DGUV Information 209-064 - Sichere Reifenmontage

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Abschnitt 2.1 - Montage von Pkw-Reifen und Reifen für leichte Nutzfahrzeuge

Die Montage dieser Reifen erfolgt überwiegend auf Tiefbettstahl- oder Aluminiumband-Felgen, bei denen der Reifenwulst vom Tiefbett kommend zunächst den "Hump" der Felgenschulter überspringen muss (so genannte Hump-Felgen, siehe Anhang A).

Eine Gefährdungsbeurteilung durch den zuständigen berufsgenossenschaftlichen Fachausschuss auf Grundlage der Unfallstatistik kommt zu dem Ergebnis, dass Reifenplatzer bei Pkw-Reifen mit Verletzungsfolgen während der Montage im Verhältnis zu der millionenfachen jährlichen Reifenmontage zwar vorkommen, aber wegen der wenigen registrierten Vorkommnisse nicht damit gerechnet werden muss. Die Forderung nach einer sicheren Befestigung bei der Montage auch für diese Reifen-/Felgen-Kombinationen (Abschnitt 4.13.2 der BG-Regel "Fahrzeug-Instandhaltung" [BGR 157]) wird deshalb nicht weiter aufrecht erhalten. Was nicht bedeutet, dass eine Montage dadurch als gefahrlos beurteilt wird. Nach wie vor führt eine Vielzahl von Gefahren zu Gefährdungen, welche die Gesundheit der Beschäftigten nachhaltig schädigen können. Zu derartigen Gefährdungen kommt es z.B.

  • bei der Montage vorgeschädigter Reifen und/oder Felgen,

  • der Überfüllung des Reifens,

  • bei Hebe- und Tragevorgängen,

  • durch Lärmimmissionen,

  • durch wegfliegende Teile und/oder Erfasstwerden beim Auswuchten.

Zur Durchführung einer sicheren Montage unter Vermeidung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren wird folgende Vorgehensweise vorgeschlagen:

2.1.1
Anheben des Fahrzeugs mittels Hebebühne

Dabei beachten:

  • Bedienung der Hebebühne nur durch in der Bedienung unterwiesene und mindestens 18 Jahre alte Personen;

  • vor dem Anheben korrekten Sitz der Aufnahmeelemente prüfen;

  • Fahrzeug in eine individuell ergonomisch günstige Höhe heben.

2.1.2
Lösender Radbolzen bzw. Muttern mittels Druckluftschrauber

Dabei beachten:

  • lärmarme Schlagschrauber verwenden;

  • Gehörschutzmittel benutzen.

2.1.3
Abnahme des Rades vom Fahrzeug und manueller Transport zur Reifenmontiermaschine

Dabei beachten:

  • Rad nur von außen mit beiden Händen fassen;

  • auf ergonomisch günstigste Körperhaltung achten (siehe Abschnitt 4).

2.1.4
Rad vom Schmutz befreien

Dabei beachten:

  • bei Reinigung mittels Drahtbürste Gefahr durch Einatmen u.a. von Bremsstäuben. Auch wenn heute Asbest nicht mehr verwendet wird, ist das Gefährdungspotenzial durch Bremsstäube weitgehend unbekannt. Deshalb sollten grundsätzlich alle Stäube durch eine Staub bindende Nassreinigung gefahrlos beseitigt werden, z.B. in einer Radwaschanlage (siehe auch Abschnitt 5.10 BG-Regel "Fahrzeug-Instandhaltung" [BGR 157]).

2.1.5
Luft ablassen

Dabei beachten:

  • Ventileinsatz mit Ventilausdreher herausschrauben;

  • niemals durch Abdrücken des Wulstes mit dem Abdrückelement der Montiermaschine den Reifen entlüften.

2.1.6
Trennen von Reifen und Felge

Dabei beachten:

  • Abdrückelement der Montiermaschine möglichst dicht am Felgenhorn ansetzen;

  • bei fest sitzenden Wulsten durch Weiterdrehen des Rades an mehreren Stellen das Abdrückelement zum Lockern ansetzen;

  • das Rad auf der Montiermaschine spannen;

  • bei Maschinen mit Abdrückrolle zuerst spannen und nach Betriebsanleitung vorgehen;

  • Montagearm auf richtige Reifengröße einstellen (Betriebsanleitung des Maschinenherstellers beachten);

  • Wulste nacheinander demontieren und alten Reifen abnehmen;

  • Felge auf Beschädigungen (z.B. Risse, Verschleiß, Beulen, Rost) prüfen; vorgefundene Beschädigungen fachgerecht beurteilen, gegebenenfalls Hersteller zu Rate ziehen;

  • altes Ventil generell gegen neues austauschen.

2.1.7
Montage des neuen Reifens

Dabei beachten:

  • prüfen, ob Reifen- und Felgengröße zueinander passen (richtige Daten aus Kfz-Schein entnehmen);

  • beide Wulste und Felgen mit Gleitmittel versehen (Einige Fahrzeughersteller geben ein bestimmtes Gleitmittel vor. Wird dieses nicht verwendet, kann es zu Komplikationen bei der Montage kommen, weil z.B. der Reifen beim zulässigen Springdruck nicht "springt".);

  • Reifen mit richtiger Drehrichtung sowie Außen-/Innenseite auflegen;

  • beide Wulste ohne Gewaltanwendung auf die Felge aufziehen;

  • zur Drucküberwachung in Intervallen befüllen;

    Achtung: Der Springdruck beträgt maximal 3,3 bar, alle Reifenhersteller garantieren nur bei Einhaltung dieses Druckes eine schadenfreie Montage des Reifens.

  • auf einwandfreien Wulstsitz achten.

    Achtung: Mit dem höchsten Druck wird der Reifen während der Montage belastet. Das bedeutet auch ein entsprechend großes Gefährdungspotenzial für den Monteur bei Fehlern im Material oder bei falscher Montage. Möglichkeiten zur sicheren Befestigung des Rades oder Einbringen in eine Fülleinrichtung sollten daher genutzt werden. Den größten Schutz - und gleichzeitig die wirtschaftlichste Befüllung - bietet ein mit einer automatischen Befülleinrichtung kombinierter Käfig (Bilder 2-1 und 2-2). Der gesamte Befüllvorgang - Befüllung auf Springdruck und Setzdruck, Reduzierung auf Basisluftdruck - verläuft hierbei automatisch, sodass sich der Monteur zwischenzeitlich bereits mit dem nächsten Rad befassen kann.

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Bild 2-1: Befülleinrichtung zur sicheren Befüllung von Pkw- und LLkw-Reifen mit Befüllcomputer

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Bild 2-2: Reifenmontagesystem mit integrierter computerunterstützter Befülleinrichtung

Auswuchten nach Vorschrift des Herstellers

Dabei beachten:

  • Auswuchtmaschinen mit einer Drehzahl < 100 min-1 dürfen nur dann ohne Schutzhaube betrieben werden, wenn Räder mit einem Felgendurchmesser < 20 Zoll gewuchtet werden; Voraussetzung ist jedoch, dass eine Gefährdung durch umlaufende Teile der Spannvorrichtung, z.B. durch entsprechend rund laufende Gestaltung, vermieden ist (Bild 2-3);

  • je nach Felgenbauart werden an das Anbringen von Wuchtgewichten wegen der unterschiedlichen Felgenkonstruktionen besondere Anforderungen gestellt; um hierbei Fehler weitgehend auszuschließen, sollten grundsätzlich nur die vom Fahrzeug- bzw. Felgenhersteller vorgegebenen Ausgleichsgewichte verwendet werden.

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Bild 2-3: Rund laufend gestaltetes Handrad an manuellen Auswuchtmaschinen

2.1.8
Rad am Fahrzeug befestigen

Dabei beachten:

  • Nabe, Radbolzen bzw. Muttern reinigen;

  • Rad "anstecken" und zunächst mit zwei gegenüberliegenden Radbefestigungsteilen von Hand locker befestigen, dann restliche Radbefestigungsteile ein- bzw. aufschrauben;

  • mit zwei Radbefestigungsteilen

  • bei leichten Bewegungen des Rades genaue Zentrierung gewährleisten;

  • alle Radbefestigungsteile mäßig anziehen;

    Hinweis: Das Anziehen der Befestigungselemente mit Schlagschraubern kann zu einer Überschreitung des zulässigen Anzugdrehmomentes führen, sodass keine sichere Befestigung sichergestellt ist. Deshalb untersagen die Fahrzeughersteller sowie der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) die Verwendung von Schlagschraubern.

  • nach dem Ablassen des Fahrzeugs entsprechend Herstellerangabe alle Radbefestigungsteile mit einem Drehmomentschlüssel kreuzweise anziehen;

  • gegebenenfalls (z.B. bei der Montage von Leichtmetallfelgen) Aufkleber im Fahrzeug anbringen, der auf ein notwendiges Nachziehen der Radbefestigungsteile hinweist.

2.1.9
Luftdruckkontrolle

Dabei beachten:

  • auch wenn nur ein Rad montiert wurde, bei allen Rädern den richtigen Luftdruck einstellen.

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