DGUV Information 203-051 - Sicherheit und Gesundheitsschutz im Abwasserbereich Unterweisungshilfen

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Abschnitt 16 - Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen

Beschäftigte auf abwassertechnischen Anlagen müssen wissen, in welchen Bereichen der Anlagen explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann und wie sie sich bei Arbeiten in diesen Bereichen zu verhalten haben. Diese Arbeitshilfe erläutert dafür erforderliche Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.

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Bild 16.1

bgi-8653_abb01.jpgAus Unfallanzeigen:

  • Bei Wartungsarbeiten kam es zur Verpuffung ausströmenden Faulgases. Der Mitarbeiter zog sich Verbrennungen an beiden Händen zu.

  • In einem abgedeckten Behälter mit ausgefaultem Schlamm kam es zur Explosion.

  • Im Betriebsgebäude einer Kläranlage ist durch Kabelhüllrohre Faulgas in einen Schaltschrank eingeströmt. Dieses wurde durch einen Schaltvorgang gezündet. Hierbei wurde das Gebäude schwer beschädigt.

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Bild 16.2

bgi-8653_abb02.jpgGefährdungen:

  • Bei Explosionen treten Flammen, hohe Temperaturen, vielfach auch hohe Drücke bzw. Druckanstiegsgeschwindigkeiten auf.

  • Es können Personen verletzt, Gebäude oder Anlagenteile zerstört und weitere brennbare Stoffe in Form von Folgebränden entzündet werden.

  • Gefährdungen bestehen insbesondere durch Gase und Dämpfe in gefahrdrohender Menge und Konzentration, z.B.:

    • durch Stoffe, die von außen in abwassertechnische Anlagen eingebracht werden, z.B.

      • durch unerlaubtes Einleiten brennbarer Flüssigkeiten,

      • durch Eindringen von brennbaren Flüssigkeiten, Dämpfen und Gasen nach Störungen oder Unfällen,

    • durch Stoffe, die durch biologische Vorgänge entstehen, z.B. durch den Faulprozess entstehendes Methan,

    • durch chemische Reaktion entstehende Gase und Dämpfe, z.B. beim Vermischen von Abwässern.

  • Explosionen mit gefährlichen Auswirkungen können auftreten, wenn folgende Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:

    • feinste Verteilung brennbarer Stoffe,

    • Konzentration brennbarer Stoffe in Luft innerhalb ihrer Explosionsgrenzen,

    • gefahrdrohende Menge explosionsfähiger Atmosphäre,

    • wirksame Zündquelle.

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Bild 16.3

Zündgefahren:

  • Zündquellen werden in ihrer Wirkung häufig unterschätzt oder nicht erkannt, z.B.:

    • Rauchen, Handy,

    • offene Flamme, heiße Oberflächen,

    • Funken durch elektrische Ströme,

    • Funken infolge elektrostatischer Entladung,

    • Schlag- und Reibungsfunken.

bgi-8653_abb03.jpgSchutzziel:

Verhinderung von Explosionen durch folgende Maßnahmen:

  1. 1.

    Die Bildung einer gefährlichen Menge explosionsfähiger Atmosphäre vermeiden.

  2. 2.

    Die Zündung einer explosionsfähigen Atmosphäre vermeiden.

bgi-8653_abb04.jpgWeitere Informationen:

  • Unfallverhütungsvorschrift "Abwassertechnische Anlagen" (BGV/GUV-V C5)

  • Regel "Explosionsschutz-Regeln" (EX-RL) (BGR/GUV-R 104)

  • Unfallverhütungsvorschrift "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz" (BGV/GUV-V A8)

  • Technische Regel für Arbeitsstätten "Sicherheits- und Gesundheitskennzeichnung" (ASR A1.3)

  • Regel "Sicherheitsregeln für Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen" (BGR/GUV-R 126)

  • Betriebssicherheitsverordnung und die dazugehörigen technischen Regeln

  • Information "Beispielsammlung Explosionsschutzmaßnahmen bei der Arbeit im Bereich von abwassertechnischen Anlagen" (BGI 5033 bzw. GUV-I 8594)

bgi-8653_abb05.jpgExplosionsgefährdete Bereiche

Anforderungen an bauliche Anlagen:

  • Abwassertechnischen Anlagen müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass Gefahren durch gefährliche explosionsfähige Atmosphäre vermieden sind.

  • Für die Beurteilung, ob gefährliche explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann, sowie für die Auswahl und Durchführung von Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Gefahren sind die Regel "Explosionsschutz-Regeln" (EX-RL) (BGR/GUV-R 104) und die Information "Beispielsammlung Explosionsschutzmaßnahmen bei der Arbeit im Bereich von abwassertechnischen Anlagen" (BGI 5033 bzw. GUV-I 8594) heranzuziehen.

  • Durch bauliche Maßnahmen sowie durch natürliche oder technische Lüftung kann eine Einschränkung der explosionsgefährdeten Bereiche erreicht werden.

  • Bauliche Maßnahmen sind z.B.

    • räumliche Trennung der Ex-Bereiche von anderen Bereichen, die nicht explosionsgefährdet sind,

    • genügend gasdichte Wände aus nicht brennbarem Material. Um die Ausbreitung explosionsfähiger Atmosphäre zu verhindern, gelten als genügend gasdicht z.B. Ziegelsteinwände, die beidseitig verputzt sind oder Stahlbetonwände.

  • Gasführende Anlagenteile müssen technisch dicht sein. Durch Instandhaltung und Überwachung muss dieses ständig gewährleistet sein.

  • Räume über Erdgleiche, die der Zone 2 zugeordnet werden, können von angrenzenden Räumen durch selbstschließende Türen abgetrennt sein. Der Selbstschließmechanismus muss immer wirksam bleiben.

Zusätzliche Schutzmaßnahmen:

  • Bei der Festlegung der Explosionsschutzmaßnahmen sind Maßnahmen des primären Explosionsschutzes vorrangig durchzuführen. Dies gilt z.B. für Einlaufbauwerke.

  • Kann in abwassertechnischen Anlagen die Bildung von explosionsfähiger Atmosphäre nicht sicher verhindert werden, muss durch zusätzliche Schutzmaßnahmen die Zündung der explosionsfähigen Atmosphäre vermieden sein.

  • Zusätzliche Schutzmaßnahmen können z.B. durch ortsfeste Gaswarngeräte (Bild 16.4) bei Erreichen festgelegter Konzentrationen ausgelöst werden, z.B.:

    • bei 10 % UEG Voralarm, Einschaltung der technischen Lüftung, Öffnen der Tore,

    • bei 50 % UEG Einleitung von Notfunktionen, z.B. durch Abschalten von nicht explosionsgeschützten Anlagenteilen.

  • Explosionsgefährdete Bereiche müssen regelmäßig durch befähigte Personen auf ihren sicheren Zustand geprüft werden. Hierzu gehört u.a. die Prüfung der Dichtheit von Anlagen.

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Bild 16.4

bgi-8653_abb05.jpgEx-Zonen-Plan/Explosionsschutzdokument

Ex-Zonen:

  • Explosionsgefährdete Bereiche werden nach der Wahrscheinlichkeit des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre in Zonen eingeteilt.

  • Für Bereiche, die durch Gase, Dämpfe oder Nebel explosionsgefährdet sind, gilt:

    • Zone 0

      ist ein Bereich, in dem gefährliche explosionsfähige Atmosphäre als Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln ständig, über lange Zeiträume oder häufig vorhanden ist.

    • Zone 1

      ist ein Bereich, in dem sich bei Normalbetrieb gelegentlich eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre als Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln bilden kann.

    • Zone 2

      ist ein Bereich, in dem bei Normalbetrieb eine gefährlich explosionsfähige Atmosphäre als Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln normalerweise nicht oder aber nur kurzzeitig auftritt.

Explosionsschutzdokument:

  • Die konkreten vor Ort durchzuführenden Explosionsschutzmaßnahmen können den Explosionsschutzdokumenten entnommen werden.

Ex-Zonen-Plan:

  • Explosionsgefährdete Bereiche in Abwasserbehandlungsanlagen sind in einem Ex-Zonen-Plan (Bild 16.5) einzuzeichnen.

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Bild 16.5

Beispielsammlung zu den "Explosionsschutz-Regeln" (EX-RL)

  • Als Entscheidungshilfe bei der Auswahl von Schutzmaßnahmen für die Vermeidung von Explosionsgefahren dient die Information "Beispielsammlung Explosionsschutzmaßnahmen bei der Arbeit im Bereich von abwassertechnischen Anlagen" (BGI 5033 bzw. GUV-I 8594)

bgi-8653_abb05.jpgVerhaltensregeln in explosionsgefährdeten Bereichen

Hinweise:

  • Explosionsgefährdete Bereiche sind durch Warnzeichen und Verbotszeichen zu kennzeichnen (Bild 16.6).

  • Explosionsgefahr für die Dauer der Arbeiten nach Möglichkeit durch Maßnahmen des primären Explosionsschutzes z.B. Lüftung, Inertisierung vermeiden.

  • Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen nur entsprechend der vorhandenen Dienst- oder Betriebsanweisungen ausführen z.B.

    • festgelegte Lüftungsmaßnahmen durchführen.

  • Zur Feststellung, ob explosionsfähige Atmosphäre vorhanden ist, müssen kontinuierlich Freimessungen durchgeführt werden.

  • Geräte, die z.B. für Wartungsarbeiten in explosionsgefährdete Bereiche eingebracht werden (z.B.: mobile Leuchten, Pumpen etc.) müssen, sofern im Explosionsschutzdokument unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung nichts anders vorgesehen ist, für die vorliegende Zone geeignet sein.

  • In explosionsgefährdeten Bereichen der Zone 0 und 1

    • darf nur ableitfähiges Schuhwerk mit einem Ableitwiderstand der Person gegen Erde von höchstens 108 Ohm getragen werden,

    • dürfen nur ableitfähige Handschuhe getragen werden (statische Elektrizität),

    • darf Arbeitskleidung oder Schutzkleidung nicht gewechselt, nicht aus und nicht angezogen werden.

  • Für Arbeiten, die mit besonderen Gefahren verbunden sind, sind zusätzlich Erlaubnisscheine erforderlich. Dies gilt insbesondere für Arbeiten mit Zündgefahren.

  • Den Aufenthalt in explosionsgefährdeten Bereichen nur auf die Dauer der dort auszuführenden Arbeiten beschränken.

  • Mögliche Zündquellen beseitigen.

  • Rauchverbote einhalten

  • Für den Brandfall besteht ein Alarmplan, in dem die notwendigen Maßnahmen und Verhaltensweisen festgelegt sind.

  • Fluchtwege, Rettungswege und Feuerlöscheinrichtungen freihalten.

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Bild 16.6