DGUV Information 209-023 - Lärm am Arbeitsplatz

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Abschnitt 5.4 - 5.4 Grundlagen der Geräuschemission

Laut LärmVibrationsArbSchV müssen innerhalb einer Gefährdungsbeurteilung Herstellerangaben zur Geräuschemissionen von Maschinen herangezogen werden, um Maschinen miteinander zu vergleichen und im Vergleich lärmarme Produkte auswählen und kaufen zu können.

Die EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, in Deutschland in der 9. Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz umgesetzt, präzisiert, welche Angaben die Hersteller in der Betriebsanleitung sowie in Verkaufsliteratur, die auch die Leistungsangaben der Maschine enthält, zu den Geräuschemissionen machen müssen:

  1. 1.

    A-bewerteter Emissionsschalldruckpegel LpA an den Arbeitsplätzen

    • ist er kleiner oder gleich 70 dB(A), muss es wie folgt notiert werden:

      LpA ≤ 70 dB(A)

    • ist er größer 70 dB(A), wird der Wert konkret angegeben

      LpA = xx dB(A)

    Bei großen Maschinen oder, wenn der Arbeitsplatz nicht genau definiert ist, kann der Emissionsschalldruckpegel mit den Maßen 1,60 m Höhe und 1 m Abstand zur Maschine angegeben werden.

  2. 2.

    Höchstwert des momentanen C-bewerteten Emissionsschalldruckpegels LpC,peak an den Arbeitsplätzen, sofern er 130 dB(C) übersteigt.

  3. 3.

    A-bewerteter Schallleistungspegel der Maschine LWA ist anzugeben, falls der A-bewertete Emissionsschalldruckpegel am Arbeitsplatz 80 dB übersteigt.

LpA und LWA dienen folgenden Zwecken:

  • dem Vergleich der Geräuschemission von Maschinen gleicher oder unterschiedlicher Art

  • dem Vergleich mit vorgegebenen Emissionswerten (z. B. Grenzwerten)

  • der Festlegung von Kennzeichnungswerten

  • der Prüfung vertraglich vereinbarter Werte

  • der Abschätzung von Geräuschimmissionen bei Planungsaufgaben

Im Rahmen dieser DGUV Information können nur die Prinzipien und die wichtigsten Daten der Geräuschemission genannt werden. Um es praktisch umzusetzen, reicht es im Allgemeinen, die Messungen und Auswertungen zu verstehen, die Protokolle deuten und daraus Schlüsse ziehen zu können. Außerdem sollten die wichtigsten Bestimmungen und technischen Regeln bekannt sein. Für die korrekte Ermittlung der Geräuschemission von Maschinen sind umfangreiche Fachkenntnisse und eine sehr gute Übersicht der einschlägigen Normen erforderlich, die in dieser Broschüre nicht vermittelt werden kann.

5.4.1
Emissionen und Immissionen

Bei den unter den Abschnitten 5.1 und 5.2 genannten Schalldruckpegeln handelt es sich um Immissionsdaten. Sie beschreiben die Einwirkung auf eine Person oder auf einen Messort, der meist einen bestimmten Arbeitsplatz repräsentiert. Auf die Person oder den Messort können Schall verschiedener Maschinen sowie Reflexionen von Begrenzungsflächen einwirken und sich dort überlagern.

Emissionsdaten bezeichnen hingegen die Geräuschabstrahlung EINER Maschine ohne Reflexionen von Decken, Wänden und Böden.

Beide Werte werden jedoch über dieselbe Einheit dargestellt dB(A), so dass bei Angaben in der Literatur immer darauf zu achten ist, um welche Größe es sich handelt (Immission oder Emission?).

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Abb. 17
Immission - Emission

5.4.2
A-bewerteter Emissionsschalldruckpegel LpAan den Arbeitsplätzen

Beim Emissionsschalldruckpegel LpA handelt es sich um den Schalldruckpegel einer einzelnen Maschine an einem definierten Arbeitsplatz einer Bedienperson bei festgelegten Betriebsbedingungen ohne zusätzliche Beeinflussung der Raumrückwirkungen, wie Reflexionen von Decke, Boden und Wand.

Die Bestimmung des Emissionsschalldruckpegels am Arbeitsplatz ist in den Grundnormen DIN EN ISO 11201:2010-10 Akustik - Geräuschabstrahlung von Maschinen und Geräten [...]" bis DIN EN ISO 11205 beschrieben.

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Abb. 18
Emissionsschalldruckpegel am Arbeitsplatz

5.4.3
Höchstwert des momentanen C-bewerteten Emissionsschalldruckpegels LpC,peakan den Arbeitsplätzen

Der C-bewertete Spitzenschalldruckpegel LpC,peak ist eine Kenngröße, die angegeben wird, wenn am Arbeitsplatz der Spitzenschalldruckpegel 130 dB(C) übersteigt.

5.4.4
A-bewerteter Schallleistungspegel LWA

Der Schallleistungspegel beschreibt die insgesamt abgestrahlte Schallenergie pro Zeiteinheit, die von einer Maschine an die Umgebung abgegeben wird. Er ist eine maschinenspezifische Größe, die unabhängig von der Entfernung ist.

Der Schallleistungspegel LW ergibt sich aus den auf der Hüllfläche gemessenen, energetisch gemittelten Schalldruckpegeln Lp:

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Tabelle 15
Größen zur Berechnung des Schallleistungspegels

Erläuterung der Größen
GrößeEinheitErläuterung
LWdB(A)Schallleistungspegel dB(A) re 10-12 W
LpdB(A)mittlerer Schalldruckpegel auf der Messfläche S in dB(A) re 2 ・ 10-5 Pa
Sm2Messflächeninhalt
K1dB(A)Korrekturwert für den Fremdgeräuscheinfluss
K2dB(A)Korrekturwert für die Raumrückwirkung

Bei der Messung in betrieblicher Umgebung sind Fremdgeräusche und Raumeinflüsse in den meisten Fällen nicht zu vermeiden und müssen für eine korrekte Bestimmung des Schalleistungspegels berücksichtigt werden.

Die Korrekturfaktoren K1 und K2 werden nach DIN EN ISO 3744:2011-02 "Akustik - Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen - Hüllflächenverfahren der Geräuschklasse 2 für ein im Wesentlichen freies Schallfeld über einer reflektierenden Ebene" beziehungsweise DIN EN ISO 3746:2011-03 "Akustik - Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen - Hüllflächenverfahren der Geräuschklasse 3 über einer reflektierenden Ebene" ermittelt.

Wird zum Beispiel der mittlere Schalldruckpegel auf einer halbkugelförmigen Messfläche (S = 2πr2) mit Radius r = 4 m über einer näherungsweise punktförmigen Schallquelle mit 80 dB(A) gemessen, ergibt sich folgender Schallleistungspegel (Gleichung 17, Annahme K1 = K2 = 0 dB):

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Bei Messung, zum Beispiel in doppelter Entfernung, (2 × 4 = 8 m) reduziert sich der mittlere Schalldruckpegel entsprechend der Regel "6 dB pro Abstandsverdoppelung", und beträgt also nur noch 74 dB(A). Allerdings erhöht sich durch den Wert r = 8 m auch die Größe der Messfläche. Damit ergibt sich ein Schallleistungspegel von:

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Man sieht, dass sich derselbe Wert ergibt, die Größe "Schallleistungspegel" also unabhängig von der Messentfernung ist.

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Abb. 19 und 20
Hüllfläche mit zwei verschiedenen Entfernungen zum Messobjekt

Der Schallleistungspegel ist die wichtigste Geräuschemissionskenngröße und besonders geeignet, Maschinen gleicher Art in Bezug auf ihre Geräuschemission miteinander zu vergleichen und Lärmminderungsmaßnahmen an der Quelle (Maschine) zu beurteilen. Der Schallleistungspegel kann als Kennwert einer Maschine bezeichnet werden, vergleichbar mit der Drehzahl, Tragfähigkeit oder anderen maschinenspezifischen Daten. In Bezug auf den Pegel ist es zunächst unerheblich, die exakte Position der dort beschäftigten Person zu kennen.

Zur Bestimmung des Schallleistungspegels können verschiedene Messverfahren angewendet werden, wie das Hüllflächenverfahren (DIN EN ISO 3744:2011-02 "Akustik - Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen - Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 2 für ein im Wesentlichen freies Schallfeld über einer reflektierenden Ebene" und DIN EN ISO 3746:2011-03 "Akustik - Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen - Hüllflächenverfahren der Genauigkeitsklasse 3 über einer reflektierenden Ebene") oder Intensitätsmessungen (Normenreihe DIN EN ISO 9614).

Im ersten Schritt entsteht ein virtueller Bezugsquader, der die Maschine umschließt. Er ist die Basis für die Hüllfläche, die in 1 m Abstand definiert wird.

Die Form der Hüllfläche kann eine Halbkugel, aber auch ein Quader sein.

In der DIN EN ISO 3744 und DIN EN ISO 3746 werden, je nach Größe der Hüllfläche, eine bestimmte Anzahl Messpunkte definiert. An jedem der Messpunkte wird der Schalldruckpegel gemessen. Die Messwerte an den festgelegten Messpunkten ergeben den unkorrigierten 1-m-Messflächen-Schalldruckpegel. Im Anschluss erfolgt noch eine Korrektur, um den Fremdgeräuscheinfluss (K1) und den Einfluss von reflektiertem Schall (K2) zu eliminieren (falls vorhanden).

Als Fremdgeräusch werden andere Schallquellen bezeichnet. Dazu zählen auch andere Maschinen in unmittelbarer Umgebung der Messvorgänge. Die Messung sollte in Abwesenheit anderer Lärmquellen durchgeführt werden. Das ist in einigen Fällen nicht umsetzbar, zum Beispiel bei verketteten Anlagen.

Der Fremdgeräuschpegel darf beim Hüllflächenverfahren bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Die mittleren Schalldruckpegel der Fremdgeräusche sollten mindestens 6 dB unter dem mittleren Schalldruckpegel der zu untersuchenden Schallquelle liegen, vorzugsweise aber mehr als 15 dB.

Verwendet man eine Intensitätssonde (Normenreihe DIN EN ISO 9614, siehe auch Abschnitt 5.7 "Auswahl von Schalldruckpegelmessgeräten"), können Fremdgeräusche besser vom Geräusch der zu messenden Maschine unterschieden werden. Bei der Messung mit einer Sonde wird nur selten an einzelnen Punkten gemessen (ISO 9614-1), sondern es werden zumeist Flächen gescannt (ISO 9614-2 oder ISO 9614-3).

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Abb. 21
Geräuschemissionsmessung an einem Drucklufterzeuger

5.4.5
Hinweise für die Praxis

Beim Einkauf von Maschinen sind die oben genannten Parameter, meist der Emissionsschalldruckpegel am Arbeitsplatz LpA und der Schallleistungspegel LWA, zu beachten.

Der Hersteller muss die genannten Werte der Maschine angeben. Gegebenenfalls ist die Einhaltung bestimmter Werte vom Betreiber zu definieren, um die eigenen Zielvorgaben im Unternehmen einhalten zu können. Bei der Angabe der Werte ist es wichtig, dass auch die Betriebsbedingungen genannt werden, unter denen sie ermittelt worden sind. Es klingt plausibel, dass eine Maschine im Leerlauf leiser ist, als mit einem Produkt befüllt und dass eine Maschine mit voller Leistung lauter ist als eine Maschine, die mit halber Leistung gefahren wird. Im besten Fall ist der Betriebszustand gemessen worden, mit dem die Maschine später auch im Unternehmen betrieben wird.

Die Angaben in einem Geräuschdatenblatt einer Maschine können aussehen, wie in Tabelle 16 beschrieben. Auch hier sind, genau wie bei den Immissionsdaten, Messunsicherheiten anzugeben.

In maschinenspezifischen Normen (sog. C-Normen), für einzelne Maschinen oder Maschinengruppen verfügbar, sind Messanforderungen für verschiedene Betriebsbedingungen im Einzelnen aufgeführt (Muster eines Bestellschreibens, siehe Anhang 2).

Tabelle 16
Geräuschemissionsangaben gemäß EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG

Typnummer der Maschine, Betriebsbedingungen und weitere spezifische Angaben:
Drehautomat Typ 990, Modell 11-TC, 50 Hz, 230 V,
KenngrößenLeerlaufLast/Bearbeitungangewendete Norm
Zweizahl-Angabe nach DIN EN ISO 4871
Schallleistungspegel
LWA (in dB re 1 pW) 88 dB95 dBDIN ISO 8525: 2013-01
Unsicherheit KWA2 d2 dB
Emissionsschalldruckpegel
am Arbeitsplatz LpA
(in dB re 20 µPa) oder an anderen festgelegten
Orten
76 dB83 dBDIN ISO 8525: 2013-01
Unsicherheit KWA2 dB2 dB
Emissions-Spitzenschalldruckpegel
LpC,peak (in dB re µPa) 110 dB112 dBDIN ISO 8525: 2013-01
Die Werte wurden nach der maschinenspezifischen Prüfnorm DIN ISO 8525:2013-01 mit Bezug zur DIN ISO 230-5:2006-03 und den Rahmenmessnormen DIN EN ISO 3744:2011-02 sowie DIN EN ISO 11202:2010-10 ermittelt.
Anmerkung: Angegebene Einzahl-Geräuschemissionswerte sind die Summe aus den Messwerten und den zugehörigen Unsicherheiten, sie stellen eine obere Grenze der Werte dar, die bei Messungen auftreten können.