DGUV Information 209-064 - Sichere Reifenmontage

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Abschnitt 3.1 - Einrichtung der Fahrzeuge

Nahezu alle Fahrzeuge für den mobilen Reifenservice werden auch zur Reifenpannenbeseitigung eingesetzt, vorwiegend bei Nutzfahrzeugen.

Zur Anerkennung dieser Fahrzeuge als Pannenhilfsfahrzeuge nach § 52 Abs. 4 Nr. 2 StVZO (Berechtigung zum Einsatz von Rundumleuchten) hat der Gesetzgeber 1997 die "Richtlinie über die Mindestanforderungen an Bauart oder Ausrüstungen von Pannenhilfsfahrzeugen" um die Mindestanforderungen an die Einrichtung der Fahrzeuge zur Behebung von Reifenpannen an Ort und Stelle ergänzt. Danach muss die Ausrüstung von Kraftfahrzeugen oder Anhängern mindestens die unter a), b12), b22) und b32) dieser Richtlinie aufgeführten Gegenstände wie folgt umfassen:

  1. a)

    Ausrüstung zur Absicherung der Unfall- und Arbeitsstelle

    • zwei Unterlegkeile,

    • eine Warnflagge weiß-rot gestreift,

    • drei Warndreiecke und zwei Warnleuchten, jeweils in amtlich genehmigter Bauart,

    • fünf Leitkegel (Lübecker Hüte).

  2. b12)

    Werkzeuge

    • ein Satz Kleinwerkzeuge (z.B. Fräser und Rauwerkzeuge),

    • ein Kleinwerkzeugkoffer (Schraubenzieher, Zange, etc.),

    • ein Steckschlüsselkasten mit Wechselsteckschlüssel in langer Ausführung (Schlüsselweiten 24 bis 36 mm),

    • zwei Hämmer (300 und 800 g),

    • ein Satz Montierhebel,

    • ein Satz Pumpringe,

    • ein Radkreuzschlüssel,

    • ein Radmutternlöser,

    • ein Drehmomentschlüssel für 140 N/m bis 760 N/m (3/4 Zoll mit Verlängerung und Adapter für ein Zoll).

  3. b22)

    Geräte

    • ein Wagenheber,

    • ein Satz Unterstellböcke,

    • zwei Unterlegkeile,

    • ein Kompressor oder eine Druckluftflasche,

    • ein Handreifenfüllmesser,

    • eine Arbeitslampe mit Verlängerungskabel (25 m).

  4. b32)

    Ersatzmaterial

    • gebräuchliche Ventile und Ventilverlängerungen,

    • gebräuchliche Radmuttern und Dichtringe,

    • Reifenreparaturmaterial.

Zusätzlich muss ein entsprechender Transportraum für die im jeweiligen Pannenfall zu ersetzenden Reifen zur Verfügung stehen.

Die genannten Anforderungen stellen Mindestanforderungen dar. In der Praxis werden aber mittlerweile fast ausschließlich Fahrzeuge/Anhänger für die mobile Reifenmontage (Pannenservice und mobiler Service) eingesetzt, die über eine Reifenmontiermaschine verfügen. Zur Vermeidung von Unfall- und Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz auf einem Fahrzeug sind folgende Hinweise wichtig:

Weitere Anforderungen

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Bild 3-1: Beispiel für sicherheitsgerechte mobile Werkstatteinrichtung

Zu Position (1): Reifenmontiermaschine

Bei Verwendung einer Montiermaschine ist zu beachten:

  • Quetschgefahr durch kippendes Rad (eingeschränkter Bewegungsbereich),

  • Einhaltung eines Sicherheitsabstandes beim Bedienen der Maschine. Der Abstand von festen Teilen der Umgebung zum eingespannten Rad sollte mindestens dem Durchmesser des größten montierbaren Rades entsprechen!

Nach Abschnitt 5.17.1 der BG-Regel "Fahrzeug-Instandhaltung" (BGR 157)

  • dürfen Reifen und Räder, deren Gewicht 200 kg oder deren Durchmesser 1,5 m übersteigt, nur mit Einrichtungen bewegt werden, die sicherstellen, dass das Rad oder der Reifen nicht umfallen kann und

  • Montage, Demontage und Transport müssen von mindestens zwei Personen durchgeführt werden.

Da bei mobilem Service in der Regel keine Einrichtungen zum Transport dieser großen bzw. schweren Räder zur Verfügung stehen, wird die Montage auf maximal diese Rad- bzw. Reifengröße beschränkt bleiben.

Zu Position (2) und (3): Hubladebühne, Zugangstür/-treppe

Die bestimmungsgemäße Verwendung von Hubladebühnen (Bilder 3-2 und 3-3) dient dem Zu- und Abtransport von Gütern. Im vorliegenden Anwendungsbereich ist dies überwiegend der Transport von Rädern bzw. Reifen. Üblicherweise sind sie so ausgelegt, dass der Bediener beim Transport mitfahren kann. Nicht zulässig ist das regelmäßige Benutzen zum Erreichen oder Verlassen eines Arbeitsplatzes, wie es beispielsweise erforderlich wird, wenn Werkzeuge gebraucht werden.

Daraus ergibt sich die Notwendigkeit eines Zugangs durch eine zusätzliche Tür in Verbindung mit einer Zugangstreppe (Position (3)). Vorteile eines derartigen Zugangs sind weiter:

  • Zu- und Abgang an der dem Verkehr abgewandten Seite,

  • schnelleres und gefahrloses Beschaffen von außerhalb des Fahrzeugs benötigten Werkzeugen,

  • Notausgangseigenschaft, z.B. falls das Fahrzeug während der Pannenhilfe selbst in einen Auffahrunfall verwickelt wird.

Zu Position (4): Kompressor

Wird die Kompressoranlage im Aufbau fest installiert, darf sie nur so viel Lärm emittieren, dass ein Beurteilungspegel von 85 dB(A) nicht erreicht wird. Ottokraftstoffbetriebene Kompressoren dürfen nur so betrieben werden, dass das Ansaugen von Ottokraftstoffdämpfen ausgeschlossen ist.

Zu Position (5): Stromaggregat

Bei Installation eines mit ottokraftstoffbetriebenen Stromaggregats besteht die Gefahr, dass sich im Falle eines Defektes der Kraftstoff führenden Teile eine explosionsfähige Atmosphäre bildet. Es muss sichergestellt sein, dass der Kompressor diese Atmosphäre nicht ansaugen kann. Das kann dadurch erreicht werden, dass das Aggregat außerhalb des Fahrzeugs, z.B. durch Anbringung auf herausziehbaren Schienen, betrieben wird.

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Bild 3-2 und 3-3: Sicherer Radtransport mit der Hubladebühne (Quelle: Tip Top Stahlgruber)

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Zu Position (6): Reifenlagerung

Zur Erfüllung der Zulassungsbedingungen als Pannenhilfsfahrzeug ist ausreichender Platz für zu ersetzende Reifen vorzusehen. Bei der Lagerung ist auf ausreichende Ladungssicherung zu achten (siehe auch BG-Information "Ladungssicherung auf Fahrzeugen" [BGI 649]).

Zu Position (7): Feuerlöscher

Arbeitsstätten sind nach der BG-Regel "Ausrüstung von Arbeitsstätten mit Feuerlöschern" (BGR 133) mit Löscheinrichtungen auszustatten. Unter der Annahme einer geringen Brandgefährdung sollte das mindestens vorzusehende Löschvermögen für einen Feuerlöscher nach DIN EN 3 (21 A 113 B) sechs Löscheinheiten betragen.

Zu Position (8): Schutzkleidung

Die BG-Regel "Einsatz von Schutzkleidung" (BGR 189) findet Anwendung auf die Auswahl und Benutzung von Schutzkleidung. Danach hat der Unternehmer eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, die

  • Art und Umfang der Risiken am Arbeitsplatz,

  • Arbeitsbedingungen und persönliche Konstitution des Trägers

berücksichtigt.

Als Risiken beim mobilen Reifenservice kommen insbesondere in Betracht

  • Einwirkungen durch Nässe,

  • Einwirkungen durch das Klima, z.B. Kälte,

  • erschwerte Erkennbarkeit bei Arbeiten im Bereich des öffentlichen Verkehrs.

Anforderungen an Kleidung sind in der BGR 189 genannt und zu berücksichtigen.

Zu Position (9): Betriebsanweisung

Aus dem Arbeitsschutzgesetz, einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften und anderen BG-Regeln ergibt sich die konkrete Verpflichtung zur Erstellung von auf den jeweiligen Anwendungsfall bezogenen Betriebsanweisungen. Daneben gibt es noch besondere Weisungen für Rettungswege, Anleitung zur ersten Hilfe, Alarmpläne usw.

Verbots-, Gebots- oder Hinweiszeichen sind für sich allein keine Betriebsanweisung, können diese aber ergänzen.

Zu Position (10): Einrichtung zum sicheren Befestigen eines Rades während der Befüllung

Aus Abschnitt 4.13.2 der BG-Regel "Fahrzeug-Instandhaltung" (BGR 157) ergibt sich die Verpflichtung, Räder, deren Reifen befüllt werden sollen, so zu befestigen, dass keine Gefahr durch das fortfliegende Rad oder Teilen davon ausgeht. Die übliche Einspannung eines Rades mit ungeteilten Felgen auf einer Großreifenmontiermaschine kann formschlüssig erfolgen (Felgenspannung siehe Bild 3-4) und erfüllt dann den Anspruch einer sicheren Befestigung für den Fall der Befüllung. Anderenfalls muss das Rad, da Befüllkäfige aus Platzgründen nicht mitgeführt werden können, auf eine andere Art und Weise sicher befestigt werden. Zu diesem Zweck sollten Einrichtungen am Fahrzeug installiert werden, die ein sicheres Befestigen des Rades und die Einhaltung eines Sicherheitsabstandes > 2,5 m ermöglichen.

Achtung: Mehrteilige Felgen sind mit einer Montiermaschine nicht formschlüssig zu befestigen und sind gesondert zu sichern (siehe Abschnitt 2.2.5).

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Bild 3-4 Formschlüssige Felgeneinspannung mit einer Montiermaschine