TRGS 527 - TR Gefahrstoffe 527

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Anhang 1 TRGS 527 - Hinweise auf Nanomaterialien in Produktunterlagen

1
Hinweise anhand von Eigenschaften des Nanomaterials

Insbesondere bei Gemischen und Erzeugnissen, die Nanomaterialien enthalten, ist davon auszugehen, dass zugesetzte Nanomaterialien nicht immer eindeutig spezifiziert sind. Die Informationsermittlung im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung kann durch folgende Quellen unterstützt werden:

  1. 1.

    Produktunterlagen wie z. B. Sicherheitsdatenblätter, Produktdatenblätter, Technische Merkblätter, Produktbeschreibungen, Werbematerialien können durch die Nennung von Begriffen wie "Nano" oder "Nano-Eigenschaften" Hinweise auf die Verwendungen von Nanomaterialien liefern. Diese Dokumente können auch spezifische Materialeigenschaften bezeichnen, die durch den Einsatz von Nanomaterialien hervorgerufen werden können, siehe beispielhafte Auflistung in Tabellen 1-3.

  2. 2.

    Internetbasierte Informationsquellen, die materialtechnische Daten, Anwendungen und aktuelle Informationen zu Nanomaterialien enthalten:

    1. a)

      DaNa2.0 Informationen zu Nanomaterialien und Nano-Sicherheitsforschung

      www.nanopartikel.info/nanoinfo

    2. b)

      Materialtechnologien - Schlüssel für eine nachhaltige Zukunft

      www.technologieland-hessen.de/materialtechnologien

    3. c)
    4. d)

      Nano-Portal: Sicheres Arbeiten mit Nanomaterialien

      http://nano.dguv.de/home/

    5. e)

      EUON European Union Observatory for Nanomaterials

      https://euon.echa.europa.eu/de/

Nennungen von "Nano" oder "Nano-Eigenschaften" in Produktunterlagen bedeuten jedoch nicht zwangsläufig einen Einsatz von Nanomaterialien. So kann "Nano" aus Marketing-Gründen nicht dem Definitionsvorschlag der EU-Kommission entsprechend und abweichend von der Definition von Nanomaterialien verwendet werden. "Nano" kann sich auch auf Materialien mit vielfach größeren Strukturdimensionen als 100 nm beziehen, die sich durch die Bezeichnung "Nano" von einer etablierten Verwendung des Begriffs "Mikro" abgrenzen, z. B. Mikrofasern/Nanofasern. "Nano" kann sich auch auf die Dicke von Dünnschichten, Phasenseparationen in Polymeren oder Porengrößen beziehen. Es sind nicht in allen Produkten, die mit "Nano" ausgezeichnet werden, Nanomaterialien enthalten. Eine Nachfrage zur Bedeutung der verwendeten Bezeichnung "Nano" beim Hersteller ist für die Gefährdungsbeurteilung zu empfehlen.

2
Hinweise anhand von Materialeigenschaften von Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen

2.1
Stoffeigenschaften des Nanomaterials

Physikalisch-chemische Materialcharakteristika von Stoffen in Nanoform können partikelgrößenabhängig verändert sein. Von herkömmlichen Stoffeigenschaften signifikant abweichende Charakteristika können daher Hinweise auf das Vorliegen eines Stoffes in Nanoform geben. Besonders ein verändertes Schmelz-, Sublimations- oder Lösungsverhalten sowie eine erhöhte Reaktivität erscheinen hierfür als geeignet. Dabei ist jedoch auch die Abhängigkeit solcher Eigenschaften von der Zusammensetzung bzw. Reinheit eines Stoffes zu beachten [24].

2.2
Materialeigenschaften von Gemischen und Erzeugnissen

Die in Tabellen 1-3 aufgeführten Materialeigenschaften können u. U. spezifisch für die Verwendung von Nanomaterialien in Gemischen oder Erzeugnissen sein. Wenn Gemische oder Erzeugnisse mit diesen Eigenschaften im Betrieb verwendet werden, sollte daher ermittelt werden, ob die Beschäftigten Tätigkeiten mit Nanomaterialien ausüben und ob bei den Tätigkeiten Nanomaterialien entstehen oder freigesetzt werden können.

Tabelle 1:
Beispielhafte Auflistung von Verarbeitungseigenschaften die auf Nanomaterial hinweisen können

StichwortMöglicher Hinweis auf Nanomaterial
Stabilisierte DispersionHohe Agglomerationsneigung von Nanomaterialien wird typischerweise durch Hilfsmittel unterbunden
Thixotrop strukturviskosNanomaterialien wirken als Rheologieadditiv (Veränderung des Fließverhaltens)
Fließ- bzw. RieselverbesserungNanomaterialien können Agglomerationsneigung pulverförmiger Materialien verringern
staubendlangsam sedimentierende Partikel können auf nanoskalige Anteile hinweisen

Tabelle 2:
Beispielhafte Auflistung von Stichworten zu Zielfunktionen und Produkteigenschaften die auf Nanomaterial hinweisen können

StichwortMöglicher Hinweis auf Nanomaterial
Besondere Optische Eigenschaften
Transparenz DurchsichtigkeitNanoskalige Partikel in Beschichtungen bewirken Transparenz, weil sie das sichtbare Licht nicht streuen
Absorbierend (insbes. UV)z. B. nanoskaliges Titandioxid ist ein gebräuchlicher UV-Absorber
photokatalytische Wirkungz. B. bestimmte Modifikationen von Titandioxid werden für Photokatalyse verwendet
Schmutzabweisend, Abperleffekt, Selbstreinigend, Easy-to-cleanDie notwendige nanoskalig raue Oberfläche wird üblicherweise durch Nanopartikel erzeugt
Hohe mechanische Beständigkeit
Kratzfestigkeitnanoskalige Additive können die Kratzfestigkeit von Lacken verbessern
Verschleißfestigkeit
Schlagzähigkeitnanoskalige Additive können das Sprödbruchverhalten von Kunststoffen verbessern
Bruchfestigkeit
Sonstige (für das Material/Produkt) außergewöhnliche chemische/physikalische Eigenschaften
FlammhemmungModifizierte nanoskalige Tonmineralien (Schichtsilikate) können die Flammfestigkeit von Kunststoffen steigern
AntibakteriellNanoskalige Additive, wie insbesondere Silber und Silberverbindungen, können als antimikrobielle Additive genutzt werden
oberflächenkatalytischUm die katalytischen Eigenschaften von bestimmten Materialien besser auszunutzen, können diese als Nanomaterial mit großen aktiven Oberflächen eingesetzt werden
BarriereModifizierte nanoskalige Tonmineralien (Schichtsilikate) können die Barrierewirkung von Kunststoffen gegenüber Gasen und Flüssigkeiten steigern
Elektrisch leitfähig / antistatischRuß ist in der Regel ein Nanomaterial und wird häufig als Leitadditiv eingesetzt
AdsorptionsvermögenNanomaterialien zeichnen sich üblicherweise durch ein besonders großes Oberfläche-zu-Masse-Verhältnis aus, so dass sie zur Absorption von Chemikalien genutzt werden können
PorositätAggregate von Nanomaterialien können eine hohe Porosität aufweisen

Tabelle 3:
Beispielhafte Auflistung von Stichworten zu Gebrauchseigenschaften

StichwortMöglicher Hinweis auf Nanomaterial
Nicht auswaschbar
Nicht-migrierend
eine Möglichkeit, das Diffundieren von funktionstragenden Additiven (Migration) an die Oberflächen oder aus dem Material heraus (Leaching) zu unterdrücken ist, nanoskalig partikuläre Funktionsadditive einzusetzen. z. B. Nano-Silber, Nano-Titandioxid
Non-leaching

3
Hinweise anhand von Herstellungsverfahren

Stoffe in Nanoform können in verschiedenen Verfahren hergestellt werden. In Tabelle 4 sind Verfahren aufgeführt, die zur Herstellung von Stoffen in Nanoform geeignet sein können.

Tabelle 4:
Verfahren, die zur Herstellung von Stoffen in Nanoform geeignet sein können

Chemische Synthese in der Flüssigphase
FällungsreaktionenSol-Gel-Prozesse
Produktbeispiel: Metallpartikel, z.B. Nanosilberpartikel und -fasernMikrofluidische Prozesse
Superkritische Prozesse
Ultraschall-Prozesse
Chemische Synthese in der Gasphase
Oberflächen-initiierte KristallsyntheseProduktbeispiel: Metallwhisker
Wirbelschicht-Synthese mittels katalytischer Chemical Vapour Deposition (CVD)Produktbeispiel: Carbon Nanotubes (CNTs)
Plasmasynthese in der Gasphase
Plasmachemische SyntheseTrockenätzprozesse der Halbleitertechnik Produktbeispiel: Silica
Atmosphärendruck-HF-Plasmen
Plasmathermische Synthese

Produktbeispiel:
Metall(oxid)ische Nanopartikel
(Al, ZnO, W, WC)
Laserablation
Kathodenzerstäubungsprozesse
Lichtbogenprozesse
Funkenerosion
Drahtexplosion Thermische Zersetzung von metallorganischen Verbindungen, Produktbeispiel: SiC, SiCN, Cu
Thermische Prozesse in der Dampf- oder Gasphase
Thermische Zersetzung in FlammprozessenFlammen-Sprüh-Pyrolyse Produktbeispiel: Ruße, Siliciumdioxid, Titandioxid
Thermische Prozesse in der Flüssigphase
Thermische Zersetzung von Metall-Ölsäure-Komplexen in Lösungsmitteln mit hohem SiedepunktProduktbeispiel: Monodisperse Nanokristalle
Mikrowellen-induzierte Zersetzungsprozesse
Thermische Prozesse an der Festphase oder im Festbett
Zersetzungs- und UmwandlungsprozesseProduktbeispiel: Siliziumkarbid-Fasern aus Reisschalenasche
ExfolierungsprozesseProduktbeispiel: Graphen
Mahlprozesse
HochenergiemahlprozesseProduktbeispiel: Pigmente
KryomahlprozesseProduktbeispiel: Pigmente