Anhang 4 - Handlungshilfe zum Gefahrstoffmanagement
Für ein gut funktionierendes Gefahrstoffmanagement sind Zuständigkeiten, Rollenverteilungen und Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens zu regeln (siehe auch TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen"). Diese Handlungshilfe macht beispielhaft deutlich, welche Aufgaben sich im Unternehmen durch Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ergeben und wie diese geregelt werden können.
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Aufgaben und Pflichten
Bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffe ergeben sich folgende wesentliche Aufgaben und Pflichten:
Ermitteln der notwendigen Informationen zu den verwendeten Arbeitsstoffen
Führen und Pflegen eines Gefahrstoffverzeichnisses
Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen inkl. Dokumentation
Durchführen der Substitutionsprüfung (Verfahren, Stoffe)
Festlegen geeigneter Schutzmaßnahmen
Umsetzen der Schutzmaßnahmen
Überprüfen der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen
Information und Anhörung der Beschäftigten und ihrer Interessenvertreter (Personal-/ Betriebsrat) (Mitbestimmungsverfahren)
Unterrichten und unterweisen der Beschäftigten
Aktualisieren der Gefährdungsbeurteilung
Ggf. Durchführen der arbeitsmedizinischen Vorsorge/Biomonitoring
Ggf. Führen und Aufbewahren eines Expositionsverzeichnisses bei Gefährdung gegenüber krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorien 1A oder 1B
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Rollen- und Aufgabenverteilung
Alle Aufgaben und Pflichten, die sich aus dem Gefahrstoffrecht ergeben, können letztlich in der Gefährdungsbeurteilung zusammengefasst werden. Die Gefährdungsbeurteilung ist vom Arbeitgeber fachkundig zu erstellen. Verfügen Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so haben sie sich fachkundig beraten zu lassen. Personen, die für die fachkundige Beratung herangezogen werden, müssen die speziellen Anforderungen an die Fachkunde nach Gefahrstoffverordnung erfüllen. Fachkundig können insbesondere die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt sein. Es ist auch eine Aufteilung auf mehrere Personen möglich, neben den genannten zum Beispiel auch auf Hygienefachpersonal, Brandschutzbeauftragte etc.
Zunächst müssen die konkreten Aufgaben, die sich im Unternehmen durch Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ergeben, beschrieben werden. Danach können sie in Abhängigkeit von der gewählten Organisation den Beteiligten schriftlich zugeordnet werden. Für eine erfolgreiche Gefährdungsbeurteilung ist die Verknüpfung von Arbeitsplatz- und Arbeitsschutzwissen wesentlich.
Tabelle 11
Grundsätzliche Rollen- und Aufgabenverteilung
Position | Rolle | Aufgaben |
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Arbeitgeber |
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Abteilungs- bzw. Bereichsleitung |
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Beschäftigter/Beschäftigte |
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Interessenvertretung (Betriebs-, Personalrat, Mitarbeitervertretung) |
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Fachkraft für Arbeitssicherheit |
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Betriebsarzt/Betriebsärztin |
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Weitere Berater/Beraterinnen und Experten/Expertinnen aus angrenzenden Fachbereichen und beteiligten Organisationseinheiten |
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GefStoffV: Gefahrstoffverordnung
ArbmedVV: Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge
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Zusammenwirken der Akteure und Akteurinnen
Anhand von drei der unter Punkt 1 aufgeführten Aufgaben soll beispielhaft verdeutlicht werden, wie Arbeitgeber, Abteilungs-/Bereichsleitung und die fachkundige Person konkret beim Gefahrstoffmanagement zusammenwirken können.
Aufgabe: Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen inkl. Dokumentation
Arbeitgeber:
Sicherstellung der Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung durch geeignete Organisation
Sicherstellung einer angemessenen fachkundigen Beratung und Unterstützung (interne oder externe Personen) entsprechend der Art und Komplexität der zu beurteilenden Tätigkeiten mit Gefahrstoffen
Sicherstellung angemessener Zeitkontingente für die Erledigung der Aufgaben inkl. Fortbildung
Entscheidung über Maßnahmen, die hohe Kosten verursachen (z. B. Messungen durch externe Messinstitute, Haushaltsansätze für technische Schutzmaßnahmen wie Erfassung bzw. RLT-Analgen)
Sicherstellung der Dokumentation und Aufbewahrung von Ermittlungsergebnissen (z. B. Gefahrstoffverzeichnis und ggf. Expositionsverzeichnis)
Zurverfügungstellung aller für die Gefährdungsbeurteilung erforderlichen Informationen an die Arbeitsschutzverantwortlichen und fachkundigen Personen
Sicherstellen der Information und Anhörung der Beschäftigten und deren Interessenvertretungen (Mitbestimmungsverfahren)
Abteilungs-/Bereichsleitung in ihrem Verantwortungsbereich:
Beschreibung der für den Arbeitsbereich typischen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und deren Rahmenbedingungen, z. B. Qualifikation der Beschäftigten
Ermittlung der Gefährdungen, die mit diesen Tätigkeiten konkret verbunden sind, erforderlichenfalls unter Einbeziehung einer fachkundigen Person
Auswahl und Einbeziehung geeigneter Arbeitsschutz- und Arbeitsplatzexperten
Dokumentation und Aufbewahrung von Ermittlungsergebnissen
Ggf. Entscheidung über den Einsatz von Biomonitoring nach arbeitsmedizinischer Beratung
Ggf. Entscheidung über die Notwendigkeit der Durchführung von Messungen durch externe Messinstitute
Ggf. Sicherstellen der Daten für das Expositionsverzeichnis
Fachkundige Person:
Beratung und Unterstützung des Arbeitgebers und der Bereichsleitungen bei der Erstellung und Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung
Erstellen eines Konzeptes für eine ordnungsgemäße Durchführung und Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung
Einbringen der gefahrstoffbezogenen Fachkompetenzen, z. B. Gefahrstoffrecht, toxikologische Eigenschaften von Stoffen, Gefährdungsarten
Auswertung/ Interpretation von Herstellerinformationen
Beschaffung von speziellen externen Informationen über die eingesetzten Produkte und Stoffe, z. B. von Herstellerfirmen oder Behörden, aus Datenbanken oder Literatur
Beurteilung der ermittelten Gefährdungen (Risikobewertung)
Anwendung geeigneter Methoden zur Ermittlung von Art, Ausmaß, Höhe und Dauer der Exposition, z. B. Bewertungskonzepte wie branchenspezifische Handlungsempfehlungen, Expositionsbeschreibungen, EGU, GESTIS-Stoffenmanager®, EMKG, WINGIS, das Gefahrstoffinformationssystem der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau), GISChem
Regelmäßiger Bericht über den Stand der Umsetzung der erforderlichen Schutzmaßnahmen im Rahmen des Arbeitsschutzausschusses
Ggf. Auswertung der arbeitsmedizinischen Vorsorge inklusive der anonymisierten Ergebnisse des Biomonitorings hinsichtlich arbeitsplatzbezogener Erkenntnisse wie Arbeitshygiene und Schutzmaßnahmen (betriebsärztliche Aufgabe nach AMR 6.4)
Ggf. Anwendung geeigneter Messmethoden zur Ermittlung der luftgetragenen Expositionen und der biologischen Parameter
Ggf. Erstellen eines Konzeptes zur Umsetzung der In-formations- und Dokumentationspflichten bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden und keimzellmutagenen Stoffen, z. B. Expositionsverzeichnis
Aufgabe: Substitutionsprüfung
Arbeitgeber:
Sicherstellung der Umsetzung der Substitutionsprüfung durch geeignete Organisation
Entscheidung über den Einsatz von Ersatzstoffen und -verfahren, insbesondere, wenn dadurch grundlegende Umstellungen von Arbeitsverfahren betroffen sind oder Investitionen in erheblichem Umfang verursacht werden
Abteilungs-/Bereichsleitung in ihrem Verantwortungsbereich:
Durchführung der Substitutionsprüfung
Ermittlung geeigneter Ersatzstoffe und -verfahren für die jeweilige Arbeitsaufgabe
Entscheidung über den Einsatz von Ersatzstoffen und -verfahren
Fachkundige Person:
Beratung und Unterstützung bei der Substitutionsprüfung
Anwendung geeigneter Handlungsempfehlungen und TRGS, z.B. TRGS der 600er-Reihe oder Empfehlungen zur Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger (EGU)
Anwendung geeigneter Modelle zur vergleichenden Bewertung von Gefahrstoffen, z. B. GHS-Spaltenmodell, Produktcode
Aufgabe: Erstellung von Betriebsanweisungen/Unterweisung der Beschäftigten
Arbeitgeber:
Sicherstellung der Umsetzung der Informationspflichten nach GefStoffV durch geeignete Organisation
Sicherstellen, dass eindeutige Anweisungen erteilt werden
Abteilungs-/Bereichsleitung in ihrem Verantwortungsbereich:
Erstellung und Pflege von Betriebsanweisungen für die im Arbeitsbereich eingesetzten Gefahrstoffe
Inkraftsetzen der Betriebsanweisungen durch Datum und Unterschrift
Unterweisung der Beschäftigten
Fachkundige Person:
Erstellen eines Konzeptes für die Umsetzung der Informationspflichten
Beratung und Unterstützung bei der Erstellung und Pflege von Betriebsanweisungen
Beratung und Unterstützung bei der Durchführung der Unterweisungen (fachlich, methodisch)
Einbringen der arbeitsmedizinischen Fachkenntnis, z. B. Abschnitt "Erste Hilfe" in der Betriebsanweisung, allgemeine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung und Erläuterung zur arbeitsmedizinische Vorsorge im Rahmen der Unterweisung