DGUV Information 213-582 - Verfahren zur Bestimmung von Quarz und Cristobalit Von den Unfallversicherungsträgern anerkannte Analysenverfahren zur Feststellung der Konzentrationen krebserzeugender Arbeitsstoffe in der Luft in Arbeitsbereichen

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Abschnitt 4.3 - 4.3 Auswertung unter Berücksichtigung des Korngrößeneinflusses

Quarz

Die analytischen Absorptionsbanden 798 und 779 cm-1 stehen unter einem störenden Einfluss von vielen Mineralen, wenn zur quantitativen Bestimmung der Peakflächen (F) die Basislinie 850 - 720 cm-1 benutzt wird, welche sich über einen weiten Bereich ausdehnt und eventuell in die Anstiegsbereiche anderer Mineralbanden hineinreicht (siehe Abschnitt 4.1). Deshalb wird bei dem im Folgenden beschriebenen Auswerteverfahren mit engeren Basislinienbereichen gearbeitet und die Doppelbande mit den Basislinien 814 - 784 und 788 - 764 cm-1, wie in Abbildung 5 dargestellt, benutzt [3, 4].

In die Untersuchungen wurden industriell hergestellte Quarzmehle aus Sanden und gemahlene Bergkristalle verschiedener Herkunft einbezogen.

Die Quarzbanden sind auch im Partikelgrößenbereich von A-Staub sehr partikelgrößenabhängig; so kann die partikelgrößenbedingte Extinktionsabweichung bei Wahl eines nicht der Partikelgröße in der Probe angepassten Quarzstandards im Extremfall zu relativen Fehlern der Quarzbestimmung von bis zu ± 20 % führen (bezogen auf die Bestimmung der integralen Absorption). Daher wurde eine Funktion ermittelt, die bei Auftragen der auf die Quarzmasse m = 1 mg normierten Extinktionen H (Peakhöhe über Basislinie) und F (Peakfläche) mit (H1 · H2)1/2/mreal gegen ((H1 · H2)/(F1 · F2))1/2 von Quarzen verschiedener Herkunft und Partikelgrößenverteilung (innerhalb der A-Staubfraktion) einen linearen Zusammenhang ergibt (siehe Formel (1)). Hiermit können die Quarzmassen m partikelgrößenunabhängig bestimmt werden (siehe Abbildung 6).

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Abb. 5
IR-Spektrum von Quarz mit Darstellung der Basislinien zur Integration der Quarzdoppelbande
H: Lot Peakspitze-Basislinie
F: Integral (Fläche) über Basislinie in Extinktion (Absorption)

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mreal=analysierte Masse von Quarz in der Probe [mg]
H1, H2=Bandenhöhe Peak 1 und 2 [Absorption des Peakmaximums]
F1, F2=Flächenwert Peak 1 und 2 [integrale Absorption der Peakfläche]
A=Steigung der Regressionsgerade (siehe unten)
B=Achsenabschnitt der Regressionsgerade (siehe unten)

Die Quarzmasse m sollte 1 mg nicht überschreiten.

Die Koeffizienten A (24,218) und B (1,585) berechnen sich aus der Regressionsgeraden der Kalibrierung (Abbildung 6). Sie sind geräte- und software-spezifisch (Integrationsparameter) und können nicht auf andere IR-Geräte übertragen werden; verwendet wurde hier das Bruker Vector 22 mit der Software OPUS 6.

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Abb. 6
Zusammenhänge zwischen Höhen- (H) und Flächenwerten (F) verschiedener Quarze unterschiedlicher Korngrößenverteilungen

Voraussetzung für die Ermittlung der notwendigen Parameter zur Anwendung dieses Auswerteverfahrens ist die Analyse unterschiedlicher Quarzfraktionen mit verschiedenem Median der Kornverteilung zwischen etwa 1,5 und 4 µm. Um möglichst enge Kornverteilungen zu erreichen, können verschiedene Kornfraktionen eines Materials z. B. mittels Kaskadenimpaktor oder Sedimentationsverfahren getrennt werden.

Neben der Herstellung eigener Quarzstaubfraktionen aus industriell eingesetzten Quarzen kann Quarz unterschiedlicher Herkunft, z. B. gemahlener Bergkristall, verwendet werden.

Die Gewinnung eines Quarz-A-Staubstandards aus einem Quarzmehl, z. B. Dörentruper Quarz Nr. 12 (DQ12) oder Sikron SF 600 der Fa. Quarzwerke, Frechen, kann auch durch Aufwirbeln des Quarzmehls mittels eines leichten Luftstromes in einem Gefäß, an das ein Feinstaub-Probenahmegerät MPG II angeschlossen ist, erfolgen (siehe z. B. [10]).

In Partikelgrößenfraktionen unterhalb ca. 1,5 µm enthält der Quarz, bedingt durch Aufmahlprozesse, deutliche Gehalte an amorphem SiO2. Für Kalibrierzwecke müssen sie daher durch eine Natronlaugebehandlung nach Baumann [5, 6] gereinigt werden (Auflösen des amorphen SiO2). Für die Ableitung der Koeffizienten A und B ist eine Quarzstaubfraktion mit mittlerer Korngröße von unter 1,5 µm aber nicht zwingend notwendig.

Eine Kalibrierfunktion ohne Korrektur des Partikelgrößeneinflusses ergibt sich durch Auftragung unterschiedlicher Massen eines Standards definierter Korngrößenverteilung gegen die Extinktionen, so z. B. gegen die geometrischen Mittelwerte von H1 und H2:

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b=Steigung der Kalibrierfunktion

Hier wird ein Quarz-A-Staubstandard (z. B. DQ12 A-Staub) mit einem Mediandurchmesser von ca. 2,2 µm verwendet, der sich im mittleren Bereich der Funktion in Abbildung 6 befindet. Der Faktor F wird definiert als munkorr/mreal. Er gibt die Abweichung der Masse einer Probe bei einer Auswertung mittels einer Kalibrierung ohne Berücksichtigung der Partikelgrößenkorrektur wieder. Der Faktor F ergibt sich zu

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Der Faktor F ist 1, wenn die Extinktionen des verwendeten Quarz-A-Staubstandards eingesetzt werden. Die Faktoren F werden für die Endpunkte der Funktion in Abbildung 6 berechnet (gröbste und feinste Partikelfraktion); damit ergeben sich für den Gültigkeitsbereich der Berechnungsformel Werte zwischen F = 0,6 für die gröbsten Partikel (Median der Kornverteilung 4 µm) und F = 1,4 für die feinsten Partikel (Median der Kornverteilung 0,8 µm). Außerhalb dieser Grenzen ist diese Auswertung nicht anwendbar. Der Faktor F muss somit bei jeder Analyse mit bestimmt werden.

Es ist notwendig, für das jeweils verwendete FTIR-Analysensystem die Berechnungsformel mit Hilfe von partikelgrößenklassierten Quarzstaubfraktionen individuell zu erstellen.

Hinweis: Die Lagerung dieser Presslinge kann zu Eintrübungen der KBr-Tabletten führen, die abweichende Messergebnisse zur Folge haben. Die KBr-Tabletten müssen in diesem Fall vor der Messung gemahlen und neu gepresst werden.

Bei der Quarzanalyse muss jedes Probenspektrum daraufhin überprüft werden, ob die Basislinien Über- bzw. Unterschneidungen in den Flanken der Banden aufweisen. Zur Festlegung der Basislinienpunkte siehe Abbildung 5 und den dazu erläuternden Text. Ist dies der Fall, sollte versucht werden, ob eine Basislinienkorrektur unter Verwendung des gesamten Spektrums mit möglichst vielen Stützstellen Abhilfe schafft. Hierfür bietet die mit den FTIR-Geräten gelieferte Auswertesoftware in der Regel geeignete Möglichkeiten. Die Durchführung einer Basislinienkorrektur erfordert Erfahrung. Sie muss vorab an Beispielspektren mit bekannten Störkomponenten gewonnen werden.

Cristobalit

Ohne Korrektur des Partikelgrößeneffekts sind Fehlbestimmungen der Cristobalit-Masse anhand der Bande bei 621,5 cm-1 von maximal ± 15 % (integrale Extinktion F) möglich. Zur Bestimmung der Cristobalit-Konzentration in A-Stäuben wurde analog zum Quarz eine Formel abgeleitet, welche die Korrektur des Christiansen-Effektes beinhaltet [7]. Sie stellt die Abhängigkeit der Extinktion (Höhen- und Flächenwerte) unterschiedlicher Cristobalit-Proben von ihren mittleren Partikelgrößen und gleichzeitig von der Konzentration dar. Für Cristobalit vereinfacht sich die Formel (1) zur folgenden Formel (4), da nur jeweils eine Absorptionsbande ausgewertet wird:

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mreal=analysierte Masse von Cristobalit in der Probe [mg]
H=Bandenhöhe [Absorption des Peakmaximums]
F=Flächenwert [Integrale Absorption der Peakfläche]
A=Steigung der Regressionsgeraden
B=Achsenabschnitt der Regressionsgeraden

Die Untersuchungen an fraktioniertem Cristobalit SF 6000, SF 3000 bzw. Sepasil (Fa. Quarzwerke, Frechen) haben gezeigt, dass diese Formel für den Bereich der mittleren Partikeldurchmesser von 1 bis 8 µm und bis zu einer Masse von 1,0 mg Cristobalit auf etwa 400 mg KBr anwendbar ist, unabhängig davon, welche der verwendeten Absorptionsbanden (621,5 cm-1 bzw., bei Abwesenheit von Quarz, 794,6 cm-1) zur quantitativen Auswertung eingesetzt wird. Bei Einsatz dieser sehr fein gemahlenen Cristobalite zur Gewinnung von feineren Fraktionen ist eine stärkere Verunreinigung durch amorphes SiO2 im Vergleich zum Quarz zu erwarten. Deswegen werden alle Cristobalit-Feinstaubproben (gewonnen z. B. durch Sedimentation oder Feinstaubsammlung mit dem MPG II) folgender mehrstufiger Reinigung unterzogen:

  • Suspendieren des Cristobalits in Natronlauge (2 N) im Becherglas (dünnflüssige Suspension, z. B. 20 mg Cristobalit in 2 bis 5 ml). Stehenlassen für 15 - 20 Minuten bei 100 °C.

  • nach Erkalten Filtration über einen Cellulosenitratfilter mit 0,45 µm Porenweite und Waschen mit Wasser

  • Neutralisieren der am Cristobalit anhaftenden Natronlauge durch Waschen des beaufschlagten Filters mit verdünnter Salzsäure (ca. 0,01 N)

  • mehrmaliges Waschen der Cristobalit-Fraktion mit Wasser

  • Trocknen im Trockenschrank bei ca. 105 °C

Durch die Natronlaugebehandlung ergeben sich hier zu vernachlässigende leichte Verschiebungen der Mediane der Korngrößenverteilung der Partikelgrößenfraktionen.

Zur Beschreibung des Gültigkeitsbereiches bei realen Proben wurden Soll-Faktoren (f) errechnet. Der Soll-Faktor gibt an, ob der mittlere Partikeldurchmesser einer realen Probe im Bereich der Gültigkeit der Formel zur partikelgrößenkorrigierten Massenbestimmung mreal des Cristobalits liegt. In Tabelle 1 sind für die drei entwickelten Auswertungsmodelle die Werte des Achsenabschnittes B und der Steigung A, die Formeln zur Berechnung des Soll-Faktors sowie seine Gültigkeitsintervalle zusammengefasst.

Üblicherweise wird die von Quarz, Tridymit und amorphem SiO2 ungestörte Bande 621,5 cm-1 zur Auswertung herangezogen.

Bei Störungen im Flankenbereich dieser Bande kann eine alternative Auswertung in dem Auswertebereich 630 - 610 cm-1 benutzt werden, die Ermittlung der Höhen- und Flächenwerte erfolgt nach der Basislinienkorrektur (siehe Abbildung 7). Diese wird in der Regel durch Module der Auswertesoftware, die bei marktüblichen FTIR-Geräten mitgeliefert werden, ermöglicht. Die Durchführung einer Basislinienkorrektur erfordert Erfahrung. Sie muss vorab an Beispielspektren mit bekannten Störkomponenten gewonnen werden.

Tabelle 1
Daten zur Berechnung des Cristobalit-Gehaltes und des Soll-Faktors (Beispiel für das FTIR Bruker Vector 22)

AuswertungsmodellErmittlung der MasseFormel des Soll-FaktorsGültigkeitsintervall des Soll-Faktors
680 - 585 cm-1A = 20,304
B = 0,686
f = (45,31 · H/F) - 1,53 0,77 - 1,21
630 - 610 cm-1A = 23,964
B = 1,320
f = (53,48 · H/F) - 2,95 0,78 - 1,22
900 - 707 cm-1A = 30,817
B = 0,271
f = (43,9 · H/F) - 0,386 0,65 - 1,41

Die Grundlinie verläuft horizontal zur Wellenzahlenachse und wird durch den angegebenen Grundlinienpunkt auf der linken oder rechten Flanke der Absorptionsbande 621,5 cm-1 anhand empirischer Erfahrungen festgelegt (Hinweis: In Abbildung 7 ist die rechte Flanke mit dem fixen Grundlinienpunkt 585 cm-1 das Absorptionsminimum). Die Integrationsgrenzen sind festgelegt auf 630 und 610 cm-1, was etwa den Flankenpunkten der Halbwertsbreite der Absorptionsbande von Cristobalit entspricht. Die Anwendung dieses Auswertungsmodells ist nur unter der Voraussetzung möglich, dass eine der Flanken der Absorptionsbande von Cristobalit bzw. einer der festgelegten Basislinienstützpunkte 680 cm-1 oder 585 cm-1 störungsfrei ist.

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Abb. 7
Darstellung der Integration der basislinienkorrigierten Bande bei 621,5 cm-1 im Falle von Flankenstörungen

Bei der Cristobalit-Analyse muss jedes Probenspektrum daraufhin überprüft werden, ob in den Basislinien an den Flanken der Bande des Cristobalits Überlagerungen mit Banden anderer Phasen auftreten. Liegen diese vor, kann versucht werden, mit einer Basislinienkorrektur unter Verwendung des gesamten Spektrums mit möglichst vielen Stützstellen Abhilfe zu schaffen. Wenn dies keinen Erfolg hat, ist eine Auswertung nicht möglich. In diesem Fall ist auf die röntgendiffraktometrische Analyse auszuweichen.