DGUV Information 213-030 - Gefahrstoffe auf Bauhöfen

Online-Shop für Schriften

Jetzt bei uns im Shop bestellen

Jetzt bestellen

Abschnitt 2.3 - 2.3 Sonstige Gefahrstoffe auf dem Bauhof

2.3.1
Farben, Lacke, Verdünner

ccc_1972_as_37.jpg

Abb. 16
Anwendung von Lacken im Handanstrich

Im Bauhofbereich werden vielfältige Reparaturarbeiten durchgeführt, bei denen Farben, Lacke und Verdünner eingesetzt werden. Die Hauptgefährdung bei Tätigkeiten mit diesen Produkten geht von den Lösemittelanteilen aus.

Auskunft über die gefährlichen Eigenschaften der Produkte geben die Kennzeichnung der Gebinde, die Sicherheitsdatenblätter sowie die GISCODES. Anhang 7 enthält eine Liste der für diese Produktgruppe festgelegten GISCODES.

Am häufigsten finden auf dem Bauhof folgende lösemittelhaltigen Produkte Verwendung:

  • Farben und Lacke enthalten unterschiedlich hohe Anteile an entzündbaren Lösemitteln. Auch wasserverdünnbare Farben und Lacke enthalten geringe Anteile an meist schwerflüchtigen Lösemitteln. Je höher die Flüchtigkeit der enthaltenen Lösemittel ist, umso schneller trocknet eine Farbe oder ein Lack - umso höher ist aber auch die kurzzeitig auftretende Konzentration an Lösemitteldämpfen in der Atemluft.

  • Nitroverdünnung ist ein leichtflüchtiges, entzündbares Lösemittelgemisch. Typische Bestandteile sind: Aceton, Butanol, Ethylacetat, Naphtha, Toluol und Xylol

  • Terpentin(öl)ersatz findet ebenfalls als Verdünnungsmittel Verwendung. Wesentliche Bestandteile sind höhersiedende aliphatische Kohlenwasserstoffe (Testbenzin) mit geringen Anteilen aromatischer Kohlenwasserstoffe, wie z. B. Xylol.

  • Kleber (Verlegewerkstoffe) bestehen aus Klebrohstoffen, wie Harze oder natürliche oder synthetische Polymere, aus Weichmachern und Lösemitteln. Wesentliche Lösemittelbestandteile sind Xylol, Butanol, Ethylacetat.

Viele Lösemittel sind leichtflüchtig. Da ihre Dämpfe schwerer als Luft sind, reichern sie sich in Bodennähe und Vertiefungen aller Art, z. B. Arbeitsgruben, an und können dort zündfähige Gemische bilden. Dies ist bei der Installation von Absaugeinrichtungen zu berücksichtigen.

Verdampft z. B. 1 ml entzündbare Flüssigkeit, kann sich 10 000 ml (10 l) explosionsfähige Atmosphäre in der Umgebungsluft bilden! Dies ist zum Beispiel bei Arbeiten mit entzündbaren Lösemitteln in kleinen Räumen mit schlechter Lüftung oder bei der Lagerung von Leergebinden zu bedenken.

Entzündbare Flüssigkeiten dürfen daher am Arbeitsplatz nur in den für den Fortgang der Arbeit erforderlichen Mengen bereitgehalten werden. Das Lagern in Arbeitsräumen ist nur gestattet, wenn die Lagerbedingungen entsprechend den Anforderungen des Kapitels 1.9.3 dieser DGUV Information entsprechen.

Lösemittel können dampfförmig über die Atemwege oder durch unmittelbaren Hautkontakt in den Körper gelangen. Die schädigende Wirkung auf die Atemwege und das zentrale Nervensystem hängt von der Konzentration in der Atemluft, der Dauer und der Häufigkeit der Stoffeinwirkung ab. In hohen Konzentrationen können auch Leber, Nieren und Knochenmark geschädigt werden. Symptome einer Lösemitteleinwirkung können Augenreizungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit und in hohen Dosen narkotische Wirkung sein.

Lösemittel wirken auf die Haut entfettend. Sie können die schützende Fettschicht der Haut angreifen und damit die Entstehung von Hautkrankheiten begünstigen. Bei der Verarbeitung lösemittelhaltiger Produkte sind daher Schutzhandschuhe, z. B. aus Nitrilkautschuk, zu tragen und - in Absprache mit dem Betriebsarzt oder der Betriebsärztin - geeignete Hautschutzpräparate zu verwenden (siehe Kapitel 1.6.4 "Persönliche Schutzmaßnahmen" Abschnitt "Hautschutz").

Bei der Verwendung von lösemittelhaltigen Farben und Verdünnern in Innenräumen sind Lüftungsmaßnahmen zu ergreifen. Bei großflächiger Anwendung im Handanstrich sind Atemschutzgeräte mit Gasfilter vom Typ A 1 und bei Anwendung im Spritzverfahren Kombinationsfilter vom Typ A1P2 einzusetzen. Zum Schutz der Augen empfiehlt sich beim Spritzverfahren die Verwendung eines Schutzschirms oder einer Korbbrille.

Wässrige Farben und Lacke werden zur Haltbarkeit mit Konservierungsmitteln (z. B. Isothiazolinone) versetzt, die Allergien auslösen können. Erkennbar ist dies in der Kennzeichnung und im Sicherheitsdatenblatt durch die Gefahrenhinweise H317 "Kann allergische Hautreaktionen verursachen" oder EUH208 "Enthält [Name des Stoffes]. Kann allergische Reaktionen hervorrufen". Die Gefahr der Auslösung eine Allergie ist zwar gering, trotzdem ist der Hautkontakt zu den Produkten zu vermeiden.

ccc_1972_as_9.jpgTIPP
  • Möglichst lösemittelarme oder lösemittelfreie Produkte einsetzen.

  • Hautkontakt vermeiden.

  • Schutzhandschuhe tragen.

2.3.2
Verwendung epoxidharzhaltiger Arbeitsstoffe (Kleber, Ausgleichsmassen, etc.)

Epoxidharzprodukte werden im Bauwesen angewendet u.a. als Fliesenkleber, Fugenmörtel, für Grundierungen und Abdichtungen, als Kunstharzestriche oder zur Betoninstandsetzung sowie als Klebstoffe.

In der Regel werden Epoxidharzprodukte als Zweikomponentensysteme verwendet, die Komponente A, das Harz und die Komponente B, der Härter. Beide Komponenten sind oder enthalten hautsensibilisierende Stoffe. Härter können zudem ätzend sein. Nicht nur der Kontakt zu den Komponenten, sondern auch der Kontakt zu unausgehärteten Epoxidharzen kann zur Schädigung der Gesundheit führen, insbesondere, wenn Hautkontakt besteht. Hierbei besteht die Gefahr der Entstehung einer Hautallergie.

ccc_1972_as_38.jpg

Abb. 17
Beispiel Knetmasse

Auch bei der Verarbeitung von Knetmassen kann der Hautkontakt zu Gesundheitsschäden (Hautreizung bzw. Allergien) führen. Nach der Härterzugabe ist das Produkt zügig zu verarbeiten, da es zur Erhitzung kommen kann. Die Produkte sind brennbar.

Zur Exposition gegenüber Epoxidharz-Produkten kann es, neben den o.g. Kontakt zu unausgehärteten Epoxidharzen, kommen

  • bei Hautkontakt zu beschädigten oder außen verunreinigten Gebinden,

  • durch ein falsches Mischungsverhältnis der Komponenten beim Anmischen,

  • durch Hautkontakt zu verunreinigten Arbeitsgeräten,

  • durch Hautkontakt zu verunreinigter Arbeits- oder Schutzkleidung.

Bevor Epoxidharze eingesetzt werden ist zu prüfen, ob es Alternativen gibt (www.dguv.de/epoxidharze). So lässt sich z. B. beim Verfugen von Fliesenbelägen als Alternative ein Verfugungsmaterial auf der Basis von Alkalisilikaten einsetzen oder die Verwendung von Spezialzementen könnte den Einsatz von Epoxidharzen bei Abdichtungs- und Beschichtungsarbeiten im Abwasserbereich ersetzen.

Vielfach können aber Epoxidharzprodukte auf Grund ihrer technischen Vorteile nicht ersetzt werden. Bei diesen Tätigkeiten ist dann unbedingt darauf zu achten, dass der Hautkontakt zu den Produkten vermieden wird. So sollten Gebinde stets geschlossen transportiert und darauf geachtet werden, dass sie außen nicht verunreinigt sind. Griffe und Stiele von Werkzeugen sind unbedingt sauber zu halten und bei Kontamination umgehend zu reinigen. Die Angaben des Herstellers hinsichtlich des Mischungsverhältnisses sind unbedingt einzuhalten. Idealerweise sollten Kombipackungen bestehend aus einem Harz- und einem Härtergebinde verwendet werden. In den Teilgebinden sind genau die erforderlichen Mengen an Harz und Härter enthalten, so dass es beim Einsatz nicht zu Fehldosierungen kommen kann.

Verunreinigte Arbeitskleidung darf nicht in Kontakt zur Straßenkleidung kommen. Verunreinigte Arbeitskleidung wie auch verunreinigte persönliche Schutzausrüstung, wie Schutzhandschuhe, ist sofort zu wechseln. Arbeiten mit Epoxidharzen dürfen nur mit Schutzhandschuhen durchgeführt werden. Als geeignetes Material hierfür hat sich Nitril- oder Butylkautschuk erwiesen. Wird mit lösemittelhaltigen Epoxidharzsystemen gearbeitet, ist bei der Auswahl des Handschuhmaterials auf die Lösemittel abzustellen. Weitere Informationen siehe auch in der Handschuhdatenbank unter www.bgbau.de. Ist es zum Hautkontakt gekommen, ist sofort die Haut zu reinigen. Auf keinen Fall darf das Epoxidharzprodukt austrocknen. Zur Hautreinigung milde Hautreinigungsmittel verwenden.

Beim Mischen der Komponenten kann es zu Spritzern kommen. Daher ist mindestens eine Schutzbrille zu tragen, besser noch ein Gesichtsschutzschild. Werden lösemittelhaltige Epoxidharze verarbeitet kann die Verwendung von Atemschutz notwendig sein (z. B. bei Spritzapplikation). Geeignet sind Kombinationsfilter vom Typ A2P2.

ccc_1972_as_9.jpgTIPP
  • Bei Tätigkeiten mit Epoxidharzen Hautkontakt unbedingt vermeiden.

  • Handschuhe aus Nitril- oder Butylkautschuk verwenden.

  • Keine Lederhandschuhe oder nitrilgetränkte Baumwollhandschuhe verwenden.

  • Nie verschmutzte oder aufgequollene Schutzhandschuhe wiederverwenden.

2.3.3
Gefahrstoffe beim Entfernen alter Anstriche

Im Zuge von Instandhaltungs- und Renovierungsmaßnahmen muss häufig der alte Farbanstrich oder die alte Beschichtung abgetragen werden. Alte Anstriche können Schwermetalle, wie z. B. Blei in Bleiweiß oder Mennige, enthalten. Für diese Stoffe müssen besondere Schutzmaßnahmen getroffen werden.

Grundsätzlich kann zwischen drei verschiedenen Methoden der Entfernung alter Anstriche unterschieden werden:

  • Abschleifen

  • Ablaugen (Abbeizen)

  • Abbrennen

Beim Abschleifen ist der Schleifvorgang so zu gestalten, dass eine Staubexposition möglichst vermieden wird. Dies kann durch abgesaugte Schleifgeräte (z. B. Schwingschleifer, siehe auch Anhang 10) erreicht werden. Handschleifarbeiten sollten, da der Staub normalerweise nicht erfasst werden kann, vermieden werden. Sollten sie erforderlich werden, muss Atemschutz, hier z. B. eine Staubmaske FFP2 getragen werden.

Spezielle Schleifarbeiten, wie das Entfernen von dünnen Lackschichten, können auch nass erfolgen. Beim Ablaugen (Abbeizen) von Beschichtungen sind Gefährdungen in erster Linie durch das Abbeizmittel möglich. Hier ist insbesondere auf die Informationen aus dem Sicherheitsdatenblatt zu achten.

Der Einsatz von dichlormethanhaltigen Abbeizern ist verboten!

Im Handel sind Abbeizmittel erhältlich, bei deren Anwendung keine inhalative Belastung gegeben ist. Allerdings unterscheidet sich die Anwendungsweise. Diese ist den Herstellerangaben entsprechend anzupassen.

ccc_1972_as_9.jpgTIPP
In WINGIS online nach Abbeizern mit geringem Gefährdungspotenzial recherchieren.

Beim Abbrennen z. B. mit einem Flüssiggasbrenner besteht eine Gefährdung durch heiße Oberflächen und durch Pyrolyseprodukte (= Zersetzungsprodukte) der alten Beschichtung oder des alten Anstrichs. Bei manuellem Einsatz des Brenners sind große Temperaturunterschiede an der Anstrichoberfläche nicht zu vermeiden. Dadurch bedingt kann es unter Umständen zu einem Brand der alten Beschichtung oder des alten Anstrichs kommen. Solche Tätigkeiten sollten daher möglichst vermieden und wenn, dann nur im Freien durchgeführt werden.

ccc_1972_as_9.jpgTIPP
  • Manuelle Schleifarbeiten vermeiden.

  • Schleifgeräte mit Staubabsaugung verwenden.

  • Abbrennen von alten Beschichtungen und Anstrichen vermeiden.