DGUV Information 213-033 - Gefahrstoffe in Werkstätten

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Abschnitt 2.3 - 2.3 Gefahrstoffe bei der zerspanenden Metallbearbeitung

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Abb. 23
Kühlschmierstoffanwendung an einer Drehbank

Gefährdung

Bei Tätigkeiten mit Kühlschmierstoffen können Hauterkrankungen auftreten. Die häufigste Erkrankung durch Kühlschmierstoffe ist die Abnutzungsdermatose an den Händen, die auf die entfettende Wirkung der Kühlschmierstoffe in Verbindung mit hautschädigenden Inhaltsstoffen zurückzuführen ist. Bestimmte Inhaltsstoffe der Kühlschmierstoffe können allergische Hauterkrankungen hervorrufen. Voraussetzung ist meist eine Vorschädigung der Haut. Der ungeschützte Hautkontakt mit Kühlschmierstoff-Konzentraten kann zu akuten Hautreizungen führen.

Durch Einatmen der Kühlschmierstoffdämpfe und -aerosole sind Atemwegserkrankungen möglich.

Zusammensetzung und Definition

Kühlschmierstoffe (KSS) werden bei der spanenden Bearbeitung von zumeist metallischen Werkstücken verwendet und bestehen zumeist aus einer Vielzahl von Komponenten, deren wesentlichste Aufgabe das Kühlen und Schmieren der Bearbeitungsstelle ist.

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Abb. 24
Anforderungen an einen Kühlschmierstoff in Abhängigkeit vom Bearbeitungsverfahren (IFA - Kühlschmierstoff-Portal)

Um diese unterschiedlichen Aufgaben zu erfüllen besteht der Kühlschmierstoff aus verschiedenen Basisflüssigkeiten und enthält zusätzlich noch eine Vielzahl von Additiven. Während des Gebrauches verändert sich der Kühlschmierstoff durch Reaktionsprodukte und eingeschleppte Fremdstoffe und bei wassergemischten Kühlschmierstoffen ist auch noch die mikrobiologische Besiedelung sowie deren Reaktionsprodukte zu beachten.

Informationen zur Zusammensetzung von Kühlschmierstoffen sind nur schwer zu erhalten und zumeist auf die Primärstoffe beschränkt. Eine Kennzeichnungspflicht besteht in der Regel nicht, sodass eine Offenlegung der Rezepturen nicht erwartet werden kann. Die wichtigste Informationsquelle ist im Einzelfall die liefernde bzw. herstellende Firma.

In einem Sicherheitsdatenblatt müssen entsprechend § 5 GefStoffV über die Kennzeichnungs- und Verpackungspflicht nach § 4 GefStoffV und deren Anhang II hinaus die erforderlichen Angaben zum Kühlschmierstoff im Anlieferungszustand vorhanden sein.

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Abb. 25
Zusammensetzung von Kühlschmierstoffen (IFA - Kühlschmierstoff-Portal)

Schutzmaßnahmen

1. Auswahl des Kühlschmierstoffes

Es sollten möglichst nur Kühlschmierstoffe verwendet werden, die keine gesundheitsgefährlichen Komponenten enthalten. Hilfestellung bietet hierzu das "Kühlschmierstoffportal" des IFA.

Es ist empfehlenswert, sich vom herstellenden Betrieb bestätigen zu lassen, dass der Kühlschmierstoff dem aktuellen Stand der Technik entspricht.

2. Prüfung und Pflege des Kühlschmierstoffes

Speziell bei wassergemischten Kühlschmierstoffen ist von besonderer Bedeutung, dass eine Prüfung des Kühlschmierstoffes bei Neuansatz und auch eine Prüfung und Pflege des Kühlschmierstoffes während des Gebrauchs erfolgt. Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass ein Prüfplan für einen Soll-Ist-Vergleich erstellt wird, der mindestens folgende Angaben enthält:

  1. 1.

    wahrnehmbare Veränderungen des Kühlschmierstoffes

  2. 2.

    pH-Wert

  3. 3.

    Gebrauchskonzentration

  4. 4.

    Nitritgehalt des wassergemischten Kühlschmierstoffes

  5. 5.

    Nitratgehalt/Nitritgehalt des Ansetzwassers

Wenn vermutet wird, dass ein mikrobiologisches Problem besteht (Geruch, wahrnehmbare Veränderung des KSS) kann die DGUV Information 209-051 "Keimbelastung wassergemischter Kühlschmierstoffe" herangezogen werden.

Prüfumfang und Ergebnisse der Prüfungen sind nachprüfbar in einem Wartungsbuch zu dokumentieren. Zweckmäßig ist es, einen Wartungsplan über die durchzuführenden Prüfungs-, Pflege- und Reinigungsmaßnahmen zu erstellen. Ein Beispiel für einen Reinigungsplan enthält Tabelle Nr. 11.

Tabelle 11
Reinigungsplan bei Tätigkeiten mit KSS

Betrieb:Prüfplan für wassergemischte KSS
Datum:
Nr.:
Zu prüfende GrößePrüfmethodenPrüfintervalleMaßnahmen, Erläuterungen
1Wahrnehmbare VeränderungenAussehen, GeruchtäglichUrsachen suchen und beseitigen, z. B. Öl abskimmen, Filter überprüfen, KSS belüften
2pH-WertLabormethode: elektro-metrisch mit pH-Meter (DIN 51369)Vor-Ort-Mess-Methode: mit pH-Papier (Spezialindikatoren mit geeignetem Messbereich)wöchentlich 15bei pH-Wert-Abfall:
  • 0,5 bezüglich Erstbefüllung: Maßnahmen gemäß Herstellerempfehlung

  • 1,0 bezüglich Erstbefüllung:
    KSS austauschen, KSS-Kreislauf reinigen

3Gebrauchs-KonzentrationHandrefraktometerwöchentlich 15Methode ergibt bei Fremdölgehalten falsche Werte
4BasenreserveSäuretitration gemäß Herstellerempfehlungbei BedarfMethode ist unabhängig von enthaltenem Fremdöl
5NitritgehaltTeststäbchenmethode oder Labormethodewöchentlich 15
  • 20 mg/l Nitrit:
    KSS-Austausch oder Teilaustausch oder inhibierende Zusätze; sonst muss NDELA im KSS und in der Luft bestimmt werden.

  • 5 mg/l NDELA im KSS:
    Austausch, KSS-Kreislauf reinigen und desinfizieren, Nitrit-Quelle suchen und falls möglich beseitigen

6Nitrat-/Nitritgehalt des Ansetzwassers, wenn dieses nicht dem öffentlichen Netz entnommen wirdTeststäbchenmethode oder Labormethodenach BedarfWasser aus öffentlichem Netz benutzen.
Falls Wasser aus öffentlichem Netz > 50 mg/l Nitrat: Wasserwerk verständigen.
Bearbeiter:Unterschrift:

Schutzmaßnahmen bei dermaler Gefährdung

Um Hauterkrankungen entgegenzuwirken hat der Unternehmer einen Hautschutzplan zu erstellen, in dem die Hautschutz-, Hautreinigungs- und Hautpflegemittel unter Berücksichtigung der verwendeten Kühlschmierstoffe und des Fertigungsablaufes festgelegt sind (siehe DGUV Information 209-022 "Hautschutz an Holz- und Metallbearbeitung" und DGUV Information 212-017 "Auswahl, Bereitstellung und Benutzung von beruflichen Hautmitteln".

Schutzmaßnahmen bei inhalativer Gefährdung

1. Vermeidung von Emissionen

Um Atemwegserkrankungen möglichst zu vermeiden, müssen KSS-Emissionen minimiert werden. Zur Minimierung von KSS-Emissionen sind die in nachfolgender Tabelle Nr. 12 aufgelisteten Basismaßnahmen durchzuführen.

Tabelle 12
Basismaßnahmen bei Tätigkeiten mit KSS

Ursachen für KSS-EmissionenBasismaßnahmen
Ungünstig ausgelegte oder positionierte KSS-ZufuhrDer KSS soll unmittelbar und ununterbrochen (gleichmäßiger Strahl) an die Wirkstelle des Werkzeugs gebracht werden.
Dadurch werden die Reibung gemindert, der Späneabtransport gesichert und eine ausreichende Wärmeabfuhr gewährleistet.
Unzureichender KSS-Volumenstrom oder zu hoher KSS-DruckDer KSS-Volumenstrom soll gemäß VDI 3035:2008-05 bestimmt und optimiert werden (z. B. Mindestwerte einhalten, Druck minimieren). Hier kann ggf. auch eine Anfrage bei der liefernden Firma helfen.
Einschleppen von Fremdölen (Hydrauliköle, offene Schmiersysteme etc.)In nichtwassermischbare KSS eingeschleppte Fremdöle werden irreversibel vermischt. Eine Trennung mit mechanischen Verfahren ist in diesen Fällen nicht möglich. Aus diesen Gründen sollen KSS und Schmieröle aufeinander abgestimmt werden.
In wassergemischten KSS werden Fremdöle mehr oder weniger einemulgiert. Die sich an der Oberfläche absetzende ölige Schicht soll mithilfe von Skimmern und Separatoren abgetrennt werden (VDI 3397 Blatt 2 [14]). Bei Neuanlagen soll eine konstruktive Trennung von Hydraulik-, Schmier- und KSS-Kreisläufen vorgesehen werden. Bei einer Verbrauchsölschmierung ist eine Trennung der Kreisläufe nicht möglich. In diesem Fall sollen Schmierölableitungen installiert werden, die ein Vermischen minimieren können.
Zu hohe Temperatur des umlaufenden KSSGemäß VDI 3035:2008-05 sollen
  • KSS-Behälter ausreichend groß ausgelegt sein,

  • die Wärmeabfuhr über den KSS-Sammelbehälter gewährleistet sein.

  • KSS-Rücklauf, -Zufuhr und Wärmefluss aufeinander abgestimmt sein.


Für wassergemischte KSS sind gemäß TRGS 611 [15] regelmäßige Temperaturkontrollen erforderlich. Verfahrensbedingt sind in einigen Fällen Grenztemperaturen einzuhalten (z. B. 40 °C bei vielen Zerspanungsverfahren). Hier kann ggf. auch eine Anfrage bei der liefernden Firma weiterhelfen. Teilweise ist eine Temperierung des KSS im Umlaufsystem anzuraten.
Verfahrenstechnisch bedingte hohe KSS-Drücke, große KSS-Fördermengen, schnell rotierende Werkzeuge und WerkstückeIn diesen Fällen sollen eingehauste Bearbeitungsmaschinen eingesetzt werden. Spritzabdeckungen genügen meist nicht den Anforderungen, können aber als ergänzende Maßnahme sinnvoll sein.
Undichte Gehäuse und LeitungssystemeLecks müssen umgehend abgedichtet werden.
Verdampfen von KSS an warmen Werkstücken oder SpänenSpäne und Werkstücke sollen möglichst rasch aus dem Arbeitsraum entfernt oder abgedeckt und abgesaugt werden (nicht lagern!).
Verschüttete, verspritzte oder verschleppte KSS im Arbeitsbereich (KSS-Pfützen)Verunreinigungen sollen unter Einsatz von Bindemitteln sofort beseitigt werden.
Offene KSS-Sammel- und -Ablaufstellen insbesondere mit großen OberflächenKSS-Sammel- und -Ablaufstellen sollen soweit wie möglich geschlossen und abgedeckt werden.
Ablagerung von KSS in Bodenwannen, Auffangwannen etc.Boden- und Auffangwannen sollen regelmäßig gereinigt werden.
Ablegen verunreinigter ReinigungstücherReinigungstücher sollen in geeigneten (verschließbaren) und beschrifteten Behältern gesammelt werden.
Abblasen von Werkstücken, Werkzeugen und Maschinen mit DruckluftDie Notwendigkeit dieser Maßnahme sollte überprüft werden. Wenn möglich sollen andere Maßnahmen (z. B. Gummiwischer bei Flachschleifmaschinen) genutzt werden. Das Abblasen kann ggf. in der abgesaugten Maschinenkapselung oder in einer abgesaugten Kabine (Box o. Ä.) durchgeführt werden.

2. Lufttechnische Maßnahmen

Kühlschmierstoff-Dämpfe und -Aerosole müssen erfasst und abgeführt werden. Den besten Schutz bieten gekapselte Maschinen mit Absaugung. Eine weitere Möglichkeit ist eine Absaugung der Nebel und Dämpfe an der Entstehungsstelle. Die Abluft sollte am besten nach außen geführt werden, da eine Abscheidung von Kühlschmierstoffdämpfen nur mit hohen Kosten (Aktivkohle-Filter, etc.) möglich ist.

Die Auslegung lüftungstechnischer Anlagen für Werkzeugmaschinen sowie Hallen in denen Werkzeugmaschinen stehen sollte entsprechend der VDI 3802 Bl. 2:2012-03 erfolgen.

Persönliche Schutzausrüstungen

Bei Tätigkeiten mit Kühlschmierstoffkonzentrat, Bioziden und Systemreinigern sind Augenschutz und Schutzhandschuhe erforderlich. Für das Verdünnen und Abfüllen sollte eine Kunststoffschürze zur Verfügung gestellt werden.

Schutzhandschuhe (z. B. nitrilgetränkte Baumwollhandschuhe) sind zu tragen, wenn an stillgesetzten gekapselten Maschinen gearbeitet wird oder größere Werkstücke ein- und ausgebaut werden, sofern kein Kontakt zu Kühlschmierstoffen besteht.

Wenn der Kontakt zu Kühlschmierstoffen nicht ausgeschlossen werden kann, z. B. bei Reinigungsarbeiten am Kühlschmierstoff-System, sind geeignete Chemikalienschutzhandschuhe einzusetzen.

Achtung: An rotierenden Teilen dürfen keine Handschuhe getragen werden!

Arbeitsmedizinische Vorsorge

Wenn ein regelmäßiger Hautkontakt mit Kühlschmierstoffen nicht vermieden werden kann und vor dem Hintergrund auch des möglichen Hautkontakts mit anderen hautbelastenden Gefahrstoffen in der Werkstatt wird eine arbeitsmedizinische Angebotsvorsorge empfohlen.

Treten bei Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Kühlschmierstoffen außergewöhnliche Hauterscheinungen, wie Juckreiz, Brennen, Rötung, Bläschen oder Schuppung auf, können die Arbeiten mit Kühlschmierstoff-Kontakt weitergeführt werden, wenn mindestens eine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung und ggf. eine arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge durchgeführt wurde.

Die angegebenen Prüfintervalle (Häufigkeit) beziehen sich auf den Dauerbetrieb. Andere Betriebsverhältnisse können zu anderen Prüfintervallen führen