DGUV Information 203-059 - Sicherheit beim Betreiben von Wasserkraftwerken

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Abschnitt 4.4 - Zugangswege

4.4.1
Besondere Zugänge

Besondere Zugänge, wie z.B. Lenzgänge (Sickerwasserentwässerungskanäle), Kontrollgänge in Dammbauwerken und unterhalb von Speicherbecken sowie in alten Stollensystemen, werden nur nach vorheriger Anmeldung begangen. Ein geeignetes Freigabesystem ist hierzu eingerichtet. Die besonderen Zugänge verfügen über ein Notrufsystem. Für ausreichende Belüftung, Beleuchtung und Notbeleuchtung (stationär oder mobil) ist gesorgt. Die Gänge sind mit einer ausreichenden Anzahl von Rettungszeichen für Rettungswege und Notausgänge ausgestattet.

Um eine sichere Benutzung von besonderen Zugängen zu Anlagen zu gewährleisten, sollten folgende Voraussetzungen eingehalten werden:

  • Es darf keine Absturzgefahr bestehen.

  • Auch gelegentlich benutzte Auf- und Abstiege sollten als Treppen mit der geringst möglichen Steigung und mit zwei Handläufen ausgeführt werden. Erforderlichenfalls sind Zwischenpodeste einzubauen.

  • Besondere Zugänge sollten eine Breite von mindestens 0,6 m aufweisen.

  • Die Beschaffenheit von Böden und Treppen muss ausreichende Rutsch- und Trittsicherheit gewährleisten.

  • Stoßstellen sind mit schwarz-gelb gekennzeichnetem Kantenschutz auszuführen.

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Abb. 4.4.1.1: Beispielhaft ausgeführte Zugangstreppe zu einem Unterwassersteg. Die Treppe wurde als Ersatz für eine früher installierte Steigleiter eingebaut. Der Zugang für unbefugte Personen ist über eine verschließbare Tür gesichert.

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Abb. 4.4.1.2: Beispiel für einen Treppenabgang zu einer Turbinenanlage

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Abb. 4.4.1.3: Treppenabgang zu einer Absperreinrichtung

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Abb. 4.4.1.4: Instandsetzungsarbeiten an einem unteren Turbinenführungslager. Der Zugang erfolgt über fest eingebaute Treppen, die an den engen Arbeitsraum über Zwischenpodeste angepasst sind.

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Abb. 4.4.1.5: Kontrollgang zum Einlaufbauwerk eines Oberbeckens (Pumpspeicherkraftwerk)

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Abb. 4.4.1.6: Im Rahmen umfangreicher und längerfristiger Bau- und Instandhaltungsarbeiten, bei denen mehrere Personen zum Einsatz kommen, sollte der Zugang zu den Arbeitsplätzen über einen Treppenturm führen.

4.4.2
Steigleitern und Steigeisengänge

Steigleitern und Steigeisengänge sind nur für die gelegentliche, nicht arbeitstägliche, Benutzung geeignet. Sie dürfen nur eingesetzt und benutzt werden, wenn aus baulichen oder betriebstechnischen Gründen der Einbau einer Treppe nicht möglich ist.

In Wasserkraftwerken sind auch Steigeisengänge, insbesondere in Wasser führenden Anlageteilen, verbreitet.

Steigleitern und Steigeisengänge mit einer Gesamtlänge von > 5 m dürfen ab einer Höhe von 3 m nur bei bestehendem Schutz gegen Absturz begangen werden. Der Schutz kann z.B. bestehen aus:

  • einer fest installierten Steigschutzeinrichtung

  • einem temporär eingesetzten Höhensicherungsgerät oder

  • ein mitlaufendes Auffanggerät an beweglicher Führung.

Die Einrichtungen sind jeweils in Verbindung mit einem Auffanggurt zu benutzen.

Die nach wie vor vorhandenen Rückenschutzeinrichtungen schließen Abstürze von Steigleitern nicht vollständig aus. Darüber hinaus stellen sie bei Rettungsmaßnahmen eine erhebliche Behinderung dar. In Wasser führenden Bereichen müssen Rückenschutzeinrichtungen nach Beendigung der Arbeiten demontiert werden.

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Abb. 4.4.2.1: Steigleiter geringer Bauhöhe ohne Einrichtung zum Schutz gegen Absturz. Die nicht bestimmungsgemäße Benutzung ist durch eine Zutrittssperre verhindert.

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Abb. 4.4.2.2: Steigleiter mit Steigschutzeinrichtung. Die Weiche zum Einführen des mitlaufenden Auffanggerätes muss in der geschlossenen Position verriegelt sein.
In Wasser führenden Anlageteilen haben sich fest installierte Steigschutzschienen nicht bewährt. Durch starke Verschmutzungen und Anbackungen ist in kürzester Zeit eine Funktionsfähigkeit nicht mehr gegeben.

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Abb. 4.4.2.3: Benutzung einer Steigleiter mit Sicherung gegen Absturz durch ein Höhensicherungsgerät, das an einem Anschlagpunkt oberhalb der Einsstiegsöffnung befestigt ist. Als Anschlagpunkt kommt eine mobile Einrichtung zum Einsatz, die in Bodenhülsen eingesetzt wird.
Bei der Benutzung einer Steigleiter empfiehlt es sich, das Höhensicherungsgerät mit der vorderen Auffangöse des Auffanggurtes zu verbinden.

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Abb. 4.4.2.4: Einsatz einer festen Steigschutzeinrichtung an einer Steigleiter. Die Steigschutzeinrichtung besteht aus einem gespannten Stahlseil, das nach Beendigung der Arbeiten wieder demontiert werden kann, und dem zugehörigen mitlaufenden Auffanggerät.

Zur Ausführung von Steigeisengängen siehe u.a.

  • Regel "Steiggänge für Behälter und umschlossene Räume" (BGR/GUV-R 177),

  • DIN 1212 "Steigeisen für zweiläufige Steigeisengänge"

  • DIN 1264-1 "Steigeisen für zweiläufige Steigeisengänge; Anforderungen, Prüfungen, Überwachung für Steigeisen zum Einbetonieren oder Einmauern oder zum Einbauen in Betonfertigteile"

  • DIN 1264-2 "Steigeisen für einläufige Steigeisengänge; Anforderungen, Prüfungen, Überwachung"

  • DIN V 19 555 "Steigeisen für einläufige Steigeisengänge; Steigeisen zum Einbau in Beton"

  • DIN 19 549 "Schächte für erdverlegte Abwasserkanäle und -leitungen; Allgemeine Anforderungen und Prüfungen

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Abb. 4.4.2.5: Beispiel für einen Zugangsweg über eine Steigleiter und einen anschließenden Steigeisengang (rechte Abbildung) in den Turbinenraum. Die Absturzsicherung erfolgt durch ein ortsveränderliches kombiniertes Höhensicherungs- und Rettungshubgerät. Die im Beispiel gezeigte Rückenschutzeinrichtung ist im Rettungsfall hinderlich und muss demontiert werden.

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Abb. 4.4.2.6: Begehung eines Steigeisengangs unter Verwendung einer persönlichen Schutzausrüstung (PSA) gegen Absturz. Das PSA-System besteht aus einem Auffanggurt und einem mitlaufenden Auffanggerät an beweglicher Führung. Die Falldämpfung wird durch das Auffanggerät realisiert.

Steigleitern und Steigeisengänge sind in Abhängigkeit der Beanspruchung regelmäßig durch einen Sachkundigen zu prüfen. Die Ergebnisse der Prüfungen sind zu dokumentieren.

Abweichend hiervon sind unter Wasser eingebaute Steigleitern und Steigeisengänge nach dem Ablassen des Wassers vor der Benutzung durch einen Sachkundigen zu prüfen.

Sachkundiger ist, wer auf Grund seiner fachlichen Ausbildung und Erfahrung ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet der zu überprüfenden Steigleitern und Steigeisen hat und mit den einschlägigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, Unfallverhütungsvorschriften und allgemein anerkannten Regeln der Technik (z.B. Regeln der Unfallversicherung, Normen) soweit vertraut ist, dass er den sicheren Zustand von Steigleitern und Steigeisen beurteilen kann.