DGUV Information 201-020 - Sicherheitshinweise für grabenloses Bauen

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Abschnitt 3.1 - 3 Gemeinsame Bestimmungen
3.1 Allgemeines

3.1.1 Vorübergehender Personaleinsatz im Rohr

Bei Rohrvortrieben mit unbemannten Verfahren ist der vorübergehende Einsatz von Personal im Rohrstrang oder in der Vortriebsmaschine nur dann zulässig, wenn die in der Tabelle angegebenen Bedingungen eingehalten sind.

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Abb. 1 Schematische Darstellung des Mindestlichtmaßes (MLM)

Tabelle 1 Personaleinsatz in Abhängigkeit der Mindestlichtmaße (MLM)

MLM (mm)i.d.R. DN (mm)Personaleinsatz
< 600< 800nicht zulässig
≥ 600 bis < 800≥ 800 bis < 1000zulässig bei Vortriebslängen 150 nur zum Beheben von Störungen
  • nicht für Hindernisbeseitigung aus der Vortriebsmaschine heraus

  • nicht für Kontrollvermessungen

≥ 800 bis < 1000≥ 1000 bis < 1200zulässig bei Vortriebslängen ≥ 200 m nur zum Beheben von Störungen und für Inspektion und Wartung
  • nicht für Hindernisbeseitigung aus der Vortriebsmaschine heraus

  • nicht für Kontrollvermessungen

≥ 1000 bis < 1200≥ 1200 bis < 1400zulässig bei Vortriebslängen ≤ 250 m
  • für Kontrollvermessungen möglich, wenn Sohle frei von Einbauten

  • nicht für Hindernisbeseitigung aus der Vortriebsmaschine heraus

≥ 1200 bis < 1800≥ 1400 bis < 2000zulässig
  • Hindernisbeseitigung nur eingeschränkt möglich, in Abhängigkeit von Art, Lage und Abmessungen des Hindernisses, vom Maschinentyp und vom Baugrund und der erforderlichen Hilfs- und Sicherungsmaßnahmen

≥ 1800≥ 2000zulässig
  • Hindernisbeseitigung möglich, in Abhängigkeit von Art, Lage und Abmessungen des Hindernisses, vom Maschinentyp und vom Baugrund und der erforderlichen Hilfs- und Sicherungsmaßnahmen

3.1.2 Leitung und Aufsicht

Die Arbeiten müssen von fachlich geeigneten Vorgesetzten geleitet werden. Diese müssen die vorschriftsmäßige Durchführung der Arbeiten gewährleisten.

Die Arbeiten müssen durch Aufsichtführende beaufsichtigt werden; sie müssen während der Arbeiten auf der Baustelle ständig anwesend sein.

Aufsichtführender oder Aufsichtsführende ist, wer die arbeitssichere Durchführung der Arbeiten zu überwachen und für die arbeitssichere Ausführung zu sorgen hat. Er oder sie muss hierfür ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen besitzen sowie weisungsbefugt sein.

Zur Pflichtenübertragung siehe DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".

3.1.3 Gefährdungsbeurteilung und Unterweisung

Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat Gefährdungen baustellenbezogen zu ermitteln und die notwendigen Schutzmaßnahmen in einer Betriebsanweisung festzulegen. Bei dieser Gefährdungsbeurteilung sind auch mögliche Störfälle zu berücksichtigen.

Mögliche Störfälle sind z. B. Vortriebshindernisse, Maschinenausfälle, Stopfer in Förderleitungen, Wassereinbrüche, Anschneiden von kontaminierten Bereichen, Kampfmittel

Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat sicherzustellen, dass die Versicherten über die bei ihren Tätigkeiten auftretenden Gefahren arbeitsplatzbezogen unterwiesen werden. Die Unterweisung muss vor Aufnahme der Tätigkeit, bei Bedarf, in angemessenen Zeitabständen, mindestens jedoch einmal jährlich erfolgen und nachweisbar sein.

3.1.4 Alleinarbeit

Grundsätzlich dürfen Arbeiten des grabenlosen Bauens nicht von einer Person allein ausgeführt werden. Abweichend hiervon kann der Unternehmer oder die Unternehmerin im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festlegen, für welche Arbeiten Alleinarbeit zulässig ist. In der Betriebsanweisung ist festzulegen, welche zusätzlichen Schutzmaßnahmen in diesen Fällen vorzusehen sind. Insbesondere ist die Überwachung, die Meldesysteme und die Organisation der Ersten Hilfe zu regeln.

Siehe auch § 8 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention".

3.1.5 Arbeitsmedizinische Betreuung

Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass die Versicherten arbeitsmedizinisch betreut werden und die erforderlichen arbeitsmedizinischen Vorsorgebescheinigungen vorliegen.

Arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge ist erforderlich bei gesundheitlichen Gefährdungen durch z. B. Lärm, Vibration, Staub, Umgang mit Gefahrstoffen, Arbeiten in bestehenden abwassertechnischen Anlagen.

Siehe auch DGUV Vorschriften 6 bzw. 7 "Arbeitsmedizinische Vorsorge".

3.1.6 Erste Hilfe

Der Unternehmer oder die Unternehmerin hat dafür zu sorgen, dass

  1. 1.

    die für Rettung aus Gefahr und für Erste Hilfe erforderlichen Personen und Einrichtungen zur Verfügung stehen und

  2. 2.

    Meldeeinrichtungen vorhanden sind sowie durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt ist, dass unverzüglich Hilfe herbeigerufen und an den Einsatzort geleitet werden kann

Siehe auch §§ 24 und 25 der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" und DGUV Regel 112-139 "Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen".

3.1.7 Lärm

Für Arbeitsplätze in Lärmbereichen sind insbesondere folgende Bestimmungen zu beachten:

  • Maßnahmen zur Lärmdämmung nach dem Stand der Technik

  • die Verpflichtung, Gehörschutz zu tragen

  • arbeitsmedizinische Betreuung

3.1.8 Persönliche Schutzausrüstungen

Der Unternehmer oder die Unternehmerin haben den Versicherten die folgenden persönlichen Schutzausrüstungen zur Verfügung zu stellen:

  1. 1.

    Kopfschutz (Schutzhelme)

  2. 2.

    Fußschutz (Sicherheitsschuhe/Sicherheitsgummistiefel)

  3. 3.

    Handschutz (Schutzhandschuhe)

  4. 4.

    erforderlichenfalls weitere persönliche Schutzausrüstungen

    • Gehörschutz

    • Augenschutz

    • Hautschutz

    • Atemschutz

    • Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz

    • Warnweste

    • besondere Schutzkleidung (z. B. für Schweißarbeiten oder beim Umgang mit Gefahrstoffen)

Siehe auch DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" und verschiedene DGUV Regeln für den Einsatz von persönlichen Schutzausrüstungen (siehe Anhang).

Die Versicherten haben die zur Verfügung gestellten persönlichen Schutzausrüstungen zu benutzen. Sie haben die persönlichen Schutzausrüstungen vor der Benutzung auf ordnungsgemäßen Zustand und erkennbare Mängel zu prüfen. Mangelhafte persönliche Schutzausrüstungen dürfen nicht benutzt werden.

3.1.9 Baugrunderkundungen und -beobachtungen

Vor Beginn der Arbeiten hat der Unternehmer oder die Unternehmerin zu ermitteln, ob im vorgesehenen Arbeitsbereich Anlagen oder Stoffe vorhanden sind, durch die Personen gefährdet werden können.

Gefahren können ausgehen z. B. von

  • erdverlegten Rohrleitungen und Kabeln,

  • Kampfmitteln im Baugrund (z. B. Bombenblindgänger),

  • Kanälen und Schächten, in denen Krankheitskeime oder explosionsfähige Atmosphäre vorhanden sind,

  • Gefahrstoffen (Gase, Dämpfe, Stäube).

Sind solche Anlagen oder Stoffe vorhanden, müssen die erforderlichen Schutzmaßnahmen im Einvernehmen mit den zuständigen Behörden und den Eigentümern und Betreibern der Anlagen festgelegt und durchgeführt werden. In Bezug auf Kampfmittel ist die ggf. erforderliche schriftliche Bestätigung der Freiheit von Kampfmitteln von den Bauherren/Auftraggebern einzufordern.

Bei erdverlegten Leitungen können Lage und Verlauf durch Rückfrage bei den Leitungsbetreibern und durch Anlegen von Suchgräben oder durch Kabelsuchgeräte ermittelt werden.

Erforderliche Schutzmaßnahmen sind z.B.:

  • Kennzeichnen des Leitungsverlaufs vor Beginn der Arbeiten

  • Festlegen und Einhalten von Sicherheitsabständen

    • bei elektrischen Leitungen und Kabeln siehe Merkblatt

      DGUV Information 203-017 "Schutzmaßnahmen bei Erdarbeiten in der Nähe erdverlegter Kabel und Rohrleitungen" und TRGS 524 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen"

    • bei Gasleitungen siehe DVGW-Arbeitsblatt GW 315

Bei der Planung der Ausführung der Vortriebsabschnitte muss ein ausreichender Sicherheitsabstand zu dem im Boden befindlichen Anlagen gewährleistet sein.

Zu berücksichtigende Einflüsse sind z.B.:

  • Lagetoleranzen bestehender Anlagen

  • Steuertoleranzen beim Vortrieb

  • Auswirkungen durch Bodenverdrängung oder -auflockerung

Ist mit dem Vorhandensein von Gefahrstoffen (z. B. Baugrundkontamination) zu rechnen, sind die Maßnahmen nach

  • Gefahrstoffverordnung,

  • DGUV Regel 101-004 "Kontaminierte Bereiche"

zu ergreifen.

Bei unvermutetem Antreffen von solchen Anlagen und Stoffen sind die Arbeiten sofort zu unterbrechen. Besteht eine Gefährdung, sind Sicherungsmaßnahmen durchzuführen. Der oder die Aufsichtführende ist zu verständigen.

Sicherungsmaßnahmen sind z. B:

  • Absperren des Gefahrbereiches

  • Versicherte und Passanten warnen und fernhalten

3.1.10 Standsicherheit und Tragfähigkeit

Bauliche Anlagen und ihre Teile, Start- und Zielschächte, Hilfskonstruktionen, Gerüste, Laufstege und andere Einrichtungen müssen so bemessen, aufgestellt, unterstützt, verankert und beschaffen sein, dass sie die bei der vorgesehenen Verwendung anfallenden Lasten aufnehmen und ableiten können. Sie dürfen nicht überlastet werden und müssen auch während der einzelnen Bauzustände standsicher sein.

Standsicherheit und Tragfähigkeit müssen überwacht werden. Mängel und Gefahrzustände sind unverzüglich zu beseitigen.

Die Standsicherheit und Tragfähigkeit können beeinträchtigt werden, z. B. durch:

  • Sturm, starken Regen, Frost und ähnliche Naturereignisse

  • heftige Erschütterungen durch Rammungen, Sprengungen, Fahrzeugverkehr

  • Überlastung von Pressgrubenwänden z. B. Widerlager

  • Hohlräume im Baugrund

3.1.11 Arbeitsplätze und Verkehrswege

Arbeitsplätze müssen über sicher begeh- oder befahrbare Verkehrswege erreicht und verlassen werden können.

Arbeitsplätze und Verkehrswege müssen so eingerichtet und beschaffen sein sowie erhalten werden, dass sie sicher benutzt werden können. Dies gilt insbesondere hinsichtlich Absturzgefahr, Oberflächenbeschaffenheit, Abmessungen, Beleuchtung und Belüftung.

Das bedeutet, dass z. B. trittsichere Verkehrswege, Arbeitsplattformen oder -ebenen zur Verfügung stehen und die Arbeitsraumbreiten nach DIN 4124 "Baugruben und Gräben" eingehalten werden.

3.1.12 Verkehrssicherung

Vor Arbeiten im Bereich von öffentlichen Verkehrswegen sind im Einvernehmen mit den zuständigen Behörden Sicherungsmaßnahmen festzulegen. Die Arbeits- und Verkehrsbereiche sind zu sichern.

Siehe auch:

Solche Maßnahmen können z. B. sein:

  • geänderte Verkehrsführung

  • Geschwindigkeitsbegrenzung

  • Absperrungen, transportable Schutzwände

  • Signaleinrichtungen

Um eine sichere Verständigung zwischen den einzelnen Einsatzstellen (Start-, Zielschacht) auch ohne gefährliches Überqueren des Verkehrsweges zu ermöglichen, sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, z. B. Bereitstellung von Funkgeräten.