RAB 25 - R Arbeitsschutz auf Baustellen 25

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Anhang 1 RAB 25 - Anhang zur RAB 25
Antworten zu häufig gestellten Fragen zur Anwendung der Druckluftverordnung

In der Praxis treten zahlreiche Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung der Druckluftverordnung (DruckLV) auf. Der Ausschuss für Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (ASGB), welcher u.a. die Aufgabe hat, das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit in allgemeinen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes auf Baustellen zu beraten, hat für nachfolgend aufgeführte Fragen Antworten zusammengestellt. Sie stellen einen Konsens aller mit Arbeiten in Druckluft befassten Kreise dar. Mit den Antworten soll den Beteiligten eine Unterstützung bei der Planung, Genehmigung und Ausführung von entsprechenden Arbeiten gegeben werden.

Inhalt:
Physiologische Grundlagen bei Arbeiten in Überdruck. Wo liegen die Grenzen der Exposition?
2Lassen sich die Erfahrungen aus den bisher durchgeführten Arbeiten in Druckluft mit Arbeitsdrücken über 3,6 bar verallgemeinern?
3Welche organisatorischen Möglichkeiten gibt es, Belastungen durch Arbeiten in Druckluft zu verringern?
4Welche technischen Möglichkeiten gibt es, den ergonomischen Erfordernissen bei Arbeiten in Druckluft nachzukommen?
5Warum ist auf jeder Baustelle eine Krankendruckluftkammer erforderlich?
6Warum ist es wichtig, die Wartezeiten auf der Baustelle einzuhalten?
7Welche Maßnahmen sind zur Verhütung und zur Bekämpfung von Bränden in Druckluft sinnvoll?
8Welche Probleme treten beim Einsatz von Atemschutzgeräten für Selbstrettung ("Selbstretter") in Druckluft auf?
9Was ist beim Schweißen und Schneiden in Druckluft zu beachten?
10Was ist bei Tauchereinsätzen im Rahmen von Arbeiten in Druckluft zu beachten?
11Welche Aufgaben hat der Bauherr gemäß Baustellenverordnung bei Arbeiten in Druckluft zu erfüllen?
12Welche Art von Sauerstoff ist beim Einschleusen mit Sauerstoff zu verwenden?

In der DruckLV wird für den Arbeitsdruck die Einheit Bar mit dem Einheitenzeichen bar verwendet. Zur Verdeutlichung, dass es sich bei diesem Druck um den über den atmosphärischen hinausgehenden Differenzdruck handelt, wird hier nachfolgend das Formelzeichen pÜ verwendet. Der Beschäftigte ist einem Gesamtdruck pabs ausgesetzt, der sich aus der Summe von atmosphärischem Druck patm und Arbeitsdruck pÜ ergibt.

Unter "Drucklufterkrankungen" werden als Oberbegriff alle im Zusammenhang mit Druckluftexpositionen auftretenden Krankheiten verstanden.

1
Physiologische Grundlagen bei Arbeiten in Überdruck. Wo liegen die Grenzen der Exposition?

Atemluft ist ein Gasgemisch mit den wesentlichen Bestandteilen Sauerstoff (ca. 21%) und Stickstoff (ca. 79%). Der menschliche Organismus ist unter Normalatmosphäre von 1 bar mit Stickstoff von etwa 0,79 bar in allen Körperstrukturen gesättigt. Dabei wird mit jedem Atemzug die gleiche Menge Stickstoff eingeatmet, die anschließend wieder ausgeatmet wird, da dieser für den Stoffwechsel des Körpers keinerlei Funktion hat. Sauerstoff als lebensnotwendiges Oxidationsgas wird entsprechend den aktuellen Energieanforderungen des Organismus von den Körperzellen verstoffwechselt. Daher bleibt die Höhe des Sauerstoffpartialdruckes bei bereits kritischen Stickstoffpartialdrücken noch unproblematisch (ausgenommen reine Sauerstoffatmung). Bei erhöhtem Umgebungsdruck steigen auch die Teildrücke (Partialdruck) des Atemgases proportional an. Auf neuem Druckniveau beginnt nun eine Aufsättigung aller Körpergewebe mit Stickstoff. Dabei bestehen erhebliche Unterschiede in der Stickstoffaufnahmefähigkeit verschiedener Gewebe, Fettgewebe lösen z.B. fünf Mal mehr Stickstoff als Blut. Die Menge aufgenommenen Stickstoffs wird dabei im Wesentlichen von den Größen Druck, Zeit, individuelle biologische Stoffwechselsituation und physische Beanspruchung bestimmt. Nur Druck und Zeit gehen als Variable in die Berechnung von Dekompressionsprozeduren ein. Das menschliche Gewebe ist in der Lage, einen gewissen Differenzdruck zwischen erworbenem, erhöhtem Stickstoffgewebedruck und Umgebungsdruck symptomlos zu akzeptieren (tolerierter Inertgasdifferenzdruck bei der Dekompression), beim Überschreiten dieses individuellen "inneren Grenzwerts" kommt es zu zunehmendem Wechsel des Aggregatszustandes von gelöstem Stickstoff in die Gasphase. Auf allen Gewebestrukturebenen vom Nervengewebe über hormon- und enzymbildende Gewebe bis zu den stoffwechselbezogen langsamsten Geweben wie Bänder, Knorpel und Knochen beginnen dann organische Störungen aufzutreten, die klinisch als sog. Dekompressionserkrankung mit ihren verschiedensten Ausprägungsformen und Schädigungsmustern in Erscheinung treten und zu unverzüglicher spezifischer druckluftmedizinischer Behandlung zwingen.

Die Grenzen für menschliche Überdruckexposition sind über die exponenziellen Stickstoffsättigungs- und Entsättigungsprozesse unter Berücksichtigung der komplexen biologischen Prozesse (wie oben vereinfacht dargestellt) unverrückbar festgeschrieben. Variationen bei maximalen Tauchtiefen bzw. Druckluftexpositionen ergeben sich vor allem aus differenten Randbedingungen der jeweiligen Exposition (Temperatur, Klima, Belastung, Beanspruchung, Expositionsmedium usw.). Neben den akut toxischen Effekten des Stickstoffs (Narkose), der die Arbeitsdrücke auf pÜ = 3,6 bar bei Druckluft begrenzt, werden die max. Arbeitszeiten unter Überdruck vor allem durch die langen Entsättigungshalbwertszeiten der "langsamen" Gewebe wie Knochen und Knorpel bestimmt. Vor allem lange "Grundzeiten" bei Wiederholungsexpositionen, wie sie typischerweise bei Druckluftarbeiten vorkommen, führen zu stufenweisen Aufsättigungen auf der Basis von Reststickstoff aus den vorangegangenen Expositionen. Jedoch kann auch eine einzige Exposition bei hohen Arbeitsdrücken mit langer Grundzeit bei den langsamen Geweben eine Stickstoffaufsättigung bewirken, die bei der Dekompression schon in Bereiche der "Sättigungsdekompression" führt, d.h. überlange Dekompressionen, mit erhöhtem Gesundheitsrisiko u.a. durch Mobilisationseinschränkung in der Personenschleuse, erforderlich macht. Der beschriebene Effekt wird durch die biologische Besonderheit verstärkt, dass die langsamen Gewebe ein bedeutsam (exponenziell) rascheres Sättigungs- als Entsättigungsverhalten besitzen. Arbeitsdruck und Arbeitszeit haben daher bei hyperbaren Expositionen bei Anwendung von Luft als Atemgas biologisch festgelegte, nicht überschreitbare enge Grenzen. Diese sind Grundlage für die entsprechenden Regelwerke für Sicherheit und Gesundheitsschutz.

2
Lassen sich die Erfahrungen aus den bisher durchgeführten Arbeiten in Druckluft mit Arbeitsdrücken über 3,6 bar verallgemeinern?

Für den Bereich der Druckluftarbeiten mit Arbeitsdrücken über pÜ = 3,6 bar bestehen keine ausreichenden medizinischen Erfahrungen. Erkenntnisse zu Überdruckexpositionen im Druckbereich über pÜ = 3,6 bar stammen im Wesentlichen aus der Berufs- und Militärtaucherei.

Unter Verwendung spezieller Techniken und unter variablen Risikobewertungen werden dort Tiefenexpositionen im Allgemeinen mit Mischgas- und Sättigungstechniken ermöglicht.

Bei bereits abgeschlossenen Projekten, auch in Kombination zwischen Taucherarbeiten und Druckluftarbeiten, wurden bereits höhere Arbeitsdrücke realisiert. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sind jedoch stark verkoppelt mit spezifischen örtlichen, technischen und organisatorischen Bedingungen des jeweiligen Projektes.

Alle bisher mit höheren Arbeitsdrücken gesammelten Erfahrungen sind nicht ausreichend, um den Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für Druckluftarbeiten zu repräsentieren.

Grundsätzlich sollten keine Bauverfahren vorgesehen werden, bei denen der Arbeitsdruck pÜ = 3,6 bar übersteigt. Im Einzelfall ist die Realisierbarkeit speziell unter den Gesichtspunkten von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz durch wissenschaftliche Gutachten nachzuweisen. Wegen des zeitlichen und organisatorischen Aufwandes ist dies bei derartigen Projekten bereits in der Planungsphase erforderlich.

Die spezifische Bewertung sowie die Festlegung der Randbedingungen, der verwendeten Techniken (z.B. Mischgas-, Sättigungsverfahren) und der Expositionsgrenzen obliegen dann der zuständigen fachkundigen Behörde.

3
Welche organisatorischen Möglichkeiten gibt es, Belastungen durch Arbeiten in Druckluft zu verringern?

Folgende organisatorische Möglichkeiten können die Belastung durch Arbeiten unter Druckluft verringern:

Bei allen Druckluftarbeiten ist darauf zu achten, dass die Druckluftarbeiter trockene Kleidung bei sich führen, um vor dem Ausschleusen die feuchte/nasse Kleidung wechseln zu können. Während der Druckluftarbeiten und während des Ausschleusens ist auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme zu achten.

Arbeitszeit unter Druckluft

Beim erstmaligen Einsatz in Druckluft, beim erstmaligen Einsatz in einer höheren Druckstufe oder nach längeren Pausen (mehr als 14 Tage) sollte die Arbeitszeit in Absprache mit dem ermächtigten Arzt deutlich reduziert werden. Diese Reduzierung gilt mindestens für die jeweils ersten zwei Einsätze.

Bei zusätzlichem Dekompressionsstress

Bei zusätzlichen Faktoren, die als Dekompressionsstress betrachtet werden können, wie z.B. Flug, Passfahrten, Höhenaufenthalt, körperliche Anstrengungen, längere Autofahrten sind zusätzliche Maßnahmen auf Anordnung des Druckluftarztes erforderlich.

Dies können z.B. verlängerte Wartezeiten, verkürzte Arbeitszeiten, verlängerte Dekompressionszeiten sein.

Verhalten bei Drucklufterkrankungen/Meldesystem bei Drucklufterkrankungen

Vor der Aufnahme von Druckluftarbeiten ist allen Mitarbeitern unter Druckluft das Verhalten bei Drucklufterkrankungen zu erläutern und ein Verfahrensablauf festzulegen. Dazu zählen z.B.:

  • Meldesystem:

    • Wer ist anzurufen?

      Druckluftbereitschaft, mit Festnetz-Rufnummer, steht auf dem Druckluft-Ausweis

    • Was ist anzugeben?

    • Beschwerden: Art, Beginn und Verlauf,

    • wann ausgeschleust, mit/ohne Sauerstoff,

    • Arbeitsdruck, Art der Tätigkeit, Anzahl der vorangegangenen aufeinander folgenden Drucklufteinsätze,

    • derzeitiger Aufenthaltsort, wie telefonisch erreichbar?

  • Wie erfolgt der Transport zur Baustelle (z.B. Taxi, Krankenwagen)?

  • Wer informiert den Druckluftarzt?

  • Wer informiert den Schleusenwärter der Krankendruckluftkammer?

  • Wer veranlasst die Inbetriebnahme der Krankendruckluftkammer?

  • Wer schleust erforderlichenfalls mit dem Erkrankten ein (Sauerstoff-Behandlung)?

  • Abstimmung mit der Rettungsleitstelle, um einen Transport in die Krankendruckluftkammer auf der Baustelle und nicht in ein Krankenhaus sicherzustellen (vorab zu regeln).

4
Welche technischen Möglichkeiten gibt es, den ergonomischen Erfordernissen bei Arbeiten in Druckluft nachzukommen?

Personenschleusen

Die DruckLV beschreibt Mindestanforderungen an die Abmessungen und Ausstattung der Personenschleusen. Bei der Wahl der Abmessungen der Schleuse, der Sitzplatzanordnung, der Sitzplatzgestaltung und des Lichtraumprofils sind ergonomische Gesichtspunkte zu beachten, die auch für verschieden große Mitarbeiter ein physiologisches Sitzen sicherstellen. Hierbei sollte besonders auf ausreichende Bewegungsmöglichkeit der Extremitäten geachtet werden.

Eine unzureichende Berücksichtigung der ergonomischen Erfordernisse kann in Verbindung mit den besonderen Körperzuständen bei der Stickstoffentsättigung ein gesteigertes Risiko für das Entstehen von Drucklufterkrankungen bedeuten.

Falls bei Vortriebsmaschinen die örtlichen Verhältnisse die Integration einer nach ergonomischen Erfordernissen gebauten Schleuse nicht zulassen, ist für Arbeitseinsätze die Montage entsprechend gestalteter mobiler Personenschleusen vorzusehen.

Transportkammern

Ist eine Gestaltung der Personenschleuse nach ergonomischen Gesichtspunkten nicht ausreichend möglich, bietet z.B. der Einsatz von Transportkammern die Möglichkeit, einen Teil der Dekompression in einer größeren, nach ergonomischen Gesichtspunkten gebauten Schleuse an anderer Stelle durchzuführen. Dies empfiehlt sich vor allem bei langen Dekompressionszeiten.

Kommunikation

Personenschleusen und Krankendruckluftkammern sollen mit einer akustischen Dauerüberwachung versehen sein.

Um die Unterbrechung der Sauerstoffversorgung während des Ausschleusens zu verhindern, sollen Atemmasken mit integrierten Sprechanlagen für die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern in der Schleuse untereinander und dem Schleusenwärter eingesetzt werden. Hierdurch wird einer unvollständigen Dekompression vorgebeugt.

Darüber hinaus ist die Installation von Audio-Systemen empfehlenswert, um die psychische Beanspruchung bei längeren Schleuszeiten zu reduzieren.

Temperaturregelung von Schleusen und Krankendruckluftkammern

Beim Ein- und Ausschleusen kommt es zu erheblichen Temperaturschwankungen durch die Druckänderung in der Schleuse. Eine langsame Druckänderung beim Schleusen vermindert große Temperaturschwankungen.

Zum Schutz von Schleusen und Bedienungspersonal vor Witterungseinflüssen ist eine Einhausung vorzusehen, die ein Überhitzen bzw. Unterkühlen verhindert.

Arbeitsplatz Schleusenwärter

Dem Schleusenwärter soll ein ergonomisch gestalteter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden, von dem er alle Bedienungselemente der Schleuse bzw. der Krankendruckluftkammer leicht erreichen, alle Messeinrichtungen exakt ablesen sowie das Innere der Schleusen optisch und akustisch überwachen kann.

Der Arbeitsplatz sollte über eine Sitzmöglichkeit sowie über ausreichenden Raum für die schriftliche Dokumentation verfügen.

Personenbeförderung

Nach der Dekompression sind körperliche Anstrengungen zu vermeiden, dazu gehören auch Treppensteigen (z.B. in der Baugrube) oder lange Fußwege. Dies kann durch einen Personenaufzug und/oder den Einsatz von Transportfahrzeugen erreicht werden.

5
Warum ist auf jeder Baustelle eine Krankendruckluftkammer erforderlich?

Die Druckluftverordnung schreibt vor, dass bei einem Arbeitsdruck ab pÜ = 0,7 bar eine Krankendruckluftkammer auf der Baustelle zur Verfügung stehen muss (§ 17 Absatz 1 Nr. 1 DruckLV).

Zur Behandlung einer Dekompressionserkrankung ist eine Rekompression erforderlich. Durch das Vorhandensein einer Krankendruckluftkammer auf der Baustelle ist gesichert, dass eine Behandlung unverzüglich eingeleitet werden kann.

Durch die Verfügbarkeit der Krankendruckluftkammer auf der Baustelle wird die Schwelle für die Inanspruchnahme durch Mitarbeiter bei Beschwerden gesenkt. Damit wird das Risiko für Folgeschäden auf Grund unterlassener oder verzögerter Behandlung reduziert.

Im Rahmen der arbeitsmedizinischen Beurteilung der Mitarbeiter dienen Probeschleusungen der Abschätzung möglicher negativer gesundheitlicher Folgen einer Druckluftexposition. Die Verfügbarkeit der Krankendruckluftkammer auf der Baustelle ermöglicht jederzeit die Durchführung solcher Probeschleusungen im erforderlichen Druckbereich ohne großen Aufwand.

6
Warum ist es wichtig, die Wartezeiten auf der Baustelle einzuhalten?

Die Stickstoff-Entsättigung der Körpergewebe ist nach Beendigung der Ausschleusung noch nicht abgeschlossen. Eine vollständige Entsättigung wird erst nach etwa 36 Stunden erreicht. Solange die Entsättigung noch nicht abgeschlossen ist, besteht ein Risiko für die Entwicklung einer Dekompressionserkrankung (Caissonkrankheit). Dieses Risiko nimmt mit fortschreitenden Entsättigung ab und ist daher in den ersten Stunden nach der Ausschleusung am größten.

Zur Behandlung einer Dekompressionserkrankung ist eine Rekompression erforderlich. Diese kann ohne Zeitverlust auf der Baustelle eingeleitet werden, da auf jeder Druckluftbaustelle ab einem Arbeitsdruck von pÜ = 0,7 bar eine Krankendruckluftkammer zur Verfügung stehen muss. Ein Verlassen der Baustelle vor Ablauf der Wartezeiten bedeutet, dass die erforderliche Behandlung mit zeitlicher Verzögerung erfolgt. Eine verspätete Behandlung kann irreversible Körperschäden hervorrufen und zu Spätfolgen führen.

Daneben können besondere Bedingungen nach dem Verlassen der Baustelle die Entstehung einer Dekompressionserkrankung begünstigen, z.B. Zwangshaltung bei längeren Autofahrten, Flugreisen (wegen Senkung des Umgebungsdruckes), Erschütterungen beim Benutzen von Verkehrsmitteln ("Sprudeleffekt") und körperliche Anstrengungen. Eine Dekompressionserkrankung kann die Handlungsfähigkeit beeinträchtigen, z.B. das Fahrvermögen einschränken.

7
Welche Maßnahmen sind zur Verhütung und zur Bekämpfung von Bränden in Druckluft sinnvoll?

Ein Brand entsteht, wenn Zündenergie, Brennstoff und Sauerstoff zusammentreffen. Mehr Sauerstoff bedeutet geringere Zündtemperatur bei gleichzeitiger Zunahme der Abbrandgeschwindigkeit. Komprimiert enthält Luft mengenmäßig mehr Sauerstoff als bei atmosphärischem Druck.

Die Bauleitung muss daher durch entsprechende Organisation der Arbeitsabläufe die Menge der in der Arbeitskammer gelagerten brennbaren Materialien minimieren, die erforderlichen Maßnahmen festlegen sowie deren Durchführung überwachen, z.B.:

  • mögliche Zündquellen, wie z.B. Elektro-Anlagen, Maschinen und Förderbandanlagen, regelmäßig und sorgfältig auf Defekte hin überwachen,

  • hochentzündliche, leicht entzündliche und entzündliche Stoffe nur in der unbedingt erforderlichen Menge in der Arbeitskammer lagern,

  • brandgefährliche Stoffe (z.B. Holzwolle) soweit möglich in nichtbrennbaren Behältern lagern,

  • besondere Sicherheitshinweise für Schneid- und Schweißarbeiten beachten,

  • Abfall umgehend aus der Arbeitskammer entfernen,

  • Alarm- und Rettungsplan erstellen.

Bei Feuerlöscharbeiten in der Arbeitskammer einer Druckluftbaustelle kann es sich in der Regel nur um die Bekämpfung eines Entstehungsbrandes durch das im Druckluftbereich eingesetzte Baustellenpersonal handeln.

Für die effektive Bekämpfung eines Entstehungsbrandes sind erforderlich:

  • Wasserleitung mit ausreichender Kapazität und Anzahl von Anschlüssen und Schläuchen, um jede Stelle in der Arbeitskammer zu erreichen

  • geeignete Feuerlöscher in besonders gefährdeten Bereichen (z.B. Schaumlöscher oder Pulverlöscher mit Freigabe für den Untertageeinsatz durch das Bergbau-Hygiene Institut)

Misslingt der Löschversuch, ist die Arbeitskammer umgehend zu räumen. Die vollständige Evakuierung der Arbeitskammer hat Vorrang vor allen anderen Maßnahmen. Löscharbeiten durch externe Kräfte, wie z.B. Feuerwehren, sollten nur in besonders begründeten Einzelfällen versucht werden.

In einem Brandschutzplan sind klare Regelungen z.B. über Zuständigkeiten für den Ablauf der Maßnahmen, Meldesystem, Schleusenbelegung, Belüftungskonzept im Brandfall zu treffen.

Die Beschäftigten sind regelmäßig zu unterweisen. Diese Unterweisung ist zu dokumentieren. Die Kenntnisse sind im Rahmen von Notfallübungen zu vertiefen.

8
Welche Probleme treten beim Einsatz von Atemschutzgeräten für Selbstrettung ("Selbstretter") in Druckluft auf?

Ein Atemschutzgerät für die Selbstrettung ist eine Persönliche Schutzausrüstung, die ausschließlich dazu dient, dem Träger des Gerätes die Flucht aus der Gefahrenzone zu ermöglichen ("Fluchtgerät"). Hiervon zu unterscheiden sind Atemschutzgeräte für Arbeit und Rettung, wie sie z.B. von der Feuerwehr im Rahmen von Bergungs- und Löscharbeiten benutzt werden.

Wegen der toxischen Wirkung verschiedener bei einem Brand entstehender Gase und der Verringerung des Sauerstoffgehaltes in der Arbeitskammer ist ein unabhängig von der Umgebungsatmosphäre wirkendes Isoliergerät erforderlich. Für den Einsatz in Druckluft sind daher Filtergeräte nicht geeignet.

Beim Einsatz von Isoliergeräten (Behältergeräte bzw. Regenerationsgeräte) treten folgende Probleme auf, z.B.:

  • Der Atemluftdurchsatz eines Selbstretters steigt proportional zum Arbeitsdruck. Dies bedeutet eine entsprechende Verringerung der Betriebsdauer gegenüber der für Normaldruck angegebenen Zeit. Dies reduziert die Einsatzmöglichkeit bei langen Fluchtwegen.

  • Handelsübliche Sauerstoffselbstretter sind so eingestellt, dass der Sauerstoffgehalt im Atemkreislauf des Selbstretters bereits kurz nach dem Aufsetzen einen Wert von nahezu 100% erreicht. Der Druck im Atemkreislauf ist identisch mit dem Umgebungsdruck in der Arbeitskammer pabs (siehe Vorbemerkungen). Da Sauerstoff bei einem Partialdruck > 2,0 bar in der Atemluft toxisch wirken kann, sind derartige Geräte bei Arbeitsdrücken pÜ  > 1,0 bar (entspricht pabs > 2,0 bar) nicht geeignet.

Falls auf Grund der Baustellensituation, z.B. Arbeitsdruck, Fluchtweglänge, Brandlast, der Einsatz von Sauerstoff-Selbstrettern nicht möglich ist, können auch geeignete "Atemschutzgeräte für Arbeit und Rettung" (siehe z.B. BGR 190 "Benutzung von Atemschutzgeräten") zur Selbstrettung eingesetzt werden. Bei derartigen Geräten besteht die Möglichkeit, durch die Verwendung eines Atemgases mit einem veränderten Sauerstoff-Gehalt den Sauerstoffpartialdruck auf ein tolerierbares Maß zu reduzieren.

Um ein Öffnen des Gerätes zu ermöglichen, ist ein für den Einsatz in Überdruck vorgesehener Selbstretter mit einer Öffnung zu versehen, die einen Druckausgleich zwischen dem Geräteinneren und der Umgebung ermöglicht. Ein Normaldruckgerät lässt sich unter Druck nicht öffnen, da der Deckel durch den höheren Umgebungsdruck auf die Dichtung des Gehäuses gepresst wird.

Auf Grund der o.g. Probleme ist es nicht möglich, allgemein gültige Empfehlungen zu geben.

Daher sind unter Berücksichtigung der Verhältnisse der jeweiligen Baustelle geeignete Geräte auszuwählen und in das Rettungskonzept einzubinden.

9
Was ist beim Schweißen und Schneiden in Druckluft zu beachten?

Die Rauchgase, die beim Schweißen und Schneiden entstehen, wirken erheblich gesundheitsschädlicher als unter atmosphärischen Bedingungen. Die Anwendung von Luftgrenzwerten ist nicht möglich, da diese nicht für Druckluftarbeiten ermittelt und festgelegt wurden.

Daher sollte zusätzlich zur Belüftung des Arbeitsplatzes und einer örtlichen Gefahrstoffabsaugung eine umgebungsluftunabhängige Atemluftversorgung eingerichtet werden.

Der Einsatz von Atemfiltern ist in Zusammenhang mit derartigen Arbeiten wegen des mit dem Druck steigenden Atemwiderstandes und der auftretenden, möglicherweise unbekannten Gefahrstoffe nicht einsetzbar.

Für die persönliche Schutzausrüstung dürfen nur Materialien verwendet werden, die auch im Überdruck schwer entflammbar sind.

Im Übrigen wird auf die geltenden Vorschriften verwiesen (z.B. Unfallverhütungsvorschrift "Schweißen, Schneiden und verwandte Verfahren" (BGV D 1), Merkblatt der TBG zu Schweiß- und Schneidarbeiten unter Druckluft).

10
Was ist bei Tauchereinsätzen im Rahmen von Arbeiten in Druckluft zu beachten?

Bei Maschinenvortrieben können Taucherarbeiten im Zusammenhang mit Arbeiten in Druckluft erforderlich werden. Für Tauchereinsätze gelten andere Sicherheitsvorschriften als für Arbeiten in Druckluft. Während bei Arbeiten in Druckluft die staatliche Arbeitsschutzbehörde über die Druckluftverordnung zuständig ist, ist für den Vollzug der Berufsgenossenschaftlichen Vorschrift Unfallverhütungsvorschrift "Taucherarbeiten" (BGV C 23) die jeweilige Berufsgenossenschaft zuständig.

Für den Taucher, der z.B. im Druckraum einer Tunnelvortriebsmaschine taucht, gelten die Vorschriften der DruckLV. Für die Dauer des Tauchganges gilt zusätzlich die BGV C 23.

Probleme können sich aus unterschiedlichen Vorgaben der DruckLV und der BGV C 23 für gleiche Druckhöhen ergeben.

Bei derartigen Arbeiten ist eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit der staatlichen Arbeitsschutzbehörde und der Berufsgenossenschaft erforderlich, damit eine gemeinsame Regelung mit diesen Stellen vor Beginn der Arbeiten erfolgen kann.

11
Welche Aufgaben hat der Bauherr gemäß Baustellenverordnung bei Arbeiten in Druckluft zu erfüllen?

Arbeiten in Druckluft sind besonders gefährliche Arbeiten im Sinne von § 2 Abs. 3 BaustellV. Auf Grund des zu erwartenden Umfangs der Arbeiten auf Druckluftbaustellen werden diese in der Regel von Beschäftigten mehrerer Arbeitgeber ausgeführt. Ist dies der Fall, muss ein Koordinator bestellt und bei Vorhandensein weiterer Kriterien der Baustellenverordnung ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGePlan) erstellt sowie eine Unterlage für spätere Arbeiten zusammengestellt werden.

Das Tätigwerden eines Koordinators in der frühen Phase der Planung von Arbeiten in Druckluft bedeutet - ggf. unter Einschaltung zusätzlicher Fachleute - ein Hinwirken auf die Auswahl von Bauverfahren mit möglichst geringem Gefährdungspotenzial, z.B. durch:

  • die Erarbeitung von Stellungnahmen zu alternativen Bauverfahren,

  • das Sammeln von Informationen zu möglichen Arbeitsverfahren bei Druckluftarbeiten (Konventioneller Vortrieb, Caisson, Maschinenvortrieb mit flüssigkeitsgestützter oder luftgestützter Ortsbrust u.Ä.) und dabei zu berücksichtigender Gefährdungen,

  • das Aufzeigen und Bewerten möglicher Gefährdungen des Druckluftbetriebes unter sicherheitstechnischem Aspekt.

Es wird empfohlen, in den SiGePlan für das Bauvorhaben ein separates Modul "Druckluftarbeiten" zu integrieren. Mit diesem werden die aus dem Druckluftbetrieb entstehenden gegenseitigen Gefährdungen und daraus abgeleitete Maßnahmen nur den mit den Arbeiten in Druckluft in Verbindung stehenden bzw. tangierenden Unternehmen und deren Beschäftigten zur Kenntnis gebracht und erläutert.

Inhalte dieses Moduls "Druckluftarbeiten" des SiGePlans können z.B. sein:

  • Abgrenzen der Druckluftarbeiten und Dokumentieren der möglichen Auswirkungen auf die übrigen Gewerke/den Baubetrieb,

  • Einbinden der Maßnahmen zur medizinischen Betreuung und Ersten Hilfe für die Arbeiten in Druckluft in ein umfassendes Rettungskonzept für die Baustelle,

  • Notfallplan mit Regelungen für die Oberschneidung der Tätigkeitsbereiche "Notfallmedizin" und "Druckluftmedizin" (z.B. Arbeitsunfall in Druckluft in der Arbeitskammer, der ein regelkonformes Ausschleusen nicht zulässt),

  • im Rahmen des Druckluftbetriebes freizuhaltende Verkehrswege, Rettungswege und Freiflächen,

  • Vorrangregelung für Krane und andere Transportmittel bei Rettungsmaßnahmen

  • Festlegen von Kommunikations- und Informationswegen,

  • Einbindung der Belange des Druckluftbetriebes in eine Baustellenordnung,

  • Verweis auf zugehörige Ausschreibungstexte.

12
Welche Art von Sauerstoff ist beim Ausschleusen mit Sauerstoff zu verwenden?

Auf dem Markt sind verschiedene Sauerstoffqualitäten erhältlich. Beim Ausschleusen mit Sauerstoff ist medizinischer Sauerstoff zu verwenden, um Gesundheitsgefahren durch Verunreinigungen und Spuren anderer Gase auszuschließen.