DGUV Information 250-101 - Leitfaden für Betriebsärztinnen und Betriebsärzte zur Beratung des Unternehmens bei der Gefährdungsbeurteilung

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Abschnitt 2 - Beratung des Unternehmens durch die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt

Die ärztliche Untersuchung von Beschäftigten ist für Betriebsärztinnen und -ärzte selbstverständlich, die Rolle als Berater/Beraterin des Unternehmers oder als Gesundheitsmanager/Gesundheitsmanagerin jedoch oft noch ungewohnt.

Untersuchung und Behandlung des einzelnen Menschen einschließlich einer Beratung zur individuellen Verhaltensprävention liegen Ärztinnen und Ärzten aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung in der Regel näher als eine Beratung und Mitwirkung bei Planung und Umsetzung von Maßnahmen der Verhältnisprävention im Betrieb, die zum Teil auch als Ergebnis aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge resultieren. Arbeitsmedizinische Vorsorge einschließlich der dazugehörigen Untersuchungen ist also nur ein Teilaspekt aus dem breiten Spektrum betriebsärztlicher Kompetenzen und Mittel zur Erreichung eines umfassenderen Ziels des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Die Beantwortung von Fragen der gesundheitlichen Eignung, die vorrangig im Interesse des Betriebes liegen, ist im Einzelfall ebenfalls wesentlich für den betrieblichen Alltag. Bereits das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) von 1973 hat den dort aufgelisteten, aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebenden, Katalog betriebsärztlicher Aufgaben wesentlich breiter gefasst. Beispielsweise wurde mit Inkrafttreten des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) 1996 § 3 Abs. 1 ASiG um die Beurteilung der Arbeitsbedingungen als weitere konkrete Aufgabe für Betriebsärztinnen und -ärzte ausdrücklich ergänzt.

Aufgrund ihrer Fachkunde sind Betriebsärztinnen und -ärzte in hervorragender Weise prädestiniert, den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin und andere für den Arbeitsschutz im Betrieb verantwortliche Personen in allen Fragen des Gesundheitsschutzes einschließlich der Gesundheitsförderung zu beraten und damit zu Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Beschäftigten beizutragen. Diese Tatsache wird von verschiedenen staatlichen Bestimmungen und den Bestimmungen des Arbeitsschutzes der Unfallversicherungsträger zu Recht aufgegriffen.

Im ArbSchG ist die Erstellung und regelmäßige Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung zentrale Aufgabe des Unternehmens. Eine Beteiligung der Betriebsärztinnen und -ärzte und der Fachkräfte für Arbeitssicherheit an der Gefährdungsbeurteilung wird in § 6 Abs. 9 Gefahrstoffverordnung, und § 5 Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung als Option erwähnt, und zwar immer dann, wenn der Betrieb selbst nicht über die erforderliche Fachkunde verfügt. Darüber hinaus sind bei konkreten medizinischen Fragestellungen des betrieblichen Gesundheitsschutzes Betriebsärztinnen und -ärzte zu beteiligen. Auch nach der DGUV Vorschrift 2 "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit" ist der Sachverstand von Betriebsärztinnen und -ärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit unabhängig von der Betriebsgröße gefragt. In Abhängigkeit vom jeweils gewählten Betreuungsmodell der Betriebe muss der betriebsärztliche Sachverstand entweder im Rahmen der Grundbetreuung als Grundbedingung einbezogen werden.

Ergänzend ist der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin bei besonderen Anlässen verpflichtet, sich beispielsweise in Situationen, die sich aus der GB ergeben haben oder Grund für eine erneute Durchführung einer GB sein können, von den vorgenannten Fachkundigen beraten zu lassen.

Nach den DGUV Grundsätzen für arbeitsmedizinische Untersuchungen setzt eine arbeitsmedizinische Beurteilung und Beratung des jeweiligen Beschäftigten die Kenntnis des betrieblichen Tätigkeitsbereiches sowie das Vorliegen einer Gefährdungsbeurteilung voraus, um bei unzureichenden Schutzmaßnahmen dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin entsprechende Vorschläge zur Verbesserung der betrieblichen Gegebenheiten zu unterbreiten. Vorschläge zu einem Tätigkeitswechsel, der ausschließlich mit individuellen medizinischen Ursachen begründet werden, bedürfen zur Mitteilung an den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin der Einwilligung des Beschäftigten.

Betriebsärztinnen und -ärzte werden so zu einem wichtigen und unverzichtbaren Faktor im Prozess der kontinuierlichen Weiterentwicklung des betrieblichen Arbeitsschutzes.

Die Durchführung der GB ermöglicht es, einen Betrieb systematisch und strukturiert kennenzulernen. Eine fundierte GB ist eine wesentliche Grundlage für die betriebsärztliche Tätigkeit. Die Beratung des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin zur Vervollständigung der GB bietet Betriebsärztinnen und -ärzten die Möglichkeit, sich konstruktiv und kooperativ in die Gestaltung des Arbeitsschutzes im Unternehmen einzubringen.

Diese Dienstleistung soll von Betriebsärztinnen und -ärzten daher aktiv angeboten werden. Eine fachlich ausgewogene und kompetente Beratung trägt dazu bei, den Betrieben insbesondere auch in Kleinbetrieben vom Nutzen der betriebsärztlichen Betreuung zu überzeugen.