DGUV Vorschrift 2 BGN - Unfallverhütungsvorschrift - Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit

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Anlage 4 - Alternative bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung in Betrieben mit bis zu 10 Beschäftigten durch Kompetenzzentren

(zu § 2 Abs. 4)

1. Allgemeines

Als Voraussetzung für die Teilnahme am alternativen Betreuungsmodell der bedarfsorientierten betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung durch Kompetenzzentren wird der Unternehmer zu Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes im Betrieb informiert und für die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen motiviert. Die alternative bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung besteht aus Motivations- und Informationsmaßnahmen, und der Inanspruchnahme der bedarfsorientierten Betreuung.

Die Beschäftigten werden über die Art der praktizierten betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung informiert und wissen, welches Kompetenzzentrum anzusprechen ist.

2. Motivations-, Informations- und Fortbildungsmaßnahmen

Die Motivations- und Informationsmaßnahmen umfassen für einen Unternehmer, dessen Unternehmen

  • in die Gruppe I eingeordnet ist, die Teilnahme des Unternehmers an einem Motivationsseminar mit einer Dauer von 16 Lehreinheiten und an einer Informationsmaßnahme. Die alternative Betreuung beginnt mit der erfolgreichen Teilnahme am Motivationsseminar.

    Die sich anschließende Informationsmaßnahme ist innerhalb von drei Jahren zu absolvieren.

    Im Anschluss daran nimmt der Unternehmer an von der BGN durchgeführten oder anerkannten Fortbildungsmaßnahmen teil.

    Die Fortbildungsmaßnahme entspricht einem Umfang von mindestens 8 Lehreinheiten im Abstand von höchstens 3 Jahren oder alternativ mindestens 16 Lehreinheiten im Abstand von höchstens 5 Jahren.

  • in die Gruppen II oder III eingeordnet ist, die Teilnahme des Unternehmers an einer Motivationsmaßnahme und an einer Informationsmaßnahme. Die alternative Betreuung beginnt mit der erfolgreichen Teilnahme am Motivationsseminar.

    Die sich anschließende Informationsmaßnahme ist innerhalb von drei Jahren zu absolvieren.

    Im Anschluss daran nimmt der Unternehmer an von der BGN durchgeführten oder anerkannten Fortbildungsmaßnahmen teil.

Motivationsmaßnahme

Für einen Unternehmer, dessen Unternehmen in Gruppe I eingeordnet ist:

Die Motivation der Unternehmer erfolgt durch persönliche Ansprache in Seminaren. Die Themen und Inhalte werden nach anerkannten Methoden der Erwachsenenbildung behandelt und vermittelt. Der Unternehmer ist dabei direkt an den Schritten zur Erreichung der gesteckten Lernziele beteiligt. Persönliche Anwesenheit des Unternehmers für die gesamte Seminardauer ist erforderlich.

Inhalte der Motivation bei der alternativen bedarfsorientierten Betreuung sind insbesondere:

  • Einfluss des Arbeitsschutzes auf Sicherheit, Gesundheit, Krankenstand, Betriebsklima und Leistungsfähigkeit

  • wirtschaftliche Aspekte des Arbeitsschutzes

  • Verantwortung des Unternehmers im Arbeitsschutz

  • Arbeitsschutz als Führungsaufgabe des Unternehmers

  • Psychologische Aspekte des Arbeitsschutzes

  • Methoden der Unterweisung im Arbeitsschutz

  • Gefährdungsermittlung und -beurteilung

  • Erforderlichkeit und Nutzen der Beteiligung von Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärzten im betrieblichen Arbeitsschutz

  • Arbeitsmedizinische Vorsorge

Die Themen und Methoden werden fortlaufend an neue Erkenntnisse und Entwicklungen angepasst. Die Erkenntnisse aus der praktischen Umsetzung werden im Rahmen der Qualitätssicherung eingebracht.

Macht sich ein Unternehmer nach Absolvierung der Meisterausbildung oder gleichwertiger Aus- und Fortbildungsmaßnahmen selbstständig und hat er im Rahmen dieser Ausbildungsmaßnahmen an einer Motivationsmaßnahme nach dieser Vorschrift teilgenommen, so wird die Teilnahmebescheinigung anerkannt, wenn die Teilnahme nicht länger als 5 Jahre zurückliegt.

Für einen Unternehmer, dessen Unternehmen in die Gruppen II oder III eingeordnet ist:

Die Motivations- und Informationsmaßnahmen umfassen alternativ drei Module:

Modul 1: Seminar nach Vorgaben der BGN

Modul 2: Fernlehrgang der BGN

Modul 3: Regionales Arbeitsschutzförderungsprogramm der BGN

Die drei Module sind inhaltlich gleichwertig.

Die Module befassen sich mitarbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Fachthemen. Die Auswahl der Themen erfolgt unter Berücksichtigung von anerkannten Grundsätzen der Prävention sowie nach fachdidaktischen Prinzipien.

Das Modul 1 (Seminar) setzt sich aus 1 Präsenztag (8 Lehreinheiten) bzw. 2 × 0,5 Präsenztagen zusammen. Der zeitliche Abstand zwischen den beiden Präsenztagen darf 6 Monate nicht überschreiten.

Das Modul 2 (Fernlehrgang) besteht aus der Bearbeitung von Lehrmaterialien mit sich daran anschließenden Lernerfolgskontrollen. Lernerfolgskontrollen sind unmittelbar im Anschluss an die Bearbeitung der Lehrmaterialien bei den zuständigen Dienststellen der BGN einzureichen.

Das Modul 3 (regionales Arbeitsschutzförderungsprogramm) besteht aus verschiedenen Bausteinen zurVerminderungvon Sicherheits- und Gesundheitsrisiken in den Betrieben. Die Bausteine werden durch die BGN festgelegt.

Inhalte der Motivationsmaßnahmen bei der alternativen bedarfsorientierten Betreuung sind insbesondere:

  • Wirtschaftliche Aspekte von Sicherheits- und Gesundheitsschutz,

  • Verantwortung für Sicherheit und Gesundheitsschutz,

  • Psychologische Aspekte der Gefahrenwahrnehmung und des sicheren Verhaltens,

  • Organisation der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes,

  • Vorgehensweise bei der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen,

  • Entwicklung von Handlungsprogrammen für den Unternehmer,

  • Kriterien für die Inanspruchnahme bedarfsgerechter betriebsärztlicher und sicherheitstechnischer Betreuung.

Informationsmaßnahme

Für einen Unternehmer, dessen Unternehmen in Gruppe I eingeordnet ist:

Die Information der Unternehmer erfolgt durch speziell dafür konzipierte Medien. Damit ist sichergestellt, dass innerhalb von maximal 3 Jahren nach Besuch des Motivationsseminars beim Unternehmer ein Informationsstand erzielt wird, der in seminaristischer Form vermittelt, mindestens einem Umfang von 1 1/2 Wochen oder 48 Lehreinheiten entspricht. Dabei geht es um die Verdeutlichung der Zusammenhänge zwischen Unfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einerseits und Expositionsbedingungen und Belastungen der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz andererseits.

Themen der Informationsmaßnahmen sind:

  • Verantwortung für Arbeitsschutz, Rechtspflichten und Rechtsfolgen

  • Institutionen im Arbeitsschutz

  • Grundlagen für die Durchführung von Gefährdungsermittlungen und -beurteilungen

  • Wirtschaftliche Aspekte des Arbeitsschutzes

  • Inhalt und Organisation von Unterweisungen

  • Sicherheit auf Arbeits- und Dienstwegen

  • Maschinen-, Anlagen- und Gerätesicherheit

  • Prävention von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren

  • Betreuungsangebot und Ansprechpartner

  • Aufgaben der Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte im Arbeitsschutz

Hinzu kommen weitere regelmäßige Informationen durch die BGN insbesondere auf Informationsveranstaltungen, wie z. B.

  • Innungsversammlungen

  • in branchenspezifischen Fachzeitungen

  • auf Fachmessen.

Die Informationsmaßnahme läuft zeitlich unbegrenzt.

Die Medien werden von der BGN herausgegeben. Die BGN stellt sicher, dass die Teilnehmer die Medien direkt nach dem Seminar erhalten. Diese Medien kann der Teilnehmer auch in elektronischer Form erhalten.

Für einen Unternehmer, dessen Unternehmen in die Gruppen II oder III eingeordnet ist:

Themen der Informationsmaßnahmen sind:

  • Aufgaben der BG,

  • Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren,

  • Verantwortlichkeit für Arbeits- und Gesundheitsschutz im Betrieb,

  • Handlungsfelder des Betriebsarztes,

  • Anlässe zur Durchführung arbeitsmedizinischer Untersuchungen, einschließlich arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen,

  • Typische Gefährdungen in den Branchen mit folgenden Schwerpunkten:

    • Technische und bauliche Einrichtungen und Elektrik

    • Transportieren, Heben und Tragen

    • Schadstoffe

    • Brand- und Explosionsschutz

    • Klima

    • Lärm

    • Belastungen der Haut, des Skeletts und der Atemwege

    • Psychische Belastungen.

Fortbildungsmaßnahme

Ein Unternehmer, dessen Unternehmen

  • in die Gruppe I eingeordnet ist, nimmt an Fortbildungsseminaren mit Präsenz teil.

Die Seminarinhalte und -methoden sind insbesondere:

  • Erfahrungsaustausch mit Vertiefung der Inhalte der Informationsmaßnahme

  • vertiefende Gruppenarbeiten zur Gefährdungsermittlung und -beurteilung an branchenspezifischen Arbeitsplätzen

  • Auffrischung der Motivation mit den wesentlichen Inhalten des Motivationsgrundseminars

  • vertiefende Rollenspiele zur Unterweisung von Mitarbeitern an branchenspezifischen Arbeitsplätzen

  • Motivation zur Inanspruchnahme sicherheitstechnischer und arbeitsmedizinischer Betreuungsleistung mit Darstellung der

    • Bedarfsfälle, in denen sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung in Anspruch genommen werden muss und

    • Inhalte der Betreuung im Bedarfsfall und

    • Bedingungen der Inanspruchnahme und Ansprechpartner für die sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung

  • Aktualisierung der Informationen über Neuerungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz

Die Bescheinigung über den erfolgreichen Abschluss der Motivations- und Informationsmaßnahme ist Voraussetzung für die Teilnahme an dem Fortbildungsseminar. Persönliche Anwesenheit des Unternehmers für die gesamte Seminardauer ist erforderlich.

Ein Unternehmer, dessen Unternehmen

  • in die Gruppen II oder III eingeordnet ist, erhält zur Fortbildung dienende Veranstaltungsangebote der Kompetenzzentren sowie Fachinformationen des Unfallversicherungsträgers

3. Bedarfsorientierte Betreuung

Nach dem Abschluss der Motivations- und Informationsmaßnahmen kann der Unternehmer über die Notwendigkeit und das Ausmaß einer externen Betreuung selbst entscheiden. Die Betreuung der Betriebe erfolgt über Kompetenzzentren.

Eine sachgerechte bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung im Betrieb erfolgt auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung. Zu deren Erstellung oder Aktualisierung kann der Unternehmer sein zuständiges Kompetenzzentrum hinzuziehen.

Darüber hinaus ist der Unternehmer verpflichtet, sich bei besonderen Anlässen qualifiziert in Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes durch das Kompetenzzentrum betreuen zu lassen. Besondere Anlässe für eine Betreuung durch den Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit können sein die

  • Planung, Errichtung und Änderung von Betriebsanlagen,

  • Einführung neuer Arbeitsmittel, die ein erhöhtes Gefährdungspotenzial zur Folge haben,

  • grundlegende Änderung von Arbeitsverfahren,

  • Einführung neuer Arbeitsverfahren,

  • Gestaltung neuer Arbeitsplätze und -abläufe,

  • Einführung neuer Arbeitsstoffe bzw. Gefahrstoffe, die ein erhöhtes Gefährdungspotenzial zur Folge haben,

  • Untersuchung von Unfällen und Berufskrankheiten,

  • Beratung der Beschäftigten über besondere Unfall- und Gesundheitsgefahren bei der Arbeit,

  • Erstellung von Notfall- und Alarmplänen.

Ein weiterer Anlass für das Tätigwerden einer Fachkraft für Arbeitssicherheit kann sein die

  • Durchführung sicherheitstechnischer Überprüfungen und Beurteilungen von Anlagen, Arbeitssystemen und Arbeitsverfahren.

Weitere Anlässe für das Tätigwerden eines Betriebsarztes können sein

  • eine grundlegende Umgestaltung von Arbeitszeit-, Pausen- und Schichtsystemen,

  • die Erforderlichkeit der Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen, Beurteilungen und Beratungen,

  • Suchterkrankungen, die ein gefährdungsfreies Arbeiten beeinträchtigen,

  • Fragen des Arbeitsplatzwechsels sowie der Eingliederung und Wiedereingliederung behinderter Menschen sowie der (Wieder-) Eingliederung von Rehabilitanden,

  • die Häufung gesundheitlicher Probleme,

  • das Vorliegen posttraumatischer Belastungszustände.

4. Schriftliche Nachweise

Im Betrieb sind die nachfolgend aufgeführten schriftlichen Nachweise zur Einsichtnahme durch die zuständigen Aufsichtsorgane vorzuhalten

  • Teilnahmenachweis an den Maßnahmen zur Motivation und Information,

  • aktuelle Unterlagen über die im Betrieb durchgeführte Gefährdungsbeurteilung,

  • die Berichte nach § 5 dieser Unfallverhütungsvorschrift über die Inanspruchnahme externer bedarfsorientierter Betreuung.

Erfüllt der Unternehmer seine Verpflichtungen im Rahmen der alternativen bedarfsorientierten Betreuungsform nicht, unterliegt er mit seinem Betrieb der Regelbetreuung nach § 2 Abs. 2 dieser Unfallverhütungsvorschrift.