DGUV Information 209-051 - Keimbelastung wassergemischter Kühlschmierstoffe

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Abschnitt 5.3 - 5.3 Technische und organisatorische Maßnahmen zur Reduzierung eines mikrobiellen Befalls

Die in wassergemischten Kühlschmierstoffen gefundenen Mikroorganismen entstammen überwiegend der nächsten Umgebung des Arbeitsbereiches. Sie gelangen auf unterschiedlichste Weise in den Kühlschmierstoff, und zwar:

  • durch das Anmischwasser

  • aus der Umgebungsluft

  • durch Aufwirbelungen von Bodenschmutz

  • durch das zu bearbeitende Material selbst

  • aus abgeschiedenen Kühlschmierstoffresten (z. B. Auffangwannen)

    und nicht zuletzt

  • durch vom Menschen verursachte Verunreinigungen

5.3.1
Anmischwasser

Das Anmischwasser sollte Trinkwasserqualität haben (maximale Koloniezahl nach der Trinkwasserverordnung: 100 KBE/ml, Krankheitserreger dürfen nicht vorhanden sein). Die Einhaltung der Grenzwerte aus der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) wird bis zur Übergabestelle an Verbraucher und Verbraucherinnen von den zuständigen Wasserwerken gewährleistet. Wasserleitungssysteme auf firmeneigenem Gelände unterliegen nicht mehr deren Zuständigkeitsbereich.

Mikrobiologische Untersuchungen von Wasserproben verschiedenster Herkunft zum Anmischen der Kühlschmierstoffkonzentrate zeigen, dass viele Bakterienarten bereits über das Anmischwasser in den Kühlschmierstoff gelangen und sich dort, in Abhängigkeit von den vorliegenden Wachstumsbedingungen, vermehren (siehe auch Anhang 1 und 4 A.).

Bei Verwendung von Wasser aus privaten Brunnen oder sonstigen nicht an das öffentliche Trinkwassernetz angeschlossenen Wasserversorgungsanlagen kommt es häufig zu höheren und auch kritischen Keimbelastungen; sie sollten daher regelmäßig überprüft werden.

Ebenso unterliegt aufbereitetes Wasser wie z. B. vollentsalztes Wasser (VE-Wasser) und/oder enthärtetes Wasser aus Ionenaustauschern einer höheren Keimbelastung als Trinkwasser. Nachfolgend führt insbesondere die Aufbewahrung des aufbereiteten Wassers in Sammelbehältern oder Vorratstanks zu einer Vermehrung der vorhandenen Mikroorganismen.

Wird Trinkwasser zum Anmischen oder Nachdosieren über Rohre (insbesondere Leitungen ohne ständige Durchströmung) oder Schläuche zugeführt, muss auch hier mit der Bildung von Biofilmen gerechnet werden, die zu einer mikrobiellen Verunreinigung des Kühlschmierstoffs führen können.

Die Keimbelastung des Wassers kann z. B. mittels Dip-Slides oder durch ein Labor geprüft werden (siehe auch Abschnitt 6.2).

Zur Vermeidung und Reduktion der mikrobiellen Verunreinigung des Anmischwassers sind regelmäßige Pflegemaßnahmen (z. B. Reinigung von Behältern, Austauscher-Regeneration, Desinfektion/UV-Desinfektion, Austausch von Schlauchleitungen und Wassertanks) zu organisieren.

5.3.2
Umgebungsluft/Luft im Arbeitsbereich

Die Umgebungsluft ist nicht keimfrei. Abhängig von der Jahreszeit und der Umgebung können Bakterien und Schimmelpilze in einer Größenordnung von einigen Hundert bis zu mehreren Tausend KBE/m3 Luft vorkommen (siehe auch Tabelle 2 und Anhang 1). Aufgrund ihres häufigen Vorkommens werden aus der Umgebungsluft hauptsächlich Schimmelpilzsporen eingetragen. Bei günstigen Wachstumsbedingungen, z. B. hohe Luftfeuchtigkeit, Feuchtbereiche, keimen die Sporen aus und bilden sogenannte Pilzgeflechte (= Myzelien). Dies kann sowohl innerhalb einer Bearbeitungsmaschine als auch im Produktionsbereich erfolgen. Der gesamte Arbeitsbereich ist daher möglichst trocken zu halten. Zusätzlich können Aerosole als "Transportvehikel" dienen und so zusätzlich zur Weiterverbreitung von Mikroorganismen ("Bioaerosole") im Betrieb beitragen.

Da anzunehmen ist, dass sich Biostoffe im Kühlschmierstoff-Aerosol befinden, ist davon auszugehen, dass durch emissionsmindernde Maßnahmen auch eine Verringerung der mikrobiellen Belastung der Luft im Arbeitsbereich erfolgt.

Daher sind bei Arbeitsprozessen mit starker Aerosolbildung die entsprechenden Maßnahmen der DGUV Regel 109-003 "Tätigkeiten mit Kühlschmierstoffen" nach Abschnitt 6.1 zu ergreifen, um zu vermeiden, dass die in Tröpfchen befindlichen Mikroorganismen oder Bruchstücke von Mikroorganismen eingeatmet werden.

Werden Absauganlagen mit Luftrückführung oder sonstige Umluftanlagen betrieben, ist auf eine sachgerechte Wartung, insbesondere auf regelmäßigen Filterwechsel zu achten.

Siehe auch DGUV Regel 109-003 "Tätigkeiten mit Kühlschmierstoffen", Abschnitt 7.2.

5.3.3
Biofilme

Bei Biofilmen handelt es sich um eine Vergesellschaftung von Bakterien, Schimmelpilzen und anderen Mikroorganismen, die zusammen mit Metallabrieb filmartige Strukturen auf Oberflächen innerhalb von Rohrleitungssystemen und in Maschinenteilen bilden. Die Ausmaße reichen von schmierfilmartigen kaum sichtbaren Belägen im Anfangsstadium bis zu mehreren Zentimetern dicken Biofilmmatten. Haben sich Biofilme in einem System erst einmal festgesetzt, führt dies zu einem ständigen Austausch von Inhaltsstoffen, mikrobiellen Stoffwechselprodukten und Mikroorganismen selbst zwischen Biofilm und Kühlschmierstoff.

Werden Biofilme in Maschinen und Anlagen nicht entfernt, führt dies bei einem Kühlschmierstoff-Neuansatz zwangsläufig zu einer "Neuverkeimung". Es gibt Hinweise darauf, dass die überwiegende Anzahl der Mikroorganismen in Kühlschmierstoffen aus solchen Biofilmen stammt. Abhilfe kann hier nur eine gründliche mechanische Reinigung und Desinfektion der Kühlschmierstoff-Kreisläufe schaffen (siehe Abschnitt 6.4).

Eine Reinigung durch bloße Zugabe von Systemreinigern und Bioziden ist nicht ausreichend zur Entfernung von ausgeprägten Biofilmen.

5.3.4
Arbeitshygiene

Kontinuierliche technische und organisatorische Maßnahmen müssen sicherstellen, dass keine Verunreinigungen, z. B. durch verschmutzte Bearbeitungsstücke, Schmutzaufwirbelungen durch Reinigungsarbeiten am Arbeitsplatz, organische Abfälle, wie Lebensmittelreste, Zigarettenkippen, menschliche Ausscheidungsprodukte, in den wassergemischten Kühlschmierstoff gelangen, da hierüber sowohl Mikroorganismen eingeschleppt als auch den vorhandenen Mikroorganismen weitere Nährstoffe zum Wachstum zur Verfügung gestellt werden. Die Beschäftigten sind dementsprechend in der erforderlichen Arbeitshygiene zu unterweisen.

Abgeschiedener Kühlschmierstoffaus Abscheideanlagen beinhaltet u. a. auch luftgetragene Verunreinigungen aus der Halle sowie Sporen und Mikroorganismen, die ebenso durch das Abscheidesystem gesaugt worden sind. Daher dürfen abgeschiedene wassergemischte Kühlschmierstoffe nicht in den Kühlschmierstoff-Kreislauf zurückgeführt werden, da eine zusätzliche Gefährdung durch mikrobielle Besiedlung nicht ausgeschlossen werden kann (siehe auch DGUV Regel 109-003 "Tätigkeiten mit Kühlschmierstoffen", Abschnitt 6.3.3.5). Dies gilt auch für Kühlschmierstoffe aus Spänebehältern und Auffangwannen.

Das Rauchverbot am Arbeitsplatz ist nicht nur dem Gesundheitsschutz, sondern auch dem Produktschutz dienlich. Zum einen wird vermieden, dass es durch mit keimbelasteten Kühlschmierstoffen verunreinigte Hände zu Schmierinfektionen kommt, zum anderen, dass durch den Eintrag von Zigarettenkippen und Asche eine fortschreitende Verunreinigung des Kühlschmierstoffs bewirkt wird.

Hygienemaßnahmen tragen entscheidend zur Begrenzung eines übermäßigen Keimwachstums und damit zur Stabilität und langen Standzeit des Kühlschmierstoffs bei!

5.3.5
Anlagen- und Maschinenbeschaffenheit

Bei der Beschaffung von Maschinen sollte darauf geachtet werden, dass durch die Konstruktion ein mikrobieller Bewuchs aufgrund von Toträumen und verwinkelten Umlaufsystemen nicht gefördert wird.

Siehe VDI 3035"Gestaltung von Werkzeugmaschinen, Fertigungsanlagen und peripheren Einrichtungen für den Einsatz von Kühlschmierstoffen".

Es ist weiterhin darauf zu achten, dass Laufroste nicht über offene Becken und Rinnen des Kühlschmierstoffsystems führen.

Beim Einsatz von eingebauten oder mobilen Pflegesystemen (im Voll- oder Nebenstrom) ist darauf zu achten, dass diese leicht zu reinigen sind.

5.3.6
Bildung von Faulgasen ("Montagmorgengeruch")

Sauerstoffarme (anaerobe) Verhältnisse sollten in Anlagen mit wassergemischten Kühlschmierstoffen vermieden werden. Dies dient nicht nur dem Erhalt der technischen Qualität des Kühlschmierstoffs, sondern verhindert auch die Bildung von Faulgasen (auch bekannt als "Montagmorgengeruch" nach Stillstand der Bearbeitung über das Wochenende oder in betriebsfreien Zeiten). Dieser kann entstehen, wenn strikt anaerobe Bakterien die Sulfatverbindungen (z. B. in Emulgatoren) vollständig bis zu Schwefelwasserstoff (gasförmige Verbindung mit Geruch nach faulen Eiern) abbauen. Die meisten in wassergemischten Kühlschmierstoffen vorkommenden Bakterien sind jedoch fakultativ anaerob, d. h. sie nutzen in erster Linie freien Sauerstoff zur Energiegewinnung über die Atmung. Sie besitzen aber auch die Möglichkeit, unter sauerstoffarmen Verhältnissen auf einen Gärungsstoffwechsel "umzuschalten". Dabei wird der in Substraten gebundene Sauerstoff, z. B. in Nitraten (NO3-), Sulfaten (SO42-) genutzt. Der Abbau der Substrate, beziehungsweise die Reduzierung des Sauerstoffs, erfolgt aber in aller Regel nicht vollständig, sodass sich "Zwischenprodukte" wie beispielsweise Nitrit (NO2-) anreichern können und die Gefahr einer Nitrosaminbildung besteht (siehe TRGS 611).

Somit kann das Auftreten von erhöhten Nitritwerten auch ein Hinweis auf anaerobe Zustände im Kühlschmierstoff z. B. aufgrund von fehlender Umwälzung sein.

Das Fehlen von Sauerstoff, verbunden mit dem Auftreten von anaerob wachsenden Bakterien ist einer der Hauptgründe für das "Umkippen" von wassergemischten Kühlschmierstoffen. Eine gute Durchlüftung und Umwälzung des Kühlschmierstoffs in der Anlage - vor allem auch in betriebsfreien Zeiten - ist daher sehr zu empfehlen.