DGUV Information 209-051 - Keimbelastung wassergemischter Kühlschmierstoffe

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Abschnitt 6.3 - 6.3 Konservierende Maßnahmen (Biozidzugabe)

Bei Bakterien und Pilzen handelt es sich um völlig verschiedene Organismen mit unterschiedlichem Zellaufbau und Stoffwechsel. Dies muss beim Einsatz von Bioziden berücksichtigt werden.

Hinweise zu geeigneten Biozidgruppen enthält die DGUV Regel 109-003 "Tätigkeiten mit Kühlschmierstoffen", Anhang 6 und 6 a. Weitere Informationen zur Anwendung von Bioziden finden sich in der VKIS-VSI-IGM-Stoffliste.

Die überwiegende Anzahl der heute eingesetzten wassermischbaren Kühlschmierstoff-Konzentrate ist vorkonserviert ("Topfkonservierung").

Die Vermeidung hoher Keimzahlen - und damit einhergehend eine Verlängerung der Standzeit - kann durch kontinuierliche Nachkonservierung während der Anwendung ("Präventivkonservierung") gemäß den Dosierungsangaben des Kühlschmierstoff- oder Biozidherstellers erfolgen.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass bei großen Zentralanlagen mit entsprechender Steuerung die mikrobielle Besiedlung durch Präventivkonservierung und kontinuierliche Wartungs- und Pflegemaßnahmen langfristig (über Jahre) unter 1.000 KBE/ml gehalten werden kann.

Bei bereits vorliegenden hohen Keimzahlen kann zur Aufrechterhaltung der technischen Eigenschaften des Kühlschmierstoffs eine stärkere Konservierung im Sinne einer Stoßkonservierung erforderlich werden; auch hierbei sollten die Dosierungsvorschriften unbedingt eingehalten werden. Weiterhin muss beachtet werden, dass bei einer Stoßkonservierung abrupt sehr viel Biomasse (abgetötete Mikroorganismen) freigesetzt wird, was zu anwendungstechnischen Problemen, z. B. Verstopfen von Filtern und Rohrleitungssystemen, führen kann.

Werden Formaldehyd-Depots zur Stoßkonservierung eingesetzt, kann es bei starkem Befall mit Mikroorganismen und damit häufig einhergehenden erniedrigtem pH-Wert kurzzeitig zu erhöhten Formaldehydkonzentrationen im Kühlschmierstoff und in der Luft kommen; daher sind entsprechende Schutzmaßnahmen vorzusehen. Der pH-Wert muss in diesem Fall zuerst durch Zugabe einer entsprechenden Alkalireserve auf den Sollwert gebracht werden, bevor die Zugabe des Formaldehyd-Depots erfolgt. Die Dosierung muss in jedem Fall streng nach den Angaben der Herstellfirma erfolgen.

(Siehe auch DGUV Information "Formaldehyd und -depotstoffe" (FB HM-029), Ausgabe 08/2014)

Bei Schimmel-/Hefepilzbefall des Kühlschmierstoffs haben sich die in der Regel "Tätigkeiten mit Kühlschmierstoffen" (DGUV Regel 109-003), Anhang 6a, Tabelle "Biozide Wirkstoffe", genannten Verbindungen bewährt. Beim Einsatz von Jodcarbamatverbindungen muss beachtet werden, dass diese Verbindungen von Bakterien abgebaut werden können. Daher muss bei gleichzeitig starkem bakteriellem Befall zuerst ein Bakterizid eingesetzt oder eine Kombination aus Bakterizid und Jodcarbamat verwendet werden.

Lässt sich ein mikrobieller Befall trotz aller Reinigungs- und Pflegemaßnahmen nicht in den Griff bekommen, kann beispielsweise ein Gemisch aus Chlormethyl-Isothiazolinon/Methylisothiazolinon (CMI/MI), unter Berücksichtigung der gebotenen Sicherheitsmaßnahmen zur Desinfektion, eingesetzt werden.

Grundsätzlich darf der Einsatz von Desinfektionsmitteln nur nach Rücksprache mit den Kühlschmierstoff-Fachkundigen erfolgen. In jedem Fall sind die Angaben der Herstellfirma zu beachten.

Aus hygienischen und technischen Gründen sollte die Gesamtkoloniezahl in wassergemischten Kühlschmierstoffen von Beginn an (Neuansatz) so niedrig wie möglich gehalten werden. Bei wiederkehrenden Problemen im Zusammenhang mit hohen Gesamtkeimzahlen empfiehlt es sich, den Kühlschmierstoff vollständig auszutauschen und die Anlage einer gründlichen mechanischen und chemischen Systemreinigung zu unterziehen.

Starke Anpassungen der Mikroorganismen an den Kühlschmierstoff und ausgeprägte Resistenzen (Unempfindlichkeiten) gegen das eingesetzte Biozid erfordern gegebenenfalls den Wechsel auf ein neues Kühlschmierstoff-Produkt mit anderer Zusammensetzung, insbesondere mit einem anderen Biozid.

Bei einzelbefüllten Maschinen mit geringem Umlaufvolumen kann bei Zugabe von Bioziden eine erhöhte Hautgefährdung durch Überdosierung entstehen; die Vorgaben der Biozidhersteller sind unbedingt zu beachten.

Bei selten benutzten Maschinen ohne kontinuierliche Umwälzung oder Belüftung ist - an Stelle der wiederholten Standzeitverlängerung durch Zugabe von Bioziden - ein vollständiger Austausch des Kühlschmierstoffs zu empfehlen.

Ein mit Mikroorganismen belasteter Kühlschmierstoff wird durch Zugabe von Bioziden nicht wieder in seinen Ausgangszustand zurückversetzt, er wird also nicht in seinen Eigenschaften verbessert. Weder der bereits erfolgte Abbau von Kühlschmierstoff-Bestandteilen noch das Vorhandensein von mikrobiellen Stoffwechselprodukten und abgetöteter Biomasse ist wieder rückgängig zu machen.