DGUV Information 203-061 - Gute Praxis im Etiketten- und Schmalbahndruck

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Abschnitt 4 - Brand- und Explosionsschutz

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Verschärfte gesetzliche Anforderungen einerseits und eine stärkere Eigenverantwortung im Unternehmen andererseits rücken den Brand- und Explosionsschutz auch im Etikettendruck in den Fokus. Das gilt besonders für den sicheren Umgang mit brennbaren Flüssigkeiten in den verwendeten Farben und Reinigern und das gefahrlose Bedienen der vorhandenen Technik. Ein Schwerpunkt dabei ist der Ersatz leichtflüchtiger Farben und Reiniger, um neben den möglichen Gesundheitsgefahren auch das Brand- und Explosionsrisiko weitestgehend auszuschließen.

Gemäß der Guten Praxis im Etiketten- und Schmalbahndruck gewährleistet ausschließlich der bestimmungsgemäße Gebrauch lösemittelhaltiger Farben und Reinigungsmittel einen wirkungsvollen Brand- und Explosionsschutz.

Anforderungen an Schmalbahndruckmaschinen

Generell gelten beim Bau und bei der Ausrüstung von Druckmaschinen auch hinsichtlich des Brand- und Explosionsschutzes die Anforderungen der → Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. Der Maschinenhersteller muss im Rahmen einer Risikobeurteilung die bestimmungsgemäße Verwendung seiner Maschine festlegen. Dazu gehört z.B. auch die Vermeidung von Brand- und Explosionsrisiken.

Für den Fall, dass in Druckmaschinen keine brennbaren Flüssigkeiten mit einem Flammpunkt kleiner 55° C verwendet werden und betriebsmäßig keine brennbaren Flüssigkeiten versprüht oder über ihren Flammpunkt hinaus erhitzt werden, sind keine Explosionsschutzmaßnahmen erforderlich (→ DIN EN 1010-1).

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Warnung vor feuergefährlichen Stoffen (Warnzeichen z.B. für leichtentzündliche Flüssigkeiten) und Hinweis auf eine Maschine in explosionsgeschützter Ausführung

Werden jedoch lösemittelhaltige Farben mit einem Flammpunkt kleiner 55° C verarbeitet, ist im Rahmen einer Risikobeurteilung zu prüfen, ob die geplante Anwendung der in der Betriebsanleitung beschriebenen bestimmungsgemäßen Verwendung entspricht. Andernfalls ist zu prüfen, ob zusätzliche Explosionsschutzmaßnahmen erforderlich sind. Kann explosionsfähige Atmosphäre in gefahrdrohender Menge (ab 10 l Volumen) nicht ausgeschlossen werden, müssen zusätzlich die Anforderungen aus der → ATEX-Richtlinie für Maschinenhersteller (RL 94/9/EG - ATEX 95) erfüllt sein. Das betrifft vor allem den Nachweis der Zündquellenfreiheit in den explosionsgefährdeten Bereichen entsprechend den ATEX-Leitlinien. Maschinen, bei deren bestimmungsgemäßer Verwendung explosionsfähige Atmosphäre in gefahrdrohender Menge auftreten kann, müssen bereits bauseitig diese Vorgaben berücksichtigen.

Existiert ein Druckmaschinenhersteller nicht mehr, fehlen notwendige Informationen oder reichen sie nicht aus, muss diese Aufgabe, begründet durch die → ATEX-Richtlinie für Betreiber (RL 1999/92/EG - ATEX 137) und die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), vom Betreiber selbst übernommen werden. Zu den Pflichten des Betreibers gehört auch gemäß Gefahrstoffverordnung die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung zu möglichen Brand- und Explosionsrisiken. Kann im Ergebnis dieser Gefährdungsbeurteilung die Bildung explosionsfähiger Atmosphäre in gefahrdrohender Menge nicht ausgeschlossen werden, ist ein Explosionsschutzdokument zu erstellen. Weitergehendes Informationsmaterial zur selbständigen Erarbeitung von Gefährdungsbeurteilungen und zur Erstellung von Explosionsschutzdokumenten ist über die Berufsgenossenschaft erhältlich.

Anforderungen an Reinigungseinrichtungen

Reinigungseinrichtungen in Druckereien lassen sich in zwei Gruppen einteilen:

  • in Druckmaschinen integrierte Reinigungseinrichtungen (Waschanlagen) und

  • externe Reinigungseinrichtungen außerhalb der Druckmaschine (Waschmaschinen).

Auch bei Reinigungseinrichtungen muss der Hersteller generell die Anforderungen der Maschinenrichtlinie berücksichtigen.

Die sicherheitstechnischen Anforderungen an in Druckmaschinen integrierte automatische Waschanlagen, auch in Verbindung mit Durchlauftrocknern, sind in der → DIN EN 1010-2 (Punkt 5.6.2 und 5.6.3) beschrieben. Die sicherheitstechnischen Anforderungen an Waschanlagen (Waschmaschinen) finden sich in der → DIN EN 12921 (Teil 1 bis 3).

Analog zu Druckmaschinen ist auch bei Reinigungseinrichtungen die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung über Brand- und Explosionsrisiken durch den Betreiber erforderlich. Ebenso ist ein Explosionsschutzdokument zu erstellen, wenn im Ergebnis dieser Gefährdungsbeurteilung die Bildung einer explosionsfähigen Atmosphäre in gefahrdrohender Menge nicht ausgeschlossen werden kann.

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Druckwerk einer Etikettendruckmaschine mit integrierter Wascheinrichtung

Etikettendruckmaschinen mit integrierten Waschanlagen

Werden in Druckmaschinen integrierte Waschanlagen gemeinsam mit Durchlauftrocknungseinrichtungen, z.B. UV- oder IR-Trockner, betrieben, muss sichergestellt sein, dass dabei keine Explosionsgefahren entstehen. Dies kann z.B. durch Zündung der beim Waschprozess freigesetzten Waschmitteldämpfe oder -nebel an heißen Oberflächen (Zündquelle) der Trocknungseinrichtung geschehen. Die möglichen Folgen wären eine Verpuffung oder ein Brand.

Um das zu verhindern, wird im einfachsten Fall durch eine Verriegelung zwischen Wasch- und Trocknungseinrichtung gewährleistet, dass der Waschvorgang erst dann in Gang gesetzt werden kann, wenn die Temperatur am abgeschalteten Trockner gefahrlos gering ist. Der Trockner wiederum kann erst dann in Betrieb genommen werden, wenn durch Lösemitteldämpfe keine Explosionsgefahren mehr bestehen. In begründeten Fällen können Ausnahmen zu dieser Regelung erteilt werden. Wird z.B. durch aussagefähige Messungen nachgewiesen, dass während des Waschvorgangs keine kritischen Konzentrationen an Waschmitteldämpfen bzw. -nebeln im Bereich des Trockners auftreten, kann die Verriegelung entfallen. Im Bedarfsfall begleitet die Berufsgenossenschaft das Verfahren und die notwendigen Messungen.

Für den Parallelbetrieb von Waschanlage und UV-Trockner dürfen ausschließlich Waschmittel mit Flammpunkten größer 55° C eingesetzt werden.

Die Schlauchleitungen zum Transport des Waschmittels zu den Wascheinrichtungen müssen so verlegt sein, dass Leckagen an Schlauchleitungen oder Kupplungen nicht dazu führen können, dass Lösemittel unbeabsichtigt in heiße Bereiche des UV-Trockners eindringen können. Eine sichere Methode besteht darin, alle Schlauchleitungen und Kupplungsstücke nur außerhalb der Druckmaschinenseitenwände zu verlegen oder durch dauerhafte Maßnahmen wie Trennbleche vom UV-Trockner abzuschotten. Vor allem bei Schlauchleitungen muss eine beschleunigte Alterung durch die Einwirkung von UV-Strahlung berücksichtigt werden.

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Ultraschallreinigungsanlage für Rasterwalzen

Waschmaschinen

Waschmaschinen für eine externe Grundreinigung müssen ebenfalls den Anforderungen der Maschinenrichtlinie und im Einzelfall unter Umständen auch den ATEX-Richtlinien entsprechen. Bei Waschmaschinen, die mit Sprüh-, Bürsten- oder anderen aerosolbildenden Verfahren arbeiten, ist der Waschmaschinendeckel mit einer Verriegelung mit Zuhaltung zu versehen. Sie muss während des gesamten Waschbetriebes wirksam sein. Ausnahmen davon sind z.B. möglich, wenn die Waschmaschine an eine ausreichend wirksame Absaugung angeschlossen ist.

Entstehen beim Einsatz brennbarer Flüssigkeiten Aerosole, z.B. beim Versprühen, verliert das Flammpunktkriterium als Bewertung seine ursprüngliche Bedeutung. Selbst brennbare Flüssigkeiten mit Flammpunkten größer 100° C erzeugen unter diesen Bedingungen eine explosionsfähige Atmosphäre.

Nicht explosionsgeschützte Waschmaschinen

Werden in nicht explosionsgeschützten (nicht ATEX-konformen) Waschmaschinen lösemittelhaltige Reinigungsmittel eingesetzt, gelten folgende Voraussetzungen:

Es sind organische Lösemittel mit Flammpunkten größer 55° C zulässig, wenn

  • keine zusätzliche Erwärmung möglich ist und

  • keine Sprüh-, Bürsten- und andere aerosolbildende Verfahren angewendet werden.

Wassermischbare organische Lösemittel mit einem Wasseranteil größer 80 % sind generell zulässig, wenn

  • die Temperatur des Waschmittels ständig mindestens 15 K unterhalb des Flammpunktes des organischen Lösemittels liegt und

  • der Flammpunkt des organischen Lösemittels größer 55° C ist.

Explosionsgeschützte Waschmaschinen

In explosionsgeschützten (ATEX-konformen) Waschmaschinen, in denen Sprüh-, Bürsten- oder andere aerosolbildende Verfahren zur Anwendung kommen, besteht im Gasraum über der Flüssigkeit im Inneren der Waschmaschine während des Waschvorganges immer eine explosionsfähige Atmosphäre (Zone 0; siehe Tabelle). Dies gilt für alle Waschmittel mit mehr als 20 % organischer Lösemittel unabhängig vom Flammpunkt.

Zusätzlich muss der Hersteller eine Zündquellenanalyse gemäß → ATEX 95 durchführen und dokumentieren. Liegt diese nicht vor, muss der Betreiber entsprechend → ATEX 137 diese selbst durchführen und dokumentieren. Im Bedarfsfall sind Explosionsschutzmaßnahmen anzuwenden.

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Manuelles Reinigen in Druckmaschinen und an Handwaschplätzen

Auch für das manuelle Reinigen dürfen aus Gründen des Gesundheits- und Brandschutzes nur Wasch- und Reinigungsmittel mit einem Flammpunkt größer 55° C verwendet werden. Das Arbeiten mit Spritzflaschen stellt dabei einen zusätzlichen Risikofaktor dar (schlechte Dosierung, permanente Verdunstung). Weitere Informationen Sichere Alternativen sind Sicherheitsflaschen, Feindosierer, so genannte Annetzkannen oder Sparanfeuchter, die über den Fachhandel bezogen werden können.

Für das sichere manuelle Reinigen ist für die verwendeten Wasch- und Reinigungsmittel eine Betriebsam-Weisung nach Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) zu erstellen.

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Das Versprühen der Waschmittel mit einer Spritzflasche ist zu vermeiden, um einer Aerosolbildung vorzubeugen

bgi-8698_info.jpgWeitere Informationen

  1. Maschinenrichtlinie 2006/42/EG

  2. DIN EN 1010-1 und DIN EN 1010-2 (Punkt 5.6.2 und 5.6.3)

  3. ATEX 95: Richtlinie für Maschinenhersteller RL 94/9/EG

  4. ATEX 137: Richtlinie für Betreiber RL 1999/92/EG

  5. DIN EN 12921 (Teil 1 bis 3).