DGUV Information 203-042 - Auswahl und Benutzung von Laser-Schutzbrillen, Laser-Justierbrillen und Laser-Schutzabschirmungen

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Anhang 11 - Aspekte für die Auswahl und Anwendung von Laser-Schutzbrillen und Laser-Justierbrillen im Freien

A11.1 Erläuterungen zum Temperaturverhalten von Filtern

Laserfilter sollen gezielt bestimmte Wellenlängen oder Wellenlängenbereiche sperren. Speziell bei Filtern für Laser im sichtbaren Spektralbereich ist es wünschenswert, nicht zu große Bereiche neben der eigentlichen Laserwellenlänge abzuschwächen, damit die Sichtbarkeit der Umgebung für den Benutzer nicht durch einen zu kleinen Lichttransmissionsgrad des Filters beeinträchtigt wird. In spektralen Charakteristiken von Laserfiltern treten auch deshalb häufig Absorptionsbereiche auf, die durch abfallende oder ansteigende Flanken oder im Fall von Absorptionsbanden oder Bandpassfilter durch beide Kantenformen gekennzeichnet sind, wie z. B. in Abbildung A 11.1 für ein Rubin-Laserfilter dargestellt.

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Abb. A11.1 Spektrale Charakteristik eines Rubin-Laserfilters, bestimmt für eine Filtertemperatur von 23 °C

Da die Lage derartiger spektraler Kanten für absorbierende aber auch für verspiegelte Laserfilter temperaturabhängig sein kann, ist nicht ausgeschlossen, dass sich die spektrale Charakteristik unter Temperatureinfluss relativ zur Laseremission verschiebt. Bei ungünstigen Verhältnissen könnten sich dann höhere spektrale Transmissionsgrade an der Laserwellenlänge ergeben, als für Raumtemperatur festgestellt. Dieser Effekt kann um so eher auftreten, je schmaler die Absorptionsbande ist und widerspricht damit dem oben dargestellten Wunsch nach möglichst selektiver Absorption.

Die Kantenwellenlänge λc(τ) ist üblicherweise als die Wellenlänge definiert, bei der der spektrale Transmissionsgrad auf den halben Wert abgesunken ist, den der Filter im Durchlassbereich maximal erreichen kann. Die Stärke der temperaturabhängigen Verschiebung dieser Kantenwellenlänge wird durch den materialabhängigen Temperaturkoeffizienten

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in Einheiten von nm/K beschrieben, wobei Δ λc die Wellenlängenverschiebung der Kante zur Temperaturdifferenz Δ T ist. Der Temperaturkoeffizient α ist für Temperaturen, für die Augenschutz üblicherweise eingesetzt wird, als konstant anzusehen (lineares Filterverhalten).

Ein positiver Temperaturkoeffizient α bedeutet eine Verschiebung der Kante zu langen Wellenlängen bei Temperaturerhöhung. Bei einem negativen Temperaturkoeffizienten werden Absorptionskanten bei Temperaturerhöhung zu kürzeren Wellenlängen verschoben. Besitzt die ansteigende Kante einen positiven und die abfallende einen negativen Temperaturkoeffizienten, so vergrößert sich der Sperrbereich des Filters mit wachsender Filtertemperatur.

Wird Augenschutz im Freien eingesetzt, so ist auch mit niedrigeren Temperaturen zu rechnen. Diese könnten sich eher nachteilig auswirken als höhere Filtertemperaturen. Zu beachten ist allerdings, dass nicht direkt die Außentemperatur maßgeblich ist, sondern die Temperatur des Filters, die sich durch das Zusammenspiel zwischen Umgebungs- und Körperwärme einstellt. Dieses ist z. B. noch beeinflusst durch Effekte wie die Kühlung durch Luftströmungen, durch Parameter wie die Wärmeleitfähigkeit der Werkstoffe oder durch die Konstruktion des Augenschutzes selbst. Eine Messung der wirklichen Filtertemperatur ist i. a. nicht einfach auszuführen.

Die Norm für Laser-Schutzfilter DIN EN 207 enthält selbst keine direkte Anforderung an die für Prüfungen zu verwendende Temperatur, so dass man unterstellen kann, dass insbesondere die spektralen Eigenschaften nur für den Temperaturbereich (23 ± 5)°C sichergestellt sind. Nur bei der Prüfung der mechanischen Festigkeit nach DIN EN 166, der auch Laser-Schutzbrillen unterliegen, sind Temperaturen von -5 °C und +55 °C vorgesehen.

Andere Normen, die speziell tiefe Temperaturen fordern, sind z. B. DIN EN 174, Skibrillen für alpinen Skilauf, mit einer Konditionierung der Proben bei -10 °C für eine Stunde und Messung der mechanischen Festigkeit innerhalb von 30 s bei Raumtemperatur und DIN EN 13178, Augenschutzgeräte für Benutzer von Motorschlitten, mit einer einstündigen Konditionierung bei -40 °C. Die letztere Norm stellt ein Extrem dar, allerdings werden auch hier die spektralen Eigenschaften nur bei Raumtemperatur überprüft.

Will man Laser-Schutzfilter bei extremen Temperaturbedingungen einsetzen, so kann man unter Zuhilfenahme der spektralen Charakteristik versuchen, mögliche Effekte abzuschätzen.

In Abbildung A11.2 werden beispielhaft die Auswirkungen des Temperatureffekts dargestellt. Das Diagramm zeigt die Wellenlängenverschiebung für den Bereich 25 °C bis 80 °C. Anhand der gemessenen Daten konnte der Verlauf der Absorptionskante bei -5 °C berechnet werden.

Berechnete Transmission bei -5 °C von Filter 01

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Abb. A11.2 Relative Transmission in Abhängigkeit von der Temperatur und Wellenlänge (Beispiel für die temperaturbedingte Verschiebung der Absorptionskante. Die Kante für -5 °C wurde anhand der gemessenen Daten berechnet.)

Die obigen Ausführungen betreffen zunächst den linearen spektralen Transmissionsgrad von Laser-Schutzfiltern. Bei einer geringen Anzahl von Laserfiltern für Impulslaser der Betriebsart R, die von dem so genannten Effekt der induzierten Transmission (auch Durchschalten genannt) betroffen sind, wurde ebenfalls eine Temperaturabhängigkeit der nun nichtlinearen Transmission beobachtet. Auch dieser Effekt kann zu einer Reduzierung der Schutzfunktion führen, wenn das Laserfilter bei tieferen Temperaturen benutzt wird. Derartige Filter sind nur für kleinere Schutzstufen geeignet, die sich durch Anwendung bestimmter Bewertungskriterien ermitteln lassen. Aber selbst diese Vorgehensweise kann je nach den vorherrschenden Umgebungsbedingungen ein Risiko nicht völlig ausschließen.

Deshalb sollten Laser-Schutzfilter, die im Freien bei extremen Temperaturen eingesetzt werden, eine hinreichend breite Absorption um die Laserwellenlänge besitzen. Speziell bei Schutzfiltern gegen die Laserbetriebsart R und M ist der Einsatz von solchen Filtern ratsam, die keine induzierte Transmission aufweisen.

Oft können jedoch Benutzer aufgrund fehlender Information nicht selbst abschätzen, ob ein bestimmtes Laser-Schutzfilter für den Einsatz bei extremen Temperaturen tauglich ist. Deshalb ist es anzuraten, in derartigen Fällen eine entsprechende Abschätzung bei dem Hersteller des Augenschutzgerätes einzuholen. Ebenfalls ist zu beachten, dass bei Arbeiten im Freien in der Regel eine erhöhte mechanische Beanspruchung der Laser-Schutzbrillen existiert. Auch sollten Angaben zur Beständigkeit gegen UV-Strahlung erfragt werden.

A11. 2. Reflexion an spiegelnden Flächen

Sind spiegelnde Oberflächen im für die Laserstrahlung zugänglichen Bereich vorhanden, so kann sich hierdurch der Laserbereich deutlich vergrößern. Dabei ist zu bedenken, dass die Reflexionseigenschaften der Oberflächen von der Wellenlänge der Laserstrahlung abhängen. Besondere Vorsicht gilt beim Einsatz von dielektrisch beschichteten Spiegeloberflächen, weil hier über Interferenzschichten nahezu 100 % der einfallenden Laserstrahlung reflektiert wird. Neben speziellen reflektierenden Laseroptiken können solche Schichten auch bei Laser-Schutzbrillen vorkommen. Ist der Filter der Laser-Schutzbrille plan, dann ist der Lasergefahrenbereich kugelförmig um den Laserschutzfilter erweitert.

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Abb. A11.3 Laserbereich (im Bild Lasergefahrenbereich genannt) bei Vorhandensein von spiegelnden Reflexionen

Die Laserstrahlen können, je nach Lage der reflektierenden Fläche zum Zeitpunkt des Auftreffens, in unterschiedliche Richtungen abgelenkt werden.

Der Abstand von der reflektierenden Stelle, z. B. der Laser-Schutzbrille, bis zum Unterschreiten der EGW hängt unter anderem ab von:

  • der Form der Filterscheibe (plan oder sphärisch gekrümmt) oder sonstigen reflektierenden Flächen:

    • plane Flächen reflektieren die einfallende Laserstrahlung in die Ablenkungsrichtung weiter, so dass der Sicherheitsabstand (NOHD) bei einem 100 % reflektierten Strahl gegenüber dem nicht reflektierten Strahl unverändert bleibt.

    • konvexe Oberflächen führen mit kleiner werdendem Krümmungsradius zu einer erheblichen Abnahme des nach der spiegelnden Fläche verbleibenden Sicherheitsabstands (NOHD). Solche Filter- und Tragekörperformen sollten daher bevorzugt werden.

    • konkave Oberflächen - sie kommen bei Laser-Schutzfiltern praktisch nicht vor- bzw. bergen ein Risiko, indem die Laserstrahlen zunächst fokussieren und erst in einigem Abstand divergieren und sich dann wie bei konvexen Oberflächen verhalten.

  • der Art des Filters (Schicht- oder Absorptionsfilter):

    • Schichtfilter reflektieren die einfallenden Laserstrahlen, gegen die sie Schutz bieten, bei kleineren Einfallswinkeln zu nahezu 100 %.

    • Absorptionsfilter reflektieren bei kleineren Einfallswinkeln nur einen kleinen Teil der Laserstrahlen, während mit zunehmendem Einfallswinkel der Strahlungsanteil in Abhängigkeit der Polarisationsebene und des Brechungsindex zu 100 % anwächst.

  • dem Einfallswinkel bezogen auf die Senkrechte zur Ebene der Filterscheibe oder spiegelnd reflektierender Fläche des Tragekörpers.

    Da sich Winkelbereiche aufgrund von Bewegungen des Trägers der Laser-Schutzbrille in der Praxis nicht eingrenzen lassen, ist generell von Einfallswinkeln zwischen 0° und 90° auszugehen.

  • der Möglichkeit, dass Personen mit Ferngläsern in den direkten bzw. spiegelnd reflektierten Strahl blicken können.

Kann nicht ausgeschlossen werden, dass Personen mit Ferngläsern oder Fernrohren, auch aus größeren Entfernungen in den Strahl blicken können, so vergrößern sich die Gefahrenbereiche durch Reflexion an der Laser-Schutzbrille erheblich und zwar bei üblichen Ferngläsern um bis zum Faktor 7 (Vergrößerungsfaktor 7) bei Lasern im Sichtbaren und nahen Infrarot (bis 1400 nm). Ist anzunehmen, dass Teleskope mit mehr als 50 mm Objektivdurchmesser zur Anwendung kommen, so sind diese zusätzlich zu berücksichtigen.