IFA-LSA 01-400 - Geräuschminderung im Betrieb - Lärmminderungsprogramm

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Abschnitt 5.11 - 5.11 Vergleich mit Auslösewerten

5.11.1
Allgemeines

In vielen Fällen mag es ausreichen, als Ergebnis nur den Lärmexpositionspegel zusammen mit der Unsicherheit bzw. der Genauigkeitsklasse anzugeben. Bei verschiedenen Aufgaben kann jedoch die Entscheidung gefragt sein, ob ein bestimmter Pegel unter- oder überschritten wird. Nach der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (§ 4 (1)) müssen die Messverfahren und -geräte geeignet sein, um die jeweiligen Messgrößen zu bestimmen und um zu entscheiden, ob die festgesetzten Auslösewerte eingehalten werden.

Da sich die frühere Praxis des Grenzwertvergleiches nach DIN 45645-2 (Juli 1997) [11] durchaus bewährt hat und danach mit entsprechendem Messaufwand, d. h. bei Messungen nach der Klasse 1, immer eindeutige Entscheidungen möglich sind, wurde in der ersten Fassung dieses Lärmschutz-Arbeitsblattes (Oktober 2007) das in den folgenden Abschnitten beschriebene Verfahren vorgeschlagen (siehe [18]). Dieses Verfahren wurde dann von den TRLV Lärm übernommen. Die nach DIN EN ISO 9612 gewonnenen Ergebnisse werden danach in Abhängigkeit von der ermittelten Messunsicherheit in drei Genauigkeitsklassen unterteilt. Für den Vergleich mit Auslösewerten werden diesen Genauigkeitsklassen feste Unsicherheiten ΔL von 0 dB, 3 dB und 6 dB zugeordnet (Konvention). Da für die TRLV Lärm außerdem ein vereinfachtes Verfahren gewünscht wurde, wurde ein zusätzliches Verfahren eingeführt.

5.11.2
Genauigkeitsklassen in Abhängigkeit von der kombinierten Standardunsicherheit

Nach der DIN EN ISO 9612 wird die entsprechende Messung als ein Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 (Ingenieur-Verfahren) verstanden. Tatsächlich können sich aber deutlich unterschiedliche Messunsicherheiten ergeben, und zwar abhängig von der gegebenen Geräuschsituation bzw. der Streuung der Stichprobenmesswerte, dem Stichprobenumfang und dem eingesetzten Schallmessgerät (Klasse 1 oder 2). So lassen sich z. B. kombinierte Standardunsicherheiten u von ca. 1,5 bis 6 dB errechnen.

In den TRLV Lärm wird zwischen drei Genauigkeitsklassen unterschieden, die sich in Abhängigkeit von der nach DIN EN ISO 9612 berechneten kombinierten Standardunsicherheit u aus der Tabelle 12 ergeben.

Tabelle 12:
Unterscheidung von Genauigkeitsklassen in Abhängigkeit von der nach DIN EN ISO 9612 ermittelten kombinierten Standardunsicherheit u [4]

Genauigkeitsklasse123
Kombinierte Standardunsicherheit u (nach DIN EN ISO 9612)≤ 2 dB≤ 4 dB≤ 6 dB

5.11.3
Genauigkeitsklassen nach vereinfachtem Verfahren

Bei der Durchführung von tätigkeitsbezogenen Messungen (Strategie 1) kann alternativ ein vereinfachtes Verfahren für die Ermittlung der Genauigkeitsklasse angewandt werden, das nur zwei Einflussfaktoren berücksichtigt:

  • Klasse des Messgerätes,

  • Unsicherheit bei der Erfassung der längerfristig typischen Lärmexposition.

Die Zuordnung der Genauigkeitsklasse erfolgt, indem die beiden in Tabelle 13 eingetragenen Einflussfaktoren zunächst für sich betrachtet einer Genauigkeitsklasse zugeordnet werden. Die dabei festgestellte Klasse mit der größeren Unsicherheit bestimmt schließlich die Genauigkeitsklasse des Lärmexpositionspegels.

Tabelle 13:
Festlegung der Genauigkeitsklasse in Abhängigkeit von der Klasse des Messgeräts und der geschätzten Unsicherheit (vereinfachtes Verfahren)

Genauigkeitsklasse123
Messgerät (s. Abschnitt 4)Klasse 1Klasse 2 oder besserKlasse 2 oder besser
Geschätzte Unsicherheit bei der Erfassung der längerfristig typischen Lärmexposition≤ 1,5 dB≤ 3 dB≤ 6 dB

Die Unsicherheit bei der Erfassung der längerfristig typischen (repräsentativen) Lärmexposition ist dabei aufgrund der Arbeitsplatzsituation und der betrieblichen Messerfahrung in den drei Stufen ≤ 1,5 dB, ≤ 3 dB und ≤ 6 dB abzuschätzen.

Bei dieser Abschätzung ist zu berücksichtigen, dass neben den ermittelten Lärmbelastungswerten gegebenenfalls auch die für die einzelnen Tätigkeiten angenommenen Teilzeiten Einfluss auf das Ergebnis haben.

Anmerkung:

Es sei darauf hingewiesen, dass dieses vereinfachte Verfahren nur auf Ergebnisse nach der Strategie 1 anzuwenden ist, weil sich dabei die Unsicherheit der längerfristig typischen Lärmexposition auf der Grundlage der durchgeführten Arbeitsanalyse abschätzen lässt. Bei der Durchführung von Stichprobenmessungen nach Strategie 2 bzw. 3 geht man dagegen ohne Vorwissen an die Messung heran und kann die Unsicherheit der längerfristig typischen Lärmexposition bzw. die Qualität der Stichprobennahme erst durch die spätere statistische Auswertung beurteilen.

5.11.4
Vergleich des Lärmexpositionspegels mit Auslösewerten

Für die Entscheidung, ob einer der Auslösewerte unter- oder überschritten wird, werden den Genauigkeitsklassen 1 bis 3 in den TRLV Lärm die Unsicherheiten ΔL von 0 dB, 3 dB bzw. 6 dB zugeordnet (Konvention, vgl. Tabelle 14).

Tabelle 14:
Beim Vergleich mit Auslösewerten zu berücksichtigende Unsicherheiten

Genauigkeitsklasse123
Unsicherheit ΔL0 dB3 dB6 dB

Beim Vergleich des ermittelten Lärmexpositionspegels LEX,8h mit den Auslösewerten ist jeweils zu prüfen, ob der Auslösewert unterhalb, innerhalb oder oberhalb des Pegelbereiches LEX,8h ± ΔL, d. h.

(LEX,8h - ΔL) bis (LEX,8h + ΔL)

liegt. Falls der Auslösewert unterhalb oder oberhalb dieses Pegelbereiches liegt, kann man feststellen, dass der Wert eindeutig über- oder unterschritten ist. Liegt der Auslösewert innerhalb dieses Pegelbereiches, ist keine eindeutige Entscheidung möglich.

Falls unter Berücksichtigung der Unsicherheit keine eindeutige Entscheidung möglich ist, ist nach TRLV Lärm von einer Überschreitung des Auslösewertes auszugehen. Man kann aber auch zusätzliche Erhebungen anstellen, um das Ergebnis besser abzusichern und damit ggf. eine höhere Genauigkeitsklasse zu erreichen. Wenn sich damit die Genauigkeitsklasse 1 erreichen lässt, gilt per Konvention eine Unsicherheit ΔL von 0 dB, so dass damit in jedem Fall eine eindeutige Entscheidung möglich ist.

Beispiel zum Vergleich mit Auslösewerten: Gegeben:

Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h = 84 dB(A),

Genauigkeitsklasse 2,

Auslösewerte La1 = 80 dB(A) bzw. La2 = 85 dB(A)

Lösung:

Für die Genauigkeitsklasse 2 ist die Unsicherheit mit 3 dB(A) festgelegt (Konvention). Damit gilt:

LEX,8h=(84 ± 3) dB(A)

entsprechend einem Pegelbereich von:

81 dB(A) ≤ LEX,8h ≤ 87 dB(A)

Zur Veranschaulichung des Vergleichs mit den Auslösewerten zeigt Abbildung 8 eine graphische Darstellung des Messergebnisses im Vergleich zu den Auslösewerten.

ccc_1625_as_18.jpg

Abb. 8: Darstellung des ermittelten Lärmexpositionspegels LEX,8h = 84 dB(A) einschließlich Unsicherheit ΔL im Vergleich zu den Auslösewerten [5]

Der Auslösewert La1 von 80 dB(A) liegt eindeutig unter dem markierten Pegelbereich und wird deshalb überschritten. Da der Auslösewert La2 = 85 dB(A) innerhalb des gegebenen Pegelbereiches LEX,8h ± ΔL liegt, ist keine eindeutige Entscheidung über die Einhaltung dieses Grenzwertes möglich. Nach der TRLV Lärm ist eine Überschreitung des Auslösewertes La2 von 85 dB(A) anzunehmen.

Lässt sich der ermittelte Lärmexpositionspegel LEX,8h von 84 dB(A) durch zusätzliche Messungen besser absichern und der Genauigkeitsklasse 1 zuordnen, gilt als Unsicherheit für den Grenzwertvergleich ein ΔL von 0 dB(A):

LEX,8h = (84 ± 0) dB(A) LEX,8h

84 dB(A) < La2

Damit würde der Auslösewert La2 von 85 dB(A) unterschritten.