DGUV Information 209-069 - Ergonomische Maschinengestaltung von Werkzeugmaschinen der Metallbearbeitung

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Abschnitt 2 - 2 Arbeitsplatzmaße

Die Dimensionierung von Arbeitsplätzen wird durch die zu erwartende Population der Benutzer und Benutzerinnen wie auch durch die spezifischen Anforderungen der Arbeit bestimmt. Weitere Einflussfaktoren sind individuelle Verhaltensmuster der Beschäftigten und schließlich Kosten-Nutzen-Überlegungen.

Das Ziel ist, den Nutzern der Maschine eine möglichst optimale Körperhaltung bei der späteren Verwendung zu ermöglichen (Negativbeispiele siehe Abbildungen 9 und 10). Dazu gehören abhängig von der gewählten Hauptarbeitshaltung die richtige Arbeitshöhe und eine gute Erreichbarkeit und Beobachtbarkeit der Schnittstelle zur Bedienperson, z. B. Anzeigen, Displays und Verarbeitungsprozess.

Abschnitt 4 der DIN EN ISO 14 738:2009-07 unterscheidet vier Hauptarbeitshaltungen: Sitzen, erhöhtes Sitzen, Stehen mit Unterstützung und Stehen.

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Abbildung 9:
Gebeugter Rücken durch zu niedrige Stellteile

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Abbildung 10:
Angehobene Arme durch zu hohe Stellteile

(Quelle: Grandjean, E.: Physiologische Arbeitsgestaltung, 4. Aufl. Ott, Thun 1991)

In Übereinstimmung mit DIN EN 614-1 sind Arbeitsmittel unter angemessener Berücksichtigung der Körpermaße der vorgesehenen Gruppe der Benutzerinnen und Benutzer zu gestalten. In der europäischen Normung wird bei der Festlegung von Arbeitsplatzmaßen das 5. Perzentil Frauen und das 95. Perzentil Männer (Körperhöhen zwischen 153 cm und 188 cm) als Kollektivgrenze genannt.

Es hat sich gezeigt, dass unter Einbeziehung der gesamten europäischen Arbeitsbevölkerung die Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Reichweitenmaßen an den benannten Metallbearbeitungsmaschinen und den maximalen Reichweitenmaßen auf der Basis der anthropometrischen Maße des 5. Perzentils außerordentlich groß ist. Hier wäre eine anthropometrische Erfassung der Population der Benutzer und Benutzerinnen an Metallbearbeitungsmaschinen sehr hilfreich.

Als Ansatz zur Entflechtung dieses Sachverhalts ist die Checkliste so gestaltet, dass bei kritischen Punkten (meist Reichweitenmaße) die maßlichen Angaben für ein fiktives Kollektiv von Benutzerinnen und Benutzern sowie für die gesamte europäische Arbeitsbevölkerung abgefragt werden. Als Perzentilwert der fiktiven Population der Benutzer und Benutzerinnen werden die Maße der männlichen Arbeitsbevölkerung zugrunde gelegt. Die Werte, die sich auf die gesamte europäische Arbeitsbevölkerung beziehen, werden in eckigen Klammern angeführt. Hier dient als obere Grenze für die Reichweitenmaße der Wert für das 5. Perzentil der Frauen.

Bei der Bestimmung der Arbeitshöhen ist die Situation vergleichbar. Hier ergibt sich faktisch die Notwendigkeit einer Verstellbarkeit der Maschinenhöhe, was für Metallbearbeitungsmaschinen mit hohen Kosten einhergehen würde.

Die Angaben für die Arbeitshöhen in der Checkliste beziehen sich - wie zuvor dargestellt - auf die mittlere Höhe einer fiktiven Population der Benutzerinnen und Benutzer. Da die Arbeitshöhe als feste Größe angenommen wird, handelt es sich bei den benannten Maßgrenzen nicht um Einstellbereiche der Arbeitshöhe, sondern um einen Auswahlbereich. Es wird unterstellt, dass eine gewählte Arbeitshöhe innerhalb des Auswahlbereiches einer großen Zahl von Benutzern und Benutzerinnen eine gute Körperhaltung ermöglicht.

Für die Arbeitshöhen ergibt sich bei kleineren Personen die Notwendigkeit des Beistellens von Plattformen und Podesten.

Weiterhin wird in der Checkliste angenommen, dass es sich um Maschinenarbeitsplätze handelt, an denen im Stehen gearbeitet wird.

Unabhängig von den Festlegungen für diese Checkliste sollte andauernde stehende Arbeit vermieden werden. Neben der Ermüdung der statisch beanspruchten Stützmuskulatur entsteht eine Beschwerlichkeit, die auf die ungünstigen Bedingungen des venösen Blutrückflusses zurückgeführt werden muss.

Eine Entlastung ergibt sich bei manuell bedienten Maschinen, da hier im Allgemeinen einer vielseitigeren und damit auch einer bewegungsreicheren Arbeit nachgegangen wird (Werkstattmaschinen). Dabei ist bei CNC-Maschinen davon auszugehen, dass hier umfangreiche Programme abgearbeitet werden, die an der Maschine programmiert bzw. parametriert werden oder deren Ablauf vor Ort beobachtet werden muss. An diesen Arbeitsplätzen sollte das Sitzen oder Stehen mit einer Stehhilfe vorgesehen werden.

Bedienkonsolen, die aus ergonomischen und auch aus funktionalen Gründen schwenkbar montiert sind, sollten auch höhenverstellbar sein, um die Anpassbarkeit im Allgemeinen und beim Stehen mit einer Stehhilfe im Besonderen zu verbessern. Ziel ist es, die Nutzung einer Stehhilfe zu fördern.

Ein weiteres Instrument zur Bewertung der Arbeitsplatzmaße (wie auch der Lasthandhabungen, dazu mehr im Abschnitt 4) ist die Bewegungsfrequenz der Person und die Dauer bzw. Intensität der Maschinennutzung. Machen Sie sich dazu bitte klar, wie die Arbeitsabläufe an der Maschine aussehen können. Entscheidend ist, wie die Person an der Maschine arbeitet. Das Hauptaugenmerk sollte auf dem Einlegen und Entnehmen von Werkstücken liegen. Ebenfalls betrachtet wird z. B. das Tauschen von Werkzeugen, das Nachmessen am Werkstück, die Bedienung von Stellteilen, das Ablesen von Anzeigen, Beobachtung des Fertigungsprozesses, Rüst- und Wartungs- und Reinigungsarbeiten.

Niedrige Bewegungsfrequenzen ergeben ein geringeres Gesundheitsrisiko, wohingegen hohe Bewegungsfrequenzen, wie auch statische Haltungen, ein höheres Gesundheitsrisiko mit sich bringen.

Definition zur Bewegungsfrequenz 1)
BegriffMerkmalBewegungsaktivität 2)
statische HaltungKeine sichtbare Bewegung, allerdings wird die Körperhaltung durch aktive Muskelkraft eingenommen. Die Person kann sich nicht abstützen oder anlehnen.Die Körperhaltung wird länger als 4 Sekunden eingenommen
niedrige Frequenznormale, zwanglose Bewegung.< 2/Minute
hohe FrequenzHäufige, teils wiederholende Bewegungen. Beispiel: Serienproduktion, Akkordarbeit> 2/Minute

Abbildung 11:
Definition zur Bewegungsfrequenz

Ein weiteres Merkmal für die Festlegung der Arbeitsplatzmaße ist die Intensität der Maschinennutzung bzw. die Dauer einer bestimmten Tätigkeit. Ähnliche Tätigkeiten, die die gleichen Strukturen im Körper belasten, sollten zusammengefasst werden. Die intensive Nutzung einer Maschine erfordert eine optimale Arbeitsplatzgestaltung. Werden bestimmte Funktionen einer Maschine dagegen weniger benutzt, so ist es akzeptabel und auch üblich, diese Tätigkeiten außerhalb der optimalen Arbeitsbereiche durchzuführen

Definition zur Intensität der Maschinennutzung bzw. Dauer einer Tätigkeit
BegriffMerkmalkumulierte Dauer 3)
häufigMaschinen, die intensiv benutzt werden, z. B. für Serienproduktion, zyklische Entnahme von Werkstücken> 2 Stunden/Tag
gelegentlichMaschinen, die nur zeitweise benutzt werden, im Allgemeinen ohne Zeittakt. Z. B. Werkstattmaschinen, oder Tätigkeiten wie Rüst- oder Wartungsarbeiten, keine zyklische Entnahme von Werkstücken< 2 Stunden/Tag oder 1 Tag in der Woche
seltenReinigung oder Reparatur, kurzzeitig zu Schichtbeginn oder -endebis zu 1 Stunde am Tag oder 1 Tag in 2 Wochen.

Abbildung 12:
Definition zur Intensität der Maschinennutzung bzw. Dauer einer Tätigkeit

Eine Anzahl einzelner Bewegungen eines Körperteils pro Minute, nicht die Anzahl der Arbeitszyklen pro Minute. Ein Abeitszyklus kann mehrere einzelne Bewegungen eines Körperteils beinhalten.

Definitionen nach DIN EN 1005-1:2009-04 und DIN EN 1005-4:2009-01

Die Zeit, die von einer einzelnen Person aufgebracht wird, um bestimmte Tätigkeiten zu erledigen. Beispiel für "seltene" Tätigkeiten: Alle Arbeitsschritte, die eine Person selten an einem Tag durchführt, beanspruchen bis zu einer Stunde Arbeitszeit am Tag.