahrbahn eingeleitet werden können.

Die Gleit- und die Haftreibung

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Bei dem Reibbeiwert unterscheidet man in Werte für Gleitreibung und Haftreibung.

Haftreibung ist vorhanden, wenn das Fahrzeug stillsteht oder sich mit rollenden, nicht blockierten Rädern bewegt.

Gleitreibung ist vorhanden, wenn das Fahrzeug mit stillstehenden, blockierten Rädern über die Fahrbahn rutscht.

Gleitreibung ist geringer als Haftreibung. Bei trockener Fahrbahn ist der Unterschied unerheblich, bei nasser oder rutschiger Fahrbahn ist die Gleitreibung dagegen nur halb so groß wie die Haftreibung. Das bedeutet, dass für möglichst kurze Bremswege bei ungünstigen Fahrbahnverhältnissen das Blockieren der Räder unbedingt zu vermeiden ist.

Ein Fahrzeug soll nicht nur rollen, sondern auch beschleunigt, abgebremst und durch Kurven gefahren werden können. Deshalb müssen die Fahrzeugreifen Kräfte übertragen. Sie tun das durch Ausnutzung der Reibung. Als Gedankenstütze kann das Beispiel des Eisenbahnrads benutzt werden. Hier werden Längskräfte (Brems- und Antriebskräfte) durch Reibung zwischen Rad und Schiene übertragen. Die Seitenkräfte beim Kurvenfahren werden zusätzlich durch Anlaufen des Spurkranzes an der Schiene aufgefangen. Eine solche Aufgabenteilung gibt es bei den Rädern am Kraftfahrzeug nicht. Dort ist kein Spurkranz vorhanden. Durch Reibung zwischen Rad und Fahrbahn müssen Längs- und Seitenkräfte gleichzeitig übertragen werden. Ein frei rollendes, ungebremstes bzw. nicht angetriebenes Rad kann rollen, ohne dass in Rollrichtung Kräfte übertragen werden. Quer dazu ist jedoch voller Kraftschluss vorhanden. Ein Auto kann man in Längsrichtung schieben, quer dazu nicht. Seitenkräfte können deshalb übertragen werden. Das blockierte Rad ist dagegen mit einem Gummiklotz zu vergleichen, es kann in jeder Richtung Reibkräfte übertragen, in der es bewegt wird. Für beide Fälle gilt: Wenn die auf das Rad einwirkende Kraft größer wird als die übertragbare Reib- bzw. Seitenkraft, dann wird das Rad in gleicher Richtung wie die angreifende Kraft verschoben.

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Die Gleit- und die Haftreibung - Reifeninnendruck

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Der Kraftschlussbeiwert lässt sich durch den Reifeninnendruck beeinflussen. Die Reibung zwischen Reifen und Fahrbahn ist nämlich stark vom Reifeninnendruck abhängig.

Trotz dieser Tatsache achten die Autofahrerinnen und Autofahrer immer noch viel zu wenig auf den richtigen Reifendruck.

Die Folge davon ist, dass vor allem bei Gefahrenbremsungen der Reifen nur noch mit einem Bruchteil der ohnehin schon geringen Aufstandsfläche auf der Fahrbahn aufliegt, da er sich in der Mitte nach innen wölben kann. Diese geringe Auflagefläche führt dazu, dass der spezifische Flächendruck auf die aufliegenden Teile sehr hoch ist. Die Wärmebelastung an diesen Teilen des Reifens ist dann sehr groß und der Kraftschlussbeiwert fällt im Vergleich zu einem Reifen mit korrektem Innendruck stark ab.

Eine häufige Kontrolle ist deshalb unerlässlich, vor allem, weil die optische Kontrolle ("Ausbeulung") kaum Aufschluss darüber gibt, ob zu wenig Luft im Reifen ist. Eines muss die Autofahrerin bzw. der Autofahrer unbedingt wissen: Ein Reifen hat ein ausgezeichnetes "Erinnerungsvermögen"! Hat man ihn einmal misshandelt, z. B. durch zu niedrigen Innendruck und hat er dadurch Schaden genommen, so macht er manchmal erst Monate später auf diesen Schaden aufmerksam, wenn er - entsprechend stark beansprucht - in Notsituationen gefordert wird!

Der Schlupf I

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Ein Rad, das beschleunigt oder abgebremst wird, befindet sich im Bereich des "Schlupfs", d. h. es rollt nicht exakt auf der Fahrbahn ab, sondern "schlüpft" etwas über die Fahrbahn. Bei jeder Art der Kraftübertragung, also bei Brems- und Beschleunigungsvorgängen, tritt dieser Schlupf auf.

An einem Beispiel lässt sich dies verdeutlichen: Die Ampel wechselt von Gelb auf Rot, die Fahrerin bzw. der Fahrer bremst ab, die Reifen quietschen, ohne jedoch zu blockieren. Alle Räder haben sich also während des Bremsvorganges noch gedreht. Sie befanden sich jedoch schon im Bereich des Schlupfs.

Nehmen wir an, das Auto hätte einen Bremsweg von 15 m benötigt. Würde man festhalten, wie oft sich das Rad auf diesem 15-m-Bremsweg gedreht hatte und würde man den Umfang des Rades entsprechend oft abrollen, so würde man feststellen, dass das Rad in Wirklichkeit nur einen Weg von 12 m zurückgelegt hat - also 20 % weniger Weg als das Fahrzeug. Deshalb spricht man hier von einem Schlupf von 20 %.

Letztendlich lässt sich nur durch das Auftreten des Schlupfs der Reifenverschleiß erklären. Würde nämlich, wie es in der Theorie der Haftreibung dargestellt wird, das Rad jeweils ganz exakt mit dem Untergrund Punkt für Punkt abrollen, wie dies z. B. beim Antriebszahnrad einer Zahnradbahn auf einer Zahnstange geschieht, so dürfte - vereinfacht dargestellt - nie Verschleiß am Reifen auftreten. Der Schlupf kann wie folgt berechnet werden:

S=(vF - vR)
__________
vF × 100 %

In dieser Gleichung bedeuten:

VR=Geschwindigkeit des Rades am Umfang
VF=Geschwindigkeit des Fahrzeuges
S=Schlupf

Der Schlupf II

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Schlupf ist die Differenz des Weges, den ein angetriebenes oder gebremstes Rad im Vergleich zu einem frei rollenden Rad zurücklegt. Der Kraftschlussbeiwert und damit auch der Schlupf sind selbstverständlich auch von Reifen und Untergrund abhängig. Das folgende Schaubild gibt über diesen Zusammenhang zwischen Schlupf und Untergrund Auskunft und zeigt deutlich, in welchen Bereichen des Schlupfs die höchsten Kraftschluss- bzw. Bremskraftbeiwerte erreicht werden können. Weiter sieht man, dass bei 0% Schlupf keine Kraft übertragen werden kann. 100% Schlupf bedeutet, dass die Räder blockieren und sich im Bereich der Gleitreibung befinden.

Gut zu sehen ist auch, dass die besten Kraftschlussbeiwerte in Abhängigkeit von der Fahrbahnbeschaffenheit bei unterschiedlichem Schlupf erreicht und somit die kürzesten Bremswege erzielt werden. Ebenso würden sich in diesem Bereich die besten Beschleunigungszeiten eines Fahrzeuges erreichen lassen.

Im Grunde läge es also nahe, immer in diesem Schlupfbereich zu bremsen. Allerdings ist es auch bei vieler Bemühung und ständiger Übung der Fahrerin bzw. dem Fahrer nicht möglich, den Druck aufs Bremspedal immer so genau zu dosieren, dass dieser Schlupfbereich eingehalten wird, vor allem nicht über die gesamte Bremsphase. Mit den automatischen Blockierverhinderungs-Systemen (ABS) wird versucht, möglichst nahe an diesen günstigen Bereich heranzukommen, der ja wegen des sich drehenden Rades auch noch Seitenführungskräfte zur Lenkbarkeit des Fahrzeugs erlaubt.

1.2
Bremsen

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Brems- und Anhalteweg

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Für die Sicherheit im Straßenverkehr ist das Bremsvermögen von Kraftfahrzeugen von größter Wichtigkeit. Die Hersteller von Kraftfahrzeugen treiben deshalb einen hohen konstruktiven Aufwand, um auch im vollbeladenen Zustand und bei Gefälle ausreichende Sicherheitsreserven für Bremsvorgänge zu garantieren. Durch regelmäßige Wartung und rechtzeitige Reparaturen kann der Standard der Bremstechnik über die gesamte Fahrzeuglebensdauer erhalten werden.

Im Fahrbetrieb wird der notwendige Anhalteweg im Wesentlichen von der Fahrgeschwindigkeit bestimmt. Daneben spielt natürlich der Zustand der Fahrbahnoberfläche, der vorwiegend von den Witterungsbedingungen abhängt, und der Reifen eine bedeutende Rolle.

Der Anhalteweg setzt sich bekanntermaßen aus dem Reaktionsweg und dem Bremsweg zusammen. Je nach Verkehrslage und Gefahrensituation dauert ein Reaktionsvorgang zwischen 0,6 und 1,5 s. Diese Zeit benötigt eine Kraftfahrerin bzw. ein Kraftfahrer, um aus erkennbar gefährlicher Verkehrslage heraus eine Entscheidung über die richtige Abwehrreaktion zu treffen. In den meisten Fällen wird durch das Umsetzen des rechten Fußes vom Fahr- auf das Bremspedal ein Notbremsvorgang eingeleitet. Bis zu diesem Zeitpunkt bewegt sich das Fahrzeug unvermindert weiter. Erst danach bauen sich Bremskräfte auf. Bei Druckluftbremsanlagen in Nutzfahrzeugen kann bis zum vollen Aufbau der Bremswirkung noch eine halbe bis eine Sekunde vergehen.

Der Bremsweg bis zum Stillstand des Fahrzeugs ist - wie auch die Fliehkraft beim Kurvenfahren - vom Quadrat der Fahrgeschwindigkeit abhängig: Doppelte Geschwindigkeit erfordert also den vierfachen Bremsweg, dreifache Geschwindigkeit verneunfacht den Bremsweg. Eine nur 40%ige Geschwindigkeitssteigerung verdoppelt bereits den Bremsweg: Wer 70 km/h statt 50 km/h fährt, braucht eine doppelt so lange Bremsstrecke.

Brems- und Anhalteweg

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Für eine durchschnittliche Verzögerung und eine mittlere Reaktionszeit, einschließlich anteiliger Bremsenschwellzeit, ist in der Abbildung der Anhalteweg aus verschiedenen Geschwindigkeiten dargestellt. Man ersieht, welche Restgeschwindigkeiten beim Bremsen aus höherer Fahrgeschwindigkeit an der Stelle noch vorhanden sind, an der ein langsameres Fahrzeug bereits zum Stillstand kam. Es ist deshalb keine willkürliche Anordnung, wenn Geschwindigkeiten in bestimmten Verkehrsbereichen begrenzt werden. Auch die Mahnungen zu angemessenen Fahrgeschwindigkeiten bei ungünstigen Witterungsbedingungen oder schlechten Sichtverhältnissen sollten in verantwortliches Fahrverhalten umgesetzt werden. Sie sind durch fahrphysikalische Gesetzmäßigkeiten begründet und weder durch bessere Technik noch durch kürzere Reaktionszeit zu überlisten.

Eine besondere Gefahr geht von Lkw für ungeschützte Verkehrsteilnehmer, primär Fußgängerinnen bzw. Fußgänger und Radfahrerinnen bzw. Radfahrer, aus. Durch den enormen Massenunterschied und die fehlende Knautschzone beim Unfallgegner sind schwerste bis tödliche Verletzungen bereits im niedrigen Geschwindigkeitsbereich die Folge. Im Jahr 2013 waren 28 % der innerorts von Lkw-Fahrerinnen bzw. -Fahrern verursachten Unfälle mit tödlichem Ausgang auf ein Fehlverhalten gegenüber Fußgängern zurückzuführen. Bei von Pkw-Fahrerinnen bzw. -Fahrern verschuldeten Unfällen lag der Anteil bei 19 % (124 von 637).

Dynamische Achslastverschiebung beim Bremsen und Beschleunigen

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Im Stand steht das Auto nahezu waagrecht. Beim Bremsen taucht der Bug des Fahrzeuges nach unten und das Heck hebt sich nach oben. Je stärker gebremst wird, umso besser ist diese Erscheinung zu beobachten. Ebenso hängt deren Stärke von der Auslegung der Federung ab. Ein besonders straff gefederter Sportwagen zeigt diese Erscheinung weit weniger als ein auf Komfort ausgelegter Familienwagen. Beim Einsatzfahrzeug ist die Federung auf die Nutzlast abgestimmt. Das Gewicht bzw. die "Masse" wirkt also beim Bremsen nach vorne, es werden daher die Vorderräder be- und die Hinterräder entlastet. Dies hat auch Einfluss auf die Reibung und die Seitenführung der Räder: Die Vorderräder übertragen mehr Reibungskraft und haben bessere Seitenführung als die Hinterräder, da auf ihnen der Hauptteil des Fahrzeuggewichtes abgestützt wird. Denn die übertragbare Reibungskraft ist direkt abhängig von der Last, die auf dem Rad liegt.

Durch die Entlastung der Hinterräder neigen diese frühzeitig zum Blockieren, und zwar vor den Vorderrädern. Ein blockiertes Rad kann aber keine Seitenführungskraft mehr übertragen. Ein Fahrzeug mit blockierten Hinterrädern wird hinten instabil und das Heck beginnt sich nach irgendeiner Seite zu drehen, je nachdem, wie die Fahrbahn beschaffen ist, wie der Wind dreht oder ob in eine Kurve gelenkt wird.

An dem Fahrzeug in der Abbildung greift eine seitlich wirkende äußere Schubkraft an, die beispielsweise durch Kurvenfahrt, Seitenwind oder hängende Fahrbahn hervorgerufen werden kann. Durch diese seitliche Kraft wird eine Gegenkraft an den Reifen hervorgerufen, die man Reifenseitenführungskraft nennt. Die Summe der Reifenseitenkräfte kann höchstens so groß sein wie das Fahrzeuggewicht, multipliziert mit dem vorhandenen Reibbeiwert. Wird die von außen einwirkende Kraft größer als die Summe der Reifenseitenkräfte, dann wird das Fahrzeug aus seiner Spur gedrückt. Bei hohem Schwerpunkt kann es sogar kippen. Um festzustellen, was beim Angreifen der seitlichen Schubkraft passiert, zerlegt man diese Kraft in Längs- und Querkomponenten. Die Längskomponente beschleunigt oder verzögert das Fahrzeug, die Querkomponente wird durch Seitenkraft an den Rädern abgestützt. Im normalen Fahrbetrieb reichen diese Seitenkräfte zum Abstützen aus, das Fahrzeug bleibt durch Gegenlenken in der Bahn.

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Durch die Entlastung der Hinterräder neigen diese frühzeitig zum Blockieren, und zwar vor den Vorderrädern. Ein blockiertes Rad kann aber keine Seitenführungskraft mehr übertragen. Ein Fahrzeug mit blockierten Hinterrädern wird hinten instabil und das Heck beginnt sich nach irgendeiner Seite zu drehen, je nachdem, wie die Fahrbahn beschaffen ist, wie der Wind dreht oder ob in eine Kurve gelenkt wird.

Um dieses gefährliche Fahrverhalten zu vermeiden, werden in die Bremsanlagen Bremskraftregler eingebaut, so dass im Normalfall die Vorderräder zuerst blockieren, weil bei blockierten Vorderrädern und noch rollenden Hinterrädern die Seitenführung hinten erhalten bleibt. Das Fahrzeug rutscht dann geradeaus. Nachteil: Da vorne die Seitenführung fehlt, kann das Fahrzeug nicht mehr gelenkt werden. Je nach Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche kann der Effekt der dynamischen Radlastverschiebung mehr oder weniger stark ausgeprägt sein.

Beim Bremsen auf Glatteis ist daher das Einnicken des Fahrzeugbugs und das Anheben des Hecks wegen der geringen Fahrzeugverzögerung kaum mehr erkennbar. Eingangs wurde schon erwähnt, dass Reibungskraft von dem Rad am besten übertragen wird, das am stärksten belastet ist. Bei einem stehenden oder mit gleichmäßiger Geschwindigkeit fahrenden Lkw sind das die Räder der Hinterachse (ca. 60 % des Gesamtgewichtes). Bei einer Vollbremsung auf trockener Fahrbahn verlagern sich bis zu 20 % der Gewichtskraft zusätzlich auf die Vorderachse. Um das Blockieren der Räder zu vermeiden, sind moderne Einsatzfahrzeuge jedoch mit ABS ausgerüstet.

Blockieren der Räder

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In der Praxis sieht man beim rollenden Fahrzeug keine Kräfte und schon gar nicht den Kraftschluss. Es ist deshalb notwendig, auf der Grundlage der bisherigen Kenntnisse zu überprüfen, was passieren muss, wenn die Räder blockieren.

Betrachtet man ein Fahrzeug, das beispielsweise mit 80 km/h fährt und bei dem durch Bremsung alle Räder blockiert werden: Es kommt zu einer vollständigen Ausnutzung des Kraftschlusses in Fahrtrichtung. Wird jetzt eine schräg wirkende Schubkraft wirksam, kann eine seitliche Abstützung nicht mehr erfolgen, weil der Kraftschluss bereits durch Bremsung vollständig ausgeschöpft ist. Das Fahrzeug wird seitlich verschoben, evtl. kommt es ins Schleudern.

Um das Fahrzeug wieder abfangen zu können, muss die Bremse gelöst werden, damit die Räder wieder rollen können. Diese Aufgabe übernimmt das ABS.

Blockieren der Vorderräder

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Meist blockieren nicht alle Räder. Betrachtet wird deshalb ein Fahrzeug mit blockierten Vorderrädern, von dem bekannt ist, dass sich die Vorderräder dann wie Gummiklötze verhalten. Der gesamte Kraftschluss wird in Fahrtrichtung des Fahrzeuges ausgeschöpft. Seitenkräfte von den lenkbaren Vorderrädern können nicht mehr übertragen werden.

Das bedeutet, dass Lenkeinschläge nach links oder rechts keine Änderung der Fahrtrichtung mehr bewirken können. Bei blockierten Vorderrädern folgt das Fahrzeug der vor dem Blockieren vorhandenen Fahrtrichtung.

Auch in diesem Fall können seitliche Störkräfte auftreten. Sie führen jedoch nicht zum Schleudern, sondern nur zu einer Richtungsänderung des Fahrzeuges.

Tritt das Blockieren der Vorderräder in einer Kurve auf, so drängt das Fahrzeugvorderteil zur Kurvenaußenseite. Will man die Fahrbahn nicht verlassen, so muss wiederum - zumindest kurzzeitig - die Bremsung unterbrochen werden, damit die Räder wieder anlaufen können und ein Lenkvorgang eingeleitet werden kann. Genau an dieser Stelle wirkt das ABS und ermöglicht es der Fahrerin bzw. dem Fahrer, konstant den maximalen Bremsdruck auszuüben, das Fahrzeug bleibt weiterhin lenkbar.

Da bei blockierten Vorderrädern, aber nicht blockierten Hinterrädern, die letzteren noch Seitenführungskräfte übertragen können, ist ein Zustand vorhanden, den wir quasi stabil nennen, weil das Fahrzeug sozusagen an der Hinterachse "aufgehängt" ist.

Blockieren der Hinterräder

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Wenn die Hinterräder blockieren und die Vorderräder noch rollen, dann wird es gefährlich. Tritt jetzt eine seitliche Störkraft auf, wird die Hinterachse zur Seite geschoben. Bei blockierten Rädern am fahrenden Fahrzeug ist der Kraftschluss in Fahrtrichtung voll ausgeschöpft, das heißt, seitliche Kräfte werden nicht mehr übertragen.

An der Vorderachse sind dagegen die Seitenkräfte wirksam. Gefährlich daran ist, dass nach Auswandern des Fahrzeugs die Seitenkräfte an den Vorderrädern (die wie Drehpunkte wirken) die Drehbewegung auch dann aufrechterhalten, wenn die äußere Störkraft aufhört zu wirken. Das Fahrzeug kann sich so lange drehen, bis die Hinterachse vor der Vorderachse liegt. Erst dann ist wieder eine "stabile" Lage erreicht. Die Konstrukteure bemühen sich durch entsprechende Maßnahmen, wie beispielsweise Bremskraftregelventile, das vorzeitige Blockieren der Hinterachse zu vermeiden. Unterstützt werden muss dieses Bemühen durch eine korrekt wirkende Bremsanlage und deren regelmäßige Kontrolle.

In der Praxis kann es vorkommen, dass die vorgesehene Einstellung der Beläge durch Verschleiß, durch Änderung des Reibwertes innerhalb der Bremsen oder durch unterschiedlichen Erhaltungszustand der Radbremsen nicht mehr gewährleistet ist. Die Bremskraftverteilung ist zwar auf alle üblichen Fahrbahnverhältnisse abgestimmt, es kann aber bei besonderen Witterungsverhältnissen vorkommen, dass trotz aller Vorsichtsmaßnahmen das Blockieren der Hinterräder vorzeitig eintritt (unter vorzeitig versteht man, dass sie vor den Vorderrädern blockieren). Aus dem vorzeitigen Blockieren der Hinterräder entstehen gefährliche Situationen, weil das Fahrzeug meistens ins Schleudern kommt und in den Gegenverkehr gerät oder umkippen könnte.

Als Gegenmaßnahme gilt auch hier wieder das Unterbrechen der Bremsung, Gegenlenken sowie ein Ausweichversuch. Ist ein Ausweichen nicht möglich, volles Durchtreten der Bremse, so dass alle Räder blockieren. Es ist in der Regel besser, alle Räder zu blockieren, als lediglich eine Blockierung der Hinterachse zu haben. Ein rutschendes Fahrzeug ist besser wieder in den Griff zu bekommen, als ein unkontrollierbar schleuderndes. Da dieser extrem theoretische Ansatz in der Praxis von der Fahrerin bzw. vom Fahrer kaum realisierbar ist, greift auch hier wieder das ABS und entlastet die Fahrerin bzw. den Fahrer durch ein gezieltes Lösen einzelner Bremsen.

Bremsen bei unterschiedlicher Reibung

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Je glatter die Fahrbahnoberfläche, desto schlechter kann man ein Rad beschleunigen oder bremsen. Die Reibung hängt also nicht nur von der Radlast, sondern auch von der Fahrbahnoberfläche ab. Jeder weiß, dass z. B. bei Glatteis die Räder wesentlich eher blockieren oder beim Beschleunigen durchdrehen als auf trockenem Asphalt.

Hieran erkennt man wieder deutlich den Schlupf. Bei Stillstand des Fahrzeuges aufgrund durchdrehender Räder beim Beschleunigen, aber auch beim Wegrutschen des Fahrzeuges trotz blockierter Räder, ist der höchste Schlupf, nämlich 100 %, erreicht. Diese 100 % Schlupf sind aber auch dafür verantwortlich, dass keine Seitenführung mehr vorhanden ist. D. h., das Rad kann keiner Kurve mehr folgen und ist somit auch nicht lenkbar.

Ist es also schon schwierig ein Fahrzeug auf gleichmäßig glattem Untergrund zum Stehen zu bringen, so wird die Sache noch kritischer, wenn an den Reifen einer Fahrzeugseite andere Reibungsverhältnisse vorhanden sind als an den Reifen der anderen. Hier wird das Bremsen gefährlich, wenn man z. B. mit den linken Rädern festen Fahrbahnkontakt hat (trockener Asphalt), mit den rechten Rädern auf Sand, Gras oder Schnee gerät. Dabei ist auf der linken Fahrzeugseite wesentlich weniger Schlupf vorhanden als auf der rechten. Somit wird das Fahrzeug links wesentlich stärker abgebremst als auf der glatten Fahrbahnseite. Dies kommt wie erwähnt daher, dass die übertragbare Bremskraft nicht nur von der Radlast, sondern auch von der Reibung zwischen Rad und Fahrbahn abhängt. Das Fahrzeug zieht also in diesem Fall nach links.

Um es auf der Fahrbahnseite zu halten, müssten jetzt Lenkkorrekturen durchgeführt werden. Im Fall einer Schreckbremsung aber, die ja fast immer eine Blockierbremsung ist, nützt das Gegenlenken bei blockierten Rädern nichts, da ein blockiertes Rad ja keine Seitenführungskraft übertragen kann. Das Ergebnis ist, dass sich das Fahrzeug in den Gegenverkehr dreht. Um das Fahrzeug wieder abfangen zu können, muss die Bremse unbedingt sofort gelöst werden, denn nur rollende Räder sind lenkbar, da nur sie Seitenführungskräfte übertragen können. Erst mit gelöster oder dosiert betätigter Bremse ist es möglich, das Fahrzeug trotz unterschiedlicher Reibung an den Rädern in der Spur zu halten.

Bremsen im Gefälle

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Beim Befahren von Gefällstrecken wirkt der Steigungswiderstand in umgekehrter Richtung und wird Hangabtriebskraft genannt. Wenn diese Hangabtriebskraft größer ist als die Fahrwiderstände, wird das Fahrzeug beschleunigt. Um das zu verhindern, muss gebremst werden. Dabei entsteht Reibungswärme und die Bremsen erhitzen sich u. U. beträchtlich. Bei übermäßiger Beanspruchung der Bremsen kann es zu Schäden an der Bremsanlage und zum Ausfall kommen.

Derartige Überbeanspruchungen entstehen durch das Befahren von Gefällstrecken mit zu hoher Fahrgeschwindigkeit und ständig betätigter Betriebsbremse. Die Erwärmung führt zu einer Aufweitung der Bremstrommeln und zu einer Verminderung der Reibung in der Bremse. Sind bei der Bremsanlage z. B. die Lüftspiele zu groß, reichen die Betätigungswege der Radbremszylinder nicht mehr aus und die Bremswirkung lässt rapide nach. Innerhalb des Gefälles kann das Fahrzeug dann nicht mehr gehalten werden, die Hangabtriebskraft steigert die Geschwindigkeit mehr und mehr.

Geschwindigkeitsverminderung bereits vor Gefällebeginn, rechtzeitiges Herunterschalten, Verwenden der verschleißfreien Dauerbremse (Retarder) und regelmäßige Wartung der Bremsanlage helfen, die erforderliche Bremsleistung für Gefällstrecken zu sichern.

Arten von Bremsen

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Scheibenbremse

Moderne Einsatzfahrzeuge sind in der Regel mit Scheibenbremsen ausgestattet. Scheibenbremsen haben gegenüber Trommelbremsen mehrere Vorteile. Sie zeichnen sich in der Regel durch bessere Bremsleistung und geringere Temperaturbeeinflussung (Fadingverhalten) aus. So haben Scheibenbremsen bis zu 20 % mehr Leistung bei kalter Bremse und bis zu 70 % mehr Leistung bei heißer Bremse als Trommelbremsen, die in vergleichbaren Fahrzeugen eingesetzt sind. Die geringere Fadingneigung ist u. a. auf die bessere Kühlung zurückzuführen. Denn die Scheiben werden direkt an den Reibflächen vom Fahrtwind gekühlt und die Bremsklötze liegen frei in den Schächten, während die Trommeln der Trommelbremse nur von der Rückseite gekühlt werden und an die Bremsbeläge kein Fahrtwind gelangt. Für die Praxis heißt das, dass ein Fahrzeug mit Scheibenbremsen eine größere Reserve in Sachen Bremsleistung hat. Die Leistung der Trommelbremsen reicht selbstverständlich auch für eine Blockierbremsung auf trockener Straße aus. Bei heißgefahrenen Bremsen bietet die Scheibenbremse jedoch mehr Sicherheit, weil die Bremsleistung nicht in dem Maße abnimmt wie die der Trommelbremse.

Dauerbremse

Einsatzfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 9 t müssen mit einer Dauerbremse ausgerüstet sein (§ 41 StVZO, Abs. 15). Die Dauerbremse muss ein voll beladenes Fahrzeug bei einem Gefälle von 7 % (entspricht ca. 4 °) über eine Länge von 6 km bei einer konstanten Geschwindigkeit von 30 km/h halten. Die Dauerbremse ist in der Regel die sogenannte Motorbremse, bei deren Betätigung die Auspuffleitung durch eine Klappe verschlossen wird. Durch den Stau der von den Kolben ausgestoßenen Gase werden die Kolben verlangsamt. Diese verzögern die Kurbelwelle und damit das Fahrzeug. Es gibt jedoch noch andere Arten von Dauerbremsen. Die sogenannte Konstantdrossel öffnet bei Betätigung ein kleines Ventil in jedem Zylinderkopf und gibt einen Bypass zwischen Verbrennungsraum und Auslasskanal frei. Die im 2. Motortakt komprimierte Luft wird durch den Bypass in die Auspuffleitung geschoben und beschleunigt nun nicht mehr den im 3. Takt nach unten treibenden Kolben. Die Konstantdrossel wird zusammen mit der Motorbremse eingesetzt und verbessert die Motorbremsleistung merklich.

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Eine weitere Art der Dauerbremse stellt der "Retarder" dar (retardo, lat. = verzögern). Es handelt sich dabei um Bremsen, die nach dem hydrodynamischen oder elektrodynamischen Prinzip funktionieren. Die Bremsenergie wird durch Flüssigkeiten oder elektrische Ströme aufgenommen. Die entstehende Wärme wird über Wasserkühler abgeführt oder direkt an die Luft abgegeben. Bei drohender Überhitzung wird die Bremsleistung in mehreren Stufen zurückgenommen.

Die Bremsleistung der Retarder ist erheblich größer als die der Motorbremsen. Sie können eine Verzögerung bis zu 15 % erreichen.

Retarder werden in den Antriebsstrang entweder zwischen Getriebe und Hinterachse oder direkt in das Getriebe eingebaut. Bei einigen Fahrzeugen wird die Dauerbremse mit dem Bremspedal gekoppelt. Die Dauerbremse wird dabei durch das Bremspedal zuerst betätigt, noch bevor die Betriebsbremse ihre Wirkung aufbaut. Das schont die Betriebsbremse.

Ist die Dauerbremse mit dem Betriebsbremspedal gekoppelt, muss sie bei glatter Fahrbahn über einen Schalter auf der Instrumententafel abgeschaltet werden können, da sonst die Gefahr besteht, dass das Fahrzeug durch blockierte Antriebsräder ausbricht. Bei einigen Fahrzeugen werden die Dauerbremsen bei Blockierneigung von der ABS-Elektronik abgeschaltet.

Bei Betätigung der Dauerbremse darf das Bremslicht nur dann aufleuchten, wenn die Dauerbremse mit dem Betriebsbremspedal gekoppelt ist und darüber betätigt wird.

1.3
Kurvenfahrten

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Schwerpunkt und Ladung

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Jeder Körper hat einen Schwerpunkt. In ihm denkt man sich die Masse des Körpers vereinigt. Es ist der Punkt, an dem man einen Körper anheben müsste, damit er im Gleichgewicht bleibt.

Bei dem abgebildeten Feuerwehrfahrzeug ist der Schwerpunkt nicht genau in der Mitte, sondern dorthin verschoben, wo sich die schweren Bauteile, die Gerätschaften und der Wassertank befinden. Der Schwerpunkt des leeren Fahrzeugs liegt an einer anderen Stelle als der des beladenen.

Im Schwerpunkt greifen theoretisch alle Kräfte an, so auch die Gewichtskraft. Solange das Fahrzeug sich nicht bewegt, ist das die einzige Kraft. Würde man die Vorderachse eines Fahrzeugs hochheben, so bliebe es mit der Hinterachse am Boden. Hebt man die Hinterachse an, so bleibt die Vorderachse am Boden stehen. Würde man jedoch exakt am Schwerpunkt das Fahrzeug unterstützen, dann würde es im Gleichgewicht bleiben und sich vom Boden abheben lassen.

Die Schwerpunkthöhe eines Lastkraftwagens ist stark von der Aufbauhöhe abhängig. Wird z. B. ein Feuerwehrfahrzeug beladen und bestückt, so verlagert sich der Schwerpunkt nach oben.

Fliehkraft

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An dem Gesamtschwerpunkt greift das Gesamtgewicht senkrecht nach unten wirkend an. Abgestützt wird diese Gewichtskraft über die Achsen bzw. die Räder.

Es gibt einen physikalischen Grundsatz der sagt, dass jede Masse, die sich in Bewegung befindet, diesen Bewegungszustand auch beibehalten möchte. Eine Änderung des Bewegungszustands ist nur dann erreichbar, wenn man über eine bestimmte Zeit eine Kraft auf die Masse einwirken lässt. Dieser Grundsatz gilt auch bei einem Fahrzeug; es hat eine Masse, und wenn es Geschwindigkeit aufgenommen hat und eine gerade Strecke befährt, so befindet sich das Fahrzeug in einem Beharrungszustand (Geschwindigkeit und Richtung), der nur durch Einwirken von Kräften geändert werden kann. Eine solche Kraft ist beispielsweise die Kraft, die beim Einschlagen der Vorderräder als Seitenkraft auf das Fahrzeug wirksam wird. Nach einem weiteren physikalischen Grundsatz hat jede Kraft eine gleich große, entgegengesetzt wirkende Gegenkraft zur Folge.

Diese Gegenkraft als Folge des Lenkeinschlages gibt es auch beim Fahrzeug, und zwar handelt es sich um die Fliehkraft, die man sich vereinfacht am Schwerpunkt angreifend vorstellen kann. Jeder spürt die Wirkung der Fliehkraft in der Kurve am eigenen Körper, der in Richtung Außenseite der Kurve gezogen wird. Lose auf dem Armaturenbrett liegende Gegenstände rutschen ebenfalls zur Kurvenaußenseite. Das Auftreten dieser Kraft kann in der Praxis beobachtet werden, wenn beispielsweise Gepäckstücke aus der Ablage rutschen.

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Ebenso wie im Schwerpunkt des Fahrzeugs wirkt auch auf den Fahrzeuginhalt eine Kraft, die nach außen zieht. Bezogen auf ein Feuerwehr-Einsatzfahrzeug kann bei flotter Kurvenfahrt die Fliehkraft 40 % der Gewichtskraft des Fahrzeugs ausmachen. Bei einem Fahrzeuggewicht von 18 t (die resultierende Gewichtskraft entspricht 180 kN) sind das 72 kN, also die Kraft, die von 7,2 t ausgeübt werden. Diese Kraft muss zusätzlich über die Reifen auf die Fahrbahn abgestützt werden.

Über die Fliehkraft muss man noch wissen, dass sie eine besondere Eigenschaft hat, die physikalisch begründet ist. Man sollte eigentlich annehmen, dass dann, wenn die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs von 20 km/h auf 40 km/h in der Kurve erhöht wird, sich auch die Fliehkraft verdoppelt. Das ist jedoch nicht so, sondern die Fliehkraft wächst auf das Vierfache; verdreifacht man die Geschwindigkeit, dann wächst die Fliehkraft auf das Neunfache. Man nennt dies ein quadratisches Wachsen der Kraft. Dieses Verhalten bedingt, dass oft schon ein leichtes Steigern der Geschwindigkeit in der Kurve zum Umkippen oder Schleudern des Fahrzeugs führen kann.

Die Fliehkraft stützt sich dann, wenn das Fahrzeug in die Kurve eingelenkt hat, über Vorder- und Hinterreifen gegen die Fahrbahn ab. An den Reifen werden Reibkräfte Fv und FH übertragen. Wird die Fliehkraft FF größer als die Reibkräfte, dann kommt das Fahrzeug ins Schleudern. Sind die Reibkräfte an den Rädern groß, der Schwerpunkt aber hochliegend, dann kann das Fahrzeug kippen, bevor die Räder wegrutschen.

Kippkante

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Was mit Kippkante gemeint ist, kann man am besten an einer Kiste erkennen. Will man sie kippen, dann wird man das über die Kante tun, mit der sie noch auf dem Boden steht. Sie kippt dann in die neue Lage, wenn der Schwerpunkt die Kipplinie überschritten hat.

Kipplinie

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Die Abbildung zeigt ein Einsatzfahrzeug von hinten. Es steht auf ebener Fahrbahn. Die Gewichtskraft wirkt senkrecht nach unten, sie wird durch die Räder auf die Fahrbahn übertragen. Die Räder wirken als Stütz punkte. Über sie hinweg kann das Fahrzeug umkippen. Deshalb nennt man die Verbindung der Aufstandspunkte der äußeren Räder einer Fahrzeugseite Kipplinie. Sobald der Schwerpunkt über die Kipplinie hinausgeht, kippt das Fahrzeug um.

Kipplinie bei geneigter Fahrbahn

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In der Abbildung ist ein Feuerwehr-Einsatzfahrzeug dargestellt, das sich auf einer seitlich geneigten Fahrbahn befindet. Am Gesamtschwerpunkt wirkt die Gewichtskraft senkrecht nach unten. Sie schneidet die Fahrbahn genau an der Kippkante. Die Kippgrenze ist hier erreicht. Bei einer geringfügigen Gewichtsverlagerung nach rechts oder wenn die Neigung noch etwas zunimmt, kippt das Fahrzeug um. Die maßgebliche Kipplinie ist in diesem Fall die Verbindungslinie zwischen den Reifenaufstandsflächen der rechten äußeren Reifen.

Kippen bei der Kurvenfahrt

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Auch die Fliehkraft greift im Schwerpunkt an und zieht das Fahrzeug in Kurven nach außen. Dem stemmen sich die Reifen mit ihren Seitenführungskräften entgegen. Der ganze gute Kraftschluss nützt nichts, wenn der Schwerpunkt durch die Fliehkraft über die Kippkante hinweggezogen wird. Ob das abgebildete Fahrzeug beim Kurvenfahren kippt oder nicht, kann man durch Aufzeichnen der Kräfte feststellen.

Aus der Fliehkraft FF und der Gewichtskraft F wird eine resultierende Kraft FRes gebildet. Bei mäßiger Fliehkraft FF1 schneidet die Resultierende FRes1 die Fahrbahn innerhalb der Kipplinie. Das Fahrzeug kippt nicht. Bei großer Fliehkraft FF2 schneidet die Resultierende FRes2 außerhalb der Kipplinie. Das Fahrzeug kippt.

Unter "Kurven" sind übrigens nicht nur die Straßenkurven zu verstehen. Kurven im physikalischen Sinne, bei denen also die Fliehkraft wirksam wird, sind alle großen und kleinen Richtungsänderungen der Fahrzeuge. Eine kleine Lenkbewegung, das Ausweichen vor einem plötzlich auftauchenden Hindernis, alles dies ist Kurvenfahrt und verbunden mit dem Auftreten von Fliehkraft.

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Einfluss der Schwerpunkthöhe auf das Kippen

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Neben der Größe der Fliehkraft spielt für das Kippen auch die Lage des Schwerpunkts eine wichtige Rolle.

In der Abbildung sind Gewichts- und Fliehkraft gleich groß. Unterschiedlich ist die Höhe des Schwerpunktes. Bei dem niedriger liegenden Schwerpunkt schneidet die Resultierende die Fahrbahn innerhalb der Kipplinie, bei dem höher liegenden Schwerpunkt außerhalb der Kipplinie. Das heißt, bei gleicher Geschwindigkeit kippt das Fahrzeug mit dem höheren Schwerpunkt um, während das andere die Kurve durchfahren kann. Zusammenfassend kann man feststellen, dass das Fahrzeug umso leichter umkippt, je schneller man es um eine Kurve fährt und je höher der Schwerpunkt liegt.

Da der Fahrzeugaufbau sich wegen der Federung gegen das Fahrwerk in gewissem Umfang verschieben kann, ist sowohl die Kipplinie als auch die aus einer bestimmten Querneigung und der Fahrgeschwindigkeit in der Kurve sich ergebende Kippgeschwindigkeit keine starre Grenze. Schon kleine Fahrbahnunebenheiten können den Kippvorgang bei sonst noch stabiler Kurvenfahrt auslösen.

Derartige Neigungen des Fahrzeugaufbaus haben auf die Einleitung eines Kippvorganges einen umso größeren Einfluss, je schneller in die Kurve gelenkt bzw. je schneller ein Ausweichmanöver eingeleitet wird.

Bremsen beim Kurvenfahren I

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Wurde bisher das Bremsen in Kurven vor allem auf seine Auswirkung auf die Radlastverschiebung hin dargestellt, so soll hier noch einmal auf die Tatsache eingegangen werden, dass Bremskraft und Seitenführungskraft voneinander abhängig sind.

Ein blockiertes Rad kann keine Seitenführungskräfte übertragen. In der Kurve hat das Rad bereits die Aufgabe der Seitenführung übernommen. Wird eine Bremsung eingeleitet, so muss es zusätzlich auch Bremskraft übertragen.

Grundsätzlich kann man sagen, dass die Fahrerin oder der Fahrer, die bzw. der in der Kurve bremsen muss, von vornherein einen gravierenden Fehler gemacht hat. Es gibt jedoch Situationen, in denen man unverhofft in der Kurve zum Bremsen gezwungen wird, obwohl die Kurvengeschwindigkeit richtig gewählt war. So kann z. B. ein Hindernis plötzlich die Kurve blockieren oder ein Traktor aus einem in die Kurve mündenden Feldweg herausfahren, ohne auf die Vorfahrt des ankommenden Fahrzeuges zu achten. Oder es handelt sich um eine sogenannte "Hundekurve", bei der sich der Kurvenradius etwa ab Mitte der Länge der Kurve bis zu deren Ende stärker als am Anfang nach innen krümmt (zusammenzieht).

Bremsen beim Kurvenfahren II

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In Wirklichkeit weicht zwar der Kraftschlusskreis etwas von der reinen Kreisform ab; dies ändert jedoch für Betrachtungen an der prinzipiellen Richtigkeit des Kraftschlusskreises nichts. Ausgegangen wird hierbei von der Annahme, dass ein Reifen sowohl in Bezug auf Umfangswie auch Seitenführungskräfte in etwa gleich große Werte erreicht. Ist eine einwirkende Kraft größer als dieser Kreis, so rutscht das Rad. Ist jedoch die einwirkende Kraft kleiner als der Kreis, so rollt das Rad noch.

Aus der "geometrischen Addition" der Kräfte ergibt sich, dass z. B. bei vollem Ausnutzen der maximalen Bremskraft jede zusätzliche Seitenkraft, und mag sie noch so klein sein, zum Ausbrechen des Rades führt. Genauso wird an der Grenze der maximalen Seitenkraft jede zusätzlich einwirkende Bremskraft, d. h. jedes Beschleunigen oder Verzögern, zum Rutschen des Rades führen. Entscheidend ist dabei die Erkenntnis, dass Seitenführung und Haftung in engem Zusammenhang stehen. Beschleunigen oder Verzögern bei gleichzeitigem Lenken stellt daher stets eine Risikoerhöhung dar.

Für das Gesamtfahrzeug gilt eine Abwandlung des Kamm'schen Kraftschlusskreises. Weil es durch Einwirken der Fliehkraft zu Radlaständerungen kommt und Seitenkräfte nicht in gleichem Maß wie die Radaufstandskräfte zunehmen, werden die übertragbaren Kräfte beim Fahrzeug insgesamt geringer als an einem Einzelrad.

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Bei einem Fahrzeug, das eine Kurve befährt, sind die Vorderräder eingeschlagen. Wird nun so gebremst, dass die Vorderräder blockieren, die Hinterräder aber noch rollen, dann verhalten sich die Vorderräder wie Gummiklötze. Dadurch wird der Kraftschluss vollständig in der momentan vorhandenen Fahrtrichtung ausgeschöpft. Seitenkräfte werden an den Vorderrädern nicht mehr übertragen, gleichgültig wie die Räder eingeschlagen sind. Für das Fahrzeug bedeutet das, dass sich die Vorderräder in die Richtung bewegen, die das Fahrzeug bei Blockierbeginn hatte. Das Fahrzeug wird die Fahrbahn zur Kurvenaußenseite hin verlassen. Blockieren in der Kurve nur die Hinterräder, dann kommt das Fahrzeug ins Schleudern. Als Gegenmaßnahme gilt ganz grundsätzlich, dass jegliche Art von Blockierung oder Bremsung der Räder aufgehoben werden muss, damit die Seitenführungskräfte voll wirksam werden können. Bei blockierten Vorderrädern bedeutet das Aufheben der Bremsung, bei blockierten Hinterrädern Aufheben der Bremsung und Auskuppeln oder Leerlauf einschalten, ggfs. Herausnehmen der Motorbremse oder des Retarders (Dauerbremse).

In der Kurve neigt sich das Fahrzeug schon allein durch die Einwirkung der Fliehkraft nach außen. Dadurch wird eine Radlaständerung in der Form wirksam, dass die kurvenäußeren Räder stark belastet und kurveninnere Räder entlastet werden.

Durch Bremsen in der Kurve würde dazu die dynamische Radlastverschiebung wirksam. Sie würde eine zusätzliche stärkere Belastung der Vorderräder und eine Entlastung der Hinterräder zur Folge haben. Dadurch wird sowohl die Lenkwirkung der Vorderräder durch die höhere Radlast und die dadurch mögliche Seitenführung verstärkt, als auch die Tendenz des Fahrzeughecks, durch verringerte Seitenführung seitlich auszubrechen, erhöht.

1.4
Fahrzeugtechnik

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Antriebsarten bei Einsatzfahrzeugen

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Frontantrieb

Als Frontantrieb wird der Vorderradantrieb in Verbindung mit einem Frontmotor bei Kraftfahrzeugen bezeichnet. Im Gegensatz zum Hinterradantrieb wird der Vorderradantrieb fast ausschließlich mit Frontmotor kombiniert.

Hinterradantrieb

Als Hinterradantrieb wird der Antrieb eines Kraftfahrzeugs über die (bzw. über eine) Hinterachse bezeichnet, unabhängig von der Motoranordnung.

Allradantrieb

Die derzeit häufigste Variante besteht aus einem einzelnen Antrieb (meist Verbrennungsmotor), dessen Leistung auf mehrere Achsen und Räder verteilt werden soll. Für eine grundsätzliche Betrachtung der technischen Grundlagen reicht es zunächst aus, sich auf Fahrzeuge zu beschränken, welche die Antriebsleistung auf zwei Achsen aufteilen. Andere Konfigurationen lassen sich aus diesen Grundprinzipien ableiten. Allradantriebe kann man aus technischer Sicht in zwei Grundtypen einteilen:

  • Differenzialgesteuerte oder permanente Allradantriebe besitzen ein Zentraldifferenzial (auch: Längsdifferenzial, Mittendifferenzial), welches die Antriebsleistung permanent auf beide Achsen aufteilt und manchmal als Sperrdifferenzial ausgeführt ist. Das Zentraldifferenzial ist ein Planetengetriebe (gelegentlich auch als Differenzial ausgeführt, da dies ein spezielles Planetengetriebe mit einer 50:50-Drehmoment-Aufteilung ist), das aus Stirnrädern, Kegelrädern, Schnecke und Schneckenrad oder Kronenrädern aufgebaut ist. Alternativ können auch Differenziale ohne Verzahnung (wie zum Beispiel Gleitsteindifferenziale) eingesetzt werden.

  • Kupplungsgesteuerte Allradantriebe werden auch durch Begriffe wie zuschaltbar, Hang-On oder On-Demand gekennzeichnet. Bei diesen Systemen wird eine Achse permanent angetrieben. Die andere Achse wird nur unter bestimmten Voraussetzungen über die Kupplung mit Antriebsleistung versorgt. Die Kupplung selbst kann eine einfache Klauenkupplung (manuelle Zuschaltung), eine Visco-Kupplung, eine Fliehkraftkupplung oder eine elektronisch gesteuerte Reiblamellenkupplung sein. Der Vorteil kupplungsgesteuerter Allradantriebe liegt vor allem in den niedrigeren Systemkosten und in der Möglichkeit das Fahrzeug mit einem markentypischen Fahrverhalten als Frontantrieb oder als Heckantrieb im Normalbetrieb auszulegen und erst bei Bedarf zu einem allradtypischen Fahrverhalten zu ändern.

Ein Allradantrieb erfordert beim Fahrzeug zwei Achsdifferenziale, die beim Permanent-Allrad ihrerseits wieder mit einem Längsdifferenzial verbunden sind. Vor allem beim Lkw sind zusätzlich noch Sperren des hinteren Quer- oder des Längsdifferenzials möglich.

Bremsunterstützungssysteme

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Antriebsschlupfregelung (ASR)

ASR tritt dann ein, wenn die Räder beim Anfahren eines Fahrzeuges anfangen durchzudrehen, d. h. sie haben keine bzw. nur wenig Haftung auf der Straße. Droht ein zu starker Schlupf der Antriebsräder, wird das Antriebsmoment durch gezielten Brems- oder/und Motormanagementeingriff reguliert. Das Regelsystem, das seine Informationen u. a. über die Antiblockiersystem-Raddrehzahlsensoren erhält, gewährleistet damit Traktion und Fahrstabilität während der Beschleunigungsphase sowohl auf gerader Strecke als auch bei Kurvenfahrt. Voll ausgebildete ASR-Systeme kommen in ihren angestammten Betriebsbereichen schon sehr nahe an das Elektronische Stabilitätsprogramm heran, ersetzen dieses jedoch nicht. Eingriffe in die Bremse finden im unteren Geschwindigkeitsbereich statt, um die Traktion zu optimieren. Der Motoreingriff bringt generell die Fahrstabilität über den gesamten Geschwindigkeitsbereich. Weil bei einigen Herstellern der Regeleingriff meist etwas grob erfolgt und außerdem die Bremse belastet, werden solche Systeme bei höheren Geschwindigkeiten in der Regel abgeschaltet.

Antiblockiersystem (ABS)

ABS wirkt beim Bremsen einem möglichen Blockieren der Räder durch Verminderung des Bremsdrucks entgegen. Hierdurch ermöglicht es beim Bremsen von Kraftfahrzeugen eine bessere Lenkbarkeit und Spurtreue. Außerdem kann das System über die Regelung des Radschlupfs den Bremsweg auf nasser Straße verkürzen. Auf trockener Straße und losem Untergrund - zum Beispiel Schotter oder Schnee - kann sich der Bremsweg dagegen verlängern. Die maximale Bremsverzögerung wird in Abhängigkeit von Fahrbahnzustand und Reifen bei etwa 8-25 % Schlupf erreicht. 20 % Bremsschlupf bedeuten, dass im selben Zeitraum, in dem das Fahrzeug einen Weg von einem Meter zurücklegt, die Räder nur 0,8 Meter abrollen. Nach dem Erreichen des Bremskraftmaximums - also jenem Schlupfwert, bei dem die höchste Verzögerung erzielt wird - wächst der Schlupf bei sinkender Bremskraft weiter an, bis das Rad schließlich blockiert (= 100 % Bremsschlupf). Im blockierten Zustand wird nur noch über Gleitreibung abgebremst. Das ABS steuert die Bremskraft an jedem Rad so, dass der Schlupf während des Bremsvorganges jederzeit möglichst nahe beim optimalen Wert bleibt. Bei starkem Bremsen pendelt der Schlupf um diesen Punkt der maximalen Bremskraft. Bei Gleiten des Reifens ist außerdem keine Übertragung von Seitenkräften möglich. Da das Fahrzeug über die gesamte Auflagefläche der Reifen rutscht, bewirkt ein Lenkeinschlag keine Richtungsänderung.

Fahrdynamikregelung (ESP)

Dieses Fahrassistenzsystem versucht durch gezieltes Bremsen einzelner Räder ein Schleudern des Fahrzeugs im Grenzbereich in Kurven zu verhindern und der Fahrerin bzw. dem Fahrer so die Kontrolle über das Fahrzeug zu sichern. ESP verhindert durch gezieltes automatisches Bremsen einzelner Räder sowohl das Übersteuern als auch das Untersteuern eines Fahrzeugs. Damit ESP auf kritische Fahrsituationen reagieren kann, vergleicht das System permanent (bis zu 150-mal pro Sekunde) den Fahrwunsch mit dem Fahrzustand.

Reifenarten nach Einsatzzweck

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Reifen sind das Bindeglied zwischen Fahrzeug und Fahrbahn. Sie beeinflussen maßgeblich das Fahrverhalten eines Fahrzeugs. Reifen werden insbesondere auf die Beschaffenheit des Untergrundes, die Temperatur und die Belastung ausgelegt. In Mitteleuropa fahren Autos meist auf asphaltierten Straßen mit einer Oberflächentemperatur zwischen -15 °C und +60 °C. Um unter den Randbedingungen Produktionskosten und Lebensdauer ein möglichst breites Spektrum abzudecken, werden die folgenden Reifenarten angeboten:

Sommerreifen

Sommerreifen sind für Straßenverhältnisse ohne Schnee und Eisglätte bei Temperaturen oberhalb etwa 5 bis 7 °C ausgelegt. Ihre Gummimischung wird auch bei hohen Temperaturen nicht zu weich; auch bei hoher Geschwindigkeit ist die Abnutzung relativ gering. Hersteller wählen im Zielkonflikt zwischen zueinander in Konflikt stehenden Anforderungen - z. B. einem möglichst geringem Rollwiderstand bei gleichzeitig guter Haftreibung (Bodenhaftung bei Nässe, gute Verzögerung beim Bremsen) - einen Kompromiss. Mit abnehmender Profiltiefe verschlechtert sich das Verhalten bei Regen, Aquaplaning tritt früher auf. Gesetzlich sind daher mindestens 1,6 mm Profiltiefe gefordert. Der ADAC empfiehlt für Sommerreifen mindestens 3 mm Profiltiefe.

Winterreifen (M+S-Reifen)

In Deutschland besteht seit 2010 eine Winterreifenpflicht bei winterlichen Straßenverhältnissen, d. h. wenn Eis, Glätte und Schneematsch vorkommen. Winterreifen verfügen über eine Gummimischung, die auch bei niedrigen Temperaturen ausreichend elastisch ist, um eine hinreichende Kraftübertragung (mittels Verzahnung mit dem Untergrund) zu erreichen. Winterreifen sind mit dem M+S-Symbol (Matsch und Schnee) oder Schneeflockensymbol gekennzeichnet. Das Profil der Lauffläche von M+S-Reifen ist im Allgemeinen durch größere Profilrillen und Stollen gekennzeichnet, die voneinander durch größere Zwischenräume als bei normalen Reifen getrennt sind. Anders als Sommerreifen weist das Profil von Winterreifen zusätzlich Lamellen auf, welche aufgrund der höheren Anzahl und Gesamtlänge der Griffkanten eine bessere Verzahnung mit losem Untergrund, beispielsweise Schnee, ermöglichen. Beim Montieren der Winterreifen ist ein Aufkleber mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Blickfeld der Fahrzeugführerin bzw. des Fahrzeugführers anzubringen, wenn die zulässige Geschwindigkeitsklasse des Reifens unterhalb der Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs liegt. Winterreifen haben bei frühlingshaften und sommerlichen Temperaturen verglichen mit Sommerreifen auf trockener Fahrbahn deutlich schlechtere Fahreigenschaften, z. B. einen längeren Bremsweg.

Spike-Reifen

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Spikes sind Stahl- oder Hartmetallstifte, die in dafür ausgelegten Reifen angebracht werden können. Da Spikes die Fahrbahn erheblich abnutzen, sind sie in vielen Teilen Europas nur eingeschränkt oder gar nicht zulässig. In Deutschland sind Spikes mit Ausnahme des kleinen deutschen Ecks, einem Gebiet rund um Bad Reichenhall, sowie für bestimmte Einsatzfahrzeuge nicht mehr erlaubt.

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Ganzjahresreifen

Das Profil von Allwetterreifen kombiniert die zwei unterschiedlichen Rillen-Anordnungen der Sommer- und Winterreifen, so dass die für wärmere Temperaturen und bei Nässe benötigten Längsrillen ebenso zu finden sind wie die Profilblock-Verzahnungen, die bei Schneeglätte und Eis für Halt sorgen.

Der Aufwand für den zweimaligen jährlichen Reifenwechsel entfällt. Ganzjahresreifen werden oft bei geringen Fahrleistungen sowie in schneearmen Regionen verwendet.

Die Eigenschaften von Ganzjahresreifen sind ein Kompromiss: Auf Schnee kommen sie nicht an die Eigenschaften von guten Winterreifen heran; im Sommer haben sie - wegen ihrer systembedingt weicheren Gummimischung - einen höheren Abrieb bzw. Verschleiß und etwas erhöhten Kraftstoffverbrauch. Einige Ganzjahresreifen-Typen am Markt tragen das Schneeflockensymbol für hinreichende Wintertraktion.

Geländereifen

Dabei handelt es sich um Reifen mit grobem Profil, deren Lauffläche mehr oder weniger stark für den Einsatz auf unbefestigten Straßen bis hin zum schweren Gelände optimiert ist. Auswahlkriterium ist der prozentuale Anteil Asphaltstraße/Gelände sowie die Profilformgebung. Varianten sind ST (Street-Terrain) mit hohem Straßenanteil und geringerer Geländetauglichkeit, AT (All-Terrain) mit ungefähr gleichem Einsatzbereich zwischen Straße und Gelände, MT (Mud-Terrain) mit hohem Geländeanteil, ggf. auch Schlamm, Felsen und Steine. Extreme Varianten sind Boggers oder Super-Swamper, die speziell grobe Schaufeln und Stollen für den ausschließlichen Einsatz in sehr grobem Gelände aufweisen.

Generell gilt: Reifen stellen das einzige Bindeglied zwischen Fahrzeug und Fahrbahn dar. Fahrassistenzsysteme wie ESP und ASR können nur dann effektiv regeln, wenn gute Reifen verwendet werden. Auch die Bremsweglänge hängt entscheidend von der Qualität der Bereifung ab. Egal ob am Einsatz- oder Privatfahrzeug: An den Reifen darf nicht auf Kosten der Qualität oder Restprofiltiefe gespart werden!

Reifendruckkontrollsystem

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Es wird unterschieden zwischen direkten und indirekten Systemen.

Indirekte Systeme

Indirekte Systeme schließen aus der Drehzahl der Räder auf einen Druckverlust. Diese Drehzahl wird von im Fahrzeug enthaltenen ABS-Sensoren oder Sensoren für eine Traktionskontrolle erfasst. Indirekte Systeme nutzen zur Drucküberwachung physikalische Effekte.

Allen indirekten Systemen ist gemein, dass bei einer Anpassung des Reifeninnendruckes bzw. der Montage neuer Reifen ein Reset-Knopf betätigt werden muss. Das System lernt dann das aktuelle Systemverhalten als Referenz. Lernen bedeutet dabei, dass das System während der ersten Phase nach Reset die Raddrehzahlen und Frequenzen beobachtet und die auftretenden Werte speichert. Im weiteren Fahrbetrieb werden dann die auftretenden Werte mit den gelernten Werten verglichen. Sobald eine bestimmte Veränderung auftritt, wird die Fahrerin bzw. der Fahrer gewarnt. Eine Anzeige des Drucks ist nicht möglich.

Direkte Systeme

Bei direkt messenden Systemen erfasst ein Drucksensor den Reifeninnendruck und die Innenemperatur eines Reifens. Diese Informationen werden zusammen mit einem Identifikator in gewissen Intervallen über Funk an ein Steuergerät im Fahrzeug übertragen. Diese Systeme können schleichende oder auch schnelle Druckverluste an allen Reifen erkennen, da sie direkt den Druck überwachen. Je nach Anzeigekonzept bekommt die Fahrerin bzw. der Fahrer eine Information über den aktuellen Druckwert im Klartext, die entweder ständig angezeigt wird, über Knopfdruck abgefragt werden kann oder es erfolgt nur eine Warnung bei zu geringem Reifendruck.

Fahren mit einem all terrain vehicle (ATV)/Quad

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Fahrverhalten

Quads und insbesondere ATVs sind in der Regel als Offroadfahrzeuge konzipiert und haben bedingt durch die für Geländefahrten benötigte Bodenfreiheit einen hohen Schwerpunkt, der zu einer Instabilität in Kurven und bei Hangfahrten (bergauf und -ab, Hangquerfahrt) führt. Eine der Fahrsituation angepasste Körperhaltung, z. B. das Verlagern des ganzen Körpers in die Kurve statt nur der Schulter, reduziert das Risiko des Kippens. Das Quad/ATV soll stattdessen unter dem Körper der Fahrerin bzw. des Fahrers kontrolliert nach außen kippen, sodass das kurveninnere Rad der Hinterachse den Fahrbahnkontakt "verliert"! Damit fährt das Quad dann nur mit drei Rädern durch die Kurve und schiebt nicht so stark nach vorne. Wenn diese Fahrweise nicht bewusst "gefahren" wird, entsteht dieser Effekt irgendwann bei schneller Kurvenfahrt von selbst und wenn man darauf nicht vorbereitet ist oder nicht damit rechnet, passieren die folgend genannten Unfälle. Starkes Beschleunigen kann zu einer Entlastung der Vorderachse führen, wodurch das Fahrzeug nicht mehr lenkbar ist. Die volle Körpergewichtsverlagerung spielt eine besondere Rolle, will man dem Umkippen eines solchen Fahrzeugs entgegenwirken. Nur mit dieser Verlagerung bleibt es sicher in der Kurve manövrierbar. Bei Straßenfahrten kommt der Körpergewichtsverlagerung eine besonders wichtige Rolle zu. Die Räder haben guten Halt auf dem Asphalt. Das Quad möchte in der Kurve aufgrund der beiden gleich stark angetriebenen Hinterräder geradeaus fahren. Nur durch Lenken und eine Gewichtsverlagerung lässt sich das Quad sicher durch die Kurve zirkeln.

Sicherheit und Unfallgeschehen

Die speziellen technischen Ausprägungen des Quads bestimmen auch das Unfallgeschehen dieser Fahrzeuge. So zeigt eine Studie der Unfallforschung der Versicherer, dass ein fehlendes Differenzial in Kombination mit mangelnder Fahrpraxis die Fahrerin oder den Fahrer bei Kurvenfahrt vor große Probleme stellt. Das Verlassen der Fahrbahn bei Kurvenfahrt und anschließender Kollision mit einem Hindernis neben der Fahrbahn ist ein für Quad-Unfälle typischer Unfallhergang. Weiterhin auffällig ist der sehr hohe Anteil von Alleinunfällen dieser Fahrzeuge. Allgemein ist das Risiko, bei einem Quad-Unfall getötet oder schwer verletzt zu werden, im Vergleich zum Pkw um den Faktor 10 erhöht.