DGUV Information 203-007 - Windenergieanlagen Handlungshilfe für die Gefährdungsbeurteilung im On- und Offshorebereich

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Abschnitt A13 - Notfallorganisation, Erste Hilfe und Rettung

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Abb. A13-1
Höhenrettung

A13.1
Grundsätzliches

Gemäß DGUV Vorschrift 1 sowie Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) haben Unternehmerinnen und Unternehmer sicherzustellen, dass Einrichtungen und Sachmittel sowie fachkundiges Personal für eine wirksame Hilfeleistung in Notfällen zur Verfügung stehen und entsprechende Abläufe festgelegt sind. Darüber hinaus haben sie dafür zu sorgen, dass nach einem Unfall unverzüglich Erste Hilfe geleistet werden kann und die erforderlichen Maßnahmen für die ärztliche Versorgung veranlasst werden.

Unternehmerinnen und Unternehmer sind für die Notfallorganisation der eigenen Beschäftigten verantwortlich. Sie haben Maßnahmen zu treffen, die für eine wirksame Erste Hilfe, Brandbekämpfung und Rettung der Beschäftigten erforderlich sind. Eine Grundlage hierfür ist die Gefährdungsbeurteilung.

A6 "Gefährdungsbeurteilung"

Die Unternehmerin bzw. der Unternehmer hat sich mit der Auftraggeberin bzw. dem Auftraggeber (ggf. Bauherr bzw. -herrin oder Anlagenbetreiber bzw. deren Vertreterin/Vertreter (z. B. Bauleiter bzw. leiterin nach LBO, Anlagenverantwortlicher) hinsichtlich der Verhältnisse vor Ort abzustimmen.

Die Mitnutzung einer bestehenden z. B. betreiber-/auftraggeberseitigen Notfallorganisation sowie vorhandener Einrichtungen zur Ersten Hilfe und Rettung (z. B. Erste-Hilfe-Ausrüstung, Rettungsgeräte, Rettungstransportmittel) ist grundsätzlich möglich. Sie setzt eine enge Zusammenarbeit der Beteiligten voraus. Um Widersprüche und Missverständnisse zu vermeiden, empfiehlt sich eine schriftliche Fixierung.

Wenn außerbetriebliche Stellen (z. B. Feuerwehr, Rettungsdienst) über ihre alltäglichen Aufgaben hinaus im Rahmen der Notfallorganisation eingeplant werden, müssen sie aktiv bei der Planung und bei Übungen einbezogen werden.

Für den Offshore-Bereich gilt: Im Falle einer komplexen Rettungssituation werden die unternehmerischen Hilfeleistungssysteme durch das Havariekommando ergänzt.

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Abb. A13-2
Rettungskette

Beispielsweise zählen

  • die rettungsdienstlich-medizinische Versorgung von Personen in hoch-/tiefgelegenen Bereichen von WEA sowie

  • die Spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen (SRHT)

üblicherweise nicht zu den alltäglichen Aufgaben der Feuerwehr und des Rettungsdienstes und können daher nicht generell und vor allem zeitnah vorausgesetzt werden.

Im Ergebnis der Vorkehrungen muss durch das aufgestellte Rettungskonzept die Rettungskette in jedem Fall sichergestellt sein.

A13.3 "Rettungskonzept"

Es ist Aufgabe des Arbeitsverantwortlichen (z. B. Aufsichtführender) sich vor Arbeitsbeginn unter Berücksichtigung der tatsächlich vor Ort herrschenden Bedingungen von der Wirksamkeit und Umsetzung der festgelegten Maßnahmen (z. B. Notrufverbindung, Rettungsverfahren) zu überzeugen.

Wirksame Erste Hilfe hat Gesetzesrang.

ccc_1609_as_5.jpgDer Unternehmer ist für die Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe verantwortlich.
§ 21 (1) Sozialgesetzbuch 7 "Verantwortung des Unternehmers, Mitwirkung der Versicherten"
ccc_1609_as_5.jpgDer Arbeitgeber hat entsprechend der Art der Arbeitsstätte und der Tätigkeiten sowie der Zahl der Beschäftigten die Maßnahmen zu treffen, die zur Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung der Beschäftigten erforderlich sind. Dabei hat er der Anwesenheit anderer Personen Rechnung zu tragen. Er hat auch dafür zu sorgen, daß im Notfall die erforderlichen Verbindungen zu außerbetrieblichen Stellen, insbesondere in den Bereichen der Ersten Hilfe, der medizinischen Notversorgung, der Bergung und der Brandbekämpfung eingerichtet sind.
Der Arbeitgeber hat diejenigen Beschäftigten zu benennen, die Aufgaben der Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung der Beschäftigten übernehmen. Anzahl, Ausbildung und Ausrüstung der nach Satz 1 benannten Beschäftigten müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Beschäftigten und zu den bestehenden besonderen Gefahren stehen. Vor der Benennung hat der Arbeitgeber den Betriebs- oder Personalrat zu hören. Weitergehende Beteiligungsrechte bleiben
unberührt. Der Arbeitgeber kann die in Satz 1 genannten Aufgaben auch selbst wahrnehmen, wenn er über die nach Satz 2 erforderliche Ausbildung und Ausrüstung verfügt.
§ 10 (1) und (2) Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
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Informationen zum Verhalten bei Stromunfällen (Erste Hilfe, ärztliche Überwachung) enthält die Fachinformation "Stromunfall" des Fachbereichs Erste Hilfe der DGUV (siehe www.dguv.de ⇢ webcode: d97465 ⇢ Fachinformationen ⇢ "Wann ist eine Stationäre Überwachung nach Stromunfall indiziert?")
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ccc_1609_as_2.jpgHinweis für den Offshore-Bereich:
Die Unternehmerin bzw. der Unternehmer ist gehalten, die Möglichkeit von Akuterkrankungen bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter außerhalb der unmittelbaren Arbeitstätigkeit in der eigenen Gefährdungsbeurteilung auch im Sinne der Ersten Hilfe und einer medizinischen Versorgung sowie der Notfallrettung und -evakuierung zu berücksichtigen.
Bezüglich der Vorbereitungen der Nachsorge nach Unfallereignissen siehe auch A10.6.2 "Psychotrauma"

A13.2
Organisation der Ersten Hilfe

Um die Wirksamkeit der Ersten Hilfe zu gewährleisten, muss insbesondere eine ausreichende Anzahl ausgebildeter Ersthelferinnen und -helfer zur Verfügung stehen.

Je nach Lebenszyklus einer WEA kann dies unterschiedlich gewährleistet werden.

A13.6 "Spezielle Aspekte im Lebenszyklus einer WEA"

Bauphase: Hier können bei Bedarf gezielt Ersthelferinnen und -helfer unternehmensübergreifend benannt werden. Die erforderliche Anzahl ist entsprechend der Vorgaben der DGUV Vorschrift 1 festzulegen.

Betriebsphase: Aufgrund der Bedingungen vor Ort (Entfernungen innerhalb der WEA mit entsprechend langen möglichen Reaktionszeiten) sind im Sinne eines Standards in der Branche alle Mitglieder von Teams, die in der Betriebs- und Servicephase in/an WEA arbeiten, zu Ersthelferinnen und -helfern auszubilden.

Über die Inhalte der Erste-Hilfe-Ausbildung hinaus sind weitere Kenntnisse zur Bewältigung von Notfällen erforderlich. Diese sind allen Beschäftigten, die im Notfall Aufgaben der Ersten Hilfe und der Rettung übernehmen müssen, durch Unterweisungen und Übungen zu vermitteln.

A13.11 "Unterweisungen und Qualifizierung mit Bezug zur Notfallorganisation"
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Weitere Informationen insbesondere für den Offshore-Bereich enthält die DGUV Information 204-041 "Erweiterte Erste Hilfe in Windenergieanlagen und -parks".
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A13.3
Rettungskonzept

A13.3.1
Allgemeines zum Rettungskonzept

Auf der Basis seiner Gefährdungsbeurteilung muss die Unternehmerin bzw. der Unternehmer ein Rettungskonzept erarbeiten.

A6 "Gefährdungsbeurteilung"
Darin sind in Abhängigkeit von"Rettungs-/Fluchtsituation"
den durchzuführenden Arbeiten sowie}
der jeweiligen Arbeitsumgebung

Rettungsverfahren und Fluchtmöglichkeiten sowie die Personenzahl festzulegen, die für eine wirksame Erste Hilfe und Rettung erforderlich ist.

A13.7 "Besondere Hinweise für Rettungs- und Fluchtsituationen"

Etwaige Schnittstellen zwischen unternehmensinternen und weiterführenden Maßnahmen sind im Rettungskonzept zu beschreiben. Beispiel ist die spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen durch externe Rettungskräfte sowie im Offshore-Bereich die komplexe Rettungssituation.

A13.1 "Grundsätzliches"

Um die Wirksamkeit der festgelegten Maßnahmen zu gewährleisten, müssen regelmäßig Übungen durchgeführt werden.

Praxiserfahrungen lassen darauf schließen, dass die Handlungssicherheit von Zweierteams im Notfall durch ein zusätzliches Teammitglied deutlich erhöht oder erst ermöglicht wird.

Vor Arbeitsbeginn müssen die Wirksamkeit und die Umsetzung der festgelegten Maßnahmen sichergestellt werden.

A13.1 "Grundsätzliches" letzter Absatz

Bei Bedarf muss das Rettungskonzept angepasst werden.

A13.3.2
Inhalte eines Rettungskonzeptes

A13.3.2.1
Komponenten

Ein umfassendes Rettungskonzept sollte mindestens aus folgenden Komponenten bestehen:

  • Auflistung der eingesetzten Kommunikationsmittel (inkl. Mobilfunknummer(n) und ggf. der Funkfrequenzen/-kanäle)

  • Darstellung der Meldewege (Alarmplan) mit genauer Nennung der möglichen Szenarien, der Zuständigkeitsbereiche der einzelnen Organisationseinheiten, den aktuellen Namen und Kontaktdaten (z. B. Telefonnummern oder Funkkanälen)

  • Beschreibung der Maßnahmen zur wirksamen teaminternen Kommunikation im Notfall, falls das Team räumlich getrennt arbeitet

  • Beschreibung der Vorkehrungen und Abläufe für das Verhalten in Notfällen u. ä. Situationen

    A13.3.2.2 "Beschreibung von Vorkehrungen und Abläufen"
  • Flucht und Rettungspläne gemäß DIN ISO 23601

  • Auflistung der Rettungsausrüstungen mit Angabe der Standorte (möglichst Lageplan), dabei ggf. auch Auflistung von zusätzlichen, außerhalb der WEA befindlichen Rettungsausrüstungen mit Darstellung der möglichen Transportwege zum Unfallort

  • Informationen zur Anwendung der Rettungsausrüstungen (z. B. Abseilgeräte und Anschlagpunkte)

  • Beschreibung der festgelegten Rettungsverfahren

A13.3.2.2
Beschreibung von Vorkehrungen und Abläufen

Im Rettungskonzept müssen Vorkehrungen und Abläufe beschrieben sein, z. B. für das Verhalten bei:

  • medizinischen Notfällen (Unfälle/akute Erkrankungen; insbesondere auch "schwierige Rettungssituation" bzw. "komplexe Rettungssituation" (Offshore-Bereich))

  • Bränden und Explosionen

  • gefährlichen Störungen des Betriebsablaufes

  • unkontrolliertem Austreten von Stoffen

  • Beeinträchtigung der Erreichbarkeit der WEA/Baustelle für Rettungskräfte

  • Rettung per Hubschrauber

  • Zugang Offshore (Transfer, Überstieg, Windenbetriebsfläche, Ab-/Aufwinschen)

  • Extremen Wetterereignissen (z. B. Sturm)

Die getroffenen organisatorischen Maßnahmen seitens des Anlagenbetreibers sind zu berücksichtigen und sinnvollerweise zu integrieren.

A13.9 "Maßnahmen des Anlagenbetreibers zur Organisation der Rettungskette"

Vorhandene Ressourcen in benachbarten Strukturen bzw. innerhalb des Windparks sollten nach Möglichkeit berücksichtigt werden.

Beispiele sind:

  • Rettungsausrüstung in einer benachbarten WEA

  • weitere Serviceteams im Windpark/in benachbarten Windparks

  • Erste-Hilfe-Räumlichkeiten auf nahegelegener Plattform

  • Rettungskräfte, die an zentraler Stelle im Windpark stationiert sind

Voraussetzung für die feste Einplanung von Ressourcen ist deren aktuelle Verfügbarkeit. Bei der Planung sind insbesondere die Alarmier-/Erreichbarkeit und der jeweilige Zeitbedarf bis

  • zur Bereitstellung von Ausrüstungen am Notfallort,

  • zum Eintreffen von Hilfs- und Rettungskräften am Notfallort und

  • zum Erreichen von Räumlichkeiten (z. B. Erste-Hilfe-Raum im Windpark)

  • zum Erreichen definitiver klinischer Versorgungsmöglichkeiten

zu berücksichtigen.

A13.3.2.3
Weitere Punkte

Weiterhin sind bei der Aufstellung des Rettungskonzeptes u. a. folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Alarmierung: ein wirksamer Notruf muss jederzeit gewährleistet sein

  • Leitstellen *: erforderliche Informationen müssen den zuständigen öffentlichen Leitstellen zur Verfügung stehen (z. B. projektbezogene Informationen, bestehende Notfallinformationssysteme )

  • externe Rettungskräfte: die Verfügbarkeit externer Rettungskräfte (z. B. Höhenrettungsgruppen zur Speziellen Rettung aus Höhen und Tiefen (SRHT))

  • Auslandseinsätze: Sprache, Infrastruktur für die Rettung, zeitliche Verfügbarkeit und Versorgungsstufe von Rettungseinheiten

  • Genehmigungsverfahren: Vorgaben z. B. aus dem genehmigten Schutz- und Sicherheitskonzept (SchuSiKo) im Offshore-Bereich oder dem Genehmigungsbescheid

A13.4
Zugang für Hilfs- und Rettungskräfte

Bei Arbeiten in einer WEA ist zu gewährleisten, dass der Turm sicher betreten werden kann. Eine Zugangsmöglichkeit für eigene Helferinnen und -helfer (z. B. weiteres Team) und externe Rettungskräfte muss vorgeplant werden.

Hilfs- und Rettungskräfte können durch einfache Maßnahmen eine Zugangsmöglichkeit zur WEA und eine direkte Kommunikationsmöglichkeit mit dem Arbeitsteam erhalten.

Beispiel aus der Praxis: Die Beschäftigten hinterlegen im Servicefahrzeug

  • gut sichtbar ihre Namen und Mobiltelefonnummern,

  • einen Schlüssel für die WEA-Tür und

  • ein Sprechfunkgerät.

Denkbar ist auch, dass insbesondere der Schlüssel und das Sprechfunkgerät aus Diebstahlschutzgründen verdeckt hinterlegt werden. Dann sollte auf jeden Fall sichergestellt sein, dass im Rahmen der Alarmierung die externen Rettungskräfte hiervon Kenntnis bekommen.

Im täglichen Einsatz der Feuerwehr erprobt und bewährt ist die Bereitstellung von Zugangsschlüsseln in geschützten Aufbewahrungsmöglichkeiten (z. B. Feuerwehrschlüsseldepot, Notschlüsselrohr), die nur durch spezielle Feuerwehrschlüssel geöffnet werden können.

Grundsätzlich lassen sich Lagerorte für Zugangsschlüssel - ggf. zusätzlich - schützen, indem beispielsweise eine Fernauslösung für einen Schlüsseltresor vorgesehen wird.

Zu beachten ist in jedem Fall, dass auch eine bestehende Zugangsmöglichkeit nicht ohne weiteres dazu führt, dass seitens unternehmensexterner Hilfs- und Rettungskräfte (z. B. Feuerwehr, Rettungsdienst) alle möglicherweise erforderlichen Hilfsmaßnahmen innerhalb der WEA durchgeführt werden können. Abhängig von der Position betroffener Personen und der Schwere von Verletzungen muss eine besondere Vorbereitung erfolgen oder ggf. sogar speziell ausgebildetes Personal zum Einsatz kommen.

A13.1 "Grundsätze"

A13.5
Fluchtmöglichkeit aus der WEA

Beschäftigte müssen die Zugangstür im Gefahrfall ohne besondere Hilfsmittel von innen öffnen können (z. B. Panikschloss).

Ein zweiter Fluchtweg unabhängig vom Aufstiegsweg im Turm muss vorhanden sein. Dafür vorgesehene Ausrüstungen wie beispielsweise

  • Rettungsausrüstung (z. B. Abseilgerät)

  • Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (z. B. Auffanggurt)

  • Fluchthauben für den Brandfall

  • Rettungsweste

  • Überlebensanzug

müssen unmittelbar verfügbar sein und sich in ordnungsgemäßem Zustand befinden.

Der Arbeitsverantwortliche muss für seinen Verantwortungsbereich sicherstellen, dass die vorgesehenen Ausrüstungen zur Verfügung stehen und ggf. in Position gebracht werden, bevor mit den Arbeiten begonnen wird.

A13.3 "Rettungskonzept"

A13.6
Spezielle Aspekte im Lebenszyklus einer WEA

A13.6.1
Grundsätzliches

Im Lebenszyklus einer WEA stehen unterschiedliche Aspekte der Notfallorganisation, Ersten Hilfe und Rettung im Vordergrund.

Der Lebenszyklus einer WEA unterteilt sich in

  • Bauphase (Errichtung und Montage, sowie Demontage und Rückbau) und

  • Betriebsphase (Betrieb und Instandhaltung).

Im Hinblick auf Planungen und Vorkehrungen zur Ersten Hilfe, Flucht und Rettung ist der Großkomponententausch als besonderes Ereignis in der Betriebsphase der Bauphase gleichzusetzen.

A13.6.2
Bauphase

Die Wirksamkeit der Notfallorganisation ist für alle Tätigkeiten in der Bauphase und ggf. bei einem Großkomponententausch sicherzustellen. Eine Anpassung an den Baufortschritt ist unerlässlich, um die Erste Hilfe und Rettung sicherzustellen. Dabei sind u. a. folgende Parameter zu berücksichtigen:

  • Anzahl der Personen vor Ort

  • Zugang zur Anlage im Windpark (z. B. Änderungen der Anfahrtswege für Rettungskräfte in vorhandenes Planwerk aufnehmen und Behörden, Leitstellen usw. mitteilen)

  • Zugang zu Anlagenteilen (Aufzugsanlage/Befahranlage/Steigleiter)

  • Nicht mehr vorhandene Infrastruktur (z. B. Krane)

  • Vorhaltung von Rettungsausrüstungen in ausreichender Anzahl (z. B. Rettungsgeräte, die durch erreichte Höhen und Tiefen oder neu hinzugekommene bauliche Bedingungen erforderlich werden)

  • Wegfall von Anschlagpunkten durch bauliche Veränderungen

  • Erhöhte Gefährdung durch Bautätigkeit

  • funktionierende Kommunikation zwischen allen Beteiligten vor Ort (Sprache, Kommunikationseinrichtungen, ...)

  • Schichtarbeit

A13.6.3
Betriebsphase

Die Wirksamkeit der Notfallorganisation ist für alle Tätigkeiten in der Betriebsphase sicherzustellen. Um dieses zu erreichen, haben sich der Anlagenbetreiber und das Service-Unternehmen insbesondere zu folgenden Themen abzustimmen:

  • Sichere Zuwegung zur Anlage

  • Informationen über besondere Verhältnisse z. B. Witterung (Schneeräumung), land- und forstwirtschaftliche Nutzung des Umlandes (Weidezäune, Tierhaltung, forstwirtschaftliche Arbeiten)

  • Informationen zur Erreichbarkeit der Anlage

    A13.3.2.3
  • Einweisung in die Anlagenbesonderheiten

  • Koordinierung mit anderen vor Ort tätigen Unternehmen (z. B. wegen evtl. Einschränkungen bezüglich festgelegter Verfahren/Prozeduren)

A13.7
Besondere Hinweise für Rettungs- und Fluchtsituationen

A13.7.1
Allgemeines

A13.7.1.1
Einführung

Im Vorfeld von Arbeiten, denen eine im Rettungskonzept beschriebene Rettungssituation zuzuordnen ist, sind die Teammitglieder zum Rettungsverfahren anhand praktischer realitätsnaher Übungen zu unterweisen. Dabei ist auch die Wirksamkeit des ausgewählten Verfahrens sicherzustellen. Gleiches gilt für Fluchtsituationen.

A13.7.2 ff. und A13.11

Die Größe des Teams und die Vorhaltung der erforderlichen Ausrüstung sind vor Arbeitsbeginn durch den Arbeitsverantwortlichen (z. B. Aufsichtführender) zu gewährleisten.

A13.3 "Rettungskonzept"

Aus Gründen des Eigenschutzes gilt, dass Helferinnen und Helfer zum Betreten des Unfallbereiches mindestens

  • über die zum Betreten der Arbeitsstelle erforderlichen Ausrüstungen (insbesondere PSA) verfügen und

  • dieselben Maßnahmen (z. B. Freimessung und ggf. kontinuierliche Messung), wie sie vor dem Betreten der Arbeitsstelle erforderlich waren, durchführen

müssen.

In den nachfolgenden Abschnitten werden beispielhaft Informationen zu verschiedenen Rettungs- und Fluchtsituationen gegeben. Dabei können naturgemäß nicht alle denkbaren Details berücksichtigt werden.

ccc_1609_as_2.jpgHinweis
Die Auswahl der beschriebenen Situationen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

A13.7.1.2
Vorbereitung von Rettungsmaßnahmen nach Eintreten eines Notfalls

Es muss vermieden werden, dass Personen den Gefahren-/Unfallbereich ohne Schutz- und Sicherheitsvorkehrungen betreten.

ccc_1609_as_2.jpgHinweis
Der Eigenschutz hat Vorrang vor der Durchführung der definierten Rettungsverfahren!

Unabhängig von den definierten Rettungsverfahren sind lebensrettende Sofortmaßnahmen zu sehen. Ob diese mit vertretbarem Risiko durchgeführt werden können, muss von der Ersthelferin bzw. vom Ersthelfer (Teammitglied) abgewogen werden!

Das Absetzen eines Notrufs sowie - wenn vorgesehen - ggf. Kontaktaufnahme mit der innerbetrieblichen Stelle (bei Bedarf Angabe der Anlagennummer oder Standortkoordinaten!) muss schnellstmöglich erfolgen, um weitere Hilfe in Bewegung zu setzen (Rettungskette)!

Die vollständige Rettungsausrüstung muss vor Durchführung der definierten Rettungsverfahren vor Ort bereitstehen.

Die Helferin bzw. der Helfer (Teammitglied) muss vor Durchführung der Rettungsverfahren kontrollieren, ob sich die Anlage in einem sicheren Zustand befindet. Im Zweifelsfall muss sie bzw. er selbst die Anlage in einen sicheren Zustand bringen und den Gefahren-/Unfallbereich absichern.

Vor und während der Rettung müssen die Eigenschutzmaßnahmen und Abläufe ständig kontrolliert werden.

A13.7.2
Rettung aus der Tiefe

Beim Retten aus der Tiefe (z. B. Transformatorraum, Transition Piece) müssen Personen von einem tiefer gelegenen Ort zu einem höher gelegenen Ort (häufig Zugangsebene) sicher transportiert werden. Dabei sind - wie bereits beim Ein-/Zustieg - die besonderen Verhältnisse (z. B. Sauerstoffmangel oder gesundheitsschädliche Atmosphäre) zu beachten. Die vorhandenen Rettungsausrüstungen inkl. der ggf. erforderlichen Messgeräte (Gaswarngeräte) und Atemschutzgeräte zur Rettung müssen für diese Anforderung geeignet sein.

Zur Erleichterung der Rettung empfiehlt sich das generelle Tragen eines Auffanggurtes bei Arbeiten in diesen Bereichen.

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Abb. A13-3
Arbeiten am Rotorblatt

A13.7.3
Rettung aus besonderen Bereichen

Beim Retten aus Nabe, Spinner, Rotorblatt, Hydraulikanlage und ähnlichen Bereichen herrschen ungünstige Zugangsmöglichkeiten (kleine Zugangsöffnungen) und deutlich beengte räumliche Verhältnisse an der Arbeitsstelle. Dies führt zu besonders hohen physischen Belastungen der Retterinnen und Retter sowie zu hohen technischen Anforderungen an das Rettungsverfahren.

Es ist nicht auszuschließen, dass die zu rettende Person handlungsunfähig wird. Daher wird empfohlen grundsätzlich zwei Personen für die Rettung einzuplanen.

Als Rettungsausrüstung ist insbesondere eine spezielle Rettungstrage o. ä. für die Rettung aus beengten Verhältnissen bzw. durch kleine Öffnungen in Betracht zu ziehen.

Zur Erleichterung der Rettung empfiehlt sich das generelle Tragen eines Auffanggurtes bei Arbeiten in diesen Bereichen. Davon sollte nur abgewichen werden, wenn das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung dem Tragen des Auffanggurtes entgegensteht.

A13.7.4
Rettung bei Arbeiten unter Anwendung von seilunterstützten Zugangs- und Positionierungsverfahren (SZP)

Das Rettungskonzept ist Bestandteil des SZP-Verfahrens und wird dort als "gegenseitige Spontanrettung" bezeichnet. Bei der Festlegung der Rettungsmethode und Auswahl der Ausrüstung sind die besonderen Umgebungsbedingungen (z. B. große Höhen, enge räumliche Verhältnisse) und Witterungsbedingungen (z. B. Wind, Nässe, Kälte) zu berücksichtigen.

Die Wirksamkeit der ausgewählten Methode ist durch Übungen unter vergleichbaren Bedingungen sicher zu stellen.

A13.7.5
Rettung einer aufgefangenen Person nach einem Sturz in ein Auffangsystem (z. B. Hängen im Steigschutz oder am Höhensicherungsgerät)

Grundsätzlich muss jede Unternehmerin und jeder Unternehmer mit eigenen Einrichtungen und Sachmitteln sowie fachkundigem Personal für eine schnelle Rettung aufgefangener Personen sorgen.

Die Maßnahmen und die sich daraus ergebenden Ausrüstungen für das Anheben bzw. Abseilen von Personen sind im Vorfeld unter Berücksichtigung der von diesen Personen verwendeten Ausrüstung zum Schutz gegen Absturz und der Örtlichkeiten festzulegen.

Dabei ist zu beachten, dass die Anschlagmittel für die Rettungsgeräte auf die Anschlagmöglichkeiten abgestimmt sind (z. B. für die Befestigung eines Abseilgerätes an einer Steigleiter). Eine geeignete Verbindung der Rettungsausrüstung mit der Ausrüstung der zu rettenden Person (z. B. Auffanggurt, Verbindungsmittel eines Höhensicherungsgerätes) muss gewährleistet sein (z. B. durch Verwendung von Teleskopstangen, geeigneten Seil-/Bandklemmen).

Für den Schutz der Retterinnen und Retter müssen geeignete Ausrüstungen verfügbar sein. Zur Gewährleistung einer unverzüglichen Rettung ist die stationäre Bereithaltung von Rettungsgeräten (z. B. Abseilgeräte mit Rettungshubfunktion, Rettungswinde) mit einzubeziehen.

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Abb. A13-4
Rettung aus der Steigleiter

A13.7.6
Rettung einer aufgefangenen Person nach einem Sturz über eine Kante (z. B. außerhalb des Maschinenhauses der WEA/von einer Plattform innerhalb der WEA)

Grundsätzlich muss jeder Unternehmer und jede Unternehmerin mit eigenen Einrichtungen und Sachmitteln sowie fachkundigem Personal für eine schnelle Rettung aufgefangener Personen sorgen.

Die Maßnahmen und die sich daraus ergebenden Ausrüstungen für das Anheben bzw. Abseilen von Personen sind im Vorfeld unter Berücksichtigung der von diesen Personen verwendeten Ausrüstung zum Schutz gegen Absturz und der Örtlichkeiten festzulegen.

Zur Auswahl des Rettungsgerätes ist zunächst festzulegen, in welche Richtung - nach oben oder nach unten - die Person gerettet werden soll. Danach ist dementsprechend

  • ein Rettungshubgerät/eine Rettungswinde oder

  • ein Abseilgerät mit Rettungshubfunktion

mit ausreichender Seillänge an einem ausreichend tragfähigen separaten Anschlagpunkt zu befestigen. Zum Lösen des unter Personenlast stehenden Auffangsystems ist eine für das Anheben von Personen und auf das Verbindungsmittel (des Höhensicherungsgerätes oder des Falldämpfers) abgestimmte Klemme anzufügen und mit dem Tragseil des Rettungsgerätes zu verbinden. Zur Vermeidung der Beanspruchung des Tragseiles über eine Kante ist ein Kantenschutz zu verwenden. Anschließend wird die zu rettende Person mit dem Rettungshubgerät/Rettungswinde bis zum Übernahmeort angehoben. Für die Rettung nach unten wird die Person mit der Rettungshubeinrichtung des Abseilgerätes soweit angehoben, bis das Verbindungsmittel vom Anschlagpunkt gelöst werden kann. Anschließend erfolgt das Abseilen der Person mittels Abseilfunktion des Gerätes.

A13.7.7
Rettung/Befreiung aus einer Aufzugsanlage

Vor der Benutzung einer Aufzugsanlage innerhalb der WEA sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung der Unternehmerin bzw. des Unternehmers (vgl. Abschnitt A6 "Gefährdungsbeurteilung") unter Berücksichtigung

Vorkehrungen für die vorhersehbaren Rettungssituationen zu treffen und passende Rettungsverfahren zu definieren.

Für Aufzugsanlagen regelt die Betriebssicherheitsverordnung zudem die Erstellung eines Notfallplans inklusive Notbefreiungsanleitung. Da es sich bei den durchzuführenden Tätigkeiten in/an WEA um Arbeiten an üblicherweise abgelegenen Orten handelt, ist es erforderlich die Notbefreiungsanleitung vor Ort bereitzustellen.

Mögliche Situationen sind beispielsweise

  • handlungsunfähige Person allein im Fahrkorb

  • Selbstbefreiung, wenn Notablass nicht möglich

ccc_1609_as_2.jpgHinweis
Basiert ein Rettungsverfahren bzw. eine Fluchtmöglichkeit auf dem Einsatz eines Abseilgerätes, so ist dieses im Fahrkorb mitzuführen, wenn sich bei der Benutzung der Aufzugsanlage das komplette Serviceteam im Fahrkorb befindet und kein weiteres Team bzw. keine weiteren Beschäftigten unmittelbar für Hilfsmaßnahmen zur Verfügung stehen.

A13.7.8
Flucht aus dem Maschinenhaus

A13.7.8.1
Grundsätzliches

Erster Fluchtweg aus dem Maschinenhaus ist der Weg durch den Turm nach unten.

Scheidet dieser Weg z. B. wegen eines Brandes im Turm oder Maschinenhaus oder aufgrund einer unklaren Situation innerhalb des Turmes aus, steht als zweiter Fluchtweg das Abseilen vom Maschinenhaus zur Verfügung.

Voraussetzung für die Wirksamkeit dieses zweiten Rettungsweges ist, dass vor Beginn der Arbeiten die zum Abseilen zu verwendenden Anschlagpunkte feststehen und die erforderliche Ausrüstung unmittelbar verfügbar ist.

Vorzuhalten sind geeignete Abseilgeräte zur Rettung mit ausreichend langem Seil sowie geeignete persönliche Schutzausrüstungen zum Retten bzw. gegen Absturz.

Für die Auswahl des Abseilgerätes ist die erforderliche Abseilarbeit zu bestimmen. Als Einflussgrößen sind dabei

  • die zu überwindende Abseilstrecke (mind. Dach-/Nabenhöhe, ggf. auch Hanglage i. V. m. Einfluss von Wind, Abstand Eingangsebene zu Wasserfläche) ggf. zuzüglich des Seilbedarfs für erforderliche Umlenkungen u. ä. und

  • die abzuseilende Personenzahl (Gewicht, erforderliche Zahl der Abseilvorgänge, ...)

zu berücksichtigen.

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Abb. A13-5
Abseilen aus dem Maschinenhaus (Übung)

Vor dem Hintergrund der im Notfall zur Verfügung stehenden Zeit ist zu prüfen, ob mehrere Abseilgeräte erforderlich sind (Zeitbedarf für die erforderliche Zahl von Abseilvorgängen!). Sollen mehrere Abseilgeräte parallel eingesetzt werden, muss die Umsetzbarkeit beurteilt werden (Anzahl und Belastbarkeit Anschlagpunkt(e), gegenseitige Beeinflussung der Seile, ...).

A13.7.8.2
Zusätzliche Hinweise für das Abseilen ins Wasser

Im Rettungskonzept ist festzulegen wie das Abseilen ins Wasser konkret zu erfolgen hat und ob persönliche Schutzausrüstungen gegen Ertrinken und Unterkühlen erforderlich sind (Rettungswesten (im Offshore-Bereich mit AIS (Automatic Identification System)-basiertem Personal Locator Beacon (PLB)), Überlebensanzug mit AIS-PLB (im Offshore-Bereich)).

Diese festgelegten weiteren persönlichen Schutzausrüstungen müssen unmittelbar für den Abseilvorgang zur Verfügung stehen.

Des Weiteren ist die zügige Rettung aus dem Wasser sicherzustellen. Das Abseilen ins Wasser ist zu unterweisen.

A13.8
Erste Hilfe- und Rettungsausrüstungen

Die Unternehmerin bzw. der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass unter Berücksichtigung der betrieblichen Verhältnisse geprüfte Erste Hilfe- und Rettungsausrüstungen gemäß Rettungskonzept bereitstehen.

Diese können auf Dauer in der Anlage vorhanden sein oder mitgebracht werden.

Sie müssen in ausreichender Zahl (abhängig u. a. von der Anzahl der Personen in der WEA) und vor Beginn der Arbeiten am Arbeitsplatz vorhanden sein.

Bei festgestelltem Bedarf (Rettungskonzept) sind z. B. folgende Ausrüstungen auszuwählen und einsatzbereit vorzuhalten:

  • Telefon (Festnetz, Mobilfunk, Satellitentelefon)

  • Sprechfunk (Betriebsfunk, Seefunk)

  • Erste Hilfe-Material (evtl. auch "EH-Pack" (Minimalausstattung "an der Person"))

  • Defibrillator (Automatisierter externer Defibrillator (AED))

  • Feuerlöscher

  • Fluchthaube für den Brandfall

  • Abseilgeräte zum Retten

  • Rettungstragen

Für den Offshore-Bereich enthält die Empfehlung "Erste Hilfe in Offshore-Windparks" des DGUV-Fachbereiches "Erste Hilfe" Aussagen zu Ausrüstungen.

A13.9
Maßnahmen des Anlagenbetreibers im Rahmen der Notfallorganisation

Grundlegende, unmittelbar auf die Anlage bezogene Maßnahmen zur Organisation der Rettung(skette) liegen in der Zuständigkeit des Anlagenbetreibers.

Hierzu zählen beispielsweise

  • die Kennzeichnung der WEA (inkl. des Windparks)

  • Einrichtung und Erhaltung geeigneter Zuwegungen zur WEA (inkl. Kennzeichnung)

  • Erstellung und Bereitstellung

    • von Planunterlagen (Lage-/Feuerwehr-/Anfahrtpläne)

    • einer Dokumentation zur WEA (Notfallplan, "Anlagensteckbrief")

  • Sicherstellung der Erreichbarkeit verantwortlicher Personen (Anlagenbetreiber/Betriebsführer(in)/Anlagenverantwortlicher nach VDE-Regelwerk)

  • Schaffung einer gewaltfreien Zugangsmöglichkeit zur WEA

    A13.4 "Zugang für Hilfs- und Rettungskräfte"
  • Information der örtlich zuständigen Einsatzkräfte (Feuerwehr und Rettungsdienst) in Form von Besichtigungen, Schulungen usw.

  • Abstimmung von Ersatzmaßnahmen mit den örtlichen zuständigen Einsatzkräften bei auftretenden Veränderungen (vorübergehende/dauerhafte Beeinträchtigung der vorgesehenen Anfahrtswege)

  • Information der Leitstelle bei Änderung an den mitgeteilten Informationen (z. B. Änderung Anfahrt, Erreichbarkeit)

Vorgaben aus der Genehmigung sind durch den Anlagenbetreiber umzusetzen.

Es empfiehlt sich eine Abstimmung organisatorischer Maßnahmen innerhalb eines Windparks. Ziel soll dabei sein, einheitliche Vorkehrungen für Notfälle zu treffen. So wird die Arbeit externer Rettungskräfte vereinfacht und damit zeitlich optimiert.

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Abb. A13-6
Kennzeichnung WEA (Anlagennummer) wegseitig

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Abb. A13-7
Kennzeichnung WEA (Anlagennummer)

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Weitere Informationen insbesondere für den Offshore-Bereich enthält die DGUV Information 204-041 "Erweiterte Erste Hilfe in Windenergieanlagen und -parks".
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A13.10
Weitere Maßnahmen zur Notfallorganisation

A13.10.1
Informationen zum Verhalten im Notfall

Unternehmerinnen und Unternehmer müssen an unterschiedlichen Stellen Informationen für Notfälle bereitstellen (z. B. Aushänge zur Ersten Hilfe) und ihren Beschäftigten bekanntmachen.

A8 "Unterweisungen"

Für den einzelnen Beschäftigten kann eine Kurzinformation zu den wichtigsten Punkten hilfreich sein. Sofern das Platzangebot ausreicht kann diese beispielsweise in Form einer einfach mitzuführenden laminierten "Notfallkarte" bereitgestellt werden.

Hier können z. B. aufgeführt sein

  • Hinweis auf Notrufnummer 112 (Onshore-Bereich) bzw. definierte Notrufnummer Offshore-Bereich

  • sofern vorhanden unternehmensinterne Notrufnummer (Rufnummer der ständig besetzten Stelle des eigenen Unternehmens ("Warte" o. ä.) mit "Notrufnebenstelle", die besonders signalisiert wird)*

  • Erste-Hilfe-Informationen, vergleiche dazu beispielsweise

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DGUV Informationen 204-036 "Erste Hilfe Karte: Allgemeine Verhaltensregeln"
DGUV Informationen 204-038 "Erste Hilfe Karte: Herz-Lungen-Wiederbelebung und Defibrillation"
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Bei Auslandseinsätzen sollten weitere der konkreten Arbeits- und Lebenssituation angepasste Inhalte in die Informationen zum Verhalten in und nach Notfällen aufgenommen werden (z. B. Kontaktaufnahme zu Konsulaten (inkl. Rufnummer), Aufnahme in die Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amtes über das ELEFAND-System.)

*wenn vorgesehen ist, dass im Notfall eine unternehmensinterne Stelle angerufen wird, um Hintergrundarbeit zu leisten (weitere Teams zuführen, Kontaktaufnahme mit Leitstelle Feuerwehr/Rettungsdienst, ...)

A13.10.2
Personenbezogene Informationen für den Notfall

Im Notfall können verschiedene Informationen zur betroffenen Person hilfreich sein. Dazu gehören

  • Informationen über Blutgruppe, Erkrankungen, Medikamente, Allergien u. ä. sowie

  • Informationen über Personen und Stellen, die benachrichtigt werden sollen.

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Abb. A13-8
Erste Hilfe Karte (DGUV Information 204-038)

Im Unternehmen sollte abgestimmt werden, ob und ggf. wie Informationen unter Wahrung des Datenschutzes aufgenommen und bereitgehalten werden sollen.

Beispielsweise kann seitens des Unternehmens - möglichst unter Einbeziehung der Betriebsärztin bzw. des Betriebsarztes - ein Notfallausweis zur freiwilligen Verwendung durch die Beschäftigten bereitgestellt werden.

A13.11
Unterweisungen und Qualifizierung mit Bezug zur Notfallorganisation

A8 "Unterweisung" und A9 "Qualifizierung"

A13.11.1
Unterweisung zur Notfallorganisation

Damit im Notfall auch die wichtigen und richtigen Informationen bekannt sind und übermittelt werden können, muss das eingesetzte Personal mit den für die jeweilige WEA zutreffenden Abläufen, Maßnahmen usw. (vgl. Abschnitt A13.3 "Rettungskonzept") vertraut sein (Unterweisung).

Wichtige Informationen sind beispielsweise:

  • Anfahrt zur WEA

  • Lage des Treffpunktes/Lotsenpunktes (Rettungspunkt, ...)

  • Rettung aus Höhe/Tiefe erforderlich?

Besonderheiten für den Offshore-Bereich:

  • Emergency Response Plan (ERP)

  • Leitstelle

  • Meldeweg

  • Technische Hilfe

A13.11.2
Unterweisung zum Verhalten im Notfall

Im Rahmen der Unterweisungen hat die Unternehmerin bzw. der Unternehmer besonders das Verhalten im Notfall zu behandeln.

A8 "Unterweisung" , A13.7 "Besondere Hinweise für Rettungs- und Fluchtsituationen" und A13.10.1 "Informationen zum Verhalten im Notfall"

Wesentliche grundsätzliche Aussagen müssen dabei sein:

  • In unklaren und potenziell gefährlichen Situationen müssen sich die Beschäftigten schnell in Sicherheit bringen. Erst dann ist die Situation zu klären. Ziel ist es, gefahrbringende Zeitverluste zu verhindern. Beispiel Brandfall: Zeit für personengefährdende Brand-/Rauchausbreitung minimieren.

  • Grundsätzlich nach Sofortmaßnahmen (z. B. Stillung bedrohlicher Blutungen) und vor Beginn umfangreicherer Hilfsmaßnahmen sollte ein Notruf über den vorgesehenen Weg abgesetzt werden, um schnellstmöglich Unterstützung zu erhalten. Wenn der Notruf direkt an die öffentliche Leitstelle abgesetzt wird, sind diese Angaben besonders wichtig:

    • genauer Standort der WEA (bei Bedarf inkl. Hinweisen zur Anfahrt)

    • genauer Ort innerhalb der WEA (Befinden sich Betroffene ober- oder unterhalb der Zugangsebene?, Hängen Betroffene im Seil?, ungefähre Höhe/Tiefe?)

    • Anzahl der Betroffenen

    • nach Möglichkeit: ungefährer Schweregrad von Verletzungen/Erkrankungen

    • Wichtig: Die Leistelle entscheidet, ob und wann das Gespräch beendet wird!

  • Auch bei Hilfeleistung in Notfällen geht die eigene Sicherheit vor!

    • Helferinnen und Helfer müssen ihren Eigenschutz beachten und die vorgesehenen Schutzmaßnahmen z. B. gegen Absturz anwenden.

    • Vor Beginn von Hilfsmaßnahmen müssen sich Helferinnen und Helfer einen Überblick verschaffen und den Notfallort bei Bedarf absichern (Gefährdungen durch elektrischen Strom?, Absturzgefährdung?, Weitere Gefährdungen?).

    • Im ungünstigen Fall müssen ggf. erst Abschaltungs- und Sicherungsmaßnahmen an der WEA vorgenommen werden, damit Helferinnen und Helfer nicht gefährdet werden.

A13.11.3
Erste-Hilfe-Ausbildung und -Unterweisung

Jede und jeder in/an einer Windenergieanlage Tätige sollte über die betriebliche Erste-Hilfe-Ausbildung nach DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" verfügen.

Wird aufgrund der durchzuführenden Arbeiten sowie der jeweiligen Arbeitsumgebung (Gefährdungsbeurteilung) zusätzliche Ausrüstung für die Erste Hilfe bereitgestellt, ist deren Anwendung im Rahmen von Unterweisungen mit praktischen Übungen zu vermitteln.

A13.8 "Erste-Hilfe- und Rettungsausrüstungen"
ccc_1609_as_5.jpgGemäß § 26 Abs. 4 DGUV Vorschrift 1 gilt:
"Ist nach Art des Betriebes, insbesondere auf Grund des Umganges mit Gefahrstoffen, damit zu rechnen, dass bei Unfällen Maßnahmen erforderlich werden, die nicht Gegenstand der allgemeinen Ausbildung zum Ersthelfer gemäß Absatz 2 sind, hat der Unternehmer für die erforderliche zusätzliche Aus- und Fortbildung zu sorgen."

Beispiele hierfür sind:

  • Augenspülung mit Spülflasche

  • Einsatz einer Beatmungshilfe

  • Anwendung eines automatisierten externen Defibrillators (AED)

  • Hilfeleistung nach Sturz ins Auffangsystem

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Weitere Informationen insbesondere für den Offshore-Bereich enthält die DGUV Information 204-041 "Erweiterte Erste Hilfe in Windenergieanlagen und -parks".
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A13.11.4
Unterweisung im Umgang mit Rettungsausrüstungen

Aufgrund der besonderen Umstände des Arbeitsortes WEA und der örtlichen Gegebenheiten sind Beschäftigte besonders eingehend über Maßnahmen der Rettung zu unterweisen, um Handlungssicherheit in Notfällen zu ermöglichen.

Im Rahmen der Unterweisung müssen die Beschäftigten vor Arbeitsaufnahme und danach mindestens einmal jährlich mit den im Rettungskonzept dokumentierten Rettungsausrüstungen trainieren.

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DGUV Regel 112-199 "Benutzung von persönlichen Absturzschutzausrüstungen zum Retten"
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Trainingsbedarf besteht beispielsweise im Hinblick auf

  • den Einsatz von Rettungsgurten, -schlaufen u. ä.,

  • die Benutzung von Abseilgeräten zum Retten sowie

  • den Einsatz von Rettungstragen.

Zusätzlicher Aus- und Fortbildungsbedarf besteht, wenn beispielsweise Material zur Ruhigstellung (z. B. Hals-Immobilisationskragen) und Blutstillung (z. B. Tourniquet-Abbindesystem) vorgehalten wird.

Bestehen für einzelne Rettungsausrüstungen Anforderungen aus dem Medizinprodukterecht, so sind diese unter Beteiligung der Betriebsärztin bzw. des Betriebsarztes umzusetzen (z. B. bezüglich Automatisierter externer Defibrillatoren (AED)).

im Offshore-Bereich: entsprechende Stellen in der geplanten Rettungskette