DGUV Information 201-021 - Sicherheitshinweise für Arbeiten im Gleisbereich von Eisenbahnen

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Abschnitt 12.10 - 12.10 Vegetationspflege

Arbeiten zur Vegetationspflege erfolgen i. d. R. außerhalb des Gleisbereichs, es ist jedoch immerzu prüfen, ob damit zu rechnen ist, dass die Beschäftigten in den Gleisbereich bzw. in die Nähe der unter Spannung stehenden Teile der Fahrleitungsanlage (vgl. Kap. 4) hineingeraten können. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn

  • die Gleise zum Erreichen der Arbeitsstelle gequert werden müssen,

  • der Bewuchs dicht an das Gleis heranreicht und ein gleisparalleler Weg (Randweg) nicht oder schwer benutzbar ist,

  • trotz Betretungsverbot damit gerechnet werden muss, dass ein Gleis als Verkehrsweg verwendet wird, z. B. um Kraftstoff für Freischneider bequem von Hand transportieren zu können,

  • Bäume gerodet werden (Abb. 12-24),

  • Maschinen mit Arbeitseinrichtungen im gesperrten Arbeitsgleis eingesetzt werden (z. B. Zweiwegefahrzeug mit Freischneideeinrichtung) und die Beschäftigten diesen Maschinen ausweichen und sich dann im Nachbargleis aufhalten,

  • abgeschnittene Äste ins Gleis fallen können.

Die häufig schnell wandernden Arbeitsstellen zur Vegetationspflege können nur dann durch automatische Warnsysteme gesichert werden, wenn die akustische Planung ergibt, dass die Warnsignale trotz der hohen Störschallpegel der Freischneider und der weiteren Maschinen (z. B. Mulcher) sicher hörbar sind. Das Sicherungsunternehmen legt Signalpegel, Signalgeberanzahl und maximalen Abstand der Signalgeber fest. Von Hand tragbare funkangesteuerte kollektive akustische Signalgeber (Abb. 2-15) werden den Beschäftigten durch Sicherungspersonal nachgeführt. Beim Einsatz mobiler funkgestützter Warnsysteme sind Vorgaben des Bahnbetreibers bzgl. der Arbeitsstellengröße und der je Arbeitsstelle maximal zulässigen Signalgeber zu beachten. Die Beschäftigten müssen wissen, in welchem Abstand vom Warnsignalgeber sie die Signale noch sicher hören können. Vor Arbeitsbeginn ist stets eine Wahrnehmbarkeitsprobe bei laufenden Maschinen und angelegter persönlicher Schutzausrüstung durchzuführen. Die Beschäftigten müssen wegen der hohen Störschallpegel der Freischneider Gehörschutz tragen (Eignung für das Signalhören im Gleisoberbau, Bemerkung "S" in der Liste der geprüften Gehörschützer [18]).

Die Auslösung der Warnsysteme muss über Schienenkontakte erfolgen, wenn dies im Sinn einer Risikominimierung gerechtfertigt ist (Vergleich des Zusatzaufenthaltes im Gleisbereich für Montage und Demontage der Schienenkontakte mit dem Arbeitsumfang). Ist dies nicht der Fall, kann die Auslösung des Warnsignals nach Festlegung durch die BzS per Funkhandsender durch den Außenposten erfolgen. Eine Sicherungspostenkette mit elektrischen Signalgebern ist ebenfalls möglich, jedoch nur eine nachrangige Alternative zur technischen Auslösung bzw. Funkübertragung des Warnsignals (vgl. Kap. 2).

Der Einsatz von Absperrposten zur Sicherung von Arbeitsstellen zur Vegetationspflege ist im Regelfall nicht möglich, da einerseits die Absperrposten den in der Betriebsanleitung festgelegten Gefahrbereich von Freischneidern einhalten müssen (Richtwert: 15 m, Abb. 12-22) und damit nicht mehr den erforderlichen unmittelbaren Zugriff auf die Beschäftigten haben und andererseits damit zu rechnen ist, dass sich die Beschäftigten im Verlauf der Arbeit über eine größere Strecke längs des Gleises verteilen.

Zur Verbesserung der Signalwahrnehmbarkeit können bei Arbeiten außerhalb des Gleisbereichs mit der Gefahr, in diesen hineinzugeraten, für den besonderen Fall "schnelle Durcharbeitung bei der Vegetationspflege" auch automatische Warnsysteme mit funkangesteuerten individuellen Signalgebern getragen werden, die mit dem Gehörschutz kombiniert werden, Abb. 12-23, die ggf. mit risikominimierenden Maßnahmen kombiniert werden müssen.

Der Unternehmer ist dafür verantwortlich, dass die Beschäftigten vor Beginn der Arbeiten in die festgelegten Sicherungsmaßnahmen eingewiesen werden (Anhang 1) und dass das Tragen der erforderlichen persönlichen Schutzausrüstung (Kopfschutz, Schnittschutzkleidung, für das Signalhören geeigneter Gehörschutz, Warnweste, ggf. individuelle Warnsignalgeber) durchgeführt und überwacht wird.

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Abb. 12-21: Vegetationspflege: Sicherung mit händisch mitgeführten Signalgebern.
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Abb. 12-22: Vegetationspflege mit Freischneidern: da die Beschäftigten sich längs des Gleises weit verteilt haben, ist eine Sicherung mit Absperrposten nicht möglich. Die Wahrnehmbarkeit der akustischen Warnsignale muss gewährleistet sein.

Beim Einsatz gleisfahrbarer Maschinen im gesperrten Gleis muss dafür gesorgt werden, dass das Nachbargleis keinesfalls betreten wird, z. B. durch Verriegelung der Ausgänge. Wenn es erforderlich ist, den arbeitenden oder umsetzenden Maschinen auszuweichen, darf dies nur zur gleisfreien Seite des Arbeitsgleises erfolgen.

Wenn erkennbar ist, dass zu fällende Bäume oder abzuschneidende Äste in ein Betriebsgleis fallen können, muss dieses Gleis vor Arbeitsbeginn gesperrt werden und die Fahrleitung muss ausgeschaltet und bahngeerdet/kurzgeschlossen werden. Die individuelle Warnung ist dann keine geeignete Sicherungsmaßnahme, da nicht gewährleistet ist, dass jeder Beschäftigte jederzeit ein Warngerät trägt und da mit arbeitsbedingtem Betreten des Gleisbereichs zu rechnen ist, Abb. 12-24.

Stürzen Bäume oder Äste unerwartet in ein Gleis oder auf die Fahrleitung oder reißen diese herunter, muss die BzS sofort informiert werden, damit Sperrung und Freischaltung durchgeführt werden. Wenn ein Baum oder Ast auf die Fahrleitung gefallen ist und herunterhängt bzw. den Boden berührt, ist ein Schutzabstand von mindestens 10 m einzuhalten. Die Beseitigung darf erst erfolgen, wenn das Gleis gesperrt, die Fahrleitung ausgeschaltet und bahngeerdet/kurzgeschlossen ist und der Arbeitsverantwortliche die Freigabe erteilt hat, den Ast oder Baum zu zerlegen.

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Abb. 12-23: Bei der Vegetationspflege mit schneller Durcharbeitung außerhalb des Gleisbereichs kann der Einsatz automatischer Warnsysteme mit individuellen Warngeräten sicherheitstechnisch gerechtfertigt sein.
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Abb. 12-24: Beim Fällen von Bäumen ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass individuelle Warngeräte kein geeignetes Sicherungsverfahren sind.