DGUV Information 213-032 - Gefahrstoffe im Gesundheitsdienst

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Abschnitt 6.1 - 6.1 Persönliche Schutzausrüstungen

Selbst wenn die technischen und organisatorischen Maßnahmen ausgeschöpft sind, kann aufgrund der chemischen Belastung durch Hautkontakt oder durch Einatmen der Einsatz von Persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) bei vielen Tätigkeiten notwendig sein. Im Gesundheitsdienst werden am häufigsten Schutzhandschuhe eingesetzt, aber auch Schutzkittel, Overalls, Schürzen und Schutzbrillen.

Schutzhandschuhe werden aus hygienischen Gründen und zum Schutz vor Infektionen getragen. Handschuhe zum Schutz vor Chemikalien (Chemikalienschutzhandschuhe) müssen bei Tätigkeiten mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln, Arzneistoffen oder Arzneimitteln, Lösemitteln und Laborchemikalien verwendet werden. Da Chemikalienschutzhandschuhe an diversen Arbeitsplätzen zum Einsatz kommen, gibt der folgende Abschnitt übergreifende Informationen zu ihrer Verwendung und Auswahl. Spezifische Angaben zu den einzelnen Gefahrstoffgruppen finden sich in dem jeweiligen Kapitel.

Um einen optimalen Schutz zu gewährleisten, müssen Handschuhe immer auf sichtbare Schäden überprüft werden, zum Beispiel auf mögliche Risse, Materialveränderungen, Verhärtungen oder Quellungen im Handschuhmaterial. Es dürfen nur intakte Handschuhe verwendet werden. Dabei ist auch das Mindesthaltbarkeitsdatum der Handschuhe nach Herstellerangaben zu beachten (s. Verordnung (EU) 2016/425).

Eine Kontaminationsgefahr bei der Verwendung von Mehrwegschutzhandschuhen besteht vor allem beim Ausziehen von Schutzhandschuhen, da die Haut mit der Außenseite der Handschuhe in Berührung kommen kann. Das sichere An- und Ausziehen von Chemikalienschutzhandschuhen ist daher zu unterweisen und mit den Beschäftigten zu üben. Die DGUV Information 212-007 "Chemikalienschutzhandschuhe" und Kurzfilme der DGUV (www.dguv.de, Webcode: d111060) veranschaulichen das sichere An- und Ausziehen von Schutzhandschuhen und können für Unterweisungen und Betriebsanweisungen genutzt werden.

Für die jeweilige Tätigkeit sind stets geeignete Handschuhe auszuwählen und diese in der Betriebsanweisung oder einem kombinierten Handschuh-/Hautschutzplan zu dokumentieren. Nur so ist der notwendige Schutz gewährleistet. Medizinische Einmalhandschuhe oder andere Handschuhe sind grundsätzlich keine Chemikalienschutzhandschuhe, wenn sie nicht der Norm DIN EN ISO 374 "Schutzhandschuhe gegen gefährliche Chemikalien und Mikroorganismen" entsprechen. Sie dürfen deshalb nicht bei Tätigkeiten mit Chemikalien eingesetzt werden.

Auswahl geeigneter Schutzhandschuhe

Bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen dürfen nur Chemikalienschutzhandschuhe der Kategorie III mit CE-Kennzeichen, vierstelliger Prüfnummer und dem Erlenmeyerkolben als Symbol verwendet werden (s. Abb. 2). Sie müssen den einschlägigen Vorschriften und Normen (VO EU 2016/425, DIN EN ISO 374, DIN EN 16523-1) entsprechen.

Gefahrstoffe können gegebenenfalls das Handschuhmaterial durchdringen (Permeation) oder es aufquellen lassen (Degradation). Informationen hierzu sind im Sicherheitsdatenblatt zu den Gefahrstoffen zu finden oder bei der Chemikalien- oder Handschuhlieferfirma zu erfragen. Die Auswahl und die maximale Tragedauer der Handschuhe müssen daher abgestimmt auf die verwendeten Arbeitsstoffe und auf das vorgesehene Arbeitsverfahren erfolgen. Einen Universalhandschuh für alle Tätigkeiten im Gesundheitsdienst gibt es nicht. So sind für feinmechanische Tätigkeiten zum Beispiel in der Mikroskopie mit Probenträgern Handschuhstärken von 0,1 mm geeignet, da sie ein ausreichendes Fingerspitzengefühl ermöglichen. Stärkere Chemikalienschutzhandschuhe werden dagegen für eher grobmechanische Tätigkeiten mit intensivem Chemikalienkontakt eingesetzt und bieten in der Regel einen besseren Schutz bei Tätigkeiten von längerer Dauer. Auch die notwendige Länge des Handschuhschaftes hängt vom Arbeitsverfahren ab. Zudem müssen die Handschuhe bequem zu tragen sein und in passenden Größen vorliegen. Ist bei einem oder einer Mitarbeitenden eine Sensibilisierung gegenüber Handschuhinhaltsstoffen bekannt, ist dies bei der Handschuhauswahl zu berücksichtigen.

Weitere Anforderungen und Hinweise enthalten die TRGS 401, die DGUV Information 212-007 "Chemikalienschutzhandschuhe" und die DGUV Regel 112-195 "Benutzung von Schutzhandschuhen".

Die TRGS 401 gibt zum Beispiel folgendes Vorgehen bei der Handschuhauswahl vor:

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Abb. 2
Kennzeichnung von Chemikalienschutzhandschuhen; Quelle: DIN EN ISO 374-1:2018-10

  • Fall 1: Wird in einem Sicherheitsdatenblatt (Abschnitt 8) ein konkretes Handschuhprodukt genannt und stimmen die dort zugrunde gelegten Annahmen zum Verwendungszweck und zu den Verwendungsbedingungen mit der geplanten Tätigkeit überein (es wird z. B. das Konzentrat verwendet), so kann dieses Handschuhprodukt mit den dort genannten Vorgaben genutzt werden.

  • Fall 2: Falls kein Handschuhfabrikat aufgeführt wird, aber ein geeignetes Handschuhmaterial, die notwendige Materialstärke und die maximale Tragedauer bekannt sind, ist ein geeignetes Handschuhfabrikat auszuwählen.

  • Fall 3: Falls ein anderer Verwendungszweck oder andere Verwendungsbedingungen vorliegen (z. B. verdünnte Anwendungslösung oder besonderes Fingerspitzengefühl) als im Sicherheitsdatenblatt vorgesehen, muss ein geeigneter Handschuh in Zusammenarbeit mit der Handschuhhersteller- oder Chemikalienlieferfirma ermittelt werden.

  • Fall 4: Falls nur unzureichende Informationen zur Schutzhandschuhauswahl vorliegen, sind geeignete Informationen bei der Handschuhlieferfirma oder der Chemikalienliefer-firma einzufordern.

Oft fallen an Arbeitsplätzen Arbeiten mit Chemikalien an, die innerhalb von einer Minute erledigt sind. Aufgrund dieser sehr kurzen Expositionszeit kann man in den allermeisten Fällen die Permeation durch die Handschuhe vernachlässigen und folgende Empfehlung geben: Werden diese Tätigkeiten mit chemischen Produkten durchgeführt, bei denen es sich nicht um krebserzeugende, keimzellmutagene, reproduktionstoxische (CMR-)Substanzen (z. B. kein Formaldehyd) handelt und die die Handschuhe nachweislich nicht auflösen oder erkennbar aufquellen lassen, können dafür auch medizinische Nitril-Einmalhandschuhe eingesetzt werden. Durch das Tragen dieser im Gesundheitsdienst immer verfügbaren Handschuhe kann ein vollkommen ungeschützter Hautkontakt vermieden werden. Dies gilt ausschließlich für folgende konkrete Anwendungsfälle:

  • einzelne Desinfektionen von kleinen Flächen (<0,5 m2) mit einem alkoholischen Flächendesinfektionsmittel

  • die Entfernung von Substanzresten von Oberflächen (z. B. einem Tisch)

  • das Handling (z. B. Aceton, Wundbenzin) von geringen Lösemittelmengen (ml)

  • die Arzneimittelgabe direkt an Patienten und Patientinnen

Anschließend sind die Handschuhe zu entsorgen.

Weiter gilt zu beachten, dass Schutzhandschuhe nicht länger als erforderlich getragen werden dürfen. Um ein Aufquellen der Haut durch das Schwitzen in feuchtigkeitsundurchlässigen Schutzhandschuhen zu verhindern, müssen bei längeren Handschuhtragezeiten die Handschuhe gewechselt werden. Die Häufigkeit des Handschuhwechsels ist in der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. In der TRGS 401 wird ein mindestens stündlicher Handschuhwechsel oder das Verwenden von Unterziehhandschuhen aus Baumwolle oder aus anderen Geweben mit entsprechenden Eigenschaften (Saugfähigkeit und Hautverträglichkeit) empfohlen (s. auch Anhang 10).

Bitte beachten Sie: Schutzhandschuhe schützen nicht nur, es können auch Gefährdungen von ihnen ausgehen. Manche Beschäftigte reagieren allergisch auf verschiedene Inhaltsstoffe in Schutzhandschuhen. Wichtige Informationen zu diesem Thema finden Sie in Kapitel 10.