TRGS 525 - TR Gefahrstoffe 525

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Abschnitt 5 TRGS 525 - Arzneimittel mit krebserzeugenden, erbgutverändernden und fortpflanzungsgefährdenden Eigenschaften

5.1 Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung

(1) Der Arbeitgeber hat alle Arbeitsbereiche zu erfassen, in denen Beschäftigte Tätigkeiten mit CMR-Arzneimitteln durchführen. Hierzu zählen zum Beispiel Zytostatika und Virustatika, aber auch andere Arzneimittel. Alle CMR-Arzneimittel, mit denen offen umgegangen wird, oder die zu applikationsfertigen Zubereitungen verarbeitet werden, sind im Gefahrstoffverzeichnis aufzuführen.

(2) Vor dem Einsatz von CMR-Arzneimitteln hat der Arbeitgeber die erforderlichen Informationen zu beschaffen, anhand dieser Informationen ggf. selbst eine Einstufung vorzunehmen, die Gefährdungen zu ermitteln, zu beurteilen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen. Informationen dazu liefern die Hersteller oder Inverkehrbringer. Weitere Informationen finden sich in "Literatur“, insbesondere in [33, 34, 43, 45, 48, 51]. Solange nach einem Anfangsverdacht [34] eine Einstufung nicht abschließend möglich ist, sind diese Arzneimittel entsprechend § 6 Absatz 12 GefStoffV als CMR-Stoffe anzusehen.

(3) In Bereichen, in denen mit CMR-Arzneimitteln umgegangen wird, muss mit einer Gefährdung der Beschäftigten gerechnet werden. Das betrifft insbesondere Bereiche mit folgenden Tätigkeiten:

  1. 1.

    Auspacken von Originalverpackungen mit der Gefahr von Restanhaftungen auf der Oberfläche der Primärverpackung,

  2. 2.

    Zubereiten,

  3. 3.

    Applizieren (Verabreichen) von Injektionen, Infusionen, Instillationen, Aerosolen, Salben,

  4. 4.

    Beseitigen und Entsorgen von Erbrochenem nach oraler Arzneimittelapplikation,

  5. 5.

    Beseitigen und Entsorgen von Urin und Stuhl von Patienten unter CMR-Hochdosistherapien,

  6. 6.

    Entsorgen von CMR-Arzneimitteln und -resten sowie entsprechend verunreinigter Materialien einschließlich Bruch,

  7. 7.

    Handhaben von verunreinigten Textilien,

  8. 8.

    Reinigen verunreinigter Flächen und Geräte.

(4) Die Bestimmung der Arbeitsplatzkonzentrationen von CMR-Arzneimitteln ist in der Regel wegen der erfahrungsgemäß geringen Aerosolkonzentration für eine Gefährdungsbeurteilung nicht geeignet. Auch zur Beurteilung der dermalen Belastung stehen derzeit keine Standardmessverfahren zur Verfügung. Zur Ermittlung der dermalen und inhalativen Exposition sind daher in erster Linie nicht messtechnische Methoden (z. B. Erfahrungswissen, einschlägige Publikationen, Vergleichsarbeitsplätze anzuwenden. Einen wichtigen Hinweis zur Gefährdungssituation am Arbeitsplatz kann der Einsatz von Wischproben geben. Zur Beurteilung der Gefährdungssituation wird auf "Literatur“ [41, 55] verwiesen.

(5) Exkrete und Sekrete von Patienten unter CMR-Therapien sind nicht als Gefahrstoffe einzustufen. Deswegen sind beim Umgang mit Körperflüssigkeiten und bei der Beseitigung von Erbrochenem die arbeitshygienischen Grundregeln gemäß dem Hygieneplan ausreichend und zu beachten.

(6) Das Verteilen von festen Darreichungsformen im Sinne der Nummer 4.2 Abssatz 1 ist in der Regel eine Tätigkeit mit geringer Gefährdung.

5.2 Schutzmaßnahmen

5.2.1 Allgemeines

(1) Dem zentralen Zubereiten von CMR-Arzneimitteln ist der Vorrang vor dem dezentralen Zubereiten zu geben.

(2) Während der Zubereitung ist die Zahl der jeweils tätigen Beschäftigten in dem Arbeitsbereich so gering wie möglich zu halten.

(3) Eine Verschleppung von CMR-Arzneimitteln ist zu vermeiden. Dies kann beispielsweise erfolgen

  1. 1.

    durch die Festlegung von definierten Arbeitsprozessen und Arbeitsplätzen sowie

  2. 2.

    der Benutzung von flüssigkeitsaufnehmenden Unterlagen (auf Tabletts, auf definierten Arbeitsflächen etc.) oder

  3. 3.

    der Festlegung, welche Gegenstände und Flächen nur mit und welche ohne Schutzhandschuhe berührt werden dürfen.

5.2.2 Technische Schutzmaßnahmen beim Auspacken, Zubereiten und Anwenden von CMR-Arzneimitteln

(1) Jedes Zubereiten ist in einer geeigneten Sicherheitswerkbank gemäß DIN 12980 durchzuführen. Einrichtungen, wie z. B. Isolatoren, vollautomatische geschlossene Systeme, die eine gleichwertige Sicherheit bieten, können ebenfalls eingesetzt werden. Bereits im Betrieb vorhandene Einrichtungen sind auf gleichwertige Sicherheit zu prüfen. Zur Verhinderung der Freisetzung von CMR-Arzneimitteln haben sich zusätzlich spezifische für den Einsatzzweck konzipierte Druckentlastungs- und Überleitsysteme bewährt.

(2) Von der Zubereitung in einer Sicherheitswerkbank darf nur in Ausnahmesituationen abgewichen werden (unvorhersehbare zwingende Notwendigkeit der Zubereitung) oder bei Tätigkeiten, die nach aktuellem Stand der Technik nicht unter einer Sicherheitswerkbank durchgeführt werden können (z. B. Abwiegen pulverförmiger CMR-Stoffe zur Kapselherstellung in der Pädiatrie). In solchen Fällen muss ein System verwendet werden, das eine Kontamination der Umgebung und eine Exposition der Beschäftigten nach dem Stand der Technik verhindert (z. B. glove bag).

(3) Zur Vermeidung der Verunreinigung von Arbeitsflächen sind Arbeiten, einschließlich des Auspackens, nur auf einer saugfähigen und nach unten undurchlässigen Unterlage durchzuführen. In der Sicherheitswerkbank ist darauf zu achten, dass die Strömungsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden, z. B. durch ungewolltes Bedecken der Lüftungsschlitze. Schnelle Bewegungen können die laminare Luftströmung negativ beeinträchtigen. Infusionssysteme sind mit wirkstofffreien Trägerlösungen zu befüllen und zu entlüften.

(4) Bei der Applikation von CMR-Arzneimitteln ist zu beachten, dass das Applikationssystem dicht ist. Dazu sind sichere Verbindungs- und Überleitsysteme (möglichst Drei-Wege-Hähne, Luer-Lock-Anschlüsse) einzusetzen. Beim Konnektieren bzw. Diskonnektieren sind saugfähige Materialien zur Flüssigkeitsaufnahme zu verwenden. Auch bei spezifischen Applikationsverfahren (z. B. offener Umgang, Blaseninstillation, Chemoembolisation, Chemoperfusion) sind geeignete Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik festzulegen und einzuhalten.

5.2.3 Anforderungen an Aufstellung und Betrieb von Sicherheitswerkbänken

(1) Sicherheitswerkbänke oder gleichwertige Einrichtungen dürfen nur in abgetrennten, deutlich gekennzeichneten Arbeitsräumen aufgestellt werden. Durch organisatorische oder bauliche Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Funktion der Werkbank z. B. beim Öffnen der Tür des Arbeitsraums nicht beeinträchtigt wird. Unbefugten ist der Zutritt zu diesen Räumen zu untersagen. Die Regelungen des § 35 ApBetrO bleiben unberührt.

(2) Sicherheitswerkbänke sind entsprechend den Herstellerangaben sachgerecht aufzustellen und zu betreiben. Die Sicherheitswerkbank und der Raum, in dem sie aufgestellt wird, müssen unter lüftungstechnischen Gesichtspunkten vor Erstinbetriebnahme, nach Änderung des Aufstellungsortes und nach Veränderungen des Raumes durch fachkundige Personen überprüft werden. Sicherheitswerkbänke sind regelmäßig zu warten und zu überprüfen (siehe auch DIN 12980).

(3) Die Sicherheitswerkbank muss eine Fortluftführung nach außen haben, es sei denn, es ist nach § 10 Absatz 5 GefStoffV sichergestellt, dass die rückgeführte Luft unter Anwendung eines behördlich oder von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannten Verfahrens zurückgeführt wird.

(4) Da eine Belastung der Luftfilter der Sicherheitswerkbänke nicht auszuschließen ist, sind aus Vorsorgegründen beim Filterwechsel Schutzmaßnahmen gemäß Gefährdungsbeurteilung zu ergreifen. Auf die persönliche Schutzausrüstung nach Nummer 5.3 Absatz 6 wird hingewiesen. Die Schutzkleidung (z. B. Kittel oder Overall) braucht nicht flüssigkeitsdicht zu sein, da in der Regel nur staubförmige Kontaminationen zu erwarten sind.

5.3 Persönliche Schutzausrüstungen

(1) Persönliche Schutzausrüstungen sind gemäß der Gefährdungsbeurteilung nach Nummer 5.1 Absatz 2 auszuwählen.

(2) Beim Auspacken angelieferter CMR-Fertigarzneimittel aus der Transportverpackung (Sekundärverpackung) sind Schutzhandschuhe zu tragen, die mindestens die Grundanforderungen nach DIN EN 374 erfüllen.

(3) Beim Zubereiten von CMR-Arzneimitteln in einer Sicherheitswerkbank sind folgende persönliche Schutzausrüstungen zu tragen und bei Verunreinigung oder Beschädigung sofort zu wechseln [33]:

  1. 1.

    Schutzhandschuhe gemäß DIN EN 374-3 ggf. mit Stulpen und

  2. 2.

    hochgeschlossener Kittel mit langen Ärmeln und eng anliegenden Armbündchen oder Overall.

(4) Bei der Applikation von CMR-Arzneimitteln (Konnektion/Diskonnektion, Gabe von oralen Arzneimitteln) sind Schutzhandschuhe zu tragen, die mindestens die Grundanforderungen nach DIN EN 374 erfüllen.

(5) Bei speziellen Applikationsformen, z. B. bei Blaseninstillation, Peritonealinstillation, transarterielle Chemoembolisation, ist abhängig von der Kontaminationsgefahr geeignete persönliche Schutzausrüstung (Schutzhandschuhe, Schutzbrille, langärmeliger Kittel mit Bündchen, Schürze, ggf. steril) einzusetzen.

(6) Bei der Durchführung der hyperthermalen intraperitonealen Chemoperfusion (HIPEC) hat sich folgende persönliche Schutzausrüstung für den Chirurgen in der Praxis als sinnvoll erwiesen:

  1. 1.

    Schutzbrille mit Seitenschutz oder Operationsschutzmaske mit Gesichtsschirm,

  2. 2.

    Operationskittel (vorzugsweise Einmalkittel) aus Wasser abweisendem Material und ggf. Stulpen aus wasserdichtem Material,

  3. 3.

    Schutzhandschuhe, bei Manipulationen im Bauchraum ggf. zwei Paar Handschuhe übereinander (double gloving) und

  4. 4.

    ggf. Atemschutz bei offenen HIPEC-Operationen (FFP 3-Maske).

Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die eingesetzten CMR-Arzneistoffe nicht verschleppt werden. Mit CMR-Arzneistoffen kontaminierte Schutzkleidung ist innerhalb des Anwendungsbereichs zu entsorgen.

(7) Reinigungsarbeiten in der Sicherheitswerkbank, die über das bloße Abwischen der Arbeitsfläche hinausgehen, sind mit folgender persönlicher Schutzausrüstung auszuführen:

  1. 1.

    flüssigkeitsdichter Schutzkittel mit langem Arm und eng anliegendem Bündchen oder Overall,

  2. 2.

    Schutzbrille mit Seitenschutz,

  3. 3.

    Schutzhandschuhe gemäß DIN EN 374 ggf. mit Stulpen,

  4. 4.

    Atemschutzmaske FFP 3 nach DIN EN 149, falls mit einer relevanten Partikelbelastung gerechnet werden muss [26].

5.4 Maßnahmen bei unbeabsichtigter Freisetzung von CMR-Arzneimitteln

(1) Bei Verunreinigung der Haut mit CMR-Arzneimitteln ist die betreffende Stelle sofort unter reichlich fließendem, kaltem Wasser zu spülen.

(2) Bei Spritzern in die Augen sind diese sofort mit reichlich Wasser gründlich zu spülen. Bei reizenden Stoffen ist danach umgehend ein Augenarzt aufzusuchen und die verfügbare Stoffinformation für den Arzt mitzunehmen.

(3) Zur Beseitigung von unbeabsichtigten Verunreinigungen, die beim Zubereiten oder der Applikation auftreten, sind mindestens folgende Einmalartikel in einem Notfall-Set ("Spill-Kit“) bereitzuhalten:

  1. 1.

    Überschuhe, flüssigkeitsdichter Schutzkittel mit langem Arm und eng anliegendem Bündchen oder Overall, Schutzbrille, und flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe mit ausreichender mechanischer Festigkeit,

  2. 2.

    Atemschutzmaske FFP 3 nach DIN EN 149,

  3. 3.

    flüssigkeitsaufnehmendes Material (z. B. Granulate, Saugvlies) in ausreichender Menge,

  4. 4.

    Aufnahme- und Abfallbehältnis, Handschaufel oder Schieber.

(4) Verunreinigungen durch verschüttete CMR-Arzneimittel (Lösungen, Trockensubstanzen, zerbrochene Tabletten, Zubereitungen) sind unverzüglich sachgerecht zu beseitigen. Zur Aufnahme von Trockensubstanz müssen die aufnehmenden Materialien angefeuchtet werden. Die verunreinigten Flächen sind anschließend zu reinigen.

(5) Kontaminierte Mehrwegwäsche ist in der Wäscherei aufzubereiten (Reinigung und Behandlung wie infektiöse Wäsche) oder zu entsorgen.

5.5 Lagerung und Transport

(1) Der innerbetriebliche Transport darf nur durch unterwiesene Beschäftigte erfolgen.

(2) Die Lagerung und der Transport von CMR-Arzneimitteln und -Zubereitungen sollen getrennt von anderen Arzneimitteln und Produkten erfolgen.

(3) Zur Lagerung (z. B. im Kühlschrank, Schrank) sollen flüssigkeitsundurchlässige Unterlagen verwendet werden oder herausnehmbare Auffangwannen, die bei unbeabsichtigtem Substanzaustritt leichter gereinigt werden können.

(4) Zum Transport der einzeln und flüssigkeitsdicht (z. B. in Folienbeutel eingeschweißt) verpackten Zubereitungen müssen bruchsichere, flüssigkeitsdichte und geschlossene Behältnisse benutzt werden. Es wird empfohlen, das Transportbehältnis mit ausreichend saugfähigem Material auszukleiden, um eventuell austretende Flüssigkeiten zu binden.

(5) Zur Risikokommunikation empfiehlt es sich, dass die Transportbehältnisse von CMR-Arzneimitteln mit einem entsprechenden Hinweis sowie mit Angaben zum Verhalten bei Zwischenfällen versehen werden (Beispiel "Literatur“, insbesondere [33]).

5.6 Entsorgung

(1) Bei der Entsorgung von CMR-Arzneimitteln und von mit CMR-Arzneimitteln kontaminierten Abfällen sind auch die abfallrechtlichen Bestimmungen der "Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes“ der Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall zu beachten, soweit diese Maßnahmen dem Schutz von Beschäftigten und anderen Personen dienen. Hinweise für die Kennzeichnung von Abfallsammel- und -transportbehältern gibt die TRGS 201 "Einstufung und Kennzeichnung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“. Weitere Hinweise für die sachgerechte Entsorgung von CMR-Arzneimittelabfällen gibt die Expertenschrift "Abfallentsorgung - Informationen zur sicheren Entsorgung von Abfällen im Gesundheitsdienst“ [36].

(2) Verbundene Systeme dürfen nach Beendigung der Infusion nicht getrennt werden, d. h. Infusionsbesteck und Infusionsbeutel müssen immer als Ganzes entsorgt werden.