DGUV Information 250-010 - Eignungsuntersuchungen in der betrieblichen Praxis

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Abschnitt 2.2 - 2 Einstellungsuntersuchungen

Wenn ein zukünftiger Arbeitgeber bzw. eine zukünftige Arbeitgeberin sich nach der Vorauswahl der Bewerbungen für eine Person unter der Bedingung ihrer gesundheitlichen Eignung entschieden haben, können Eignungsuntersuchungen vor deren Einstellung durchgeführt werden, soweit die Bewerberin bzw. der Bewerber in die Untersuchung wirksam einwilligt. In gefährdeten Bereichen können Einstellungsuntersuchungen sinnvoll sein, wenn durch die Feststellung der Eignung vor Aufnahme der Tätigkeit das Risiko von Arbeitsunfällen gesenkt wird. Bei Einstellungsuntersuchungen müssen die Grenzen des Fragerechts nach dem Bundesdatenschutzgesetz (hinsichtlich Gesundheitsdaten ggf. nach § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG) berücksichtigt werden. Ergänzend können ggf. die Hinweise aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bezüglich des Untersuchungsumfangs in entsprechender Anwendung herangezogen werden (vgl. BAG, Urteile vom 7. Juni 1984, 2 AZR 270/83 und vom 1. August 1985, 2 AZR 101/83). Nach dem BAG richtet sich der Umfang des Fragerechts des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin hinsichtlich bestehender Krankheiten danach, ob diese im Zusammenhang mit dem einzugehenden Arbeitsverhältnis stehen. Das Fragerecht der Arbeitgeber umfasst laut BAG daher u. a. folgende Punkte: Liegt eine Krankheit bzw. eine Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes vor, durch die die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit auf Dauer oder in periodisch wiederkehrenden Abständen eingeschränkt ist? Liegen ansteckende Krankheiten vor, die zwar nicht die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, jedoch die zukünftigen Kollegen bzw. Kolleginnen oder Kunden bzw. Kundinnen gefährden?

Das stellenbezogene Anforderungsprofil zu Eigenschaften, Fähigkeiten und Merkmalen einer Bewerberin bzw. eines Bewerbers kann der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin unter Berücksichtigung der Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit und der besonderen Gefahrenlage (insbesondere zum Schutz von Leben und Gesundheit anderer Beschäftigter bzw. Dritter) ggf. in Zusammenschau mit Erkenntnissen aus der Gefährdungsbeurteilung (§ 5 ArbSchG) festlegen. Die Gefährdungsbeurteilung als solche ist keine Rechtsgrundlage für eine Einstellungsuntersuchung. Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung können aber bei der Frage der Erforderlichkeit einer Einstellungsuntersuchung für eine bestimmte Tätigkeit unterstützend herangezogen werden. Aus dem aufgrund dieser Betrachtung festgelegten Anforderungsprofil ergeben sich die spezifischen Untersuchungsinhalte für die beauftragte Ärztin bzw. den beauftragten Arzt.

Im Falle einer Einstellungsuntersuchung kann der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin die Einstellung einer Bewerberin bzw. eines Bewerbers von der Durchführung einer ärztlichen Untersuchung abhängig machen, wenn das Vorhandensein bestimmter gesundheitlicher Voraussetzungen aufgrund der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der sie begleitenden Bedingungen eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme darstellt.

Anamnese und zur Anwendung kommende diagnostische Methoden müssen sich auf die später tatsächlich durchzuführenden Tätigkeiten beschränken.

Geeignet sind Bewerberinnen und Bewerber grundsätzlich dann, wenn sie aufgrund ihrer körperlichen und psychischen Konstitution dazu in der Lage sind, den für sie vorgesehenen Tätigkeiten nachzukommen, ohne dabei sich selbst oder andere zu gefährden. Dispositionen, die erst langfristig zu gesundheitlichen Einschränkungen führen könnten, dürfen grundsätzlich nicht zum Gegenstand einer Einstellungsuntersuchung gemacht werden. Zur Aufklärung über eine eventuelle Selbstgefährdung dient ggf. ergänzend die arbeitsmedizinische Vorsorge nach der ArbMedVV.

Die Bewerberinnen und Bewerber sind vor der Einstellungsuntersuchung darüber zu informieren, worauf sich die Untersuchung und die Einwilligung im Einzelnen erstrecken soll, da eine wirksame Einwilligung der Beschäftigten als medizinische Laien nur möglich ist, wenn sie deren Tragweite erfassen können. Eine mögliche Ansprechperson für die Beauftragung zur Durchführung einer Eignungsuntersuchung sind die Betriebsärztinnen und Betriebsärzte, da diese aus ihren präventiven betriebsärztlichen Aufgaben Arbeitsplatzkenntnisse besitzen. Die Vornahme einer Einstellungsuntersuchung durch andere Ärzte bzw. Ärztinnen ist ebenfalls möglich, soweit ihnen die Anforderungen an die Tätigkeit bekannt sind und sie diese beurteilen können.

Die "DGUV Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen" können für Einstellungs- und sonstige Eignungsuntersuchungen herangezogen werden. Als Empfehlungen eines breiten Kreises von Sachkundigen und von den paritätisch besetzten Selbstverwaltungsgremien der DGUV mitgetragen, geben sie einen Anhalt, welche Untersuchungen und Methoden für bestimmte Fragestellungen in Betracht kommen können. Auch auf Basis dieser Grundsätze muss der Arzt bzw. die Ärztin stets nach pflichtgemäßem ärztlichem Ermessen entscheiden, welche der dort genannten Verfahren im Einzelfall für die Beurteilung der Eignung erforderlich und verhältnismäßig sind.

Die Bewerberinnen und Bewerber können nicht gezwungen werden, sich einer Eignungsuntersuchung zu unterziehen. Es besteht insofern keine Duldungspflicht. Weigern sie sich, bei der Untersuchung in Teilen oder gänzlich mitzuwirken, sollte die beauftragte Ärztin bzw. der beauftragte Arzt für den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin lediglich vermerken, dass aufgrund der Weigerung keine Aussage zur Eignung getroffen werden kann. Im Falle einer Einstellungsuntersuchung bleibt es dann der Verantwortung des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin überlassen, ob er bzw. sie sich dennoch entscheidet, die Bewerberin bzw. den Bewerber einzustellen.

Nach Durchführung einer Untersuchung teilt die beauftragte Ärztin bzw. der beauftragte Arzt dem Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin ausschließlich mit, ob die Bewerberin bzw. der Bewerber für die zu besetzende Stelle geeignet ist. Die Weiterleitung des Untersuchungsergebnisses an den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin kann über die untersuchte Person selbst oder über die beauftragte Ärztin bzw. den beauftragten Arzt erfolgen. Im zweiten Fall sollte von dem oder der Beschäftigten neben der Einwilligung in die Eignungsuntersuchung eine weitere schriftliche und unterschriebene Einwilligung in die Weiterleitung des Untersuchungsergebnisses eingeholt werden.

Keinesfalls dürfen dem Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin ärztlicherseits Diagnosen oder Befunde aus der Untersuchung mitgeteilt werden. Liegt eine wirksame Einwilligung in die Übermittlung von medizinischen Daten nicht vor, droht der Ärztin bzw. dem Arzt eine Bestrafung nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen).

Für Jugendliche, also Personen zwischen 15 und 18 Jahren (ausnahmsweise auch für Kinder ab 14 Jahren), sehen die §§ 32 ff. JArbSchG bei Beginn der Berufsausbildung oder einer längerfristigen Arbeitsaufnahme und danach in jährlichen Abständen eine Jugendarbeitsschutzuntersuchung zwingend vor. Dabei handelt es sich um eine Untersuchung eigener Art, die in erster Linie dem Arbeitsschutz der Jugendlichen dient, darüber hinaus aber auch einen allgemeinen präventiven Ansatz verfolgt. Es handelt sich bei den Jugendarbeitsschutzuntersuchungen daher nicht um Einstellungs-/Eignungsuntersuchungen. Ein grundlegendes Ziel des JArbSchG ist nämlich, Jugendliche am Beginn eines langen Arbeitslebens vor Arbeiten zu schützen, die sie physisch und psychisch gefährden können.