DGUV Regel 112-189 - Benutzung von Schutzkleidung

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Abschnitt 4.4 - 4.4 Materialien zur Herstellung von Schutzkleidung

4.4.1
Faserstoffe

Zur Herstellung von Schutzkleidung kommen Natur-, Chemie- und Spezialfasern zur Anwendung. Tabelle 4 zeigt ein Diagramm von Faserstoffen.

Tabelle 4: Diagramm von Faserstoffen
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4.4.2
Naturfasern

4.4.2.1

Baumwolle ist eine Naturfaser von 10 bis 50 mm Länge. Sie weist nach zunehmenden Wasch- bzw. Reinigungsprozessen einen Reißkraftverlust auf, dadurch wird die mechanische Beanspruchbarkeit reduziert. Darüber hinaus neigen Kleidungsstücke aus reiner Baumwolle beim Waschen zum Einlaufen. Baumwollgewebe brennt unter Verkohlung und kann durch Ausrüstung, z.B. mit Aflamman, Flammentin, Secan/Proban und Pyrovatex, gegen Flammen und Entflammen durch glühende Metall- und Schlackespritzer widerstandsfähiger gemacht werden. Zu beachten ist, dass die Schutzwirkung der Ausrüstung durch Waschen (Reinigen) verloren gehen kann und bei einer Reihe der Ausrüstungsmittel je nach Anzahl der Reinigungsbehandlungen nachgerüstet werden muss.

4.4.2.2

Wolle ist eine tierische Naturfaser, die 50 bis 300 mm lang ist. Textile Flächengebilde aus Wolle sind von Natur aus schwerer brennbar. Sie schützen gegen Flammen, Wärmestrahlung, Kontaktwärme sowie gegen glühende Metall- und Schlackespritzer. Wollstoffe, die mit Zirpo-Ausrüstung versehen sind, bieten verbesserten Schutz gegen Entflammen durch glühende Metall- und Schlackespritzer. Wolle eignet sich auch gut als Schutz gegen Kälte. Beim Waschen ist zu beachten, dass Wolle Waschtemperaturen über 40 °C nicht verträgt. Es ist daher die chemische Reinigung vorzuziehen.

4.4.3
Chemiefasern

"Chemiefaser" ist ein Gattungsname für alle auf chemischem Wege industriell hergestellten Spinn- und Filamentfasern. Man unterscheidet cellulosische Chemiefasern, z.B. Viskose, Cupro, Acetat und synthetische Chemiefasern, z.B. Polyamid, Polyester und andere.

Chemiefasern besitzen gegenüber Naturfasern im Allgemeinen höhere Festigkeits- und bessere Pflegeeigenschaften. Die Beständigkeit von Chemiefasern gegen erhöhte Temperatur kann durch spezielle Modifikation erheblich verbessert werden.

Chemiefasern, die besondere Anforderungen in Bezug auf Flammen und Hitzeschutz erfüllen, sind z.B.

  • aromatische Polyamide (Nomex, Kaviar, Tawaron),

  • Polytetrafluorethylen (PTFE oder Teflon) auch mit ausgezeichneter Chemikalienbeständigkeit,

  • Polybenziimidazol (PBI) ist kurzzeitig bis 550 °C belastbar. Es ist auch eine Faser mit hoher Beständigkeit gegen organische Chemikalien,

  • Kohlenstofffasern, allerdings mit geringer Zugfestigkeit.

4.4.4

Antistatische Fasern sind synthetische Fasern, die hygroskopische Eigenschaften haben (Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen und dadurch leitfähiger werden). Die Beimischung von Metallfasern - die Wirksamkeit kann durch Bruch der Metallfaser herabgesetzt werden - zu anderen Textilfasern ermöglicht ebenfalls eine Ableitung elektrostatischer Aufladungen; störende und gefährliche Funken sind damit ausgeschlossen.

4.4.5
Spezialfasern

4.4.5.1

Asbest besteht aus faserig kristallisierten Silikatmineralien. Er brennt nicht, ist resistent gegen Säuren, Alkalien und andere Chemikalien. Asbest wurde in der Vergangenheit zum Schutze gegen Kontaktwärme sowie gegen glühende Metall- und Schlackenspritzer eingesetzt. Da Asbest zu den krebserzeugenden Stoffen gehört, ist die Verwendung von Asbest seit 1. Januar 1995 verboten.

4.4.5.2

Glasfasern sind Fasern aus natürlichen, anorganischen Stoffen. Sie sind verrottungsfest und unter Einhaltung bestimmter Vorsichtsmaßnahmen auch waschbar, leicht zu trocknen, besitzen jedoch im Allgemeinen nur eine beschränkte Scheuer- und Biegefestigkeit. Zur Verbesserung der Scheuer- und Knotenfestigkeit können Glasfasern mit einer Kunststoffhülle überzogen werden. Das Glasfasergewebe kann kunststoffbeschichtet oder metallisiert werden. Es bietet einen guten Schutz gegen glühende Metall- und Schlackenspritzer. Gegen Wärmestrahlung sind diese Fasern nur bedingt geeignet, da die Wärmeleitfähigkeit höher liegt als bei allen Chemie- und Naturfasern.

4.4.6
Sondermaterialien

4.4.6.1

Gummi wird durch eine chemische Reaktion (Vulkanisation) aus Kautschuk hergestellt. Gummi hat eine hohe Reißdehnung, ist beständig gegen viele Chemikalien. Er ist empfindlich gegen konzentrierte Schwefel-, Salpeter- und Chromsäure, aber widerstandsfähig gegen Alkalien. Chlor und andere Halogene greifen das Material an; Lösemittel führen zum Quellen. Gummi hat schlechte bekleidungsphysiologische Eigenschaften, Chemischreinigung soll vermieden werden.

4.4.6.2

Folien aus Kunststoff oder Folienverbunde, die aus der Verbindung zweier Materialien hergestellt sind. In der Praxis werden für Schutzkleidung hauptsächlich Kunststoff/Kunststoff- oder Kunststoff/Textil-Verbunde verwendet. Aus bekleidungsphysiologischen Gründen (schlechter Feuchtetransport) war der Einsatz von Folien für Schutzanzüge oder Schutzmäntel bisher begrenzt.

Neue Entwicklungen von mikroporösen oder wasserdampfdurchlässigen Folien ermöglichen es, dass Wasserdampf, nicht jedoch Wasser, durch die Folie hindurchgelassen wird. Diese besonderen Folien werden insbesondere für Wetterschutz- und Winterschutzkleidung eingesetzt.

4.4.6.3

Leder ist durch Gerbung konservierte Haut. Am häufigsten wird die Gerbung mit Chromsalzen durchgeführt. Gerbmittel und Gerbverfahren beeinflussen die Eigenschaften des Leders.

Leder unterscheidet sich grundsätzlich von allen Textilien. Die einzelnen Teilflächen der tierischen Haut sind nicht gleichwertig; sie haben unterschiedliche Eigenschaften. Am wertvollsten ist das so genannte Kernstück der Haut (Croupon), das etwa 50 % der gesamten Hautfläche einnimmt. In diesem Teil ist das Fasergefüge am festesten und sehr gleichmäßig. Weniger Festigkeit weist Leder aus dem Hals- und Bauchteil auf. Wird die Haut horizontal geteilt (gespalten), bezeichnet man den oberen Teil, auf dem sich der Narben befindet, als Narbenspalt und den Spaltteil ohne Narbenschicht als den Fleischspalt. Während aus dem Narbenspalt das Vollleder mit seinen guten Festigkeitswerten hergestellt wird, gewinnt man aus dem Fleischspalt später das eigentliche Spaltleder mit ebenfalls noch guten Festigkeitseigenschaften. In der Regel wird die Haut nur einmal gespalten. Sollte dennoch mehrfach gespalten werden, erhält man den Zwischenspalt, der für persönliche Schutzausrüstungen nicht verwendet werden sollte, da die Fasern beim Spalten zweimal durchschnitten wurden und damit die Festigkeitseigenschaften erheblich herabgesetzt werden. Der Einsatz von Narbenleder ist dort vorteilhaft, wo eine glatte Oberfläche und ein gutes Formhaltevermögen gewünscht werden. Leder - insbesondere Rindleder - bietet hervorragenden Schutz gegen kurzzeitig auftretende thermische Einwirkungen, speziell auch gegen heißen Dampf. Leder schützt ebenso gegen glühende Metallspritzer, gegen kurzzeitiges Einwirken aggressiver Stoffe, z.B. Säuren, Laugen und Lösemittel. Wegen seiner Wasseraufnahmefähigkeit und Wasserdampfdurchlässigkeit besitzt Leder gute bekleidungsphysiologische Eigenschaften.

4.4.6.4

Metall wird in textilen Flächengebilden in Form von Metallfäden verwendet. Außerdem kann Metall auf Faser-, Kunststoff- oder Lederoberflächen in Form von Beschichtung oder Metallbelägen aufgebracht werden, um die Wärmerückstrahlung zu erhöhen. Eine andere Verwendung von Metall für die Schutzkleidung erfolgt in einem so genannten Ringgeflecht- (miteinander verbundene Drahtringe aus Edelstahl) oder Schuppenplättchengewebe (Metallplättchen aus Aluminium oder Edelstahl, die mit endlos verschweißten Stahlringen verbunden sind).

Da Metall den höchsten Schutz gegen Stich- und Schnittverletzungen bietet, kommt diesem Material für stich- und schnittfeste Schutzkleidung besondere Bedeutung zu.

Abb. 16: Ringgeflecht- und Schuppenplättchengewebe
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