DGUV Regel 101-008 - Arbeiten im Spezialtiefbau

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Abschnitt 4.11 - 4.11 Besondere Bestimmungen für Arbeiten in Bohrungen

4.11.1
Beaufsichtigung und Belegung der Arbeitsplätze

4.11.1.1
Aufsicht

Der Aufsichtführende hat Arbeitsplätze in Bohrungen mehrmals täglich zu kontrollieren.

4.11.1.2
Sicherungsposten

In Bohrungen beschäftigte Versicherte müssen durch einen Sicherungsposten vom oberen Bohrlochrand aus ständig beobachtet werden. Der Sicherungsposten muss zuverlässig sein und darf nicht zusätzlich mit anderen Aufgaben betraut werden. Zwischen dem Sicherungsposten und den Versicherten in der Bohrung muss jederzeit eine Verständigung gewährleistet sein.

4.11.2
Befahrungsanweisung

4.11.2.1

Vor Beginn der Arbeiten hat der Unternehmer in Befahrungsanweisungen Maßnahmen festzulegen, die ein sicheres Arbeiten gewährleisten. Er hat die erste Befahrung einer Bohrung auf der Baustelle mit einem hochziehbaren Personenaufnahmemittel der Berufsgenossenschaft anzuzeigen.

4.11.2.2

Der Aufsichtführende hat dafür Sorge zu tragen, dass erst mit den Arbeiten begonnen wird, wenn die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen sind und die festgelegten Schutzmaßnahmen während der Arbeiten eingehalten werden.

Solche Schutzmaßnahmen können z.B. sein:

  • Verkehrssicherung,

  • messtechnische Überwachung,

  • Lüftungsmaßnahmen,

  • besondere Arbeitsverfahren.

Anzeige der Inbetriebnahme eines hochziehbaren Personenaufnahmemittels bei der Berufsgenossenschaft siehe Anhang 1.

4.11.3
Mindestlichtmaße

Arbeitsplätze und Verkehrswege in Bohrungen müssen ein Mindestlichtmaß von 0,80 m Durchmesser aufweisen.

4.11.4
Sicherung der Bohrlochwandung

4.11.4.1

In Bohrungen darf nur eingefahren werden, wenn die Bohrlochwandung durch Verrohrung gesichert ist.

4.11.4.2

Abweichend von Abschnitt 4.11.4.1 ist das Einfahren in unverrohrte Bohrungen zulässig, wenn die obersten 4,0 m verrohrt sind und die Bohrlochwandung standsicher ist.

Zur Beurteilung der Standsicherheit ist fachkundige Beratung erforderlich.

Die Standsicherheit kann durch Maßnahmen zur Bodenverfestigung verbessert werden, z.B. Gefrierverfahren, Injektion.

4.11.4.3

Bohr- und Schutzrohre müssen gegen Abrutschen gesichert sein, z.B. durch Rohrschellen, Auflagerkonsolen.

4.11.5
Sicherung des Bohrlochmundes

4.11.5.1

Bohrlöcher müssen mit einem dichten, mindestens 20 cm über die Geländeoberkante reichenden Schutzkragen gesichert sein.

4.11.5.2

Bohrgut, Baustoffe, Geräte und dergleichen müssen vom Bohrlochrand so weit entfernt gelagert werden, dass sie nicht in die Bohrung hineinfallen können.

4.11.5.3

Wird in Bohrungen nicht gearbeitet, müssen die Bohrlöcher so abgedeckt oder umwehrt sein, dass Personen nicht hineinstürzen können.

4.11.6
Ausbrucharbeiten

4.11.6.1

Bei Ausbrucharbeiten, z.B. Fußverbreitungen von Hand, sind gegen Hereinbrechen des Gebirges geeignete Maßnahmen zu treffen.

Geeignete Maßnahmen sind z.B.:

  • Verbau,

  • Stahlbogen mit Verzugsblechen,

  • Gebirgs- oder Bodenverfestigung durch Injektion oder Vereisung.

4.11.6.2

Bei Arbeiten in steifen oder halbfesten bindigen Böden darf die Höhe der ungesicherten Wand niemals mehr als 1,0 m betragen.

4.11.6.3

Erfolgt der Ausbruch maschinell von der Geländeoberfläche aus, z.B. mit Greifer oder Schappe, darf sich keine Person in der Bohrung aufhalten.

4.11.6.4

Sind bei Ausbrucharbeiten in Bohrungen Sprengungen erforderlich, gelten die Bestimmungen der Unfallverhütungsvorschrift "Sprengarbeiten" (BGV C24).

4.11.7
Zugänge zu Arbeitsplätzen

Werden Leitern als Zugänge zu Arbeitsplätzen in Bohrungen verwendet, müssen diese der Unfallverhütungsvorschrift "Leitern und Tritte" (BGV D36) entsprechen.

Steigleitern siehe § 15 der Unfallverhütungsvorschrift "Leitern und Tritte" (BGV D36).

4.11.8
Verständigung

4.11.8.1

Zwischen dem Versicherten in der Bohrung und dem Sicherungsposten muss jederzeit eine Verständigung gewährleistet sein.

Verständigungsmöglichkeiten können z.B. sein:

  • Zuruf,

  • Leine mit Signalglocke,

  • Telefon,

  • Gegensprechanlage.

4.11.8.2

Wird mit Signalen gearbeitet, muss Ihre Bedeutung den Versicherten bekanntgegeben werden. Alarmsignale müssen so festgelegt sein, dass sie nicht mit anderen Signalen verwechselt werden können.

4.11.9
Elektrische Anlagen und Betriebsmittel

4.11.9.1

Bohrungen gelten im Sinne der VDE-Bestimmungen als feuchte und nasse Räume.

4.11.9.2

In Bohrungen dürfen Leuchten und ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel nur mit Schutzkleinspannung, Schutztrennung oder Fehlerstromschutzschaltern mit einem Nennfehlerstrom von höchstens 30 mA betrieben werden.

4.11.9.3

Sind in Bohrungen elektrisch leitfähige Bereiche mit begrenzter Bewegungsfreiheit vorhanden, müssen in Bezug auf elektrische Anlagen und Betriebsmittel zusätzlich zu den Bestimmungen über feuchte und nasse Räume entsprechend Abschnitt 4.11.9.2 weitergehende Schutzmaßnahmen gegen die Einwirkung gefährlicher elektrischer Körperströme bei der Benutzung von elektrischen Betriebsmitteln durchgeführt werden.

Elektrisch leitfähige Bereiche mit begrenzter Bewegungsfreiheit liegen vor, wenn

  • deren Begrenzungen aus metallischen oder anderen leitfähigen Teilen bestehen

    und

  • eine Person mit ihrem Körper großflächig mit der umgebenden Begrenzung in Berührung kommen kann und dabei die Möglichkeit der Unterbrechung dieser Berührung eingeschränkt ist.

Diese Bedingungen können z.B. gegeben sein in Bohrungen geringen Querschnittes.

Siehe auch BG-Information "Einsatz von elektrischen Betriebsmitteln bei erhöhter elektrischer Gefährdung" (BGI 594).

4.11.9.4

Stromerzeuger und Transformatoren müssen außerhalb der Bohrung aufgestellt sein.

4.11.9.5

Kann ein Stromausfall Gefährdungen für die Versicherten in der Bohrung mit sich bringen, müssen auf der Baustelle Ersatzstromerzeuger mit ausreichender Leistung vorhanden sein und in Bereitschaft gehalten werden. Die Betriebsbereitschaft ist in angemessenen Zeitabständen, mindestens jedoch einmal wöchentlich, zu prüfen.

Zu einer Gefährdung für die Versicherten in der Bohrung kann es kommen, wenn durch Stromausfall z.B. die Wasserhaltung, die Belüftung oder die Beleuchtung der Bohrung beeinträchtigt wird.

4.11.10
Beleuchtung

4.11.10.1

In Bohrungen darf nur bei ausreichender Beleuchtung (mindestens 60 Lux) gearbeitet werden.

4.11.10.2

Jeder Versicherte muss in Bohrungen eine netzunabhängige Taschen-, Hand- oder Stollenlampe mit sich führen. Offenes Licht, z.B. Karbidlampe, ist nicht zulässig.

4.11.11
Belüftung

4.11.11.1

Arbeitsplätze und Verkehrswege in Bohrungen müssen so belüftet sein, dass

  1. 1.

    an jeder Arbeitsstelle ein Sauerstoffgehalt von mehr als 19 Vol.-% vorhanden ist,

  2. 2.

    die zulässige Konzentration von Gefahrstoffen in der Atemluft nicht überschritten wird,

  3. 3.

    keine explosionsfähige Atmosphäre in gefahrdrohender Menge entstehen kann.

Ein Unterschreiten des Mindestsauerstoffgehaltes kann z.B. eintreten durch

  • Veränderung des Sauerstoffgehaltes durch andere Gase,

  • Entzug von Sauerstoff durch Zufluss von sauerstoffarmen Wassern,

  • bei Wetterlagen mit nur schwacher Luftzirkulation schon bei geringen Bohrlochtiefen.

Gefahrstoffe in der Atemluft sind z.B.:

  • Kohlenstoffdioxid,

  • Schwefelwasserstoff,

  • Methan (Faulgas),

  • nitrose Gase,

  • gesundheitsgefährliche Stäube.

Hinsichtlich zulässiger Konzentration von Gefahrstoffen in der Atemluft wird dies erreicht, wenn die MAK-Werte (MAK = maximale Arbeitsplatzkonzentration) nach den Technischen Regeln für Gefahrstoffe "Arbeitsplatzgrenzwerte" (TRGS 900) nicht überschritten werden.

Diese können auftreten z.B. bei Bohrarbeiten

  • in der Nähe von bestehenden Kanälen,

  • auf Deponien, Müllhalden und ähnlichem,

  • in Moorböden, Faulschlammablagerungen und ähnlichem.

Siehe auch BG-Regel "Kontaminierte Bereiche" (BGR 128).

Hinsichtlich der Gefährlichkeit explosionsfähiger Atmosphäre siehe "Explosionsschutz-Regeln - (EX-RL)" (BGR 104).

4.11.11.2

Können die Forderungen nach Abschnitt 4.11.11.1 durch eine freie (natürliche) Lüftung nicht sichergestellt werden, oder werden Arbeitsverfahren angewendet, bei denen Gefahrstoffe in die Atemluft freigesetzt werden, ist eine technische (künstliche) Lüftung vorzunehmen. Vor dem ersten Einfahren in die Bohrung ist eine Kontrollmessung durchzuführen.

4.11.11.3

Das Einhalten der Bedingungen nach Abschnitt 4.11.11.1 Nr. 1 muss durch ein Sauerstoff-Messgerät mit Alarmschwelleneinstellung überwacht werden. Über die Messergebnisse ist ein Messprotokoll zu führen.

4.11.11.4

Die Einhaltung der Bedingungen nach Abschnitt 4.11.11.1 Nr. 2 und 3 ist erforderlichenfalls durch Messungen zu überwachen. Über die Messergebnisse ist ein Messprotokoll zu führen.

Überwachungsmessungen sind erforderlich, wenn eine dauerhaft sichere Einhaltung der Gefahrstoff-Grenzwerte nicht gewährleistet ist (siehe Technische Regeln für Gefahrstoffe "Ermittlung und Beurteilung der Konzentrationen gefährlicher Stoffe in der Luft in Arbeitsbereichen" [TRGS 402]) oder das Auftreten von mehr als 10 % UEG (untere Explosionsgrenze) nicht ausgeschlossen werden kann. Dies trifft im Regelfall auf Bohrungen in kontaminierten Bereichen zu.

4.11.11.5

Staub muss möglichst nahe der Entstehungsstelle niedergeschlagen oder abgesaugt werden.

4.11.11.6

Die beim Schweißen oder Schneiden in Bohrungen entstehenden Gase sind abzusaugen und so abzuleiten, dass sie nicht in die Atemluft der Versicherten gelangen.

4.11.12
Verbrennungskraftmaschinen

Verbrennungskraftmaschinen sind in Bohrungen nicht zulässig.

4.11.13
Wasserhaltung

Arbeiten in Bohrungen sind nur zulässig, wenn der Wasserzufluss am Arbeitsplatz sicher abgeführt werden kann.

4.11.14
Schweiß- und Schneidarbeiten, Schweißgeräte

4.11.14.1

Bohrungen gelten in Bezug auf in ihnen durchzuführende Schweiß-, Schneid- und verwandten Arbeiten als enge Räume im Sinne der Unfallverhütungsvorschrift "Schweißen, Schneiden und verwandte Verfahren" (BGV D1).

Hinweis:

Diese Unfallverhütungsvorschrift wurde zum 1. Januar 2005 außer Kraft gesetzt; die relevanten Betriebsbestimmungen wurden als Kapitel 2.26 in die BG-Regel "Betreiben von Arbeitsmitteln" (BGR 500) aufgenommen; siehe http://www.hvbg.de/bgvr.

4.11.14.2

Elektro-Schweißgeräte für Arbeiten in Bohrungen müssen für Einsatzbedingungen mit "erhöhter elektrischer Gefährdung" nach § 15 der Unfallverhütungsvorschrift "Schweißen, Schneiden und verwandte Verfahren" (BGV D1) zugelassen sein.

Hiernach gelten für Elektro-Schweißgeräte (Stromquellen) unter anderem folgende Bedingungen:

  • Gleichstromquellen:

    Scheitelwert der Leerlaufspannungen 113 V

  • Wechselstromquellen:

    Scheitelwert 68 V

    Effektivwert 48 V

  • Kennzeichnung: S

Siehe auch BG-Regel "Arbeiten in Behältern, Silos und engen Räumen" (BGR 117-1) und Hinweis zu Abschnitt 4.11.14.1.

4.11.14.3

Bei Autogen-Schweißarbeiten müssen Gas- und Sauerstoffflaschen außerhalb der Bohrung aufgestellt sein.

Siehe auch Unfallverhütungsvorschrift "Schweißen, Schneiden und verwandten Verfahren" (BGV D1) bzw. Hinweis zu Abschnitt 4.11.14.1.

4.11.14.4

In der Brenngasleitung müssen am Brenner Sicherheitseinrichtungen gegen Flammendurchschlag vorhanden sein.

4.11.15 
Flüssiggas

Flüssiggas ist in Bohrungen nicht zulässig.

4.11.16
Unregelmäßigkeiten

4.11.16.1

Bei Auftreten von Unregelmäßigkeiten, die zu Gefahren für die Versicherten führen können, ist die Bohrung sofort zu verlassen.

Solche Unregelmäßigkeiten sind z.B.:

  • plötzlich steigende Wasserzuflüsse,

  • Veränderung am Gebirge,

  • Auftreten schädlicher Gase,

  • Antreffen von Versorgungsleitungen,

  • Ausfall der Energieversorgung,

  • Schäden an elektrischen Anlagen oder Kabeln,

  • Ausfall der Belüftung,

  • Ausfall der Wasserhaltung.

4.11.16.2

Unregelmäßigkeiten nach Abschnitt 4.11.16.1 sind dem Aufsichtführenden unverzüglich zu melden. Die Arbeiten dürfen erst nach dessen Anweisung wieder aufgenommen werden.

4.11.17
Brandschutz

Zur Verhütung und sofortiger Bekämpfung von Bränden in Bohrungen müssen Vorkehrungen getroffen werden. Löscheinrichtungen müssen auf die jeweils vorgesehenen Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffe abgestimmt sein.

4.11.18
Persönliche Schutzausrüstungen, Rettungsmittel

4.11.18.1
Allgemeines

Die zu verwendenden persönlichen Schutzausrüstungen müssen der Achten Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (Verordnung über das Inverkehrbringen von persönlichen Schutzausrüstungen - 8. GPSGV) entsprechen.

4.11.18.2
Atemschutzgeräte

Atemschutzgeräte dürfen in Bohrungen nur in Not- und Rettungsfällen verwendet werden. Als Atemschutzgeräte sind nur solche zulässig, die von der Umgebungsatmosphäre unabhängig wirken. Filtergeräte sind nicht zulässig.

Siehe auch Berufsgenossenschaftliche Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen G 26 "Atemschutzgeräte".

4.11.18.3
Rettungsmittel

Bei Arbeiten in Bohrungen müssen an der Bohrstelle für den Notfall geeignete Rettungsmittel vorhanden sein, die ein jederzeitiges Bergen von Versicherten ohne deren Zutun ermöglichen.

Geeignete Rettungsmittel sind z.B.:

  • DIN EN 361 "Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz; Auffanggurte" und DIN EN 354 "Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz; Verbindungsmittel",

  • Rettungshubgeräte,

  • Rettungsgurte nach der BG-Regel "Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen zum Retten aus Höhen und Tiefen" (BGR 199),

  • Einfahrhosen (Silo-Einfahrhosen),

  • Einfahrsitze.