DGUV Information 204-022 - Erste Hilfe im Betrieb

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Abschnitt 4.1 - 4 Allgemeine Unternehmerpflichten aus dem Recht der Unfallversicherungsträger
4.1 Ärztliche Versorgung

Es muss sichergestellt sein, dass alle Versicherten die Heilbehandlung mit allen geeigneten Mitteln erfahren, die der Art und dem Umfang ihrer Verletzung entspricht.

Rechtsgrundlagen:
§ 24 Abs. 2 und 4 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"

4.1.1 Erstversorgung/ärztliche Behandlung

Eine wirksame Erste Hilfe ist die Grundlage für eine erfolgreiche Heilbehandlung.

Es ist jedoch allgemein weder notwendig noch üblich, in jedem Fall einer Verletzung ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nach § 24 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" sind Verletzte dann dem Arzt vorzustellen, wenn Art und Umfang der Verletzung eine ärztliche Versorgung angezeigt erscheinen lassen, d. h., wenn verantwortungsbewusste Laien sich sagen müssen, dass die Verletzung besser ärztlich überprüft werden sollte. Eine solche Entscheidung ist dem Ersthelfer oder der Ersthelferin und dem Betriebssanitäter oder der -sanitäterin zuzumuten. Bei geringfügig erscheinenden Verletzungen genügt oftmals die Vorstellung z. B. beim Hausarzt bzw. bei der Hausärztin oder beim Betriebsarzt bzw. der Betriebsärztin, sofern sich dieser bzw. diese im Betrieb aufhält.

4.1.2 Durchgangsarztverfahren

Verletzte Versicherte sind nach Arbeitsunfällen/Wegeunfällen einem Durchgangsarzt oder einer Durchgangsärztin vorzustellen, wenn

  • die Unfallverletzung über den Unfalltag hinaus zur Arbeitsunfähigkeit führt oder

  • die notwendige ärztliche Behandlung voraussichtlich über eine Woche andauert oder

  • Heil- und Hilfsmittel zu verordnen sind oder

  • es sich um eine Wiedererkrankung aufgrund von Unfallfolgen handelt.

Der Durchgangsarzt bzw. die Durchgangsärztin entscheidet, ob allgemeine Heilbehandlung beim Hausarzt bzw. bei der Hausärztin durchgeführt wird oder wegen Art oder Schwere der Verletzung besondere Heilbehandlung erforderlich ist, die er bzw. sie dann regelmäßig selbst durchführt. In Fällen der allgemeinen (hausärztlichen) Behandlung überwacht er bzw. sie den Heilverlauf.

Die Unfallversicherungsträger beteiligen ausschließlich fachlich befähigte Ärzte und Ärztinnen mit entsprechender Ausstattung der Praxis/Klinik am Durchgangsarztverfahren. Neben der fachlichen Befähigung (i. d. R. Facharztbezeichnung Unfallchirurgie oder Orthopädie) sind spezielle personelle, apparative und räumliche Anforderungen zu erfüllen.

Die Anschriften der Durchgangsärzte und -ärztinnen teilen die Berufsgenossenschaften oder Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand z. B. unter der Internetadresse: www.dguv.de Webcode: d25693 (Datenbank Durchgangsärzte) mit.

4.1.3 Stationäre Heilverfahren

Die stationären Heilverfahren in der gesetzlichen Unfallversicherung sind dreistufig gegliedert:

  • Stationäres Durchgangsarztverfahren

  • Verletzungsartenverfahren

  • Schwerstverletzungsartenverfahren

Unfallverletzte, die einer stationären Behandlung bedürfen, müssen einem Durchgangsarzt oder einer Durchgangsärztin in einem an diesem Verfahren beteiligten Krankenhaus vorgestellt werden. Unfallverletzte mit bestimmten schweren Verletzungen benötigen eine sofortige besondere unfallmedizinische Behandlung und müssen in speziellen Krankenhäusern der Akutversorgung vorgestellt werden. Die Zuweisung richtet sich dabei nach dem Verletzungsartenverzeichnis:

  1. 1.

    Ausgedehnte oder tiefgehende Verletzungen der Haut und des Weichteilmantels, Amputationsverletzungen, Muskelkompressionssyndrome, thermische und chemische Schädigungen

  2. 2.

    Verletzungen der großen Gefäße

  3. 3.

    Verletzungen der großen Nervenbahnen einschl. Wirbelsäulenverletzungen mit neurologischer Symptomatik

  4. 4.

    Offene oder gedeckte mittelschwere und schwere Schädel-Hirnverletzungen (ab SHT Grad II)

  5. 5.

    Brustkorb- und Bauch-Verletzungen mit operationsbedürftiger Organbeteiligung einschl. Nieren und Harnwege

  6. 6.

    Komplexe Brüche der großen Röhrenknochen, insbesondere mehrfache, offene und verschobene Frakturen

  7. 7.

    Schwere Verletzungen großer Gelenke, insbesondere bei Rekonstruktionsbedürftigkeit; im Kindesalter zusätzlich operationsbedürftige Frakturen mit Beteiligung der Wachstumsfuge und operationsbedürftige gelenknahe Frakturen

  8. 8.

    Schwere Verletzungen der Hand

  9. 9.

    Brüche des Gesichtsschädels und des Rumpfskeletts mit Operationsbedürftigkeit bei Verschiebung und Instabilität

  10. 10.

    Alle Verletzungen und Verletzungsfolgen mit Komplikationen, fehlendem Heilungsfortschritt oder Korrekturbedürftigkeit

Die zum Verletzungsartenverfahren zugelassenen Krankenhäuser sind im Internet unter www.dguv.de Webcode: d25693 (Datenbank Durchgangsärzte) auf der Liste der Durchgangsärzte bzw. -ärztinnen zu finden und sind dort durch das Kriterium "D-Arzt an VAV Klinik" auszuwählen.

Auch dem öffentlichen Rettungsdienst, insbesondere den Leitstellen, werden diese Verzeichnisse zur Verfügung gestellt. Soweit Verletzte vom öffentlichen Rettungsdienst übernommen werden, ist es gewährleistet, dass sie dem von den Unfallversicherungsträgern zugelassenen Arzt bzw. der Ärztin bzw. dem Krankenhaus zugeleitet werden.

Darüber hinaus unterhalten die Unfallversicherungsträger für eine hoch spezialisierte, umfassende medizinische Rehabilitation eigene Berufsgenossenschaftliche Unfallkliniken und Sonderstationen. In diesen Einrichtungen können Schwerst-Unfallverletzte, insbesondere mit Querschnittlähmung, Schwer-Schädel-Hirnverletzung und Brandverletzungen sämtlicher Schweregrade behandelt werden.

Die Standorte der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken in Deutschland

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4.1.4 Berufsgenossenschaftliche Unfallkliniken und Sonderstationen

Für besonders schwere Verletzungen haben die Berufsgenossenschaften Spezialkliniken und Sonderstationen geschaffen. Sie sind für die ambulante und stationäre Behandlung frischer Verletzungen, insbesondere für Verletzungen des Stütz- und Bewegungsapparates, der großen Körperhöhlen, des Schädels und für Mehrfachverletzungen eingerichtet. Spezialabteilungen bestehen insbesondere für Handverletzungen, plastische Chirurgie, Querschnittlähmungen und schwere Brandverletzungen.

4.1.5 Fachärzte bzw. -ärztinnen für Augen- und HNO-Heilkunde

Liegen ausschließlich Verletzungen der Augen, der Ohren, der Nase oder des Halses vor, so findet das Durchgangsarztverfahren keine Anwendung. Die Verletzten sind nach § 24 Abs. 4 dritter Spiegelstrich der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" unverzüglich möglichst dem bzw. der nächstansässigen oder am leichtesten erreichbaren Facharzt bzw. Fachärztin zur Untersuchung vorzustellen, es sei denn, dass sich eine weitere fachärztliche Behandlung nach einer ersten ärztlichen Behandlung, z. B. durch den Betriebsarzt oder die -ärztin, erübrigt hat.