Abschnitt 2 - 2 Begriffsbestimmungen
Persönliche Schutzausrüstung gegen die thermischen Auswirkungen eines Störlichtbogens PSAgS
Als Persönliche Schutzausrüstung gegen die thermischen Auswirkungen eines Störlichtbogens (PSAgS) gilt jedes Mittel, das dazu bestimmt ist, von einer Person getragen oder gehalten zu werden und das diese Person gegen die thermischen Gefahren eines Störlichtbogens schützen soll.
Arbeiten
Jede Form elektrotechnischer oder nichtelektrotechnischer Tätigkeit, bei der die Möglichkeit einer elektrischen Gefährdung besteht.
Arbeiten unter Spannung AuS
Jede Arbeit, bei der eine Person bewusst mit Körperteilen oder Werkzeugen, Ausrüstungen oder Vorrichtungen unter Spannung stehende Teile berührt oder in die Gefahrenzone nach VDE 0105-100 gelangt.
Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile
Alle Arbeiten, bei denen eine Person mit Körperteilen, Werkzeug oder anderen Gegenständen in die Annäherungszone nach VDE 0105-100 gelangt, ohne die Gefahrenzone nach VDE 0105-100 zu erreichen.
Arbeitsabstand a
Abstand zwischen Störlichtbogen und dem Körper der Person (Oberkörper), der bei Arbeitshandlungen im betrachteten Arbeitsumfeld wirksam wird.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Der Arbeitsabstand wird in mm angegeben.
Äquivalente Lichtbogenenergie
Schutzpegel der PSAgS WLBS, der sich bei konkretem Arbeitsabstand a und Transmissionsfaktor kT aus dem Prüfpegel WLBP ergibt.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Die äquivalente Lichtbogenenergie wird in kJ oder kWs angegeben.
Anmerkung 2 zum Begriff:
Die äquivalente Lichtbogenenergie wurde in der Ausgabe 2012 dieser DGUV Information mit WLBäbezeichnet.
Bezogene Lichtbogenleistung kP
Verhältnis der Lichtbogenleistung zur Kurzschlussleistung des elektrischen Netzes am Fehlerort. kP berücksichtigt die physikalischen Größen "Lichtbogenspannung" und "Lichtbogenstrom".
Dauerkurzschlussstrom IkDC
stationärer Wert des Kurzschlussgleichstroms bei metallischem Kurzschluss an der Fehlerstelle.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Der Dauerkurzschlussstrom wird in kA angegeben.
Direkte Einwirkenergie Ei0
Je Flächeneinheit einwirkende Wärmeenergie, die vom Störlichtbogen direkt ausgeht.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Die direkte Einwirkenergie wird in kJ/m2 oder kWs/m2(cal/cm2) angegeben. 1
Durchgangsenergie Eit
Einwirkenergie, die bei der Lichtbogeneinwirkung die PSAgS durchdringt; Anteil der direkten Einwirkenergie.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Die direkte Einwirkenergie wird in kJ/m2 oder kWs/m2(cal/cm2) angegeben. 1
Einwirkenergie Ei
Wärmeenergie (Gesamtwärmemenge), die durch einen elektrischen Lichtbogen in einem Wirkabstand auf einer exponierten Oberfläche wirksam wird.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Die direkte Einwirkenergie wird in kJ/m2 oder kWs/m2(cal/cm2) angegeben. 1
Elektrische Anlage
Gesamtheit der elektrischen Betriebsmittel zur Erzeugung, Übertragung, Umwandlung, Verteilung und Anwendung elektrischer Energie.
Elektrodenabstand d
Abstand zwischen den Lichtbogenelektroden.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Der Elektrodenabstand wird in mm angegeben.
Kurzschlussdauer tk
Zeitdauer des Kurzschlusses.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Die Kurzschlussdauer wird in s angegeben.
Kurzschlussleistung Pk (DC-Bereich) bzw. S"k (AC-Bereich)
Fiktive Größe, berechnet als Produkt aus prospektivem Kurzschlussstrom an einer Stelle des Netzes und der Nennspannung (bzw. vereinbarten Versorgungsspannung) des Netzes. Für Drehstromsysteme ist ein Faktor √3 zu berücksichtigen; der Kurzschlussstrom entspricht dem dreipoligen Anfangs-Kurzschlusswechselstrom I"k (VDE 0102 [8]).
Anmerkung 1 zum Begriff:
Die Kurzschlussleistung wird in kVA (AC) , kW (DC) angegeben.
Lichtbogendauer tLB
Zeitdauer des Störlichtbogens.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Die Lichtbogendauer wird in s angegeben.
Lichtbogenenergie WLB
Elektrische Energie, die dem Lichtbogen zugeführt und im Lichtbogen umgesetzt wird.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Die Lichtbogenenergie wird berechnet als die Summe (Integral) über das Produkt aus Momentanwert der Lichtbogenspannung, Momentanwert des Lichtbogenstroms und Zeitdifferential, gebildet über die Lichtbogendauer. Der Lichtbogen ist in Drehstromsystemen im Allgemeinen ein mehrpoliger (meist dreipoliger) Fehler; die Lichtbogenenergie ist hier die Gesamtenergie aller beteiligten Lichtbögen.
Anmerkung 2 zum Begriff:
Die Lichtbogenenergie wird in kJ oder kWs angegeben.
Lichtbogenkurzschlussstrom IkLB
Strom, der während der Lichtbogendauer an der Fehlerstelle tatsachlich (durch den Lichtbogen) fließt.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Der Lichtbogenkurzschlussstrom wird als mittlerer Effektivwert über die Kurzschlussdauer (AC) bzw. Mittelwert über die quasistationäre Kurzschlussphase (DC) bestimmt.
Anmerkung 2 zum Begriff:
Der Lichtbogenkurzschlussstrom wird in kA angegeben.
Lichtbogenleistung PLB
Wirkleistung, die im Lichtbogen umgesetzt wird; Produkt aus Lichtbogenstrom und Lichtbogenspannung.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Die Lichtbogenleistung wird in kW angegeben.
Material
Textilien oder andere Materialien, aus denen die PSAgS hergestellt ist, welche aus einer Lage oder mehreren Lagen bestehen können.
Prospektiver Kurzschlussstrom
Zu erwartender Strom, der fließt, wenn die Fehlerstelle durch einen Leiter mit vernachlässigbarer Impedanz kurzgeschlossen ist (metallischer Kurzschluss der Stromversorgung).
Anmerkung 1 zum Begriff:
Der Prospektive Kurzschlussstrom wird in kA angegeben. Anmerkung 2 zum Begriff:
Es gibt generell einen Unterschied zwischen dem tatsächlichen Lichtbogenkurzschlussstrom und dem prospektiven Kurzschlussstrom. Der tatsächliche Lichtbogenkurzschlussstrom, der während der Lichtbogendauer fließt, ist geringer und schwankt infolge der nichtlinearen Lichtbogenimpedanz, die sich zeitlich unbestimmt ändert.
Prüfpegel WLBP
Elektrische Lichtbogenenergie, die bei einer Prüfung im Box-Test (VDE 0682-306-1-2 [11]) in einer der beiden Störlichtbogenprüfklassen eingestellt ist und zu einer direkten Einwirkenergie Ei0P führt.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Der Prüfpegel wird in kJ oder kWs angegeben.
Prüfstrom IAPC
Prospektiver Kurzschlussstrom des elektrischen Prüfstromkreises (zu erwartender Strom), der zum Einstellen einer Prüfklasse im Box-Test-Verfahren verwendet wird; Effektivwert (symmetrische Wechselstromkomponente).
Anmerkung 1 zum Begriff:
Der Prüfstrom wird in kA angegeben.
Restrisiko
Verbleibendes Risiko einer Personenverletzung durch Störlichtbogeneinwirkung - nach Anwendung der jeweils getroffenen Maßnahmen gegen das Auftreten oder die Auswirkungen von Störlichtbögen.
Das Restrisiko ergibt sich aus der Kombination von
erwarteter Schwere einer Verletzung und der
Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Verletzung
jeweils nach Berücksichtigung der getroffenen Maßnahmen.
R/X-Verhältnis
Verhältnis des ohmschen Widerstands zum induktiven Blindwiderstand des elektrischen Kurzschlussstromkreises.
Schutzpegel der PSAgS WLBS
Lichtbogenenergiepegel, bis zu welchem die PSAgS Schutz vor den thermischen Wirkungen eines Störlichtbogens bietet; Kennwert der PSAgS bei gegebenem Transmissionsfaktor kT und Arbeitsabstand a; entspricht der äquivalenten Lichtbogenenergie.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Der Schutzpegel wird in kJ oder kWs angegeben.
Stoll-Kurve
Zusammenhang zwischen thermischer Einwirkenergie und Expositionszeit, der aus Daten für das Toleranzverhalten der menschlichen Haut bei Hitzeeinwirkung abgeleitet ist und die Grenzen für das Entstehen von Hautverbrennungen zweiten Grades angibt.
Strombegrenzungsfaktor kB
Verhältnis zwischen tatsächlichem Lichtbogenkurzschlussstrom und prospektivem Kurzschlussstrom.
Störlichtbogen
Fehlerhafte Verbindung zwischen leitfähigen Teilen unterschiedlichen Potentials einer elektrischen Anlage in Form einer selbstständigen Gasentladung.
Anmerkung 1 zum Begriff:
In dieser DGUV Information wird der Störlichtbogen als unerwünschtes Fehlerereignis im Falle eines Kurzschlusses betrachtet.
Störlichtbogenschutzklasse APC
Kategorie der thermischen Schutzwirkung von PSAgS gegen die thermischen Wirkungen eines Störlichtbogens, die im Box-Test (nach VDE 0682-306-1-2 [11]) geprüft ist. Die Klassen (APC: Arc Protection Class) sind durch energetische Prüfpegel (WLBP und Ei0P) charakterisiert.
TOP Prinzip
Das TOP-Prinzip bestimmt die Rangfolge der vom Unternehmer zu treffenden Maßnahmen zum Schutz vor Gefährdungen der Beschäftigten: erst technische, dann organisatorische und zuletzt persönliche Maßnahmen.
Technische Maßnahmen
Sicherheitsgerechte Einrichtung und Unterhaltung von Maschinen und Geräten, Betriebseinrichtungen, Arbeits- und Sozialräumen.
Organisatorische Maßnahmen
Regelungen, um Arbeitsvorgänge sicher zu gestalten, z. B. in Betriebsanweisungen und durch Informationen.
Personenbezogene Maßnahmen
z. B. Persönliche Schutzausrüstung, Qualifikation (z. B. Spezialausbildung, Unterweisungen).
Transmissionsfaktor kT
Faktor, der die räumliche Ausbreitung der thermischen Auswirkungen des Lichtbogens im Arbeitsumfeld beschreibt. Er wird durch die Geometrieverhältnisse der Anlage am Arbeitsort bestimmt.
Transmissions- und Expositionsbedingungen
Gesamtheit der Einflüsse auf die Wärmeübertragung durch einen Störlichtbogen.
Anfangs-Kurzschlusswechselstrom I"k
Effektivwert der Wechselstromkomponente des Kurzschlussstroms zu Beginn des Kurzschlusses in einem Wechselstrom- oder Drehstromsystem (AC-System) bei metallischem Kurzschluss.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Der Anfangs-Kurzschlusswechselstrom wird in kA angegeben.
Anmerkung 2 zum Begriff:
In der standardisierten Kurzschlussstromberechnung wird ein maximaler Wert I"k maxund ein minimaler Wert I"k mindes Anfangs-Kurzschlusswechselstroms bestimmt.
Netznennspannung UNn
Spannung zwischen den Leitern, für die ein Netz bestimmt ist, durch die das Netz bezeichnet oder identifiziert wird und auf die sich bestimmte Betriebseigenschaften beziehen.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Die Netznennspannung wird in V angegeben.
Lichtbogenspannung ULB
Mittelwert der Spannung über einem Störlichtbogen, die sich zwischen den Elektroden (Leitern) einstellt.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Die Lichtbogenspannung wird in V angegeben.
Zeitkonstante τ
Maß für die Reaktionszeit des Stromes bei Änderung der Spannung in Abhängigkeit von Verhältnis L/R des Stromkreises.
Anmerkung 1 zum Begriff:
Die Zeitkonstante wird in ms angegeben.
Grenzenergie WLB min
Grenzwert der Lichtbogenenergie (50 kJ) bei dessen Überschreitung die Nutzung von PSAgS erforderlich ist.
Tabelle 2-1 Symbole und Einheiten
Symbole | Einheiten | |
---|---|---|
a | Arbeitsabstand | mm |
d | Elektrodenabstand | mm |
Ei | Einwirkenergie | kJ/m2 oder kWs/m2 + cal/cm2 |
Ei0 | direkte Einwirkenergie | kJ/m2 oder kWs/m2 (cal/cm2) |
Eit | Durchgangsenergie | kJ/m2 oder kWs/m2 (cal/cm2) |
IAPC | Prüfstrom | kA |
Ik | Anfangs-Kurzschlusswechselstrom | kA |
I"kDC | Dauerkurzschlussstrom DC | kA |
IkLB | Lichtbogenkurzschlussstrom | kA |
kB | Strombegrenzungsfaktor | |
kP | Bezogene Lichtbogenleistung | |
kT | Transmissionsfaktor | |
tk | Kurzschlussdauer | s |
t | Zeitkonstante | ms |
R/X | Impedanzverhältnis | |
ULB | Lichtbogenspannung | V |
UNn | Netznennspannung | V |
WLB | Lichtbogenenergie | kJ oder kWs |
WLB min | Grenzenergie | kJ oder kWs |
WLBS | Schutzpegel der PSAgS (äquivalente Lichtbogenenergie) | kJ oder kWs |
WLBP | Prüfpegel | kJ oder kWs |
Pk | Kurzschlussleistung (DC) | kW |
S"k | Kurzschlussleistung (AC) | kVA |
Korrelation:
1 cal/cm2 = 41,868 kJ/m2, 1 kJ/m2 = 0,023 885 cal/cm2