DGUV Regel 112-190 - Benutzung von Atemschutzgeräten

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Abschnitt 10.1 - 10 Funktionsbeschreibung der Atemschutzgeräte
10.1 Atemanschlüsse

10.1.1 Allgemeines

Der Atemanschluss ist der Teil des Atemschutzgerätes, der die Verbindung zur atemschutzgerättragenden Person herstellt. Diese Verbindung ist naturgemäß mit einer Leckage verbunden, deren Ausmaß von der Art des Atemanschlusses und der Gesichtsform/-beschaffenheit der atemschutzgerättragenden Person bestimmt wird. Die höchstzulässige Leckage eines Atemanschlusses wird in der jeweiligen Norm angegeben und neben anderen Einflussgrößen bei der Festlegung der Schutzniveaus von Atemschutzgeräten berücksichtigt.

Tabelle 24
Übersicht der Atemanschlüsse

AtemanschlussAbdeckungsbereicheAusführungenNorm
MundstückgarniturMund (mit verschlossener Nase)geschlossenDIN EN 142
Halbmaske, Viertelmaske und filtrierende HalbmaskeMund und NasegeschlossenDIN EN 140
DIN EN 149
DIN EN 405
VollmaskeMund, Nase und Augen (Gesicht)geschlossenDIN EN 136
DIN 58610
Atemschutzhaube, -helmMund, Nase und Augen (Gesicht) oder Kopfgeschlossen oder offenDIN EN 12941
DIN EN 14594
AtemschutzanzugKörpergeschlossen oder offenDIN EN 14594
DIN EN 1073-1
DIN EN 943-1

10.1.2 Mundstückgarnituren

Das Mundstück wird mit den Lippen abgedichtet und die Nase mit einer Nasenklemme verschlossen. Dies schließt aus, dass ein Durchbruch des Schadstoffes durch einen Filter mit dem Geruchssinn wahrgenommen werden kann. Während des Gebrauchs einer Mundstückgarnitur kann und darf nicht gesprochen werden. Mundstückgarnituren können z. B. für Personen mit Zahnvollprothesen oder Piercings im Mundbereich ungeeignet sein.

Bestimmte Nasenformen können das Tragen einer Nasenklemme so beeinträchtigen, dass die Nase nicht ausreichend abgedichtet werden kann.

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Abb. 14
Mundstückgarnitur

10.1.3 Halbmasken und Viertelmasken

Halbmasken umschließen Mund, Nase und Kinn, Viertelmasken nur Mund und Nase. Die Dichtlinie verläuft über den Nasenrücken, die Wangen und bei Halbmasken unterhalb bzw. bei Viertelmasken oberhalb des Kinns. Halb- und Viertelmasken können Ein- und Ausatemventile besitzen. Sie können mit einem oder mehreren Anschlussstücken ausgestattet sein.

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Abb. 15
Halbmaske mit Anschlussstück

Abb. 16
Halbmaske mit Steckfilter

Abb. 17
Halbmaske mit zwei Filtern

10.1.4 Vollmasken

Vollmasken umschließen das ganze Gesicht und schützen damit auch die Augen. Die Dichtlinie verläuft über Stirn, Wangen und unterhalb des Kinns. Vollmasken sind meistens mit einer Innenmaske ausgestattet, die den Masken-Totraum reduziert und durch die Luftführung das Beschlagen der Sichtscheiben verhindert.

Vollmasken können mit einem oder mehreren Anschlussstücken ausgestattet sein. Vollmasken werden nach DIN EN 136 in drei Klassen eingeteilt, die das gleiche Schutzniveau bieten, jedoch hinsichtlich mechanischer Festigkeit, Beständigkeit gegen Einwirkung von Flammen und Wärmestrahlung deutliche Unterschiede aufweisen.

Klasseneinteilung:

Klasse 1: Vollmasken für leichte Einsätze

Klasse 2: Vollmasken für allgemeine Einsätze

Klasse 3: Vollmasken für spezielle Einsätze

An Vollmasken der Klasse 1 werden die geringsten Anforderungen bezüglich Zugfestigkeit des Geräteanschlussstückes, der Bänderung und des Ausatemventiles sowie der Flammenbeständigkeit gestellt. Ferner werden in dieser Klasse keine Anforderungen an die Beständigkeit gegen Wärmestrahlung gestellt.

Um in der betrieblichen Praxis gefährliche Kombinationen auszuschließen, dürfen Vollmasken der Klasse 1 nicht mit einem Anschlussgewinde nach DIN EN 148 Teil 1, 2 oder 3 ausgestattet sein.

Vollmasken der Klasse 2 und 3 müssen die gleichen erhöhten Anforderungen bezüglich mechanischer Festigkeit und Flammenbeständigkeit erfüllen.

Vollmasken der Klasse 3 müssen zusätzlich eine Widerstandsfähigkeit gegen Wärmestrahlung aufweisen. Sie kommen in erster Linie bei Feuerwehren sowie den Gruben- und Gasschutzwehren zum Einsatz.

Vollmasken der Klasse 3 können durch spezielle Haltevorrichtungen mit einem Feuerwehrhelm nach DIN EN 443 zu einer Masken-Helm-Kombination (MHK) verbunden sein. Bei einer MHK ersetzt der Helm die Kopfbänderung. Eine MHK muss der DIN 58610 entsprechen.

Vollmasken können mit einer optischen Sehhilfe, z. B. Maskenbrille, versehen werden. Brillen mit Bügeln sind für den Gebrauch mit einer Vollmaske ungeeignet, da die Bügel die Dichtlinie unterbrechen.

Einen Überblick über die Zuordnung der drei Klassen von Vollmasken zu den verschiedenen Atemschutzgeräten bzw. deren Funktionsteilen gibt Tabelle 25.

Tabelle 25
Zuordnung Vollmaskenklassen zu Atemschutzgeräten/Funktionsteilen
(ND = Normaldruck/ÜD = Überdruck)

DIN ENAtemschutzgerät/FunktionsteilDIN EN 136 Vollmaske
Klasse 1Klasse 2Klasse 3
NDÜDNDÜDNDÜD
137Behältergerät mit Druckluftxxxx
138Frischluft-Schlauchgerätxx
145Regenerationsgerätxx
14593-1Druckluft-Schlauchgerät mit Lungenautomatxxxx
14594Druckluft-Schlauchgerät mit kontinuierlichem Luftstrom Klasse Axxx
14594Druckluft-Schlauchgerät mit kontinuierlichem Luftstrom Klasse Bxx
14387Gas- und Kombinationsfilterxxx
143Partikelfilterxxx
DIN 58621Reaktorfilterxxx
DIN 58620CO-Filterxxx
12083Filter mit Atemschlauchxxx
12942Filtergerät mit Gebläsexxx
13794Selbstretterxxxx
DIN 58610Masken-Helm-Kombinationxx

Bei Vollmasken kann die Sprachverständlichkeit durch eine Sprechmembran verbessert werden. Sie muss gegen Beschädigung geschützt sein. Eine etwa vorhandene Abdeckung darf nicht entfernt werden.

Die Sprachübertragung aus der Vollmaske kann auch elektroakustisch oder funktechnisch erfolgen. Dafür ist gewöhnlich ein Mikrofon im Maskeninnern angebracht, während der Verstärker, die Batterien und der Lautsprecher oder Sender außen an der Maske angebracht sind, am Körper getragen werden oder sich weiter entfernt befinden. Der Einsatz in explosionsfähiger Atmosphäre kann dadurch eingeschränkt sein, sofern diese Bauteile eine Zündquelle darstellen können.

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Abb. 18
Vollmaske

10.1.5 Atemschutzhauben und -helme

Atemschutzhauben und -helme umhüllen mindestens das Gesicht (Augen, Nase, Mund und Kinn), häufig aber den gesamten Kopf und den Hals. Sie benötigen zur sicheren Funktionsweise die Zufuhr eines Mindestvolumenstroms von Atemgas (gilt nicht für Filterfluchthauben). Das Ausatemgas strömt zusammen mit dem Luftüberschuss aus dem Atemanschluss an dafür vorgesehenen offenen Stellen ab, z. B. an der Halskrause. Bei Hauben mit integrierter Halbmaske oder Mundstückgarnitur bilden letztere den Atemanschluss.

Die Schutzwirkung von Atemschutzgeräten mit Hauben oder Helmen kann durch stärkere Umgebungsluftbewegungen beeinflusst werden. Solche Verhältnisse kommen z. B. bei Arbeiten im Freien, in Bereichen mit starker Thermik oder in Bereichen mit hohen Luftgeschwindigkeiten vor.

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Abb. 19
Haube und Helm

Bei hohem Atemminutenvolumen oder sehr tiefen Atemzügen kann es zum Überatmen des Gerätes kommen. Das heißt, das bei der Einatmung benötigte Luftvolumen liegt über dem vom Atemschutzgerät zur Verfügung gestellten Luftvolumen.

Atemschutzhelme müssen zusätzlich die Anforderungen der DIN EN 397 für Industrieschutzhelme erfüllen.

Schweißerschutzhauben und Strahlerschutzhauben müssen zusätzlich Anforderungen an Gesichts- und Augenschutz (z. B. EN 166) erfüllen.

10.1.6 Atemschutzanzüge

10.1.6.1
Allgemeine Funktion

Der Atemschutzanzug ist ein Atemanschluss, der Kopf und Körper vollständig oder teilweise umschließt und über eine Atemgasversorgung die atemschutzgerättragende Person direkt aus dem Schutzanzug mit Atemgasversorgt. Die Luftversorgung kann entweder über ein Filtergerät mit Gebläse oder über ein Druckluft-Schlauchgerät erfolgen (siehe auch Kapitel 10.2.4.6 und 10.3.2.3). Sollen Atemschutzanzüge weitere Anforderungen erfüllen, z. B. Schutz gegen Gase und Dämpfe, Flüssigkeiten, radioaktive Kontamination durch feste Partikel oder Infektionserreger, müssen zusätzliche Anforderungen aus den entsprechenden Normen erfüllt sein.

Die Luftführung beeinflusst die Hitzestressreduzierung im Atemschutzanzug. Dabei werden drei verschiedene Wirksysteme unterschieden:

  • Ventilation nur im Kopfbereich

  • Ventilation des gesamten Körpers

  • Ventilation des gesamten Körpers mittels zum Körper gerichteter Luftverteilung

Bei Ventilation nur im Kopfbereich streicht die Luft über den Kopf zu den Atemwegen und erzeugt dadurch eine geringe Hitzestressreduzierung. Eine Luftzirkulation zwischen Kopf- und Rumpfbereich ist in diesem Fall eingeschränkt.

Bei der Ventilation des gesamten Körpers ist eine Luftzirkulation zwischen Kopf- und Rumpfbereich möglich. Die Hitzestressreduzierung wird dadurch erhöht.

Bei der Ventilation des gesamten Körpers mittels zum Körper gerichteter Luftverteilung wird ein Teilluftstrom über ein Verteilsystem an den gesamten Körper geleitet. Der Grad der Hitzestressreduzierung ist bei dieser Bauform am höchsten.

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Abb. 20
Atemschutzanzug

10.1.6.2
Geschlossener Atemschutzanzug

Ein geschlossener Atemschutzanzug ist mit einer Vorrichtung zur Atemgasversorgung ausgestattet und umschließt den Körper vollständig. Die Atemgasversorgung erzeugt einen Überdruck im Inneren des Anzugs. Die ausgeatmete und überschüssige Luft tritt aus dem Anzug durch ein oder mehrere Ausatemventile in die Umgebungsluft aus.

Geschlossene Atemschutzanzüge schützen den ganzen Körper vor festen, flüssigen und/oder gasförmigen Schadstoffen.

Hierunter fallen z. B. Anzüge nach DIN EN 1073-1 oder DIN EN 943-1 Typ 1c.

10.1.6.3
Offener Atemschutzanzug

Ein offener Atemschutzanzug ist mit einer Vorrichtung zur Atemgasversorgung ausgestattet, und bedeckt den Kopf und den Körper der atemschutzgerättragenden Person. Füße und/oder Hände müssen nicht umschlossen sein. Die ausgeatmete und überschüssige Luft kann aus dem Anzug durch ein oder mehrere Ausatemventile oder z. B. durch Öffnungen an den Armen und Beinen in die Umgebungsluft austreten.

Offene Atemschutzanzüge schützen die bedeckten Körperteile vor festen und/oder flüssigen Schadstoffen.

Hierunter fallen z. B. Anzüge mit Anschluss für Druckluftzuführung nach DIN EN 14594.

10.1.6.4
Chemikalienschutzanzug in Verbindung mit einem Atemschutzgerät

Dieser Chemikalienschutzanzug stellt keinen Atemanschluss dar und muss immer in Verbindung mit einem Atemschutzgerät gebraucht werden. Das Atemschutzgerät kann entweder außerhalb oder innerhalb des Chemikalienschutzanzuges getragen und gebraucht werden. Diese Chemikalienschutzanzüge haben keine erzwungene Ventilation im Innern, dadurch wird der Wärmeaustausch verhindert.

Hierunter fallen z. B. Anzüge nach DIN EN 943-1 Typ 1a bzw. Typ 1b.