DGUV Information 201-055 - Feuerfest-, Turm- und Schornsteinbau

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Abschnitt 4.8 - 4.8 Maßnahmen gegen Absturz

4.8.1
Allgemeines

Eine Absturzgefahr besteht, wenn eine Absturzhöhe von mehr als 1 m vorhanden ist.

Bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen muss dem kollektiven Gefahrenschutz (Absturzsicherungen/Auffangeinrichtungen) Vorrang vor dem individuellen Gefahrenschutz (persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz) eingeräumt werden.

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Siehe Technische Regeln für Arbeitsstätten - "Schutz vor Absturz und herabfallenden Gegenständen, Betreten von Gefahrenbereichen" (ASRA 2.1)
Siehe § 12 Abs. 1 der DGUV Vorschrift 38 und 39 "Bauarbeiten"
Siehe DGUV Information 201-023 "Sicherheit von Seitenschutz, Randsicherungen und Dachschutzwänden als Absturzsicherungen bei Bauarbeiten"
Siehe DIN EN 13374 "Temporäre Seitenschutzsysteme"

Die Schutzmaßnahmen sind entsprechend der nachstehenden Rangfolge auszuwählen:

4.8.2
Absturzsicherungen

Absturzsicherungen sind z. B. Abdeckungen, Geländer oder Seitenschutz, die auftretende Kräfte aufnehmen und ableiten können.

4.8.2.1
Seitenschutz

Als Absturzsicherung muss Seitenschutz vorhanden sein:

  1. 1.

    unabhängig von der Absturzhöhe an

    • Arbeitsplätzen an und über Wasser oder anderen festen oder flüssigen Stoffen, in denen man versinken kann,

    • Verkehrswegen über Wasser oder anderen festen oder flüssigen Stoffen, in denen man versinken kann;

  2. 2.

    bei mehr als 1,00 m Absturzhöhe, soweit nicht nach Nummer 1 zu sichern ist, an

    • freiliegenden Treppenläufen und -absätzen,

    • Wandöffnungen,

    • Bedienungsständen von Maschinen und deren Zugängen;

  3. 3.

    bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe an allen übrigen Arbeitsplätzen und Verkehrswegen;

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Abb: 3 Beispiel für ein Gerüst mit Seitenschutz und Schutzwand

Davon abweichend ist Seitenschutz nicht erforderlich, wenn

  1. 1.

    Arbeitsplätze oder Verkehrswege auf Flächen mit weniger als 22,5 ° Neigung liegen und in mindestens 2,00 m Abstand von der Absturzkante fest abgesperrt sind,

  2. 2.

    Arbeitsplätze oder Verkehrswege höchstens 0,30 m von anderen tragfähigen Flächen entfernt liegen.

4.8.2.2
Ausführung des Seitenschutzes

Seitenschutz muss aus Geländerholm, Zwischenholm und Bordbrett bestehen (siehe Abbildung 3).

Geländerholm und Zwischenholm müssen gegen unbeabsichtigtes Lösen, das Bordbrett gegen Kippen gesichert sein.

Die Oberkante des Seitenschutzes muss mindestens 1,00 m +/- 0,05 m über dem Gerüstbelag liegen.

Als Geländer- und Zwischenholm dürfen ohne statischen Nachweis verwendet werden,

  • Stahlrohre mit 48,3 mm Außendurchmesser und 3,2 mm Wanddicke bei einem Pfostenabstand bis 3,0 m

    oder

  • Gerüstbretter oder -bohlen der Sortierklasse S 10 oder MS 10 DIN 4074-1:2008-12 "Sortierung von Holz nach der Tragfähigkeit (Nadelschnittholz)",

    • mit einem Mindestquerschnitt von 15 cm × 3,0 cm bei einem Pfostenabstand bis 2,0 m

      oder

    • mit einem Mindestquerschnitt von 20 cm × 4,0 cm bei einem Pfostenabstand bis 3,0 m.

Bordbretter aus Holz müssen einen Mindestquerschnitt von 15 cm × 3,0 cm haben; sie müssen den Belag um mindestens 15 cm überragen.

4.8.3
Auffangeinrichtungen

Lassen sich aus arbeitstechnischen Gründen Absturzsicherungen nicht verwenden, müssen an deren Stelle Schutzeinrichtungen zum Auffangen abstürzender Beschäftigter vorhanden sein.

Auffangeinrichtungen sind z. B. Schutznetze, Schutzwände, Schutzgerüste, die auftretende Kräfte aufnehmen und ableiten können.

Auffangnetze müssen der DGUV Regel 101-011 "Einsatz von Schutznetzen" und DIN EN 1263-1:2002-07 entsprechen.

Fanggerüste müssen DIN 4420-1 entsprechen.

4.8.4
Individueller Gefahrenschutz

Können Absturzsicherungen und Auffangeinrichtungen nicht angewendet werden, sind persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz vorzusehen.

Die Verwendung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz setzt eine weitere Gefährdungsbeurteilung für diesen Einzelfall voraus.

Für die Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz hat der Unternehmer eine Betriebsanweisung zu erstellen. Die Inhalte der Betriebsanweisung sind den Beschäftigten im Rahmen von Unterweisungen mit Übungen zu vermitteln.

Für die Verwendung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz müssen geeignete Anschlageinrichtungen vorhanden sein

Anschlageinrichtungen sind z. B. dann geeignet, wenn sich das befestigte Auffangsystem nicht von der Anschlageinrichtung lösen kann und die Tragfähigkeit für eine Person nach den technischen Baubestimmungen für eine Kraft von 9 kN (Einwirkung × Bemessungsbeiwert: 6 kN × 1,5 [DIN 4426]) eingeleitet in die Konstruktion durch den Auffangvorgang, einschließlich den für die Rettung anzusetzenden Lasten (z. B. Gewicht der aufgefangenen Person), nachgewiesen ist. Für jede weitere Person ist die Einwirkung um 1 kN bzw. sind die Lasten entsprechend zu erhöhen.

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Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz siehe DGUV Regel 112-198 "Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz"

Wenn Eigenart und Fortgang der Tätigkeit und Besonderheiten des Arbeitsplatzes die vorgenannten Schutzmaßnahmen nicht zulassen, darf auf die Anwendung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz im Einzelfall nur dann verzichtet werden, wenn:

  • die Arbeiten von fachlich qualifizierten und körperlich geeigneten Personen ausgeführt werden,

  • der Arbeitgeber für den begründeten Ausnahmefall eine besondere Unterweisung durchgeführt hat und

  • die Absturzkante für die Personen deutlich erkennbar ist.

4.8.5
Absturzsicherung an Steigleitern

Steigeisen- und Steigleitergänge müssen:

  • ab 5 m möglicher Absturzhöhe mit Einrichtungen für den Einsatz von Steigschutz oder mit durchgehendem Rückenschutz,

  • ab 10 m möglicher Absturzhöhe mit Einrichtungen für den Einsatz von Steigschutz ausgerüstet sein.

ccc_3484_20160201_01.jpgSiehe Technische Regeln für Arbeitsstätten: Arbeitsstättenrichtlinien "Verkehrswege" (ASR A 1.8) und
"Schutz vor Absturz und herabfallenden Gegenständen, Betreten von Gefahrenbereichen" (ASR A 2.1)
DIN 18799, Teil 1 und 2 "Ortsfeste Steigleitern an baulichen Anlagen
DGUV Information 201-014 "Regeln für das Nachrüsten von Steigeisen- und Steigleitergängen mit Steigschutzeinrichtungen an Schornsteinen"

4.8.6
Öffnungen und Vertiefungen

An Öffnungen in Böden, Decken und Dachflächen bis 22,5 ° Neigung sowie Vertiefungen und nicht durchtrittsicheren Abdeckungen müssen Einrichtungen vorhanden sein, die ein Abstürzen, Hineinfallen oder Hineintreten von Personen verhindern.

Als Öffnungen gelten

  • Öffnungen mit einem Flächenmaß ≤ 9 m2

    oder

  • gradlinig begrenzte Öffnungen, bei denen eine Kante ≤ 3 m lang ist.

Dies bedeutet, dass die Öffnungen oder Vertiefungen umwehrt oder begehbar und unverschieblich abgedeckt oder mit tragfähigem Material (z. B. Holz) verfüllt oder ausgefüttert sind.