DGUV Information 213-032 - Gefahrstoffe im Gesundheitsdienst

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Abschnitt 16.2 - 16.2 Schutzmaßnahmen

Grundvoraussetzung für den ausreichenden Schutz vor Gefahrstoffen in Laboratorien ist die Erfüllung der Anforderungen der TRGS 526 "Laboratorien", die konkretisiert wird durch die DGUV Information 213-850 "Sicheres Arbeiten in Laboratorien". Zudem sind Maßnahmen des Brandschutzes zu beachten. Berücksichtigt man die Hauptzielgruppe der TRGS 526, chemische Laboratorien mit gefährlicheren Stoffen in größeren Mengen, so ist von einem ausreichenden Schutz auch für medizinische Laboratorien auszugehen, wenn die dort beschriebenen Schutzmaßnahmen eingehalten werden. Ob geringere Schutzmaßnahmen als im chemischen Labor ausreichen, kann individuell im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermittelt werden. Ausführliche Informationen zu Tätigkeiten mit Laborchemikalien geben Eickmann U., Halsen G., Heinemann A. und Wegscheider W. in "Chemische Gefährdungen im Gesundheitsdienst - Hilfestellungen für die Praxis".

Nachfolgend werden einige Aspekte für Schutzmaßnahmen aufgegriffen, die in medizinischen Laboratorien relevant sind. Hinweise zu Informationspflichten, arbeitsmedizinischer Vorsorge und Mutterschutz sind für Tätigkeiten im Labor in Kap. 16 B zusammengefasst.

Substitution

Werden Gefahrstoffe für analytische Zwecke oder im Rahmen der Rezepturherstellung eingesetzt, ist die Substitution oftmals schwierig, da das gesamte Analyseverfahren darauf abgestimmt ist beziehungsweise die ärztliche Verordnung die Verwendung von Stoffen vorgibt. Dennoch ist auch im medizinischen Labor immer zu prüfen, ob weniger gefährliche Stoffe oder Verfahren eingesetzt werden können. Effektiven Schutz gegen Gefahrstoffe bietet zum Beispiel die weitgehende Automatisierung von Arbeitsprozessen in geschlossenen Systemen. Steigende Qualitätsanforderungen fördern diese Entwicklung.

Technische Schutzmaßnahmen

Bau und Ausstattung von chemischen Laboratorien erfolgen standardisiert nach einschlägigen Normen (Beispiele s. DGUV Information 213-850). Diese gelten für alle Arten von Laboratorien und sind im gesamten Umfang insbesondere für chemische Laboratorien mit größeren Gefährdungen konzipiert. Bei Laborarbeiten, wie sie in einer medizinischen Praxis, Apotheken oder einem kleinen klinischen Labor anfallen, kann ausgegangen werden von:

  • geringen Substanzmengen in der medizinischen Analytik,

  • geringen bis geringsten Mengen an gelagerten-Substanzen und

  • oft dem Einsatz automatisierter Verfahren.

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sollten daher normierte Schutzmaßnahmen kritisch diskutiert werden, ob sie eventuell abgeschwächt werden können. Einige Anforderungen der TRGS 526 werden nachfolgend exemplarisch diskutiert:

  • TRGS 526: Laboratorien müssen mit ausreichenden, jederzeit wirksamen technischen Lüftungseinrichtungen ausgerüstet sein. Diskussion: Diese Forderung geht davon aus, dass neben der Abfuhr von Wärme und menschlichen Emissionen deutliche Mengen von Chemikalien freigesetzt werden können. Dies ist aber aus den oben genannten Gründen in medizinischen Laboratorien oft nicht der Fall.

  • TRGS 526: In Laboratorien müssen mit Wasser - möglichst von Trinkwasserqualität - gespeiste Körpernotduschen am Ausgang installiert sein. Diskussion: Notduschen sollen helfen, bei einer großflächigen Kontamination eines oder einer Beschäftigten für eine Verdünnung z. B. von Säuren und eine Reinigung zu sorgen. Dies setzt wiederum voraus, dass entsprechende Chemikalien vorhanden sind und angewandt werden. In kleinen Laboratorien von Arztpraxen oder Apotheken fehlt oft das chemische Material, um die Notwendigkeit entsprechender Dekontaminationen auszulösen. Zudem können Notduschen Kleiderbrände löschen. Eine besondere Brandgefahr besteht jedoch nicht für medizinische Laboratorien.

  • TRGS 526: Besondere Maßnahmen bezüglich der Ausführung elektrischer Anlagen und Betriebsmittel in Laboratorien (Trennung der Stromkreise, Art des Potenzialausgleichs, Anordnung von Schaltern und Steckdosen). Diskussion: Sofern es durch die verwendeten Gefahrstoffmengen oder die notwendigen Reinigungsmaßnahmen zu elektrischen Gefährdungen durch Flüssigkeiten (z. B. Möglichkeiten eines Kurzschlusses, Funkenbildung etc.) kommen kann, erscheinen besondere Maßnahmen angemessen. Dies gilt auch, wenn aufgrund eines Stromausfalles mit entsprechenden Auswirkungen (z. B. Ausfall eines Kühlkreislaufes) eine gefährliche Situation (Durchgehen einer chemischen Reaktion) entstehen könnte. All diese Szenarien entsprechen aber in den meisten (kleinen) Laboratorien des Gesundheitsdienstes nicht der allgemeinen Arbeitspraxis.

  • TRGS 526: Geeignete Abzüge oder Einrichtungen mit vergleichbarer Sicherheit und überprüfter Wirksamkeit. Diskussion: Tätigkeiten, bei denen Gefahrstoffe in gefährlichen Konzentrationen oder Mengen in der Luft am Arbeitsplatz auftreten können, sind in Abzügen oder in Einrichtungen mit vergleichbarer Sicherheit durchzuführen. Dies gilt auch in Laboratorien des Gesundheitsdienstes, wobei hier gefährliche Mengen nur bei bestimmten Tätigkeiten auftreten. Beispiele sind ein offener Umgang mit Stoffen mit besonders hohem Gefährdungspotenzial (z. B. mehr als 0,5 kg CMR-Stoffe) oder das Abfüllen von mehr als 2,5 l brennbarer Flüssigkeiten (Beispiele s. TRGS 526). Sofern zusätzlich Gefährdungen durch Bioaerosole bestehen, sind spezielle Anlagen nach TRBA 100 "Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" erforderlich.

Organisatorische Schutzmaßnahmen

Ebenso wie bei den technischen Schutzmaßnahmen gilt auch bei den organisatorischen Schutzmaßnahmen, dass bestimmte Vorgaben der TRGS 526 in vollem Umfang gelten, andere aber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung angepasst werden können.

  • Die Erstellung einer Betriebsanweisung gem. GefStoffV und TRGS 555 ist uneingeschränkt durchzuführen. Dies gilt auch für die ausreichende Information und Unterweisung der Beschäftigten.

  • Je nach Komplexität der Arbeitsprozesse bietet sich die Erstellung einer allgemeinen Betriebsanweisung ("Laborordnung") an.

  • Die Anforderungen an die Arbeitsorganisation zur Vermeidung von Gefährdungen, insbesondere unter den Schlagwörtern "Ordnung und Sauberkeit, Expositionsbegrenzung und Kennzeichnung" können uneingeschränkt auch im Gesundheitsdienst nachvollzogen werden. Für die vereinfachte Kennzeichnung in Laboratorien kann das Kennzeichnungssystem der DGUV, Arbeitskreis Laboratorien, verwendet werden (s. TRGS 201, Fachwissen-Portal der BGRCI).

  • Ebenso dürfen Arbeiten nur an unterwiesene und befähigte Personen übertragen werden, die in der Lage sind, sicher zu arbeiten.

  • In Laboratorien der Arztpraxen, in kleinen Dentallaboratorien, in den Apothekenlaboren, etc. spricht aus Sicht chemischer Gefährdungen in der Regel nichts gegen eine Alleinarbeit.

  • Ebenso ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine dauernde Überwachung von Prozessen an Arbeitsplätzen notwendig ist, da die Standardarbeiten in den Laboratorien dies nicht notwendig machen.

  • Die Organisation einer Meldekette bei Gesundheitsschäden und von Notfallmaßnahmen (Flucht- und Rettungsplan) sowie von weiteren Notfalldiensten im Einzelfall ist ebenfalls nachvollziehbar und angemessen.

  • Die Maßnahmen der Hygiene, der Ersten Hilfe und Arbeitsmedizin sind uneingeschränkt auf die Laboratorien des Gesundheitsdienstes zu übertragen.

  • Die laborspezifischen Hinweise zum Umfüllen, Entleeren und Transport von Gefahrstoffen sind anzuwenden, sofern im medizinischen Labor Tätigkeiten mit den entsprechend großen Gefahrstoffmengen anfallen.

  • Dies gilt auch bezüglich der Maßnahmen gegen das Freiwerden von Gasen, Dämpfen und Schwebstoffen sowie die notwendigen Maßnahmen im Falle einer Havarie.

Persönliche Schutzmaßnahmen

Die Auswahl der geeigneten Persönlichen Schutzausrüstungen muss den Gefährdungen angepasst erfolgen. Dies gilt für den Handschutz (z. B. Schutzhandschuhe), Schutzkleidung, den Augenschutz, den Atemschutz etc. So wird es viele Arbeitsplätze in medizinischen Laboratorien geben, in denen das Verwenden einer Schutzbrille situativ zu entscheiden ist.