IFA-LSA 01-400 - Geräuschminderung im Betrieb - Lärmminderungsprogramm

Online-Shop für Schriften

Jetzt bei uns im Shop bestellen

Jetzt bestellen

Abschnitt 5.8 - 5.8 Tages- und Wochen-Lärmexpositionspegel

5.8.1
Repräsentativer Arbeitstag

Der Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h wird aus dem für den repräsentativen Arbeitstag bestimmten A-bewerteten äquivalenten Dauerschallpegel LpAeq unter Bezug auf die Zeitdauer von 8 h berechnet. Unter dem repräsentativen Arbeitstag ist dabei die längerfristig typische bzw. durchschnittliche Belastungssituation zu verstehen. Nach DIN EN ISO 9612 [4] ist der repräsentative Arbeitstag ein typischer Tag, der die über mehrere Tage ausgeübte Tätigkeit repräsentiert. Falls die Lärmbelastung von Tag zu Tag stark schwankt, bedeutet die Ermittlung der längerfristig typischen Lärmexposition eine Mittelung der Geräuschimmission über mehrere Tage. Nach der DIN EN ISO 9612 kann der repräsentative Arbeitstag in diesem Fall durch die Arbeitssituationen über mehrere Tage, z. B. für eine Arbeitswoche, definiert werden (DIN EN ISO 9612, Abschnitt 7.3).

Um das Langzeitrisiko für eine Hörminderung zu beurteilen, muss der repräsentative Arbeitstag nach DIN EN ISO 9612 die mittlere Belastungssituation für die jeweils betrachtete Zeitspanne beschreiben, so dass ggf. auch eine Mittelung über eine noch größere Zeitspanne erforderlich sein kann.

5.8.2
Tages-Lärmexpositionspegel

Auf der Grundlage des im Rahmen der Arbeitsanalyse ermittelten repräsentativen Arbeitstages lässt sich der Tages-Lärmexpositionspegel bestimmen, indem man die Geräuschimmission für die entsprechende typische Arbeitsschicht nach einer geeigneten Strategie erfasst und auf die festgelegte Bezugszeit von acht Stunden bezieht.

Der Tages-Lärmexpositionspegel ergibt sich nach der folgenden Gleichung:
ccc_1625_as_21.jpg
mit:
LpAeq,Te-A-bewerteter äquivalenter Dauerschallpegel der typischen arbeitsschicht (repräsentativer Arbeitstag)
Te-effektive Zeitdauer der Arbeitsschicht
To-Bezugszeitdauer, To = 8h

Die in DIN EN ISO 9612 beschriebenen Messstrategien zur Bestimmung des Tages-Lärmexpositionspegels (siehe Abschnitt 5.3) haben letztlich alle das Ziel, einen Mittelwert der Lärmexposition über einen längeren Zeitraum zu bestimmen, sei es durch den hypothetischen Ansatz der längerfristig typischen Belastungssituation (Strategie 1 - tätigkeitsbezogene Messungen) oder durch Mittelung der Stichprobenwerte über mehrere Tage (Strategie 2 und 3 - berufsbildbezogene Messungen und Ganztags-Messungen). Wie bereits im Abschnitt 5.8.1 erläutert kann der repräsentative Arbeitstag dabei auch durch die Arbeitssituationen für eine Arbeitswoche definiert werden (DIN EN ISO 9612, Abschnitt 7.3). Obwohl damit die Lärmexposition des repräsentativen Arbeitstages mit der mittleren Lärmexposition der üblichen Arbeitswoche gleichgesetzt wird, darf man hier vom Tages-Lärmexpositionspegel sprechen.

Falls die Lärmbelastung an Arbeitsplätzen großen saisonalen Schwankungen unterliegt, (z. B. bei Winterdiensten) ist es zweckmäßig, mehrere repräsentative Arbeitstage (z. B. Winterzeit und übrige Jahreszeit) zu unterscheiden (TRLV Lärm, Teil 2, 6.2.1). Die Ergebnisse und die damit verbundenen Maßnahmen des Arbeitsschutzes sind dann in Abhängigkeit von der jeweiligen Arbeitssituation für die unterschiedenen repräsentativen Arbeitstage getrennt zu betrachten. Ein Beispiel dafür wäre auch ein Hausmeister, der im Sommer jede Woche einmal den Rasen der Grünanlagen mäht und damit an einem Tag lärmbelastet ist. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung würde man in diesem Fall den Tages-Lärmexpositionspegel als Mittelwert über die Woche in der Sommerzeit bestimmen (Berechnung nach Abschnitt 5.9.4, Gleichung 6) und die Lärmexposition in den übrigen Wochen des Jahres separat betrachten.

Daraus kann sich z. B. ergeben, dass ein Beschäftigter an x Wochen im Jahr einer gehörgefährdenden Lärmbelastung ausgesetzt ist, während er die übrigen Wochen nicht gefährdet ist.

Falls ein Arbeitstag mit einer besonders hohen Lärmexposition und einer Überschreitung eines der oberen Auslösewerte seltener als einmal in der Woche vorkommt, ist dieser Tag nach den TRLV Lärm als ein separater repräsentativer Arbeitstag zu betrachten (TRLV Lärm, Teil 2, 6.2.1 (2)). Hier stellt sich die Frage, wie der für einige einzelne Tage im Jahr ermittelte Tages-Lärmexpositionspegel von mehr als 85 dB(A) im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu bewerten ist und welche Schutzmaßnahmen für den entsprechenden Arbeitsplatz erforderlich sind. Nach den Technischen Regeln zum Lärm kann die zuständige Behörde auf Antrag gemäß § 15 Absatz 1 der LärmVibrationsArbSchV [1] zulassen, dass auf die Durchführung eines Lärmminderungsprogramms verzichtet wird, soweit das mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist. Als Grundlage für diese Entscheidung würde sich die Bestimmung der durchschnittlichen Belastung für die entsprechende Arbeitswoche mit dem lauten Tag anbieten.

Das ist im Übrigen ja auch die Vorgehensweise bei der Beurteilung von Arbeitsplätzen, an denen es jede Woche einen Tag mit besonders hoher Lärmexposition gibt. Falls beispielsweise jede Woche ein besonders lauter Tag mit einem Pegel von 87 dB(A) vorkommt, würde man zur Erfassung der längerfristig typischen Lärmexposition (repräsentativer Arbeitstag) eine Mittelung über mehrere Tage (z. B. eine Woche) durchführen und damit möglicherweise einen Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h von weniger als 85 dB(A) ermitteln. Damit wäre der obere Auslösewert unterschritten und es gäbe auch keine Verpflichtung zur Aufstellung eines Lärmminderungsprogramms.

5.8.3
Wochen-Lärmexpositionspegel

Der Wochen-Lärmexpositionspegel ergibt sich aus der Mittelung der Geräuschimmission über eine typische (repräsentative) Arbeitswoche und Bezug auf die für die Arbeitswoche festgelegte Bezugszeit von 40 Stunden. Bezüglich der Berechnung des Wochen-Lärmexpositionspegels sei auf den Abschnitt 5.9.4 B) verwiesen.

Nach der TRLV Lärm kann zur Beschreibung einer Lärmsituation am Arbeitsplatz die Ermittlung des Wochen-Lärmexpositionspegels erforderlich sein, "wenn die Lärmexposition von einem Tag zum anderen so stark schwankt, dass sich keine typische Lärmexposition für den Arbeitstag angeben lässt" (TRLV Lärm, Teil 2, Abschnitt 6.2.3 (2)).

Mit Blick auf die Definition des repräsentativen Arbeitstages als ein typischer Tag, der die über mehrere Tage ausgeübte Tätigkeit repräsentiert, sollten sich in der Regel ohnehin keine großen Unterschiede zwischen dem Wochen-Lärmexpositionspegel und dem Tages-Lärmexpositionspegel ergeben. Nach DIN EN ISO 9612 kann der repräsentative Arbeitstag durch die Arbeitssituation für eine Woche definiert werden, so dass sich für den Tages-Lärmexpositionspegel und den Wochen-Lärmexpositionspegel derselbe Wert errechnet (Annahme einer 5-Tage-Woche).

Falls die Wochenarbeitszeit jedoch von fünf Tagen abweicht, muss sich der Wochen-Lärmexpositionspegel vom Tages-Lärmexpositionspegel unterscheiden. So errechnet sich z. B. für eine siebentägige Arbeitswoche auf einem Seeschiff oder einer Bohrinsel ein um ca. 1,5 dB höherer Wochenpegel als der entsprechende Tages-Lärmexpositionspegel. Obwohl die Beschäftigten in einem solchen Fall tatsächlich höher belastet sind und die Anwendung des Wochen-Lärmexpositionspegels durchaus sinnvoll wäre, wird in den TRLV Lärm nicht darauf eingegangen.

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber immer die Möglichkeit, gemäß § 15 (2) LärmVibrationsArbSchV bei der zuständigen Behörde die Anwendung des Wochen-Lärmexpositionspegels im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu beantragen. Die zuständige Behörde kann das genehmigen, falls der Wochen-Lärmexpositionspegel 85 dB(A) nicht überschreitet und geeignete Maßnahmen getroffen werden, um die mit den Tätigkeiten verbundenen Gefährdungen auf ein Minimum zu verringern.

5.8.4
Beispiel zur Anwendung des Tages- und des Wochen-Lärmexpositionspegels

Um die Anwendung des Tages- und des Wochen-Lärmexpositionspegels zu verdeutlichen, sei hier der Lärmexpositionspegel am Beispiel eines Gießerei-Maurers berechnet, der alle drei Wochen einer besonders hohen Lärmbelastung ausgesetzt ist. Bezüglich der hier genutzten Rechenformeln sei auf den folgenden Abschnitt 5.9.4 verwiesen.

Gießerei-Maurer

Situation:

  • Überwiegend übliche Gießerei-Arbeiten, wie Formen, Gießen, bei einem mittleren Schalldruckpegel LAeq = 83 dB.

  • Alle drei Wochen werden Schamotte der Gießofen-Rinne ausgestemmt - 5 h an einem Arbeitstag bei einem Pegel LAeq = 102 dB.

  • Die tägliche Arbeitszeit beträgt 8 h.

Lösung:

  • Da der Arbeitstag mit besonders hoher Lärmexposition seltener als einmal pro Woche vorkommt, ist dieser Tag separat zu betrachten.

  • Für den einzelnen Tag mit den Stemmarbeiten errechnet sich entsprechend Gleichung (5) der folgende Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h:

    ccc_1625_as_10.jpg
  • Bezogen auf die Arbeitswoche mit Stemmarbeiten lässt sich der Wochen-Lärmexpositionspegel nach Gleichung (6) berechnen:

    ccc_1625_as_17.jpg

Der Beschäftigte ist die längste Zeit des Jahres einem Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h von 83 dB(A) ausgesetzt. D. h. der untere Auslösewert wird überschritten und es sind die damit verbundenen Maßnahmen nach LärmVibrationsArbSchV erforderlich (Gehörschutz bereitstellen, Angebot arbeitsmedizinischer Vorsorge, siehe Abschnitt 2). Alle drei Wochen ist er an einem Tag einem Tages-Lärmexpositionspegel von 100 dB(A) ausgesetzt. Somit wird der obere Auslösewert von 85 dB(A) deutlich überschritten. Auch bezogen auf die Woche mit den Stemmarbeiten ergibt sich mit einem Lärmexpositionspegel LEX,40h von 93,3 dB(A) eine Überschreitung des oberen Auslösewertes. Deshalb sind für diesen Arbeitsplatz weitergehende Präventionsmaßnahmen notwendig, wie z. B. die Kennzeichnung als Lärmbereich und die Aufstellung und Durchführung eines Lärmminderungsprogramms.