DGUV Information 207-022 - Bewegen von Menschen im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege; Hilfestellung zur Gefährdungsbeurteilung nach der Lastenhandhabungsverordnung

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Abschnitt 3 - 3 Maßnahmen

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§ 2 (1) LasthandhabV
Der Arbeitgeber hat unter Zugrundelegung des Anhangs geeignete organisatorische Maßnahmen zu treffen oder geeignete Arbeitsmittel, insbesondere mechanische Ausrüstungen, einzusetzen, um manuelle Handhabungen von Lasten, die für die Beschäftigten eine Gefährdung für Sicherheit und Gesundheit, insbesondere der Lendenwirbelsäule mit sich bringen, zu vermeiden.

Hier wird als vorrangiges Schutzziel die Vermeidung von gefährdenden Tätigkeiten genannt - in dieser DGUV Information das Bewegen/die Bewegungsunterstützung von mobilitätseingeschränkten Menschen.

Vermeiden

Es ist von der Unternehmensleitung als erstes zu prüfen, ob sich zur Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) eine Gefährdung verhindern lässt, ob also beispielsweise ein Mensch überhaupt bewegt bzw. bei Bewegung unterstützt werden muss. In der Pflege und Betreuung ist eine Vermeidung jedoch nur dann möglich, wenn die erforderliche Bewegung durch den Menschen selbst ausgeführt werden kann; beispielsweise wenn

  • das selbstständige Anheben eines Körperteiles, wie z. B. eines Beines oder Armes, möglich ist,

  • ein Transfer nicht erforderlich wird, weil der Mensch sich ohne fremde Hilfe vom Bett in den Rollstuhl oder von Trage zu Bett bewegt,

  • der Mensch sich mit dem Rollstuhl oder zu Fuß selbstständig in die Röntgenabteilung oder den Speiseraum begibt,

  • ein Mensch zu Boden gestürzt ist und für das Aufstehen vom Beschäftigten angeleitet wird und beispielsweise lediglich ein Stuhl als Hilfestellung bereitgestellt wird.

Geeignete organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung

Dies sind beispielsweise:

  1. 1.

    Die möglichst genaue Ermittlung der Eigenschaften und Ressourcen des Menschen einschließlich evtl. Maßnahmen zur Verbesserung seines Aktivitätsgrades. Nur so kann vermieden werden, dass Bewegungsunterstützung gegeben wird, die nicht erforderlich ist.

  2. 2.

    Die Qualifizierung der Beschäftigten in der ressourcenorientierten Arbeitsweise (insbesondere ist dabei auch sicherzustellen, dass diese mit der ergonomischen Arbeitsweise und dem Einsatz von Hilfsmitteln verknüpft wird), um den Menschen zu fördern, seine eigenen Ressourcen gezielt einzusetzen.

  3. 3.

    Die Bereitstellung der Hilfsmittel vor Ort im Pflegezimmer, damit diese vom Menschen selbstständig eingesetzt werden können.

  4. 4.

    Die Sicherstellung, dass die Hilfsmittel jederzeit einsatzbereit und funktionsfähig sind. Voraussetzung hierfür ist die regelmäßige Prüfung, Instandhaltung und hygienische Aufbereitung der Hilfsmittel gemäß Herstellerangaben, Betriebssicherheitsverordnung, DGUV Vorschrift 3 und 4 und Medizinproduktebetreiberverordnung.

  5. 5.

    Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Beschäftigten ermöglichen, dem Menschen die erforderliche Zeit zu lassen, sich selbstständig zu bewegen.

  6. 6.

    Die Prüfung von Schnittstellen in der Einrichtung, ob Umlagerungen oder Transfers vermieden werden können, z. B. beim Röntgen, bei Untersuchungen oder einer Therapie vor Ort im Pflegezimmer.

  7. 7.

    Eine ergonomische Umgebungsgestaltung, die dem Menschen das selbstständige Bewegen ermöglicht.

  8. 8.

    Ein regelmäßiges Bewegungsangebot für Menschen zum Erhalt bzw. zur Förderung der Mobilität und zur Sturzprophylaxe.

Geeignete Arbeitsmittel, insbesondere mechanische Ausrüstungen zur Vermeidung

In gewerblichen Einrichtungen geschieht das Vermeiden des Bewegens einer Last z. B. durch Automation oder Einsatz von Maschinen. In der Pflege und Betreuung kommen zum Bewegen/zur Bewegungsunterstützung als Arbeitsmittel bzw. mechanische Ausrüstung verschiedene Medizinprodukte zum Einsatz. Diese werden als Hilfsmittel bezeichnet. Es handelt sich in diesem Zusammenhang um die sogenannten Technischen und Kleinen Hilfsmittel sowie Hilfsmittel zur Positionsunterstützung.

Die Bereitstellung von geeigneten Hilfsmitteln, die die Vermeidung der Gefährdung sicherstellen, muss nach geeigneter Auswahl in ausreichender Anzahl erfolgen. Die Ermittlung der benötigten Art und Anzahl der Hilfsmittel muss auf Basis einer individuellen Gefährdungsbeurteilung im Hinblick auf die Ressourcen des Menschen erfolgen. Das Ziel ist, dass Hilfsmittel selbstständig und personenbezogen verwendet werden können.

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Abb. 2
Bewegungsfreiraum durch die geeignete Größe und Einrichtung des Pflegezimmers

Beispielsweise ermöglicht

  • ein vollelektrisch verstellbares Bett das selbstständige Verstellen des Kopfteils, der Beinhochlagerung oder das Einstellen der Betthöhe, um ohne Hilfe in das Bett ein- oder aus dem Bett aussteigen zu können,

  • ein elektrischer Rollstuhl eine Erweiterung des Bewegungsraums,

  • ein Rutschbrett den selbstständigen Transfer eines nichtstehfähigen Menschen in den Rollstuhl,

  • eine im Bett verbleibende gepolsterte Gleitmatte die selbstständige Positionsveränderung zur Dekubitusprophylaxe,

  • ein Bettzügel das selbstständige Aufrichten zum Sitzen,

  • ein Deckenschienen-Liftersystem den selbständigen Transfer eines Menschen durch einen Raum, auf die Toilette oder sogar durch die ganze Wohnung.

Auf die räumliche und bauliche Gestaltung der Umgebung ist besonders zu achten: diese muss so gestaltet sein, dass der Mensch seine Ressourcen nutzen kann. Dazu zählt beispielsweise

  • Barrierefreiheit,

  • ausreichende Breite von Türen und Fluren,

  • automatisch öffnende Türen oder magnetische Türfeststelleinrichtungen,

  • Bewegungsfreiraum durch geeignete Größe und Einrichtung von z. B. Pflegezimmern,

  • Bodenbeschaffenheit (keine Schwellen, Stolperstellen),

  • automatische Beleuchtung und erreichbare Schalter,

  • die sinnvolle Anbringung von Haltegriffen, z. B. auf der Toilette

  • die Gestaltung des Badezimmers,

  • ausreichende Stellfläche im Pflegezimmer, damit die Hilfsmittel wie z. B. Gehwagen, Rollstuhl und anderes Benötigtes in Griffnähe zur Verfügung stehen.

ccc_3436_180501_01.jpgInformation
Der 2014 vorgestellte neue Expertenstandard nach § 113a SGB XI "Erhaltung und Förderung der Mobilität in der Pflege" benennt als zentrale Ziele die Mobilitätserhaltung und Mobilitätsverbesserung bei pflegebedürftigen Menschen. Darüber hinaus schreibt er der Erhaltung und Verbesserung der Mobilität großes Potenzial für die Gesundheitsförderung und Prävention zu. Dies gilt aus Sicht der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung jedoch nicht nur für die pflegebedürftigen Menschen; je höher der Grad der Selbstständigkeit bei diesen ist, desto besser lassen sich Gefährdungen im Sinne der Lastenhandhabungsverordnung bei den Beschäftigten vermindern oder sogar vermeiden. Dem Prozess des Aushandelns der erforderlichen Unterstützung des einzelnen pflegebedürftigen Menschen mit dem Pflegedienstleister wird schließlich durch die Grenze der Belastbarkeit der Beschäftigten ein zwingend einzuhaltender Rahmen gesetzt.
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§ 2 (2) LasthandhabV
Können diese manuellen Handhabungen von Lasten nicht vermieden werden, hat der Arbeitgeber bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes die Arbeitsbedingungen, insbesondere unter Zugrundelegung des Anhangs, zu beurteilen. Aufgrund der Beurteilung hat der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen zu treffen, damit eine Gefährdung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten möglichst gering gehalten wird.

Hier wird die Unternehmensleitung verpflichtet, sofern eine Vermeidung nicht möglich ist, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Diese bezieht sich auf die Gefährdungen der Beschäftigten durch die Bewegung/die Bewegungsunterstützung von Menschen.

Beurteilung der Arbeitsbedingungen

Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet die Unternehmensleitung im § 5 zu einer Gefährdungsbeurteilung - auch für Gefährdungen des Muskel- und Skelettsystems. Das Pendant zum Arbeitsschutzgesetz auf Seiten der Unfallversicherungsträger ist diesbezüglich die DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention". Ähnlich wie das Arbeitsschutzgesetz regelt diese Vorschrift grundlegende Arbeitsschutzbelange im Betrieb. In beiden Vorschriften ist die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung von zentraler Bedeutung. Diese Forderung ist direkt vollziehbar, also rechtsverbindlich.

Für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung haben die Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung und die Arbeitsschutzbehörden sich auf eine einheitliche Vorgehensweise geeinigt, die aus sieben Schritten besteht (Abb.3).

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Abb. 3
Die sieben Schritte der Gefährdungsbeurteilung

Diese Vorgehensweise eignet sich auch für die Gefährdungsbeurteilung nach der Lastenhandhabungsverordnung. Im ersten Schritt wird ein Arbeitsbereich oder eine Tätigkeit festgelegt. Beispielsweise der Arbeitsbereich: OP, Endoskopie, Pflege, Physikalische Therapie, Radiologie. Oder Tätigkeiten wie beispielsweise: Pflege am Bett, Umlagern, Mobilisation, Therapie im Bewegungsbad. In besonderen Fällen muss die Gefährdungsbeurteilung auch personenbezogen durchgeführt werden, z. B. bei Beschäftigten mit Handicap oder Schwangeren. Im Regelfall wird die Gefährdungsbeurteilung tätigkeitsbezogen bzw. arbeitsaufgabenbezogen durchgeführt.

Im zweiten Schritt werden die auftretenden Gefährdungen ermittelt.

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MSE-relevante Gefährdungsfaktoren sind vor allem physischer, aber durchaus auch psychischer Art. Gefährdungen beim Bewegen/der Bewegungsunterstützung von Menschen können sich unter anderem ergeben aus (vgl. zusätzlich auch den Anhang der LasthandhabV):
  • der baulichen Gestaltung der Arbeitsstätte,

  • der räumlichen Gestaltung des Arbeitsplatzes,

  • den verwendeten oder fehlenden Hilfsmitteln und Arbeitsmitteln,

  • den Eigenschaften des zu bewegenden Menschen,

  • der Arbeitsaufgabe,

  • der Organisation der Arbeitsabläufe,

  • dem Personalschlüssel,

  • der Art der Qualifizierung: Aus-, Fort- und Weiterbildungen der Beschäftigten,

  • der Art der Unterweisung der Beschäftigten,

  • der Art der Arbeitskleidung/der Arbeitsschuhe.

Im dritten Schritt müssen die ermittelten Gefährdungen beurteilt werden. Das heißt, das Gefährdungspotential wird eingeschätzt. Hierfür sind sehr gute Kenntnisse über die vielfältigen Faktoren, die eine Arbeitssituation beeinflussen können, erforderlich. Der Handlungsbedarf für die Unternehmensleitung leitet sich also aus dem Ergebnis der Beurteilung des Gefährdungspotentials der ermittelten Gefährdung und dem daraus entstehenden Gesundheitsrisiko ab.

Methoden zur Einschätzung der Gefährdung beim Umgang mit Gegenständen sind für die Tätigkeiten beim Bewegen von Menschen nicht geeignet.

Besteht Handlungsbedarf - und davon ist bei der Pflege und Betreuung von Menschen auszugehen (siehe Anlage 2: "Gefährdende Tätigkeiten beim manuellen Bewegen von Menschen") - muss die Unternehmensleitung im vierten Schritt Maßnahmen festlegen mit dem Ziel, diese Gefährdungen zu vermeiden oder zu minimieren. Es sind bei der Auswahl der Maßnahmen Prioritäten bei den Belastungen zu setzen, die die höchsten Gefährdungen darstellen. Hilfestellung dazu bietet die Forschungsstudie der BGW zu "Lendenwirbelsäulenbelastungen durch Patiententransfers".

Im fünften Schritt müssen diese Maßnahmen durchgeführt werden. Um im sechsten Schritt die Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen feststellen zu können, sollten die Maßnahmen sich an zuvor festgelegten so konkret wie möglich beschriebenen Zielen orientieren. Sollten die Maßnahmen nicht die erforderliche Wirksamkeit zeigen, also die anvisierten Ziele nicht erreicht werden bzw. die Maßnahmen nicht geeignet sein, muss die Gefährdungsbeurteilung im siebten Schritt fortgeschrieben werden. Es muss analysiert werden, warum die Maßnahmen nicht zielführend waren. Ggfs. müssen die Maßnahmen modifiziert oder andere Maßnahmen durchgeführt werden. Im Einzelfall ist mit Schritt 1 oder 2 neu zu beginnen. Der Prozess wird solange durchlaufen, bis die Gefährdungen so weit als möglich vermieden bzw. minimiert sind. Bei sich ändernden Arbeitsbedingungen, Arbeitsabläufen etc. ist die Gefährdungsbeurteilung anzupassen.

Der Betrieb muss die Gefährdungsbeurteilung dokumentieren und arbeitsplatznah bereithalten.

Diese systematische Vorgehensweise stellt den nachhaltigen Erfolg der getroffenen Maßnahmen sicher.

Geeignete Maßnahmen

Durch das Arbeitsschutzgesetz wird eine Hierarchie für die Durchführung der Maßnahmen festgelegt. Aufgrund der größeren Wirksamkeit ist es entscheidend, dass bei ermittelten Gefährdungen Maßnahmen in der Rangfolge technische vor organisatorischen Maßnahmen und diese wiederum vor personenbezogenen Maßnahmen (T-O-P) gesucht, festgelegt und durchgeführt werden. In der Praxis jedoch sind die Ebenen untrennbar miteinander verbunden und stehen in Wechselwirkung zueinander. Um Muskel- und Skelett-Erkrankungen zu vermeiden beziehungsweise die Gefährdungen hierfür frühzeitig zu erkennen, zu vermeiden oder zu minimieren, muss eine Vielzahl an Maßnahmen auf allen drei Ebenen in Betracht gezogen werden. Kollektive Maßnahmen haben stets Vorrang vor rein personenbezogenen/individuellen Maßnahmen.

Die Vielfalt der Einflussfaktoren bietet die Chance für eine Vielfalt an Lösungsansätzen für Maßnahmen. Dabei ist nicht wichtig, dass der Betrieb möglichst viele Maßnahmen plant und durchführt, vielmehr ist entscheidend, dass er systematisch vorgeht und die geeigneten Maßnahmen festlegt und durchführt. Die Bereitstellung ausreichender finanzieller Ressourcen ist für alle Maßnahmen erforderlich.

Die technische Ebene beinhaltet u. a.:

  • die bauliche Gestaltung,

  • die räumliche Gestaltung der Arbeitsplätze,

  • die Möblierung der Räume,

  • die Fußbodenbeschaffenheit,

  • das Raumklima,

  • die Beleuchtung,

  • die Ausstattung mit Hilfsmitteln.

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Abb. 4
Anlegen eines Liftertuchs im Rollstuhl für das Deckenschienensystem

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Abb. 5
Transfer des Patienten aus dem Bett mit Hilfe eines Deckenschienensystems

Erforderlich ist die Bereitstellung von Hilfsmitteln für alle Situationen, in denen die Gefährdungen durch diese vermieden/minimiert werden können und der Hilfsmitteleinsatz praktikabel ist. Vor allem sind dies Technische und Kleine Hilfsmittel zur Bewegungsunterstützung und Hilfsmittel zur Positionsunterstützung.

Technische Hilfsmittel zur Bewegungsunterstützung wie beispielsweise

  • vollständig elektrisch verstellbare Pflegebetten und ggfs. Spezialbetten,

  • elektrisch verstellbare Transport-/Behandlungsliegen, OP-Lafetten,

  • elektrisch verstellbare Röntgentische/Untersuchungstische,

  • elektrisch verstellbare Wickeltische,

  • vollständig elektrisch verstellbare Lifter - vorzugsweise Deckenschienensysteme - inklusive der erforderlichen Art und Anzahl von Liftertüchern bzw. Gurten für den personenbezogenen Einsatz,

  • vollständig elektrisch verstellbare Positionswechselhilfen,

  • elektrische OP-Patientenumbettschleuse,

  • elektrisch verstellbare Toiletten- und Mobilisationsstühle,

  • Rollstühle,

  • Rollatoren,

  • elektrisch höhenverstellbare Toiletten und Waschtische.

Nur elektrisch verstellbare Technische Hilfsmittel führen zu einer Vermeidung/Reduzierung der körperlichen Belastung der Beschäftigten.

Kleine Hilfsmittel zur Bewegungsunterstützung wie beispielsweise

  • Antirutschmatte,

  • ungepolsterte und gepolsterte Gleitmatten und Gleittücher,

  • Rutschbrett,

  • Haltegürtel,

  • Bettzügel,

  • Rollbrett,

  • Footstool (Bodenerhöhung),

  • Beingurt,

  • Gleithandschuh,

  • Antirutschkissenauflage,

  • Gleit-Strumpfanziehhilfe.

Kleine Hilfsmittel zur Positionsunterstützung wie beispielsweise

  • Schlangen,

  • Halbmondkissen,

  • Universalhörnchen,

  • Entspannungskissen,

  • Rollen zur Mikrounterstützung,

  • anatomische Kopfkissen,

  • Arm-/Beinunterstützungskissen.

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Abb. 6
Bereitstellung und Einsatz von Kleinen Hilfsmitteln: Antirutschmatte, Rutschbrett und Entspannungskissen

Hilfsmittel zur Bewegungs- und Positionsunterstützung unterstützen ggf. gleichzeitig auch ressourcenfördernde/-erhaltende Prozesse.

Die Ermittlung der benötigten Art und Anzahl der Hilfsmittel muss auf Basis der Gefährdungsbeurteilung erfolgen. Jeder Bereich, jede Station, jeder und jede Beschäftigte, jeder pflegebedürftige Mensch ist dabei individuell zu betrachten. Zur Einschätzung des individuellen Bedarfs der pflegebedürftigen Menschen können vorhandene Dokumentationsstrukturen, wie z. B. Patientenakten, genutzt werden. Die Beschäftigten sind bei der Eignungsprüfung und der Auswahl der Hilfsmittel zu beteiligen. Darüber hinaus sollte es einen zentralen Pool mit mindestens jeweils einem der als erforderlich ermittelten Hilfsmittel für einen erweiterten schnellen Zugriff geben.

Folgende Kriterien müssen bei der Ermittlung berücksichtigt werden:

  • Anzahl beispielsweise der Zimmer, Behandlungseinheiten, OP-Säle,

  • Anzahl der Patienten, Bewohner und Bewohnerinnen/Pflegebedürftigen,

  • Größe, Umfang, Gewicht, Körperbild, Alter, Geschlecht, Funktionsstatus/Mobilitätsgrad, Krankheitsbild und kognitive Eigenschaften der Patienten, Bewohner und Bewohnerinnen/Pflegebedürftigen,

  • Personalschlüssel,

  • Einsatzfrequenz,

  • Leistungsgrad und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten,

  • Qualifizierungsgrad der Beschäftigten.

Die Auswahl und Beschaffung muss unter Beachtung des anerkannten Stands der Technik und der aktuellen arbeits- und pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse, beispielsweise Expertenstandards zu Dekubitusprophylaxe, Sturzprophylaxe, Erhaltung und Förderung der Mobilität, erfolgen.

Ausreichende Lager- und Stellfläche muss einsatzortnah, also im Pflegezimmer, mindestens aber auf der Station/im Arbeitsbereich, zur Verfügung stehen, damit ein schneller Zugriff auf die Hilfsmittel möglich ist.

Im Unterschied zur klassischen Sicherheitstechnik, bei der technische Maßnahmen unmittelbar wirksam sein müssen, bedarf es im Bereich der Pflege und Betreuung weiterer Maßnahmen insbesondere auf der organisatorischen Ebene, um die Wirksamkeit der technischen Maßnahmen zu gewährleisten.

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Abb. 7
Ergonomisches und sicheres Schieben eines Pflegebettes mit zwei Pflegekräften

Die organisatorische Ebene

Maßnahmen und Aspekte auf der organisatorischen Ebene, die gleichzeitig auch die Wirksamkeit technischer Maßnahmen unterstützen, sind beispielsweise:

  • die Bereitstellung finanzieller Ressourcen für u. a. Beschaffung/Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, deren Prüfung und Instandhaltung sowie für Qualifizierungsmaßnahmen,

  • ein betriebliches und vernetztes Arbeitsschutz-, Gesundheits- und Qualitätsmanagement,

  • die Gestaltung der Arbeitsabläufe,

  • die Arbeitsorganisation (z. B. Arbeitszeitmodell, Dienstplangestaltung, Aufgabenverteilung),

  • die Pflegeplanung/der Bewegungsplan, der neben Pflege-/Therapieziel auch Mobilität (Anzahl des erforderlichen Personals, benötigten Zeitumfang) und den Hilfsmitteleinsatz berücksichtigt,

  • eine Dienstanweisung/-vereinbarung zum Tragen geeigneter Arbeitsschuhe,

  • eine Dienstanweisung/-vereinbarung zur konsequenten Nutzung von Hilfsmitteln,

  • ein adäquater Personalschlüssel mit einer ausreichenden Anzahl an Fachkräften,

  • Berücksichtigung der körperlichen Verfassung der Beschäftigten,

  • das Reduzieren/Vermeiden von Zeitdruck,

  • die Auswahl, Erprobung, Beschaffung und Anwendbarkeit der Hilfsmittel zum Bewegen bzw. zur Positionsunterstützung von Menschen,

  • die Organisation und Durchführung der Prüfung, Wartung, Instandhaltung und hygienischen Aufbereitung der Hilfsmittel,

  • die Einführung einer sicheren und ergonomischen Arbeitsweise zum Bewegen von Menschen; insbesondere ist dabei auch sicherzustellen, dass die ergonomische mit der ressourcenorientierten Arbeitsweise und dem Einsatz von Hilfsmitteln verknüpft wird,

  • Konzeption einer berufsgruppenspezifischen und berufsgruppenübergreifenden Personalentwicklung einschließlich der erforderlichen Unterweisungen,

  • Hilfsmittel müssen bei Bedarf vor Ort (einsatzortnah, also z. B. im Pflegezimmer) in ausreichender Anzahl, geeigneter Art und hygienisch einwandfrei verfügbar sein, um bevorzugt personenbezogen eingesetzt werden zu können,

  • die Sicherung der Nachhaltigkeit durch die Einführung bzw. Förderung von

    • bereichs-/stationszugeordneten Expertinnen und Experten für die ergonomische Arbeitsweise,

    • bereichsbezogenen Expertinnen und Experten für die Anwendung der Hilfsmittel,

    • betriebsbezogenen verbindlichen Standards zum Bewegen/zur Bewegungsunterstützung von Menschen,

  • Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen (Therapeuten und Therapeutinnen, Ärzte und Ärztinnen, Beschäftigte im Funktionsdienst),

  • die Einführung eines gesundheitsgerechten Schichtsystems (nicht mehr als 4-5 Tage in Folge im Tagesdienst, nicht mehr als 3-4 Tage im Nachtdienst, ausreichend Erholungszeiten und immer vorwärts rollierend beim Schichtwechsel),

  • die adäquate Pausengestaltung und -länge und Sicherstellung der tatsächlichen Einhaltung der Pausen,

  • Bereitstellung eines Pausenraumes,

  • die Personalentwicklung: Etablierung eines Fortbildungsstandards zur Qualifizierung in der ergonomischen Arbeitsweise (Fort- und Weiterbildung, Unterweisung) für alle Berufsgruppen, die mit dem Bewegen/der Bewegungsunterstützung von Menschen befasst sind,

  • die regelmäßige Durchführung der Unterweisungen gemäß Lastenhandhabungsverordnung für alle Beschäftigten, die mit dem Bewegen/der Bewegungsunterstützung von Menschen befasst sind (regelmäßig heißt mindestens einmal im Jahr),

  • die Vernetzung mit anderen Bereichen wie Ausbildungsstätte, Pflege, Therapie, Diagnostik, etc. zur Sicherstellung der einheitlichen Umsetzung des Standards zur ergonomischen Arbeitsweise.

Die personenbezogene Ebene

Maßnahmen auf dieser Ebene sind auf der niedrigsten Stufe in der Hierarchie der Maßnahmen angesiedelt. Interventionen auf der personenbezogenen/individuellen Ebene können niemals zu einer Vermeidung sondern bestenfalls zu einer Minimierung der Gefährdung führen. In der Regel handelt es sich um Aktivitäten, die Beschäftigte in die Lage versetzen sollen, sich sicher - also rückengerecht/ergonomisch - zu verhalten. Häufig führen Betriebe in der Praxis gerade personenbezogene Maßnahmen verstärkt durch - bevorzugt Schulungen und/oder Trainings.

Die Erfahrung zeigt jedoch, dass personenbezogene Maßnahmen den geringsten Wirkungsgrad haben, z. B. weil das Training/die Maßnahme nicht ausreichend intensiv oder nicht geeignet war.

Die Kosten für eine nachhaltige Umsetzung einer Verhaltensänderung sind dagegen jedoch relativ hoch, da sie häufig zeitaufwändig sind. Zudem entstehen Kosten für Ausfall und Ersatz der Beschäftigten sowie für Trainer und ggfs. Räumlichkeiten.

Maßnahmen auf der technischen und der organisatorischen Ebene bedürfen der Ergänzung durch Maßnahmen auf der personenbezogenen Ebene wie Information, Unterweisung, Training, arbeitsmedizinische Vorsorge, etc..

Inhalte sind beispielsweise:

  • die ergonomische und sichere Arbeitsweise beim Bewegen/bei der Bewegungsunterstützung von Menschen,

  • die Nutzung der Ressourcen der zu bewegenden Menschen,

  • das ergonomische und sichere Verhalten beim Bewegen/der Bewegungsunterstützung von Menschen,

  • die Anwendung der Hilfsmittel zum Bewegen/zur Bewegungs- und Positionsunterstützung von Menschen,

  • der Führungsstil und das Vorbildverhalten,

  • die Teamarbeit,

  • die Einschätzung der eigenen Grenzen der Belastbarkeit,

  • die arbeitsmedizinische Vorsorge und Beratung.

Im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung bieten sich der Unternehmensleitung weitere Optionen gezielte Angebote zu etablieren. Hierzu gehören beispielsweise Maßnahmen zur Kräftigung der Muskulatur und zur Erhöhung der körperlichen Fitness, aber auch die Vermittlung von Kenntnissen zum rückengerechten Alltagsverhalten und der gesundheitsförderlichen Lebensweise.

Die Unterweisung über geeignete Arbeitsschuhe und die Bereitstellung geeigneter Arbeitskleidung unterstützen die Prävention von Muskel- und Skelett-Erkrankungen vor allem dann, wenn durch Führungskräfte das Tragen sichergestellt wird - unterstützt beispielsweise durch eine Betriebsvereinbarung.