DGUV Information 209-023 - Lärm am Arbeitsplatz

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Abschnitt 5.3 - 5.3 Ermittlung raumakustischer Kennwerte

Zur Ermittlung der raumakustischen Kennwerte sind, je nach Vorgabe, unterschiedliche Messmethoden anzuwenden. So kann einerseits, auf Basis einer Nachhallzeitmessung, oktavbandweise der mittlere Schallabsorptionsgrad ᾱ berechnet werden. Ist keine Messung möglich, kann auf Basis von Tabellen mit Schallabsorptionsgraden ein mittlerer Schallabsorptionsgrad ᾱ angegeben werden, der über die Oktavbänder gemittelt worden ist. Wird eine Beurteilung nicht auf Basis der Nachhallzeit, sondern auf Basis der Schallpegelabnahme pro Abstandsverdoppelung DL2 durchgeführt, muss eine andere Messmethode angewandt werden.

Im folgenden Abschnitt werden die Messmethoden mit den daraus resultierenden Ergebnissen dargestellt und mit den Vorgaben der TRLV "Lärm" und der ASR A3.7 in Verbindung gebracht.

5.3.1
Ermittlung der Nachhallzeit

Vorgaben zur Ermittlung der Nachhallzeit sind in der DIN EN ISO 3382-2:2008-09 standardisiert. Darin werden mehrere Verfahren dargestellt, die es ermöglichen, die Nachhallzeit eines Raums zu bestimmen. Zwei etablierte Methoden werden hier dargestellt.

Unabhängig von der genutzten Methode wird ein Messgerät mit einer entsprechenden Option zur Messung der Nachhallzeit benötigt. Die genutzte Schallquelle soll an einer für den Raum üblichen Stelle (z. B. Lehrerpult im Klassenzimmer) oder in einer Raumecke positioniert werden. Das Mikrofon des Messgeräts soll möglichst weit von der Schallquelle entfernt sein. Der Abstand von mindestens einem Meter zu reflektierenden Oberflächen muss dabei eingehalten werden. Raumsymmetrische Positionen sollen vermieden werden. Zusätzlich ist jeweils ein Abstand von etwa zwei Metern zwischen den Positionen einzuhalten. Die Messungen finden in Abwesenheit von Personen statt (Messpersonen ausgenommen).

Die DIN EN ISO 3382-2:2008-09 unterscheidet folgende Arten der Anregung des Raums:

  1. a.

    impulshaltiges Geräusch, z. B. Platzen eines Luftballons, Betätigen einer Starterklappe oder Schuss einer Starterpistole

  2. b.

    abgeschaltetes Rauschen über einen Lautsprecher mit einer ungerichteten Abstrahlung des Schalls, bzw. gleichmäßige Abstrahlung in alle Richtungen

Voraussetzung für die Messung der Nachhallzeit ist ein Pegelunterschied zwischen dem Nutzsignal (hier die Signale unter a) oder b)) und dem Hintergrundgeräuschpegel im Raum von mindestens 35 dB in den relevanten Oktavbändern (in der Akustik häufig als Signal-Rauschabstand, signal to noise ratio - SNR bezeichnet).

Dabei werden von den meisten Messgeräten die Parameter T20 oder T30 ermittelt. Sie beschreiben den Pegelabfall von 20 bzw. 30 dB und extrapolieren den Wert auf die genannten 60 dB, sodass keine weiteren Berechnungen notwendig sind. Die Parameter sind so gewählt, weil in den meisten Fällen kein SNR von mehr als 60 dB gewährleistet werden kann. Bei der Messung von T30 ist bereits ein SNR von 45 dB notwendig.

5.3.2
Berechnung des mittleren Schallabsorptionsgrads

Nach erfolgter Messung der Nachhallzeit T kann der mittlere Schallabsorptionsgrad pro Oktavband zum Vergleich mit den Kennwerten aus der TRLV "Lärm" oder der ASR A3.7 berechnet werden (vgl. Abschnitt 4). Dazu sind zusätzlich die Raummaße zu erfassen (Länge, Breite, Höhe), sodass daraus das Raumvolumen V (in m3) und die Gesamtoberfläche des Raums S (in m2) berechnet werden können (vgl. Abschnitt 2.5).

Auf Basis der Gleichung 16 kann ᾱ oktavbandweise wie folgt berechnet werden:

ccc_1637_as_41.jpg

5.3.3
Abschätzung der raumakustischen Kennwerte

Ist eine Messung, zum Beispiel aufgrund eines hohen Fremdgeräuschpegels, nicht möglich, kann der mittlere Schallabsorptionsgrad über die Absorptionsgrade der einzelnen Wände, des Bodens und der Decke abgeschätzt werden. Das erfordert Kenntnis über die einzelnen verbauten Materialien (Datenblätter mit Messergebnissen nach DIN EN ISO 354:2003-12 "Akustik - Messungen der Schallabsorption in Hallräumen" oder DIN EN ISO 11654:2018-05 "Akustik - Schallabsorber - Bewertung von Schallabsorptionsgraden" bzw. Schallabsorptionsgradtabellen in TRLV "Lärm", ASR A3.7, DIN 18041:2016-03 "Hörsamkeit in Räumen, Anforderungen, Empfehlungen und Hinweise für die Planung" oder weiteren Quellen). Damit ist in den meisten Fällen nur ein über alle Oktavbänder gemittelter, mittlerer Schallabsorptionsgrad abschätzbar.

5.3.4
Messung der Schallpegelabnahme pro Abstandsverdoppelung

Für die Messung des im Abschnitt 2.5 beschriebenen Parameters DL2 wird - neben einem Schallpegelmesser mit Anzeige der Oktavbandpegel - eine Vergleichsschallquelle benötigt:

  • mit einem bekannten Schallleistungsspektrum

  • mit einer möglichst gleichförmigen Abstrahlung in alle Raumrichtungen

  • mit einem zeitlich konstanten Pegel

Die Schallquelle wird in mindestens 3 m Entfernung zu reflektierenden Flächen auf einer Höhe von 1,5 m positioniert. Die Positionen des Schallpegelmessers befinden sich nach Angaben der TRLV "Lärm" in gerader Linie zur Schallquelle jeweils in einem Abstand von 0,75 m, 1,5 m, 3 m und 6 m. Die Abstände der Messpositionen zu reflektierenden Oberflächen müssen mindestens 1,5 m betragen. Dieser Messpfad sollte sich möglichst in einem Arbeitsbereich und nicht in einem Flur befinden. In großen Hallen sind mehrere Messpfade in Längs- und in Querrichtung erforderlich. An jeder Messposition sind Schalldruckpegel der Testschallquelle und der Fremdgeräuschpegel zu erfassen. Beträgt die Differenz weniger als 10 dB, ist eine Fremdgeräuschkorrektur vorzunehmen. Als Ergebnis wird die Schallpegelabnahme pro Abstandsverdopplung in den Oktavbändern von 500 Hz bis 4000 Hz dargestellt.

Diese Messmethode eignet sich besonders für große Räume (Volumen größer 10.000 m3). Weiterführende Informationen bieten die TRLV "Lärm" Teil 3, das IFA-LSA 01-234 und die DIN EN ISO 14257.